Im August in Osage County

Im August in Osage County

Im August in Osage County

Im August in Osage County – Originaltitel: August. Osage County – Regie: John Wells – Drehbuch: Tracy Letts nach seinem Theaterstück "August. Osage County" – Kamera: Adriano Goldman – Schnitt: Stephen Mirrione – Musik: Gustavo Santaolalla – Darsteller: Meryl Streep, Julia Roberts, Juliette Lewis, Julianne Nicholson, Chris Cooper, Ewan McGregor, Margo Martindale, Sam Shepard, Dermot Mulroney, Abigail Breslin, Benedict Cumberbatch, Misty Upham u.a. – 2013; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Nachdem Beverly Weston sich ertränkt hat, schart die krebskranke, tabletten- und herrschsüchtige Witwe Violet ihre drei erwachsenen Töchter um sich. Auch ihre Schwester Mattie Fae reist mit Ehemann und Sohn an. Ivy, die als einzige der Schwestern in der Nähe der Eltern geblieben ist, trifft als Erste ein. Barbara wird nicht nur von ihrer Tochter, sondern auch von ihrem Mann begleitet, obwohl sie sich getrennt haben. Und Karen bringt ihren Verlobten Steve mit. Bei den heftigen, zumeist von Violet provo­zierten Auseinandersetzungen geht es um Beziehungen und Abhängigkeiten, Manipula­tionen und Machtansprüche, Lügen und Heimlichkeiten ...
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Kritik

"Im August in Osage County", die Verfilmung eines Theaterstücks von Tracy Letts durch John Wells, ist ein Familiendrama mit tragikomischen und grotesken Zügen. Die Charaktere vor allem der Frauen sind differenziert herausgearbeitet.

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Bei Violet und Beverly Weston (Meryl Streep, Sam Shepard) handelt es sich um ein älteres, im Osage County in Oklahoma lebendes Ehepaar. Die Landschaft gehört zu den für Hitze und Trockenheit bekannten Great Plains. Von den drei erwachsenen Töchtern ist nur die unverheiratete Ivy (Julianne Nicholson) in der Nähe der Eltern geblieben; Barbara (Julia Roberts) und Karen (Juliette Lewis) zogen fort. Violet ist an Zungenkrebs (!) erkrankt und trägt nach der Chemotherapie Perücken. Sehr zum Missfallen der tabletten- und herrschsüchtigen Frau stellt der pensionierte Lehrer und alkoholkranke Lyriker Beverly Weston die Cheyenne Johnna (Misty Upham) als Pflegerin und Haushälterin ein.

Nachdem er Johnna eingewiesen hat, verlässt Beverly das Haus, und Violet wartet vergeblich auf ihn. Schließlich ruft sie Ivy an, die sofort zu ihr kommt und nicht nur ihre eigenen beiden Schwestern telefonisch alarmiert, sondern auch Mattie Fae (Margo Martindale), die einzige Schwester ihrer Mutter. Die Frauen treffen nach und nach mit ihren Männern ein: Mattie Fae mit Charlie Aiken (Chris Cooper), ihrem Ehemann seit 38 Jahren, Barbara mit Bill Fordham (Ewan McGregor) und Karen mit ihrem Verlobten Steve Huberbrecht (Dermot Mulroney), den die anderen noch nicht kennen, der aber sogleich wegen seines roten Sportwagens und seiner rasanten Fahrweise auffällt, obwohl er zehn Jahre älter als Karen ist. Bill und Barbara bringen ihre 14-jährige Tochter Jean (Abigail Breslin) mit. Dass sie seit einiger Zeit getrennt leben, verheimlichen sie der Verwandtschaft. Little Charles (Benedict Cumberbatch), der Sohn von Mattie Fae und Charlie, will mit dem Bus nachkommen.

Barbara vermutet, dass der Vater sich trinkend, lesend und vielleicht auch schreibend auf sein Boot zurückgezogen hat. Nach fünf Tagen wird seine Leiche aus dem Wasser geborgen. Offenbar hat er sich ertränkt.

„Du bist jetzt das Familienoberhaupt“, sagt Barbara zu ihrem Onkel Charles beim Leichenschmaus im Elternhaus. Mühsam stammelt der einfache, anständige Mann so etwas wie ein Gebet für seinen toten Schwager. Charles wird gewiss kein Patriarch. Das war auch Beverly nicht, denn stets gab Violet den Ton an, und gegen die Energie, die Manipulationen und die Zornesausbrüche der Tyrannin kommt allenfalls Barbara an, die ihr von den Töchtern am ähnlichsten geworden ist.

Little Charles Aiken verspätet sich. Wegen eines Stromausfalls habe der Wecker nicht geklingelt, behauptet der verklemmte junge Schöngeist zunächst, aber später will er Mut beweisen und gesteht, dass er ihn nicht gestellt habe. Seine schüchterne, introvertierte Cousine Ivy hindert ihn daran, beim Leichenschmaus zu verkünden, dass er mit ihr nach New York ziehen und sie heiraten möchte. Ivy hält es für ratsam, die Beziehung noch eine Weile zu verheimlichen, zumal ihre Pläne nach dem Tod des Vaters bedeuten, dass die Mutter allein in den Plains zurückbleiben wird.

Bei Tisch sagt Violet, es existiere zwar ein Testament, demzufolge die drei Töchter nach dem Tod des Vaters Anteile des Geldvermögens bekommen sollten, aber mündlich hätten sie und Beverly sich darüber verständigt, dass sie die Alleinerbin sein soll. Barbara, Karen und Ivy könnten sich allerdings Möbel aussuchen, denn sie wolle sich ohnehin neu einrichten. Betreten erklären sich die drei jungen Frauen damit einverstanden.

Unvermittelt tut Violet so, als wundere sie sich über die Anwesenheit Steve Huberbrechts. Aber sie habe ihren Verlobten doch vorgestellt, sagt Ivy. Da wendet Violet sich an Steve, mokiert sich über seinen Familiennamen und fragt ihn, ob Ivy seine erste Ehefrau werden würde. Er muss zugeben, bereits dreimal verheiratet gewesen zu sein. Das habe sie geahnt, meint Violet. Sie durchschaut auch, dass Bill und Barbara sich getrennt haben. Ihr bleibe nichts verborgen, behauptet sie triumphierend.

In der angespannten Situation wirft Barbara ihr vor, tablettensüchtig zu sein. Der Streit eskaliert in einer Prügelei von Mutter und Tochter.

Als Mattie Fae sich nach dem Essen verächtlich über ihren Sohn hermacht, den sie für einen Versager hält, weist Charlie die Furie in die Schranken. Dann geht er ins Freie.

Barbara wurde zufällig Zeugin der Auseinandersetzung. Nachdem Mattie Fae sich von ihrer Nichte die Vermutung bestätigen ließ, dass Ivy und Little Charles ein Paar werden wollen, vertraut sie ihr an, dass die beiden nicht nur Cousin und Cousine sind, sondern auch Halbgeschwister. Nicht ihr Ehemann Charlie, sondern ihr Schwager Beverly ist bzw. war Little Charles‘ Vater. Beverly habe es gewusst, sagt Mattie Fae, aber sonst niemand außer ihr selbst. Mattie Fae vertraut das Geheimnis Barbara nur an, weil diese den Inzest verhindern soll.

In der Nacht beobachtet Johnna durchs Fenster, wie Steve mit der 14-jährigen Jean zusammen einen Joint raucht und sich an sie heranmacht. Entschlossen geht sie nach draußen, packt eine Schaufel und schlägt damit auf den Mann ein. Der Lärm weckt die anderen. Karen ist entsetzt, als sie erfährt, dass Steve sie betrügen wollte. Sie packt ihre Sachen und fordert Steve auf, noch in der Nacht mit ihr loszufahren, zurück nach Florida. Bill und Jean, Mattie Fae, Charlie und Little Charles reisen ebenfalls ab.

Als die beiden noch anwesenden Töchter mit ihrer Mutter beim Frühstück sitzen, will Ivy aufdecken, dass sie vorhat, mit Little Charles nach New York zu ziehen. Barbara versucht sie daran zu hindern, aber Violet weist Ivy darauf hin, dass Little Charles ihr Halbbruder ist. Anders als Mattie Fae glaubt, weiß Violet über den Seitensprung ihres Mannes und ihrer Schwester längst Bescheid. Für Ivy bricht eine Welt zusammen. Aufgewühlt läuft sie zu ihrem Wagen und fährt schluchzend los. Vergeblich versucht Barbara, ihre Schwester zurückzuhalten.

Kurz darauf findet Barbara im Gespräch mit ihrer Mutter heraus, dass Beverly seiner Frau einen Zettel mit der Adresse und Telefonnummer des Hotels zurückließ, in dem er die erste Nacht verbrachte. Aber sie rief erst dort an, nachdem sie am nächsten Morgen misstrauisch das Geld und die Wertsachen aus dem gemeinsamen Bankschließfach geholt hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Beverly das Hotel bereits verlassen. Wenn Violet nicht so geldgierig gewesen wäre, hätte sie seinen Suizid vielleicht verhindern können. Nach einer kurzen Umarmung geht Barbara hinaus und steigt in ihren Wagen. Als Violet begreift, was sie vorhat, läuft sie zur Tür und schreit, aber Barbara fährt weg.

Nun erst besinnt Violet sich auf die Cheyenne, die sie bisher nicht im Haus haben wollte. Sie ruft nach ihr und sucht Trost bei ihr.

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Der amerikanische Dramatiker und Schauspieler Tracy Letts (* 1965) wurde für sein 2007 uraufgeführtes Theaterstück „August: Osage County“ mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Für die Verfilmung durch John Wells schrieb er selbst das Drehbuch und kürzte dabei das dreistündige Bühnenstück um ein Drittel. Die Handlung spielt mit wenigen Ausnahmen im Haus der Familie Weston im Osage County, aber Tracy Letts und John Wells setzen dennoch nicht auf eine kammer­spielartige Atmosphäre, und die Dialoglastigkeit auch des Film fällt wegen grandioser schauspielerischer Leistungen gar nicht auf.

„Im August in Osage County“ ist ein Familiendrama mit tragikomischen, satirischen und grotesken Zügen. Bei den heftigen Auseinandersetzungen der Figuren geht es um Beziehungen und Abhängigkeiten, Manipulationen und Machtansprüche, Lügen und Heimlichkeiten. Die verschiedenen Charaktere sind differenziert herausgearbeitet, aber die männlichen werden von den weiblichen in den Hintergrund geschoben. Frauen wie Violet, Barbara und Mattie Fae dominieren; sie sind es auch, die mit Gemeinheiten die Konflikte anheizen. Sogar die Haushaltshilfe Johnna schlägt mit einer Schaufel auf einen Mann ein. Am Ende ist es ausgerechnet diese Ureinwohnerin, bei der die allein zurück gebliebene weiße Amerikanerin Violet Hilfe und Trost sucht.

Die Dreharbeiten für „Im August in Osage County“ fanden vom 15. Oktober bis 8. Dezember in Oklahoma und Los Angeles statt. Als Produktionszeitraum wird 20. August 2012 bis 28. Juli 2013 angegeben. Meryl Streep und Julia Roberts wurden in den Kategorien Beste Hauptdarstellerin bzw. Beste Nebendarstellerin für einen „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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