Les Misérables

Les Misérables

Les Misérables

Originaltitel: Les Misérables - Regie: Bille August - Drehbuch: Rafael Yglesias, nach dem Roman "Les Misérables" von Victor Hugo - Musik: Basil Poledouris - Kamera: Jörgen Persson - Schnitt: Janus Billeskov-Jansen - Darsteller: Liam Neeson, Geoffrey Rush, Uma Thurman, Claire Danes, Hans Matheson, Mimi Newman, Reine Brynolfsson, Peter Vaughan, Janet Henfrey, Shane Hervey, Patsy Byrne - 1998; 135 Minuten

Inhaltsangabe

1812. Nach 19 Jahren Zwangsarbeit gelingt es Jean Valjean freizukommen. Niemand will etwas mit einem ehemaligen Sträfling zu tun haben – außer Bischof Myriel. Der gibt ihm zu essen, nimmt ihn bei sich auf und hält zu ihm, selbst nachdem er von seinem Gast überfallen und ausgeraubt worden ist. Mit diesem Großmut durchbricht er den Teufelskreis von Not und Verbrechen ...
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Kritik

Bille August wählte aus Victor Hugos mehr als 1500 Seiten dickem Roman "Les Misérables" bewusst nur ein Zehntel für seinen Film aus und machte daraus eine spannende, kraftstrotzende und emotional mitreißende Geschichte.
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Weil er in seiner Not die Scheibe einer Bäckerei eingeschlagen und Brot gestohlen hat, wurde Jean Valjean (Liam Neeson) zu Zwangsarbeit in einem Steinbruch verurteilt. Nach 19 Jahren Plackerei gelingt es ihm 1812, freizukommen. Wie ein räudiger Hund legt er sich in einer Gasse von Digne zum Schlafen auf den Boden. Niemand will etwas mit einem ehemaligen Sträfling zu tun haben – außer Bischof Myriel (Peter Vaughan). Der gibt ihm zu essen und nimmt ihn bei sich auf. Nachts wird er durch Geräusche geweckt: Sein Gast rafft gerade das Tafelsilber in einem Sack zusammen. Jean Valjean schlägt seinen Wohltäter zu Boden und flieht. Am nächsten Morgen schleifen ihn Polizisten vor den Bischof. Der aber steckt ihm noch zwei Silberleuchter in den Sack und erklärt den verdutzten Beamten, das sei alles ein Geschenk. Mit diesem Großmut durchbricht er den Teufelskreis von Not und Verbrechen.

Geläutert und von seinem Hass auf die bestehende Ordnung befreit, baut sich Jean Valjean in einem Dorf außerhalb von Paris eine Existenz auf. In seiner Manufaktur finden einige der Ärmsten eine Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Wegen seines Ansehens und sozialen Engagements drängen ihn schließlich die Bürger, sich als Bürgermeister um sie zu kümmern.

1821 kommt ein neuer Polizeiinspektor ins Dorf. Inspektor Javert (Geoffrey Rush) reicht Captain Beauvais (Reine Brynolfsson) seine Ernennungsurkunde, und als dieser sie gutgläubig beiseite legt, besteht er auf einer ordnungsgemäßen Prüfung. Javert, der früher Zwangsarbeiter in einem Steinbruch beaufsichtigte, ist zutiefst davon überzeugt, dass jeder, der einmal gegen ein Gesetz verstoßen hat – gleich aus welchem Grund –, sein Leben lang zu kriminellen Handlungen neigt. In seinem Schwarz-Weiß-Denken gibt es nur gesetzestreue Bürger auf der einen und Gesetzesbrecher auf der anderen Seite. Letztere hinter Schloss und Riegel zu bringen, betrachtet er als seine Lebensaufgabe.

In Jean Valjeans Manufaktur verdient auch Fantine (Uma Thurman) ihr Brot, eine junge Arbeiterin, die verheimlicht, dass sie ein uneheliches Kind hat, weil man sie sonst nirgendwo dulden würde. Ihre kleine Tochter Cosette (Mimi Newman, Claire Danes) wächst bei habgierigen Pflegeeltern in einem anderen Dorf auf. Als einer der Aufseherinnen Gerüchte über Fantine zu Ohren kommen, entlässt sie die Arbeiterin. Deren Vermieter verlangt hartnäckig die noch ausstehenden Mietzahlungen und schlägt der verzweifelten jungen Frau vor, sich das erforderliche Geld doch auf der Straße zu verdienen. Da feilscht sie schließlich als Prostituierte mit den Männern um den Freierlohn. Inspektor Javert beobachtet eines Nachts, wie sie mit drei Herren in Streit gerät. Kurzerhand nimmt er sie fest. Ihre Sorge, dass Cosette von den Pflegeeltern hinausgeworfen wird, wenn nicht regelmäßig das Kostgeld eintrifft, ignoriert er. Captain Beauvais ruft den Bürgermeister zu Hilfe. Der suspendiert Inspektor Javert vorübergehend vom Dienst, befreit Fantine und bringt sie in sein Haus. Wegen einer Lungenentzündung kann sie bald nicht mehr aufstehen.

Einige Zeit später bittet Inspektor Javert den Bürgermeister um eine Bestrafung. Er gesteht Valjean, dass er bis vor kurzem glaubte, in ihm einen ehemaligen Sträfling wiederzuerkennen. Deshalb habe er ihn bei seinem Vorgesetzten in Paris denunziert. Inzwischen sei dieser Sträfling jedoch aufgegriffen worden.

Valjean eilt in die Stadt, verfolgt die falschen Zeugenaussagen gegen den vermeintlichen Sträfling und stellt sich dann selbst dem Gericht. Rücksichtslos will Javert ihn am Sterbebett Fantines verhaften, aber Valjean schlägt ihn nieder und flieht.

Weil er Fantine versprach, sich um ihre Tochter zu kümmern, eilt er zu den Pflegeeltern und versteckt sich dann zusammen mit dem Kind in einem Kloster in Paris. Während Cosette von den Nonnen auf das Leben im Orden vorbereitet wird, macht er sich nützlich, indem er beispielsweise den Hof kehrt. Jahrelang leben sie unbehelligt hinter den dicken Mauern, doch als Cosette zu einer jungen Dame herangewachsen ist, drängt sie ihren Pflegevater, mit ihr das Kloster zu verlassen. Schweren Herzens geht Jean Valjean auf ihren Wunsch ein und kauft von seinem heimlich beiseite gelegten Geld ein Haus in der Stadt.

Pariser Studenten rufen zur Revolution auf. Durch Zufall erlebt Cosette in einer Straße eine Rede des Rädelsführers Marius Pontmercy (Hans Matheson). Die beiden verlieben sich und treffen sich von da an heimlich, um auf einer Parkbank miteinander zu reden. Valjean ist entsetzt, als er davon erfährt, denn er befürchtet, dass andere einen schlechten Einfluss auf Cosette haben könnten und weiß, dass die rebellierenden Studenten von der Polizei gesucht werden.

Ein Spitzel verrät Marius an Inspektor Javert, der inzwischen nach Paris versetzt wurde. Dieser ahnt bald, dass es sich bei dem Mädchen, in das Marius offenbar verliebt ist, um Cosette handelt und hofft, durch die beiden jungen Leute an Jean Valjean heranzukommen. Als er Marius während der Revolution von 1832 verhaftet, schlägt Valjean ihn nieder und befreit Marius, doch als die jungen Revolutionäre kurz darauf Javert erschießen wollen, rettet er seinem Widersacher das Leben, obwohl dieser ihn warnt, er werde ihn zeitlebens verfolgen.

Angesichts dieser Großmut kann Javert nicht mehr bestreiten, dass Valjean geläutert ist. Sein Weltbild bricht zusammen. Seines Halts beraubt, legt er sich selbst Handschellen an und springt in die Seine.

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Victor Hugos mehr als 1500 Seiten dicker Roman aus dem Jahr 1862 lieferte bereits für ein Musical und mehr als ein Dutzend Filme die Vorlage. Bille August wählte bewusst nur ein Zehntel des Romans für seinen Film aus und machte daraus eine spannende, kraftstrotzende und emotional mitreißende Geschichte über einen unmenschlichen Gerechtigkeitsfanatiker und einen Kriminellen, der durch die großmütige Tat eines anderen geläutert wird und danach seine soziale Verantwortung nicht nur erkennt, sondern auch danach handelt. Damit zerstört er schließlich das inhumane Weltbild seines Gegenspielers. (Es ist nicht zu übersehen, wie ähnlich sich die beiden Gegenpole im Kern sind: Sie stehen beide kompromisslos für das ein, was sie für höhere Werte halten.) Am Ende siegen Liebe und Vergebung.

Nicht verschwiegen werden soll, dass Bille August vieles plakativ und klischeehaft darstellt. Jean Valjean ist beispielweise nach seiner Läuterung so uneingeschränkt edel und großmütig, wie es bei einem Menschen niemals möglich wäre.

Unter den hochkarätigen Schauspielern ragt Uma Thurman heraus, obwohl die Rolle der unverheirateten Mutter Fantine in Bille Augusts Film leider nur eine sehr kleine ist.

Tom Hooper schuf eine Neuverfilmung:

Les Misérables – Originaltitel: Les Misérables – Regie: Tom Hooper – Drehbuch: William Nicholson, Alain Boublil, Claude-Michel Schönberg und Herbert Kretzmer nach dem Musical „Les Misérables“ von Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg bzw. dem Roman „Les Misérables“ von Victor Hugo – Kamera: Danny Cohen – Schnitt: Chris Dickens, Melanie Ann Oliver – Musik: Claude-Michel Schönberg – Darsteller: Hugh Jackman, Russell Crowe, Anne Hathaway, Amanda Seyfried, Sacha Baron Cohen, Helena Bonham Carter, Eddie Redmayne, Aaron Tveit, Samantha Barks, Daniel Huttlestone u.a. – 2012; 155 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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