Mirjam Pressler : "Grüße und Küsse an alle"

„Grüße und Küsse an alle“
"Grüße und Küsse an alle". Die Geschichte der Familie von Anne Frank Originalausgabe: S. Fischer Verlag, Frankfurt/M 2009 ISBN: 978-3-10-022303-6, 426 Seiten,
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Anhand von 500 Briefen erzählt Mirjam Pressler die mehrere Generationen übergreifende Geschichte der Familie von Anne Frank. Darin spiegelt sich das Leben des jüdischen Bürgertums in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Porträtiert werden v. a. drei Verwandte von Anne Frank: die Großmutter Alice Frank, die Tante Leni Elias und der Cousin Buddy Elias ...
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Kritik

"'Grüße und Küsse an alle'. Die Geschichte der Familie von Anne Frank" ist eine exemplarische Familienchronik, aber keine Gesellschaftsanalyse, und Mirjam Pressler geht auch nicht näher auf den Holocaust ein.
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Elkan Juda Cahn (1796 – 1884) – ein Ururgroßvater von Anne Frank – lebte noch im 1462 eingerichteten Judengetto von Frankfurt am Main. Erst als Carl von Dalberg (1744 – 1817) unter Napoleon zunächst als Fürstprimas, dann als Großherzog in Frankfurt regierte, änderte sich das Leben der jüdischen Gemeinde in der Judengasse. 1806 verfügte Carl von Dalberg die Gleichberechtigung der Konfessionen und hob das Zutrittsverbot der Juden zu öffentlichen Parkanlagen auf. Im Jahr darauf schränkte er die Freiheit der Juden zwar wieder ein und erhöhte das Schutzgeld, das sie bezahlen mussten, aber aus finanziellen Gründen unterschrieb er gegen eine Abschlagszahlung der jüdischen Gemeinde in Höhe von 440 000 Gulden ein Emanzipationsedikt, das den Gettozwang und die Schutzgeldforderungen endgültig aufhob.

Elkan Juda Cahns Enkelin Alice Stern wurde 1865 in Frankfurt am Main geboren. Am 21. Oktober 1885 verlobte sie sich mit dem vierzehn Jahre älteren Bankier Michael Frank, am 3. Januar 1886 heirateten die beiden, und am 7. Oktober 1886 bekamen sie das erste von vier Kindern.

Michael Frank stammte aus Landau in der Pfalz. Sein Vater Zacharias war 1841 im Alter von dreißig Jahren nach Landau gekommen und hatte eine Eisenwarenhandlung eröffnet. Später verlegte er sich auf Bankgeschäfte. Mit seiner Ehefrau Barbara zeugte er fünf Töchter und vier Söhne.

Seine Schwiegertochter Alice Frank gebar vier Kinder: Robert (1886 – 1953), Otto (1889- 1980), Herbert (1891 – 1987) und Helene („Leni“, 1893 – 1986). Michael Frank starb am 17. September 1909, drei Wochen vor seinem 58. Geburtstag, ganz plötzlich. Robert interessierte sich nicht für Bankgeschäfte, sondern mehr für Kunsthandel, Otto fing bei einer Metallbaufirma in Düsseldorf zu arbeiten an, Herbert und Helene waren noch zu jung, um die Bank zu führen. Also übernahm Alice mit Hilfe eines Prokuristen die Firmenleitung.

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs meldete sie sich als Hilfspflegerin im Lazarett „Kyffhäuser Hotel“, und ihre drei Söhne zogen für Deutschland in den Krieg.

Leni Frank vermählte sich am 16. Februar 1921 mit Erich Elias (1890 – 1984) aus Zweibrücken. Im Jahr darauf, am 18. Juli, heirateten Robert Frank und Charlotte Witt (* 1900) aus Magdeburg. Otto Frank ließ sich am 12. Mai 1925 mit Edith Holländer (1900 – 1945) trauen, auf Wunsch der Schwiegereltern, des Aachener Fabrikanten Abraham Holländer (1855 – 1929) und dessen Ehefrau Rosa (1866 – 1942), nach jüdischem Ritus.

1929 brach das Bankhaus der Familie Frank in Frankfurt am Main zusammen.

Erich Elias zog als erster die Konsequenzen und übernahm noch im selben Jahr den Auftrag, für das Unternehmen Pomosin/Opekta in Basel eine Schweizer Niederlassung (Rovag) aufzubauen. Zwei Jahre später folgte ihm Leni mit Bernhard („Buddy“, * 1925), dem jüngeren der beiden Söhne, während Stephan (1921 – 1980) bis zum Ende des Schuljahrs 1932 bei seiner Großmutter Alice in Frankfurt blieb.

Herbert Frank wurde 1931 unter dem Verdacht festgenommen, gegen neue Bestimmungen im Effektenhandel verstoßen zu haben. Weil er nach seiner Freilassung nach Paris gezogen war, erfolgte der gerichtliche Freispruch in seiner Abwesenheit.

Nach dem Sieg der NSDAP bei den Kommunalwahlen am 12. März 1933 in Frankfurt am Main musste Ludwig Landmann (1868 – 1945), der langjährige Oberbürgermeister, dem Nationalsozialisten Friedrich Krebs weichen. Damit schwanden für die jüdische Gemeinde die letzten Hoffnungen.

Alice Frank verließ ihre Heimatstadt deshalb am 21. September 1933 und zog zu ihrer Tochter Leni und ihrem Schwiegersohn Erich nach Basel. Herbert Frank blieb in Paris, und sein älterer Bruder Robert setzte sich nach London ab.

Erich Elias verschaffte seinem Schwager Otto Frank die Möglichkeit, für Opekta eine niederländische Vertretung zu gründen. Während Otto 1933 nach Amsterdam reiste, quartierte sich Edith mit den Töchtern Margot Betti (1926 – 1945) und Annelies Marie („Anne“, 1929 – 1945) vorübergehend bei ihrer verwitweten Mutter in Aachen ein, bis ihr Mann sie im Februar 1934 nachholte.

1936 ließ die Pomosin-Firmenzentrale in Köln prüfen, ob der Vorstand und Aufsichtsrat der Rovag in Basel rein arisch besetzt waren. Damit verschlechterte sich die Position des Direktors Erich Elias. 1938 wurden ihm seine Geschäftsvollmachten entzogen, und im Januar 1939 drängte man ihn aus dem Aufsichtsrat. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als mit einer sehr viel schlechter bezahlten Labortätigkeit bei der Pomosin-Tochter Unipektin in Zürich vorliebzunehmen.

Nach dem Pogrom am 9. November 1938 holte Erich Elias seine seit 1929 verwitwete Mutter Ida (1868 – 1957) aus Zweibrücken nach Basel, und die dort lebenden Mitglieder der Familie mieteten ein größeres Haus in der Herbstgasse, in dem sie gemeinsam wohnen konnten.

Das Jahr 1938 führte zu einer großen Veränderung. Erich wollte seine inzwischen verwitwete Mutter Ida Elias, geborene Neu, aus Zweibrücken nach Basel holen. Da ihre [Erichs und Lenis] Wohnung in der Gundeldingerstraße 139 zu klein war, um eine weitere Person aufzunehmen, und die Jungen außerdem größer wurden und mehr Platz brauchten, beschloss man, gemeinsam ein Haus zu mieten und zusammenzuziehen.
Man fand ein Haus in der Herbstgasse 11, es war nicht sehr groß, zweistöckig mit einem ausgebauten Dachgeschoss, ein um die Jahrhundertwende gebautes Eckhaus in der Reihe von sechs Häusern, mit einem kleinen, hübschen Garten, der an die Gärten der umliegenden Häuser anschloss. Im Erdgeschoss befanden sich eine Küche und ein Esszimmer, das durch eine Flügeltür mit einem Wohnzimmer verbunden war, das Leni hartnäckig Salon nannte. Von einer kleinen Veranda führten ein paar Stufen hinunter in den Garten. Im ersten Stock waren das Schlafzimmer von Leni und Erich, mit einem schönen Balkon, ferner ein Kinderzimmer und eine kleine Kammer für die Haushälterin. Alice hatte ihr Zimmer im zweiten Stock, einen großen Raum mit Blick auf den Garten, und Oma Ida würde in das kleine Zimmer neben der Treppe ziehen, das über der Kammer der Haushälterin lag. Eine steile Treppe führte hinauf zum Dachboden mit einer bewohnbaren Bodenkammer. In jedem Raum, sogar in Lenis Schlafzimmer, befand sich eine Schnur mit einer Klingel, mit der man die Haushälterin rufen konnte […]
Alice war sicher sofort einverstanden, als Leni und Erich ihr den Vorschlag unterbreiteten, zusammenzuziehen, bedeutete es doch ein Ende ihres einsamen Lebens in der Schweizergasse […] (Seite 139f)

Edith Franks ebenfalls seit 1929 verwitwete Mutter Rosa suchte Zuflucht bei ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn in Amsterdam.

Vergeblich versuchte Otto Frank, auf dem Umweg über Kuba in die USA zu emigrieren.

Am 1. September 1939 löste Hitler mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg aus. Am 10. Mai 1940 marschierten die Deutschen in Holland ein, und am 29. Mai wurde Arthur Seyß-Inquart (1892 – 1946) von Hitler zum Reichskommissar für die besetzten Niederlande ernannt. Die Deportationen aus Holland begannen im Jahr darauf.

Als Margot Frank am 6. Juli 1942 aufgefordert wurde, sich „für einen eventuellen Arbeitseinsatz im Ausland“ zu melden, war die Familie alarmiert und versteckte sich zusammen mit Hermann und Auguste van Pels, deren sechzehnjährigem Sohn Peter und dem Zahnarzt Dr. Fritz Pfeffer im Hinterhaus des von Otto Franks Firma benützten Büro- und Lagergebäudes an der Prinsengracht 263. Ein drehbarer Aktenschrank tarnte den einzigen Zugang im Hauptgebäude. Otto Franks Angestellte Hermine („Miep“) Santrouschitz bzw. Gies, Johannes Kleiman, Victor Kugler und Bep Voskuijl halfen den Untergetauchten.

Im April 1942 wurde Erich Elias die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Obwohl er seit 1929 ununterbrochen in Basel wohnte, verwehrten ihm die Schweizer Behörden einen Pass. Er war nun staatenlos. (Erst 1952 bekamen Erich und Leni Elias die Schweizer Staatsangehörigkeit.) Um das Familieneinkommen aufzubessern, richtete seine Ehefrau Leni im Juli 1942 in einem gemieteten Zimmer in Kleinbasel einen Laden für gebrauchte Sachen ein, die sie vor allem von jüdischen Emigranten bekam, die gezwungen waren, noch etwas zu verkaufen.

Fünfundzwanzig Monate lang blieb das Versteck in der Prinsengracht in Amsterdam unentdeckt – bis zum 4. August 1944. An diesem Tag verhaftete der Wiener SS-Unteroffizier Karl Josef Silberbauer die Familien Frank und van Pels, Fritz Pfeffer sowie Johannes Kleimann und Victor Kugler. Das Versteck war wohl verraten worden, aber bis heute weiß man nicht, von wem.

Edith Frank starb am 6. Januar 1945 in Auschwitz an Unterernährung. Otto Frank gehörte zu den Überlebenden in Auschwitz, die am 27. Januar 1945 von der Roten Armee befreit wurden. Auf dem Umweg über Odessa und Marseille kehrte er nach Holland zurück. Erst am 18. Juli 1945 fand der Witwer heraus, dass auch seine beiden Töchter nicht mehr lebten: Sie waren im Februar oder März 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen einer Typhus-Erkrankung erlegen.

Ende 1945 kam Otto Frank für drei Wochen nach Basel, um seine Mutter Alice, seine Schwester Leni, deren Mann Erich, seine Neffen Stephan und Buddy und Erichs Mutter Ida zu besuchen.

Buddy Elias war der Gedanke sehr unangenehm, in Basel eine Schauspielschule besucht zu haben, während sein Onkel Otto, seine Tante Edith und seine beiden Cousinen Margot und Anne sich in Amsterdam verstecken mussten. Statt Schauspieler zu werden, nahm er nach dem Krieg das von seinem Freund Otti Rehorek vermittelte Angebot an, bei der größten englischen Eis-Revue mitzumachen. Im November 1947 standen Buddy Elias und Otti Rehorek in Brüssel erstmals zusammen als die Clowns „Buddy und Baddy“ auf dem Eis. Es war der Beginn einer ungeplanten Karriere als Eiskunstläufer. Vierzehn Jahre lang tourte Buddy Elias mit „Holiday on Ice“ durch die Welt.

Otto Frank besuchte seinen Neffen drei Tage in Brüssel und erzählte ihm vom Tagebuch seiner Tochter Anne, das er von Miep Gies bekommen hatte. Eigentlich hatte Anne Frank zwei Tagebücher geschrieben: private Aufzeichnungen und eine wohl zur Veröffentlichung bestimmte Überarbeitung. Für die geplante Buchausgabe stellte Otto Frank aus Annes Fassungen eine dritte Version zusammen. Dabei strich er Abschnitte über Annes körperliche Entwicklung ebenso wie Passagen, in denen sie sich kritisch über die Mitbewohner im Versteck äußerte. Die deutsche Übersetzung der Erstausgabe erschien 1950 im Verlag Lambert Schneider, Heidelberg unter dem Titel „Das Tagebuch der Anne Frank“ (Übersetzung: Anneliese Schütz). Im Juni 1952 kam „The Diary of a Young Girl“ in den USA heraus.

Otto Frank heiratete am 10. November 1952 die Witwe Elfriede („Fritzi“) Geiringer (1905 – 1998). Das Paar zog im Dezember 1952 nach Basel und wohnte dort im Haus der Familie in der Herbstgasse.

Buddy Elias beendete 1961 seine Tätigkeit als Eiskunstläufer und wandte sich erneut dem Theater zu. In dem Stück „Der Bockerer“ von Ulrich Becher stand er 1963 im Landestheater Tübingen erstmals mit seiner späteren Ehefrau Gerti Wiedner (* 1933) auf der Bühne. Die beiden heirateten am 1. Februar 1965.

Buddys Vater Erich starb am 2. Oktober 1984 im Alter von fast vierundneunzig Jahren. Einige Zeit später stürzte Leni im Bad und brach sich den Oberschenkelhals. Ihr Enkel Patrick fand sie. Die Operation war erfolgreich, aber Leni Elias kehrte nicht mehr in ihr Haus zurück, sondern bezog ein Zimmer im jüdischen Seniorenheim „La Charmille“ in Riehen bei Basel. Ihr zwei Jahre älterer Bruder Herbert folgte ihr dorthin. Leni starb am 2. Oktober 1986, auf den Tag genau zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes. Herbert Frank lebte noch ein knappes halbes Jahr länger. Robert und Otto Frank waren bereits 1953 in London bzw. 1980 in Basel gestorben.

Am 10. März 1986 zogen Buddy und Gerti Elias in das Haus der Familie in der Herbstgasse in Basel. Fünfzehn Jahre lang führte Gerti das Antiquitätengeschäft ihrer Schwiegermutter Leni weiter. Als sie es 2001 im Alter von achtundsechzig Jahren aufgab, fand sie endlich Zeit, die vielen Sachen auf dem Dachboden des Wohnhauses zu sichten. Dabei stieß sie auf zahlreiche Briefe, Fotos und Dokumente.

Als wir, mein Mann Buddy, meine Söhne Patrick und Oliver und ich, 1986 aus Berlin in die Herbstgasse zogen, übernahm ich das Antiquitätengeschäft meiner Schwiegermutter Leni Elias-Frank, die damals bereits im Altersheim La Chamille lebte, ebenso wie ihr Bruder Herbert. Die ersten Jahre waren schwer, ich war neben meiner Arbeit im Geschäft und der Sorge für die Familie auch verantwortlich für das Haus. Zu meinen Pflichten, die ich mir selbst auferlegte, gehörte auch die Pflege des Dachbodens. Er war vollgepackt mit Möbeln, Kisten, Schachteln, Koffern, die natürlich meine Neugier erregten, besonders zwei weiße Schränke, in denen ich wunderbare Sachen fand, Paillettenkleider, einen Chapeau Claque, einen Frack, Abendkleider, Pelze, Hüte. Ich entdeckte auch einen mit Blümchenstoff bezogenen Karton. In ihm befanden sich Briefe, viele Briefe, manche ungeordnet, andere wiederum liebevoll mit seidenen Bändern verschnürt. Es dauerte eine Weile, bis ich es wagte, sie zu lesen, und noch etwas länger, bis ich verstand, dass es sich um Briefe der Familie handelte, denn zum Teil waren mir die Namen fremd, und manche Briefe waren in Sütterlinschrift geschrieben […]
In den folgenden Jahren stöberte ich immer wieder mal auf dem Dachboden, doch wirklich Zeit, mir alles genau anzuschauen, hatte ich erst 2001, nachdem ich das Geschäft aufgegeben hatte […] (Gerti Elias im Nachwort, Seite 417f)

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Nachdem Gerti Elias bei einer Sitzung des Anne Frank-Fonds von ihrem Fund auf dem Dachboden des seit 1938 von den Familien Frank und Elias bewohnten Hauses in der Herbstgasse in Basel berichtet hatte, wurde der Historiker Peter Toebak mit der fachgerechten Archivierung des aus etwa sechstausend Briefen, Fotos und Dokumenten bestehenden Konvoluts beauftragt. Diese Arbeit dauerte zwei Jahre. Danach wurde das Material der Anne Frank-Stiftung in Amsterdam als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Parallel dazu wählte Gerti Elias im Auftrag des Anne Frank-Fonds fünfhundert Briefe aus, die über das Leben der Familie im 19. und 20. Jahrhundert Aufschluss geben. Sie dienten der Schriftstellerin Mirjam Pressler (* 1940) als Material für ihr Buch „‚Grüße und Küsse an alle‘. Die Geschichte der Familie von Anne Frank“.

Im Prolog des Buches schildert Mirjam Pressler ein Familientreffen an einem Sommertag des Jahres 1935 in Sils Maria im Oberengadin. Dort besitzt Olga Spitzer – eine französische Cousine der Geschwister Robert Frank, Otto Frank, Herbert Frank und Leni Elias – die Villa Laret. 1935 sind auch Otto Frank und seine Tochter Anne aus Amsterdam gekommen, während seine Ehefrau Edith mit der Tochter Margot ihre verwitwete Mutter Rosa Holländer in Aachen besucht. Anne Frank spielt in Sils Maria mit ihrem Cousin Buddy Elias. – Im Epilog von „‚Grüße und Küsse an alle‘. Die Geschichte der Familie von Anne Frank“ geht es um Otto Frank, der im Januar 1946 nach einem dreiwöchigen Besuch bei seinen Verwandten in Basel nach Amsterdam zurückreist. Seine Schwester Leni bringt ihn zum Zug. In den drei Kapiteln zwischen Prolog und Epilog porträtiert Mirjam Pressler Anne Franks Großmutter Alice Frank (1865 – 1953), Anne Franks Tante Leni Elias (1893 – 1986) und Anne Franks Cousin Buddy Elias (* 1925).

Unter dem Titel „Grüße und Küsse an alle“ – frei nach dem Schluss eines von Anne Frank im Januar 1941 geschriebenen Briefes („Viele Grüße an alle und noch viele Küsschen, Eure Anne“ – Seite 158) – erzählt Mirjam Pressler eine mehrere Generationen übergreifende Familienchronik, in der sich die Geschichte des jüdischen Bürgertums in Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spiegelt. „‚Grüße und Küsse an alle‘. Die Geschichte der Familie von Anne Frank“ ist eine exemplarische Familiengeschichte, aber keine Gesellschaftsanalyse, und die Autorin geht auch nicht näher auf den Holocaust ein. Immerhin erfahren wir einiges über die Rezeption des „Tagebuchs der Anne Frank“.

Hin und wieder hüpft Mirjam Pressler in der Chronologie. Das verwirrt mitunter ein wenig beim Lesen, zumal es die Fülle von Namen, Daten und Details ohnehin nicht einfach macht, den Überblick zu behalten. Hinsichtlich der Namen und Verwandtschaftsverhältnisse hilft allerdings der Stammbaum im Anhang. Hervorzuheben sind die zahlreichen Abbildungen: Fotos, gemalte Porträts, Faksimiles von Briefen.

Nachtrag: Mirjam Pressler starb am 16. Januar 2019 im Alter von 78 Jahren.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © S. Fischer Verlag

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Das Tagebuch der Anne Frank

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