Thea Dorn : Mädchenmörder
Inhaltsangabe
Kritik
Weil die 19-jährige Julia Lenz, die vor wenigen Monaten des zweitbeste Abitur an ihrem Gymnasium in Köln machte und deshalb für die Studienstiftung des Deutschen Volkes vorgeschlagen wurde, erst seit einem halben Jahr über einen Führerschein verfügt, erlaubt ihr die Mutter am 2. September 2006 nicht, mit dem Wagen zur Party ihrer Freundin Carina zu fahren. So kommt es, dass sie nach Mitternacht an einer Haltestelle in Köln-Marienburg sitzt und auf den Bus wartet. Ein zitronengelber Porsche hält. Der Fahrer springt heraus, presst Julia ein mit Betäubungsmittel getränktes Tuch auf die Nase und entführt sie.
In einem lichtlosen Kellerraum kommt sie wieder zu sich. Der Verbrecher misshandelt sie, tritt ihr in den Bauch und zwingt sie, sich auszuziehen. Als er an ihren Oberschenkeln die Narben von selbst zugefügten Schnittwunden entdeckt, reagiert er betroffen. Vermutlich wollte er kein autoaggressives Mädchen in seine Gewalt bringen. Um ihr Angst zu machen, brüstet er sich mit einer Reihe von Morden, und in einem Karton findet Julia tatsächlich acht oder neun Slips und ebenso viele Büstenhalter. Ihr Peiniger zwingt sie zu einer Intimrasur in einer Kraftmaschine. Das bedeutet, dass sie die Bügel mit den Oberschenkeln auseinanderdrücken muss und sich jedes Mal schneidet, wenn die Kraft nachlässt. Das amüsiert ihn. Anschließend bringt er sie dazu, auf ein aufgebocktes Rennrad ohne Sattel zu steigen. Während sie im Stehen tritt, rutscht sie immer wieder auf den Pedalen ab, und als sie am Ende ihrer Kräfte ist, defloriert er sie.
Am 5. September sind zwei Polizisten oben im Haus. Bei der Befragung geht es nicht um Julia, sondern um die ebenfalls 19-jährige Prostituierte Janina Berger, deren Leiche bei La Roche-en-Ardenne gefunden wurde. Ein Zeuge will am 3. Juni gesehen haben, wie sie an der Autobahnraststätte Frechen in einen zitronengelben Porsche stieg. Deshalb werden jetzt die Halter solcher Fahrzeuge überprüft. Aber die Polizei schöpft bei dem Gespräch mit David Hoss – so heißt der Verbrecher – keinen Verdacht.
In der Nacht auf den 6. September wirft er Julia die Kleidung vor die Füße, die er ihr abnahm und fesselt ihr die Hände auf den Rücken, nachdem sie sich angezogen hat. Er fährt mit ihr los. Am Ortsende-Schild erkennt sie, dass sie sich im Aachener Stadtteil Brand befanden. Sein Ziel ist ein Moor im Naturpark Hohes Venn. Offenbar hat er vor, sie dort umzubringen und ihre Leiche zu versenken. Aus irgendeinem Grund ändert er seinen Plan und nimmt die Autobahn nach Westen. Sie passieren die Ausfahrt Grâce-Hollogne. Julia weiß, dass in dieser Gemeinde am 24. Juni 1995 die beiden achtjährigen Mädchen Julie Lejeune und Mélissa Russo verschwunden waren, deren Leichen man am 17. August 1996 im Garten des Hauses von Marc Dutroux fand.
Während Julia gefesselt, geknebelt und mit verbundenen Augen in einem Wohncontainer auf einem Campingplatz in Oudenaarde liegt, tauscht David den Porsche gegen einen braunen Ford mit belgischem Kennzeichen, eine Pistole, Munition und etwas Bargeld.
Südlich von Kortrijk überqueren sie die belgisch-französische Grenze. Sie kaufen eine Sonnenbrille mit großen Gläsern, um wenigstens ein paar Hämatome in Julias Gesicht zu verbergen. In Troyes geht David mit ihr in ein Kaufhaus und besorgt ihr Schuhe, Jeans und Bluse. Unterwäsche darf sie keine tragen.
Als sie meint, er benötige die Pistole nur zum Angeben, erschießt er bei Mâcon vor ihren Augen einen Labrador Retriever, der aussieht, wie ihr eigener Hund Tinka.
Dann besucht er mit ihr die Krokodilfarm in Pierrelatte südlich von Montélimar.
Gegen Abend geht er kurz in das zur Auberge de la Tête Noire bei Montélimar gehörende Restaurant. Offenbar kennt er Geneviève, die 18-jährige Tochter des Patrons. Jedenfalls verabredet er sich mit ihr um 22 Uhr in einem Straßencafé. Das Mädchen himmelt ihn an. In einem Campanile-Hotel fesselt er Geneviève aufs Bett und knebelt sie mit ihrem Slip. Julia muss zusehen, wie er das Mädchen mit der Fernbedienung penetriert, sie mit kochendem Wasser verbrüht und ihr die Handgelenke bricht, bevor er sie erwürgt. Danach kettet er Julia mit Handschellen an die Tote, isst ein Stück weißen Nougats und legt sich schlafen. Kurz bevor der Morgen graut, legt er Genevièves Leiche auf dem Parkplatz vor der Auberge de la Tête Noire ab, damit der Patron sie findet, denn bei dem Mord handelte es sich um einen Racheakt.
In Arles besucht er mit Julia einen Stierkampf.
Mit Genevièves Kreditkarte kauft er eine teure Kamera und einen Fotoband des Aktfotografen Jacques Bourboulon. Am Pont du Gard muss Julia für ihn posieren, bis zwei junge Italienerinnen neugierig werden. David zeigt Alessia und Gabriella das Buch, gibt sich als Jacques Bourboulon aus und schlägt ein Shooting vor. Alessia scheint Bedenken gegen Nacktaufnahmen zu haben, aber David versichert, es handele sich nicht um Pornografie („molto estetico“). Im Etap-Hotel von Nîmes-Marguerittes checken sie am Automaten ein, aber der Betreiber passt auf und untersagt die Belegung eines Zimmers mit vier Personen. Daraufhin fährt David mit den drei Mädchen in den Parc Naturel Régional de Camargue. Dort erschießt er Alessia kurzerhand, zwingt Gabriella zur Fellatio, hält ihr die Pistole von oben auf den Kopf und drückt ab.
In Lourdes fällt ihm eine junge lateinamerikanische Nonne auf, aber er weiß nicht, wie er an sie herankommt.
An dieser Stelle bricht Julia Lenz‘ Manuskript ab.
Aus Briefen, die sie an David richtet, erfahren wir nicht nur, wie es weitergeht, sondern auch, dass sie in der Nacht auf den 3. September 2006 in Köln nicht mit Gewalt in den zitronengelben Porsche gezerrt wurde, sondern freiwillig einstieg, nachdem David Hoss neben ihr gehalten hatte und „Linie 132, Dom/Hauptbahnhof, bitte einsteigen!“ gerufen hatte. Erst an der Raststätte Frechen schlug er sie bewusstlos.
Die volle Wahrheit kann ich jedoch auch nicht schreiben, denn ich wette, die Spießer lauern bloß auf einen Vorwand, um mich endlich nicht nur moralisch, sondern auch juristisch als „Mittäterin“ verurteilen zu können.
Sie ist inzwischen nach Berlin gezogen und schreibt an dem Buch mit dem Titel „Schwarzer Sommer“. Der Verlag bezahlte ihr dafür 500 000 Euro Vorschuss, und sobald es in Druck geht, soll sie noch einmal die gleiche Summe erhalten. Bei der Verfilmung möchte Lindsay Lohan die weibliche Hauptrolle spielen, und Daniel Craig, so heißt es, werde David Hoss verkörpern.
David Hoss war seit 1993 Radrennprofi, bis er im Frühjahr 2006 wegen kaputter Knie aufhören musste. Fünf Jahre zuvor hatte er schon von dem erfolgreichen katalanischen Team Aigua de Peguera zu einem unbedeutenden französischen wechseln müssen. Durch das endgültige Aus im Frühjahr 2006 wurde der 32-Jährige aus der Bahn geworfen und zum sadistischen Serienmörder.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
In Lourdes übernahm Julia es, ihm die Nonne Hermana Lucia zuzuführen. Sie köderte die Lateinamerikanerin, indem sie in der Toilettenkabine neben ihr schluchzte und sie dann bat, sie zum Auto zu begleiten. In einem Bergbuchenwald im Vallée d’Ossoue zerschnitt David die Kleidung der Klosterschwester. Wegen ihres Namens, den er mit Licht assoziierte, vergewaltigte er sie mit einer brennenden Kerze. Und weil er glaubte, man habe der heiligen Lucia die Brüste ausgerissen – er verwechselte sie mit der heiligen Agatha –, schnitt er seinem Opfer die Brüste ab. Als sie endlich tot war, ritzte Julia ihr ein Herz mit den Buchstaben D und J in den Bauch. Dass in der Nähe ein Schild mit der Aufschrift „Décharge interdite“ stand, belustigte sie.
Im Spielkasino von Bagnères-de-Luchon setzte David beharrlich auf die 35. Kurz bevor er alle Chips verloren hatte, riet Julia ihm, auf die 29 zu wechseln, und von da an gewann er. Als sie jedoch danach zu ihm in die Dusche wollte, stieß er sie brutal zurück und sie wäre beinahe mit dem Kopf gegen den Rand des Waschbeckens geprallt.
Am Col du Portillon fuhr er einen Radfahrer tot.
In Lloret de Mar verhinderte Julia, dass zwei unförmige Holländerinnen mitgingen, die er am Strand als Opfer ausgesucht hatte.
Während sie in einem Hotelzimmer in Murcia auf ihn wartete, sah sie ihre Eltern im Fernsehen. Sie appellierten an den Entführer, ihre Tochter am Leben zu lassen. Die Polizei ging inzwischen davon aus, dass die seit zehn Tagen vermisste Abiturientin aus Köln einem Serienmörder in die Hände gefallen war, der mit ihr als Geisel nach Südfrankreich fuhr.
Am Cabo de Gata östlich von Almería sprach David zwei Hippiemädchen aus Göttingen an, die einen Joint rauchten und sich gerade mal ein Batiktuch um die Hüften banden: Doro und Petra. David, der es vor allem auf den Campingbus der beiden abgesehen hatte, log ihnen etwas von einem Achsbruch vor. Schließlich nahmen sie ihn und Julia mit. Er zwang Doro und Petra in der Sierra Alhamilla zu einer Lesbennummer, bevor er sie tötete.
In dem Nachtlokal „Lady Marmalade“ in Puerto Banalus bei Marbella spendierte er einer Frau namens Marisol Champagner, bis sie bereit war, mit ihm in ihrem Cabrio eine Spritztour zu unternehmen. Julia folgte mit dem VW-Bus. Nachdem David es mit der durchaus willigen Spanierin auf einem abgelegenen Parkplatz getrieben hatte, ermordete er sie und fuhr mit Julia im Cabrio der Toten nach Sevilla.
Dort besuchten sie erneut einen Stierkampf. Dabei litt Julia mehr als bei den Bluttaten.
In der Corrida trat eine Matadora auf: Carla Rincón. Nach den Kämpfen fanden David und Julia sie in einer Bar. Sie warteten, bis sie ging und sich von ihrem Begleiter verabschiedete. Mit der Bitte um ein Autogramm für seine Verlobte hielt David sie auf und schlug ihr mit dem Pistolengriff in den Nacken. Dann zerrten sie die Bewusstlose zum Ufer des Guadalquivir hinunter. Dort vertrieb David erst zwei Penner, bevor er die Stierkämpferin entkleidete, sie fesselte und knebelte. Als sie zu sich kam, rammte sie ihm die Knie in die Hoden und warf sich kraftvoll hin und her. David stach mit einem Messer auf sie ein und quälte sie langsam zu Tode. Julia hätte der matadora matada am liebsten ein Ohr abgeschnitten und es David als Siegestrophäe überreicht, wagte es jedoch nicht, weil sie befürchtete, ihn zu erzürnen.
Die Polizei nahm zunächst an, Carla Rincón sei von Tierschützern ermordet worden. Aber dann meldete sich einer der von David verscheuchten Penner und gab zu Protokoll, was er gesehen hatte. In Madrid erfuhren David und Julia, dass die spanische Polizei nach ihnen fahndete. Sie kehrten deshalb nach Frankreich zurück.
In Aubisque überredete Julia David, noch einmal ins Vallée d’Ossoue zu fahren und die offenbar unentdeckte Leiche der Nonne Hermana Lucia zu begraben. Als David sich vor der stinkenden, von Tieren angefressenen, augenlosen, halb verwesten Leiche übergab, lachte Julia ihn aus. Nun schreibt sie in einem Brief:
Bin dieser lachende Teufel wirklich ich?
David! Was ist an jenem Sonntagmorgen mit mir passiert? Stimmt es, dass ich immer wieder gerufen habe: „Aber das ist doch nur Natur! David! Das ist doch alles nur Natur!“
Hilf mir! Bis eben war ich sicher, Du hättest völlig überreagiert, als Du Dich auf mich gestürzt und angefangen hast, mich so zu verprügeln, wie Du mich seit den Tagen im Keller nicht mehr verprügelt hattest. Jetzt erkenne ich, dass Du Recht gehabt hast. Das wahre Monster bist nicht Du. Das wahre Monster bin ich.
Nach diesem Vorfall gab David ihr in Toulouse Geld für ein Flugticket nach Köln und warf sie aus dem Auto.
In einem Wäschegeschäft in Köln, in dem sie einkaufen wollte, wurde sie von einer Verkäuferin erkannt. Kurz darauf kam die Polizei und kümmerte sich um die verstörte 19-Jährige. Man versicherte ihr, sie brauche keine Angst mehr zu haben. Ihr Entführer sei an der italienisch-slowenischen Grenze von der Polizei in einem gestohlenen Cabrio erschossen worden. Ein italienischer Straßenbauarbeiter habe die Szene gefilmt.
Die Medien stürzten sich auf den Fall. Julia saß unter anderem bei Beckmann, und Davids Mutter bei stern TV. In einem ihrer Briefe, die sie an den toten David richtet, beschwert Julia sich über die Aufdringlichkeit und Sensationsgier der Medien sowie deren zum Teil falsche Darstellung der Ereignisse.
Sie schneidet sich wieder mit Rasierklingen in die Oberschenkel.
Ende 2006 bricht sie das Buchmanuskript ab.
Im Oktober 2039 ordnet die erfolgreiche Radrennfahrerin Holy Spring die Sachen ihrer kürzlich an Krebs gestorbenen Mutter Julie, denn sie will deren Haus in Rapid City/South Dakota verkaufen. Dabei stößt sie auf einen Brief des Kongressabgeordneten Billy Stone aus dem Jahr 2008 an eine Deutsche namens Julia Lenz, in dem er verspricht, ihr bei der Einbürgerung zu helfen. Julia Lenz änderte ihren Namen in Julie Spring und arbeitete 25 Jahre lang als Tierarzthelferin in einer Klinik in Rapid City. Holy entdeckt auch noch zwei Memory Sticks, wie man sie Anfang des Jahrhunderts verwendete. Einem Bekannten gelingt es, die Daten auszulesen, und jemand übersetzt ihr die gespeicherten Texte. Es handelt sich um den ersten Teil eines Buchmanuskripts und eine Reihe von Briefen. Auf diese Weise erfährt Holy von der Odyssee ihrer Mutter im September 2006 und dass David Hoss ihr Vater war. Während er dreimal an der Tour de France teilgenommen hatte und dabei nicht über den Platz 129 hinausgekommen war, gewann Holy Spring die Tour de France bereits fünfmal. Aufgrund ihrer neuen Erkenntnisse beendet sie jedoch die Sportkarriere.
Mit „Mädchenmörder. Ein Liebesroman“ parodiert Thea Dorn einen Road-Novel-Thriller über einen Serienmörder. Zugleich kritisiert sie auf satirische Weise die Sensationsgier der Medien und spielt mit dem Voyeurismus der Leser. Das ist recht unterhaltsam. Eine Straffung durch den Verzicht auf den einen oder anderen Mord und einige der Briefe hätte dem Roman allerdings gut getan.
Die Konstruktion ist originell: Auf ein Vorwort der (fiktiven) Autorin Julia Lenz vom November 2006 folgt das Fragment eines Buchmanuskripts über ihre zweiwöchige Odyssee mit einem Serienmörder von Köln nach Marbella und zurück nach Toulouse. Minutiös schildert Julia Lenz, was sie erlebte und dachte. Immer wieder wendet sie sich direkt an die Leser und an mehreren Stellen kündigt sie Schreckliches an. Allerdings beschränkt sie sich bei der Darstellung der grausamen Bluttaten auf Andeutungen. Die Erinnerungen würden sie ungeheuer belasten, schreibt sie, und es falle ihr schwer, darüber zu berichten.
Ich weiß, Sie alle wollen meine Geschichte hören. Ich werde sie Ihnen erzählen. Und nichts auslassen. Nur das, was so schlimm ist, dass kein Mensch es erzählen kann, wenn er weiterleben will.
Bemerkenswert sind die Verschachtelungen, bei denen die Autorin bis zu vier Klammern (Seite 163) einsetzt.
Der zweite Teil von „Mädchenmörder. Ein Liebesroman“ besteht aus Briefen, die Julia Lenz an David Hoss schreibt, den sie in ihrem Manuskript nur „Peiniger“ nennt. Auch diese Darstellung ist selbstverständlich subjektiv. Über David Hoss erfahren wir nur, was Julia Lenz über ihn weiß bzw. denkt. Aber in ihren nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Briefen erzählt sie eine andere Version als in dem Buchmanuskript, das unvollendet bleibt.
Im Epilog kommt schließlich Julia Lenz‘ Tochter Holy Spring zu Wort, die nichts von der Vergangenheit ihrer Mutter weiß, bis sie im Oktober 2039 (!) deren Aufzeichnungen findet.
„Mädchenmörder. Ein Liebesroman“ dreht sich um das Stockholm-Syndrom.
David Hoss erwähnt einmal den Psychopathen Bill Forster in der Filmgroteske „Falling Down. Ein ganz normaler Tag“. Aber auch Vergleiche mit tatsächlichen Fällen drängen sich auf:
Patty Hearst (* 1954), die Enkelin des Medienzaren William Randolph Hearst, wurde 1974 von der linksradikalen Symbionese Liberation Army entführt und schloss sich der Bewegung an, die von ihrer Familie mehrere Millionen Dollar erpresste.
Richard Fran Biegenwald (1940 – 2008) verbüßte von 1958 bis 1974 eine Haftstrafe wegen mehrfachen Mordes. 1980 wurde er wegen einer Vergewaltigung im Jahr 1977 festgenommen, aber die Tat konnte ihm nicht nachgewiesen werden. 1983 lockte er die 18-jährige Anna Olesiewicz in sein Auto und tötete sie mit Kopfschüssen. Kurz darauf umstellte die Polizei seine Garage, in der er die Leiche einer anderen Frau versteckt hatte. Obwohl er sich mit der Ermordung von 300 Frauen gebrüstet haben soll, konnte er am Ende nur für fünf Morde verurteilt werden. Er blieb bis zu seinem Tod in Haft.
Marc Dutroux (* 1956) geriet 1983 und 1984 wegen einer Vergewaltigung und eines Tötungsdelikts ins Visier der Polizei. 1989 wurde er zu dreizehneinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er fünf zwischen 12 und 19 Jahre alte Mädchen verschleppt und von ihnen pornografische Fotos gemacht hatte. Im Gefängnis heiratete er seine wegen ihrer Beteiligung zu fünf Jahren Freiheitsentzug verurteilte Lebensgefährtin Michelle Martin. 1995, drei Jahre nach seiner Begnadigung, entführte Marc Dutroux die beiden achtjährigen Mädchen Melissa Russo und Julie Lejeune, die 19-jährige Eefje Lambrecks und die zwei Jahre jüngere An Marchal. Er vergewaltigte sie und machte davon Fotos. Am 6. Dezember 1995 wurde er im Zusammenhang mit Autodiebstählen verhaftet. Während seiner Abwesenheit verhungerten Melissa Russo und Julie Lejeune in ihrem Kellergefängnis. Eefje Lambrecks und An Marchal hatte er schon zuvor vergiftet oder er tat es nach seiner Freilassung. Im Mai bzw. August 1996 entführte Marc Dutroux erneut zwei Mädchen: Sabine Dardenne war zwölf, Laetitia Delhez zwei Jahre älter. Mitte August verhaftete die Polizei ihn, Michelle Martin und zwei Komplizen. Sabine Dardenne und Laetitia Delhez konnten befreit werden. Ein Gericht verurteilte Marc Dutroux am 22. Juni 2004 zu lebenslanger Haft.
Natascha Kampusch (* 1988) wurde von 1998 bis 2006 von Wolfgang Priklopil (1962 – 2006) gefangen gehalten.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012
Textauszüge: © Wilhelm Goldmann Verlag
Thea Dorn, Richard Wagner: Die deutsche Seele