Weiße Rose


Hans Scholl (1918 – 1943) studierte ab 1939 Medizin an der Münchner Universität. Um die Bevölkerung zum Widerstand gegen das Hitler-Regime aufzurütteln, verschickten er und sein Kommilitone Alexander Schmorell (1916 – 1943) im Sommer 1942 Flugblätter an Intellektuelle in München. Als Absender gaben sie „Weiße Rose“ an, so als handele es sich um eine größere Widerstandsgruppe. (Hans Scholl gab später an, den Namen willkürlich gewählt zu haben.)

Vom 23. Juli bis 6. November 1942 mussten Hans Scholl und Alexander Schmorell zu einem mehrmonatigen Einsatz als Sanitäter an die Ostfront. Als sie nach München zurückkamen, verteilten sie einige tausend Exemplare eines fünften Flugblatts und brachten sie auch Stuttgart, Freiburg, Köln, Berlin, Hamburg, Chemnitz, Salzburg und Wien.

Zum inneren Kern der „Weißen Rose“ gehörten zu diesem Zeitpunkt auch Hans Scholls jüngere Schwester Sophie Scholl (1921 – 1943), die in München Biologie und Philosophie studierte, die Medizinstudenten Christoph Probst (1919 – 1943) und Willi Graf (1918 – 1943) sowie der Philosophieprofessor Kurt Huber (1893 – 1943).

Wir schweigen nicht, wir sind euer böses Gewissen; die Weiße Rose lässt euch keine Ruhe! (Aus dem IV. Flugblatt der „Weißen Rose“)

Nichts ist eines Kulturvolkes unwürdiger, als sich ohne Widerstand von einer verantwortungslosen und dunklen Trieben ergebenen Herrscherclique regieren zu lassen. (Aus dem V. Flugblatt der „Weißen Rose“)

Studentinnen! Studenten! Auf uns sieht das deutsche Volk! Von uns erwartet es, wie 1813 die Brechung des napoleonischen, so 1943 die Brechung des nationalsozialistischen Terrors aus der Macht des Geistes. (Aus dem VI. Flugblatt der „Weißen Rose“)

Sie fochten gegen das Riesenfeuer mit bloßen Händen an, mit ihrem Glauben, ihrem armseligen Vervielfältigungsapparat, gegen die Allgewalt des Staates. (Golo Mann)

Am Morgen des 18. Februar 1943 – dem Tag, an dem Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast zum „totalen Krieg“ aufrief – beobachtete Jakob Schmied, der Hausmeister der Münchner Universität, wie die Geschwister Scholl das sechste Flugblatt der „Weißen Rose“ auf Treppenabsätzen und Fensterbänken auslegten.

Er zerrte sie in das Büro des Rektors. Dort wurden sie von der Gestapo festgenommen. Bei Hans Scholl wurden die Schnipsel eines von Christian Probst verfassten Flugblatt-Entwurfs gefunden. Nach der Verhaftung beschuldigte man die Geschwister Scholl und den in Innsbruck verheirateten Familienvater Christian Probst des Hochverrats, der Feindbegünstigung und der Wehrkraftzersetzung. Roland Freisler, der Präsident des Volksgerichtshofes, reiste am 22. Februar eigens nach München, um über die Angeklagten zu Gericht zu sitzen. Das Todesurteil wurde noch am Nachmittag mit dem Fallbeil in München-Stadelheim vollstreckt.

Bis zum 20. April 1945 fanden im Zusammenhang mit der „Weißen Rose“ insgesamt acht Gerichtsprozesse statt. Kurt Huber und Alexander Schmorell wurden am 13. Juli 1943 hingerichtet, Willi Graf am 12. Oktober 1943. Weitere Todesurteile folgten, und einige Personen kamen in Konzentrationslagern ums Leben.

Die „Weiße Rose“ hätte wohl niemals eine Chance gehabt, Hitler etwas anzuhaben. Mehr als sich an potenzielle Multiplikatoren ihrer Aufrufe zu wenden, konnten die Verschwörer nicht tun, aber sie demonstrierten unter Einsatz ihres Lebens, dass nicht die gesamte Bevölkerung hinter dem NS-Regime stand. Hans und Sophie Scholl, Christoph Probst, Alexander Schmorell, Kurt Huber, Willi Graf und andere Mitglieder der „Weißen Rose“ starben für ihre Überzeugung, gegen ein nicht zuletzt von Mitläufern und Duckmäusern ermöglichtes Terrorregime die Stimme erheben zu müssen.

Literatur über die „Weiße Rose“

  • Detlef Bald: Die Weiße Rose
  • Detlef Bald (Hg.): „Wider die Kriegsmaschinerie“. Kriegserfahrungen und Motive des Widerstandes der „Weißen Rose“
  • Sibylle Bassler: Die Weiße Rose
  • Hildegard Hamm-Brücher: „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit“. Die Weiße Rose und unsere Zeit
  • Richard Hanser: Deutschland zuliebe. Leben und Sterben der Geschwister Scholl. Die Geschichte der Weißen Rose
  • Thomas Hartnagel (Hg.): Damit wir uns nicht verlieren. Sophie Scholl / Fritz Hartnagel. Briefwechsel 1937 – 1943
  • Barbara Leisner: „Ich würde es genauso wieder machen“. Sophie Scholl
  • Werner Milstein: Mut zum Widerstand. Sophie Scholl. Ein Portrait
  • Hermann Vinke: Das kurze Leben der Sophie Scholl
  • Hermann Vinke: Hoffentlich schreibst du recht bald. Sophie Scholl und Fritz Hartnagel. Eine Freundschaft 1937 – 1943
  • Hermann Vinke: Fritz Hartnagel. Der Freund von Sophie Scholl
  • Sönke Zankel: Mit Flugblättern gegen Hitler. Der Widerstandskreis um Hans Scholl und Alexander Schmorell

© Dieter Wunderlich 2005

Sophie Scholl (Kurzbiografie)
Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Marc Rothemund: Sophie Scholl. Die letzten Tage

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Zeruya Shalev entwickelt die mehrere Wochen dauernde Handlung chronologisch aus der Sicht der Protagonistin Iris. Intensiv leuchtet sie das Beziehungsgeflecht, die Motive und das Verhalten der Romanfiguren in "Schmerz" aus.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.