Mogadischu

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Mogadischu

Mogadischu – Originaltitel: Mogadischu – Regie: Roland Suso Richter – Drehbuch: Maurice Philip Remy, Gabriela Sperl – Kamera: Holly Fink – Schnitt: Bernd Schlegel – Musik: Martin Todsharow – Darsteller: Thomas Kretschmann, Nadja Uhl, Saïd Taghmaoui, Herbert Knaup, Jürgen Tarrach, Christian Berkel, Simon Verhoeven, Tobias Licht, Cornelia Schmaus, Valerie Niehaus, Franz Dinda, Youssef Hamid, Gernot Alwin Kunert, Bettina Hoppe, Abdellatif Chaouki u.a. – 2008; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Am 13. Oktober 1977 kapert ein Kommando palästinensischer Terroristen die Lufthansa-Maschine "Landshut" auf dem Flug von Palma de Mallorca nach Frankfurt/M, um inhaftierte RAF-Mitglieder freizupressen. Rom, Larnaka, Bahrain, Dubai sind Stationen des Irrflugs. In Aden erschießen die Flugzeugentführer Kapitän Jürgen Schumann. In Mogadischu stürmt die GSG 9 die "Landshut" am 18. Oktober und befreit die Geiseln.
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Kritik

"Mogadischu" zeigt das Geschehen in der entführten Lufthansa-Maschine aus der Sicht der Geiseln, nicht der Täter. Das Drehbuch basiert auf den Tatsachen, aber "Mogadischu" ist keine Dokumentation, sondern ein packender Spielfilm.

Roland Suso Richter (Regie), Maurice Philip Remy und Gabriela Sperl (Drehbuch) beginnen das Dokudrama „Mogadischu“ mit der Ausbildung eines Kommandos der zweiten RAF-Generation in einem Palästinenser-Lager, der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer (Gernot Alwin Kunert) sowie einer Unterredung der RAF-Mitglieder Brigitte Mohnhaupt (Bettina Hoppe) und Peter-Jürgen Boock (Franz Dinda) mit Wadi Haddad (Youssef Hamid) in Bagdad. Haddad, der Chef der „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ (PFLP), der auch mit dem KGB in Verbindung steht, plant daraufhin eine Flugzeugentführung, um die RAF zu unterstützen.

In den restlichen eineinhalb Stunden des Films „Mogadischu“ rekonstruieren Roland Suso Richter, Maurice Philip Remy und Gabriela Sperl die vom 13. bis 18. Oktober 1977 dauernde Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ auf dem Flug LH 181 von Palma de Mallorca nach Frankfurt am Main durch vier junge Palästinenser, zwei Männer und zwei Frauen, deren Anführer sich Captain Martyr Mahmud (Saïd Taghmaoui) nennt. Dabei handelt es sich um ein zentrales Ereignis des Deutschen Herbstes.

Während „Der Baader Meinhof Komplex“ von Bernd Eichinger (Drehbuch) und Uli Edel (Regie) die Geschichte der RAF von 1967 bis 1977 erzählt, beschränken sich Roland Suso Richter, Maurice Philip Remy und Gabriela Sperl in „Mogadischu“ auf die Entführung der „Lufthansa“, also die Tage vom vom 13. bis 18. Oktober 1977. Bernd Eichinger und Uli Edel wurde vorgeworfen, einen „Täterfilm“ gedreht zu haben. „Mogadischu“ zeigt das Geschehen dagegen aus der Opferperspektive. Bis auf Captain Mahmud bleiben die Terroristen schemenhaft. Wir sehen, was Jürgen Schumann, sein Kopilot Jürgen Vietor (Simon Verhoeven) und die Stewardess Gabi Dillmann (Nadja Uhl) erleben. Wir fühlen die Verzweiflung von Birgitt Röhll (Valerie Niehaus), die mit ihrem kleinen Sohn in der „Landshut“ sitzt. Captain Mahmud hält sie für eine Jüdin, weil er das Montblanc-Emblem auf ihrem Füller mit dem Davidstern verwechselt und wird nur durch das kluge Eingreifen Jürgen Schumanns davon abgehalten, sie zu erschießen.

In der klaustrophoben Enge eines Flugzeugs bangen die Geiseln um ihr Leben. Was als nächstes geschieht, wissen sie nicht, denn die Terroristen sind unberechenbar, und Informationen über Maßnahmen der Bundesregierung erhalten sie auch nicht. Als die Klimaanlage ausfällt, steigt die Temperatur in der stinkenden, mit Abfall übersäten und in der Wüste stehenden Maschine ins Unerträgliche.

Lange Zeit wurde darüber spekuliert, was Flugkapitän Jürgen Schumann (Thomas Kretschmann) vorhatte, als er die „Landshut“ in Aden unter dem Vorwand verließ, das Fahrwerk inspizieren zu wollen. In „Mogadischu“ sehen wir, wie er sich von jemenitischen Soldaten, die die „Landshut“ umstellt haben, zu

deren Kommandeur Scheich Ahmed Mansur (Abdellatif Chaouki) bringen lässt. Er drängt ihn, die Lufthansa-Maschine nicht wieder starten zu lassen, aber der Jemen will das entführte Flugzeug so rasch wie möglich loswerden. Obwohl Jürgen Schumann mit Konsequenzen rechnen muss, kehrt er zurück. Captain Mahmud lässt den Siebenunddreißigjährigen im Mittelgang niederknien und tötet ihn vor den Augen der Passagiere mit einem Kopfschuss, ohne ihm Gelegenheit für eine Erklärung zu geben. – Dabei folgt der Film „Mogadischu“ der Darstellung, die Scheich Ahmed Mansur in einem Interview mit Maurice Philip Remy gab. Die letzten Worte, die Scheich Ahmed Mansur von Jürgen Schumann hörte, waren: „Ich kehre jetzt zurück. Ich bin sicher, sie werden mich umbringen. Ich bedauere, dass Sie mir nicht helfen können, aber ich musste es versuchen.“

Parallel zum Geschehen in der entführten Lufthansa-Maschine zeigt „Mogadischu“, was Bundeskanzler Helmut Schmidt (Christian Berkel), Hans-Jürgen Wischnewski (Jürgen Tarrach) und Oberstleutnant Ulrich Wegener (Herbert Knaup) unternehmen, um die Geiseln zu befreien.

Während Captain Mahmud als jähzorniger, unberechenbarer Despot dargestellt wird, erleben wir Helmut Schmidt und Jürgen Schumann als disziplinierte, verantwortungsbewusste Entscheidungsträger mit klarem Kopf. Wir spüren die Einsamkeit des Bundeskanzlers, der sich seiner Machtlosigkeit in diesem Fall bewusst ist, versucht, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten und sich eine Zigarette nach der anderen anzündet. Als er die Nachricht vom Tod des Lufthansa-Kapitäns erhält, nimmt er sich die Zeit und empfängt dessen Witwe Monika Schumann (Judith Engel).

Holly Fink drehte alles mit Handkameras. Den heftigen Bewegungen der Kamera entsprechen hektische Schnitte (Bernd Schlegel); vor allem zu Beginn ist kaum eine Einstellung länger als ein paar Sekunden zu sehen. Die Musik von Martin Todsharow verstärkt diese Dramatik noch. Damit die Situation in der entführten „Landshut“ möglichst echt wirkt, drehte Roland Suso Richter in einer Boing 737 bei 40 Grad und ließ die Schauspieler und Komparsen stundenlang nicht ins Freie.

Mir war es sehr wichtig, in einem Originalflugzeug, einer Boeing 737, zu drehen. In Casablanca fanden wir eine 737 der Royal Air Maroc, die dort zu Schulungszwecken auf dem stillgelegten Stadtflughafen steht. Die Enge und die Hitze in der Kabine erzeugten den erwünschten Druck auf die Komparsen und Schauspieler. Zudem bestand ich darauf, die Szenen in der „Landshut“ in chronologischer Folge zu drehen. Da die Boeing nur über den Ausgang am Ende begehbar war, saßen Schauspieler und das Team immer wieder für mehrere Stunden bei über 40 Grad in der Maschine fest. Diesen extremen Bedingungen waren wir zehn Tage lang ausgesetzt. (Roland Suso Richter)

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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