Auschwitz

Vernichtungslager der Nationalsozialisten gab es auch in Belzec, Chelmno, Majdanek, Sobibor und Treblinka, aber die Anlagen in Auschwitz (Stammlager Auschwitz I, Selektierungs- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau, Zwangsarbeitslager Auschwitz-Monowitz, 39 Außen- und Nebenläger) waren die bedeutendsten.

27. April 1940: „Reichsführer-SS“ Heinrich Himmler ordnet an, in einem Kasernenkomplex der inzwischen „reichsdeutsch“ gewordenen polnischen Kleinstadt Oswiecim (Auschwitz) zwischen Krakau und Kattowitz ein Konzentrationslager für zehntausend Häftlinge zu errichten. Einige Tage später ernennt er Rudolf Höß zum Lagerkommandanten.

20. Mai 1940: SS-Scharführer Gerhard Palitzsch trifft mit einem aus dreißig Funktionshäftlingen aus Sachsenhausen gebildeten Vorauskommando in Auschwitz ein.

14. Juni 1940: Die ersten 728 polnischen Häftlinge in Auschwitz werden von SS-Hauptsturmführer Karl Fritzsch angeschrien: „Ihr seid hier nicht in ein Sanatorium gekommen, sondern in ein deutsches Konzentrationslager, aus dem es keinen anderen Ausgang gibt als durch den Schornstein des Krematoriums!“

18. Februar 1941: Hermann Göring verlangt in einem Brief an Heinrich Himmler die Freimachung von Wohnraum in Auschwitz und die Bereitstellung von acht- bis zwölftausend Fach- und Hilfsarbeitern für den geplanten Bau der BUNA-Werke des IG-Farben-Konzerns im nahe gelegenen Monowitz (Monowice).

1. März 1941: Heinrich Himmler inspiziert Auschwitz und befiehlt den weiteren Ausbau des Lagers.

3. September 1941: Versuchsweise werden 850 Menschen in Auschwitz mit Zyklon B (Cyanwasserstoff) getötet, darunter 600 sowjetische Kriegsgefangene.

15. Februar 1942: Der erste Transport von Juden, die umgebracht werden sollen, trifft in Auschwitz ein.

17. März 1942: In Auschwitz-Birkenau beginnen systematische, fabrikmäßige Vergasungen.

17. Juli 1942: Heinrich Himmlers inspiziert Auschwitz zum zweiten Mal.

28. Juli 1942: Heinrich Himmler schreibt SS-Obergruppenführer Gottlob Berger, seinem Verbindungsoffizier im Ostministerium: „Die besetzten Ostgebiete werden judenfrei. Die Durchführung dieses sehr schweren Befehls hat der Führer auf meine Schultern gelegt. Die Verantwortung kann mir ohnedies niemand abnehmen. Also verbitte ich mir alles Mitreden.“

Sommer 1942: Rudolf Höß behauptete, er habe im Sommer 1941 von Heinrich Himmler den Befehl zur „Endlösung der Judenfrage“ erhalten, aber das geschah vermutlich ein Jahr später: „Der Führer hat die Endlösung der Judenfrage befohlen. Wir, die SS, haben diesen Befehl durchzuführen. Die bestehenden Vernichtungsstellen im Osten sind nicht in der Lage, die beabsichtigten großen Aktionen durchzuführen. Ich habe daher Auschwitz dafür bestimmt.“

In Güterwaggons zusammengepfercht werden auch die Juden aus dem „Altreich“, aus Holland, Frankreich und anderen besetzten Staaten in die Vernichtungslager im „Generalgouvernement“ gefahren. Wer in Auschwitz lebend ankommt, wird an der lagereigenen Bahnrampe einer Kolonne zugeteilt. Währenddessen spielt ein aus weiblichen Häftlingen in weißen Blusen und marineblauen Röcken zusammengestelltes und bis zu ihrer eigenen Ermordung von der Geigerin Alma Rosé (1906 – 1944), einer Nichte Gustav Mahlers, geleitetes Orchester Operettenmelodien.

Die Menschen müssen sich ausziehen, Schmuck, Brillen und Prothesen ablegen; den Frauen und Mädchen werden die Haare abgeschnitten. In den angeblichen Duschräumen, die jeweils zweitausend Personen aufnehmen können, blicken einige der nackten Männer, Frauen und Kinder bang zu den Brauseköpfen hoch, aus denen kein Wasser tropft; andere stellen fest, dass im Boden keine Abflussrinnen sind. Sobald das Gas einströmt, schieben und stoßen sich die kreischenden Opfer in Panik, aber es gibt keinen Ausgang. Zwanzig Minuten dauert es, bis alle tot sind. Andere Häftlinge, die mit Gasmasken, Gummistiefeln und Wasserschläuchen ausgerüstet sind, öffnen das Tor, zerren die Leichen heraus. „Zwei Dutzend Arbeiter sind mit den Mündern beschäftigt, die sie mit Hilfe von Eisenhaken öffnen. ‚Gold nach links, ohne Gold nach rechts!‘ – Andere kontrollieren After und Geschlechtsteile auf Geld und Brillanten, Gold usw.“ (Bericht des SS-Obersturmführers Kurt Gerstein vom 26. April 1945) Dann werden die Leichenberge im Krematorium verbrannt.

Der Diebstahl von Wertgegenständen ist streng verboten. Eugen Kogon berichtet von einen Häftling, bei dem ein Ring gefunden wurde. Ein SS-Oberscharführer ließ ihn an den Handgelenken aufhängen und schoss dann so lange auf ihn, bis die Arme durchrissen.

4. November 1942: Die Firma J. A. Topf & Söhne beantragt beim Reichspatentamt in Berlin ein Patent für einen „kontinuierlich arbeitenden Leichen-Verbrennungsofen für Massenbetrieb“. (Die Patentschrift wird am 3. Januar 1953 vom Bundespatentamt für die inzwischen in Wiesbaden ansässige Firma erteilt: „Verfahren und Vorrichtung zur Verbrennung von Leichen, Kadavern und Teilen davon“.

4. April 1943: Nach der Übergabe eines vierten und fünften Krematoriums berichtet SS-Sturmbannführer Karl Bischoff, dass jetzt in Auschwitz 4756 Leichen pro Tag eingeäschert werden können.

7. Oktober 1944: Die zu Arbeiten in den Tötungsanlagen abkommandierten Häftlinge versuchen einen Aufstand, der jedoch von der SS blutig niedergeschlagen wird.

2. November 1944: Die Vergasungen in Auschwitz werden eingestellt.

3. November 1944: Der letzte Zug mit Häftlingen trifft in Auschwitz ein.

26. November 1944: Heinrich Himmler ordnet die Demontage der Krematorien in Auschwitz an.

17./18. Januar 1945: 4500 in Auschwitz Beschäftigte setzen sich ab und zwingen 60 000 Häftlinge zu einem Marsch in den Westen, auf dem noch einmal 10 000 Menschen ums Leben kommen.

26. Januar 1945: Die Lagerleitung lässt das letzte Krematorium sprengen.

27. Januar 1945: Die Rote Armee erreicht Auschwitz und befreit die letzten 7500 Häftlinge.

Beauftragte des Roten Kreuzes finden in Auschwitz sieben Tonnen Menschenhaar. Vermutlich sind allein in Auschwitz mehr als eine Million Menschen ermordet worden, übrigens nicht nur Juden, sondern beispielsweise auch Sinti und Roma.

1947: Das „Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau“ wird eröffnet.

20. Dezember 1963: Beginn des Prozesses gegen ehemalige Aufseher und Mitglieder der Lagerleitung in Frankfurt am Main (1. Frankfurter Auschwitz-Prozess). Nach der Vernehmung von 360 Zeugen verurteilte das Gericht am 19./20. August 1965 siebzehn Angeklagte wegen 15 209 Morden zu Haftstrafen.

27. Januar 1996: Der 27. Januar wird in der Bundesrepublik Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.

Literatur über Auschwitz

Stella Silberstein (1899 – 1994) überlebte Auschwitz, den Lagerarzt Josef Mengele und den Todesmarsch nach Bergen-Belsen, wo sie am 15. April 1945 von britischen Soldaten gerettet wurde. Unter dem Titel „Hotel Excelsior. Tagebuch einer Spurensuche“ gaben Ingeborg Hecht und Kurt Kreiler ihre Aufzeichnungen heraus. (Dölling und Galitz Verlag, Hamburg / München 2005, 275 Seiten, 14.80 €).

Die Journalistin Bettina Schaefer sprach zwischen September 2006 und August 2007 mit Überlebenden des Holocaust, Mitarbeitern des staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau und Besuchern der internationale Gedenkstätte. 25 dieser Interviews mit 28 Menschen aus Israel, Polen, Österreich, Frankreich und Deutschland stellte sie in einem Buch zusammen: „Lass uns über Auschwitz sprechen. Gedenkstätte – Museum – Friedhof. Begegnungen mit dem Weltkulturerbe Auschwitz“. (Verlag Brandes & Apsel, Frankfurt/M 2009, 340 Seiten, 29.90 €).

Thomas Pynchon - Vineland
Thomas Pynchon warnt in seinem gesellschaftskritischen Roman "Vineland" vor dem repressiven Polizeistaat. Die finstere, aber mit Humor und Ironie durchzogene Geschichte geht zunehmend ins Surreale über, und mit überbordender Fabulierlaune fällt Thomas Pynchon immer noch etwas ein. Auf Stringenz kommt es ihm nicht an. Nur wer seine stilistische Virtuosität schätzt, wird die Lektüre als etwas Besonderes in der anspruchsvollen Literatur erleben.
Vineland

 

(Startseite)

 

Nobelpreis für Literatur

 

Literaturagenturen

 

Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.