Das Fest
Das Fest
Inhaltsangabe
Kritik
Zur Feier seines 60. Geburtstags lädt der Hotelier Helge Klingenfeldt etwa fünfzig Freunde und Verwandte auf seinen schlossähnlichen Landsitz ein.
Das Fest beginnt fröhlich, obwohl Helges ältere Tochter Linda sich erst vor wenigen Wochen das Leben nahm. Seine jüngere Tochter, die Anthropologiestudentin Helene (Paprika Steen), bringt ihren afrikanischen Geliebten Gbatokai (Gbatokai Dakinah) mit und provoziert dadurch rassistische Bemerkungen einiger Gäste. Helges jüngerer Sohn Michael (Thomas Bo Larsen), der mit seiner Frau Mette (Helle Dolleris) und den Kindern kommt, benimmt sich wie immer als Enfant terrible, trinkt zu viel und kann seine Aggressivität kaum zügeln. Seine Ehekrise ist zu spüren. Alte Feindseligkeiten leben auf. Das Personal wird herumkommandiert. Als alle Gäste an der Geburtstagstafel sitzen, hält Christian (Ulrich Thomsen), Helges älterer, seit einiger Zeit in Frankreich lebender Sohn, eine Tischrede. Er beginnt so, wie es von ihm erwartet wird, aber dann beschuldigt er seinen Vater ganz sachlich, ihn und seine inzwischen tote Zwillingsschwester Linda (Lene Laub Oksen) als Kinder jahrelang sexuell missbraucht zu haben. Das sei auch der Grund für Lindas Depressionen gewesen. Damit macht Christian seinen Vater auch für den Suizid verantwortlich. „Ich habe nie verstanden, wieso du es getan hast“, klagt Christian. Die Antwort offenbart den Zynismus und die Verachtung seines Vaters: „Ihr wart nicht mehr wert!“
Die Gäste empören sich über Christians skandalösen Auftritt, den sie zunächst für einen abgeschmackten Scherz halten. Helge Klingenfeldt leugnet, kann jedoch die meisten Gäste nicht von seiner Unschuld überzeugen. Nur sein jüngerer Sohn Michael und einige seiner Vertrauten halten vorerst zu ihm und schaffen Christian vor die Tür. So rasch wie möglich möchten die Gäste der peinlichen Situation entfliehen, aber der Koch Kim (Bjarne Henriksen), der seinen Jugendfreund Christian zu der Abrechnung mit dem Vater ermutigt hatte, ließ die Autoschlüssel einsammeln, damit die Familienmitglieder einander nicht entkommen können. Da tanzt die Gesellschaft, als sei nichts geschehen.
Beim gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen entschuldigt Helge Klingenfeldt sich, wird jedoch höflich gebeten, den Raum zu verlassen.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)In „Das Fest“ demontiert Thomas Vinterberg die Fassade einer gutbürgerlichen Familie und dringt in Abgründe vor. Die verstörende Familientragödie handelt nicht nur von einem zynischen Kinderschänder, für den es am Ende keine Verzeihung, sondern nur die Ächtung gibt, sondern auch und vor allem von einer Familie, die nicht dazu fähig ist, sich mit der ungeheuerlichen Tat auseinanderzusetzen. Deshalb führt das schmerzhafte Sezieren nicht zu einer Katharsis. Die Familie ist hier kein schützender Hafen, sondern ein Ort der Qualen.
Thomas Vinterberg ergreift für keinen der Charaktere Partei und verzichtet auf moralische Wertungen. Den von ihm mit aufgestellten Grundsätzen des „Dogma 95“ verpflichtet, drehten er und Anthony Dod Mantle „Das Fest“ so, als würde es sich um den schnörkellosen, grobkörnigen und verwackelten Videofilm eines Familienmitglieds handeln. Auf diese Weise fühlen die Kinobesucher sich, als befänden sie sich unter den Gästen der Geburtstagsfeier, also wie Augenzeugen. Die Authentizität verstärkt die Betroffenheit der Zuschauer.
Das Drehbuch schrieb Vinterberg gemeinsam mit Mogens Rukov, seinem früheren Professor an der Filmhochschule.
Auf den Filmfestspielen 1998 in Cannes wurde „Das Fest“ mit einem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Thomas Vinterberg (kurze Biografie / Filmografie)
Thomas Vinterberg: Zwei Helden
Thomas Vinterberg: It’s All About Love
Thomas Vinterberg: Die Jagd
Thomas Vinterberg: Am grünen Rand der Welt