Camille Claudel

Camille Claudel

Camille Claudel

Camille Claudel - Originaltitel: Camille Claudel - Regie: Bruno Nuytten - Drehbuch: Bruno Nuytten und Marilyn Goldin, nach der Biografie "Camille Claudel" von Reine-Marie Paris - Kamera: Pierre Lhomme - Musik: Gabriel Yared - Darsteller: Isabelle Adjani, Gérard Depardieu u.a. - 1988; 170 Minuten

Inhaltsangabe

Camille Claudel (1864 - 1943) setzt sich in den Kopf, Bildhauerin zu werden, obwohl man Frauen zu ihrer Zeit die Eignung für diesen Beruf abspricht. Als 29-Jährige bricht sie die seit zwölf Jahre bestehende Liebes- und Arbeitsbeziehung zu dem 24 Jahre älteren Bildhauer Auguste Rodin ab und versucht, als Künstlerin aus seinem Schatten herauszutreten ...
mehr erfahren

Kritik

"Camille Claudel" ist ein in vielen Punkten nicht authentisches, aber mitreißendes und großartiges Filmporträt der leidenschaftlichen Bildhauerin, die von Isabelle Adjani mit unglaublicher Intensität verkörpert wird.
mehr erfahren

Paris, Februar 1885. Die zwanzigjährige Camille Claudel, die sich ein winziges Atelier mit der englischen Kunststudentin Jessie Lipscomb teilt, erwartet den Bildhauer Auguste Rodin, der sie von jetzt an künstlerisch beraten soll. Im staatlichen Mamordepot weist er einen Mitarbeiter an, seiner neuen Schülerin einen Marmorbrocken ihrer Wahl zu überlassen. Für die Skulptur eines überdimensionalen männlichen Fußes sucht sie ausgerechnet einen brüchigen und deshalb besonders schwierig zu bearbeitenden Stein aus. Nachdem Rodin das Ergebnis gesehen hat, holt er sie als Gehilfin ins Marmordepot, wo er am Figurenschmuck für das Portal des geplanten Kunstgewerbemuseums, dem sogenannten Höllentor, arbeitet.

Aus Protest gegen die Nachstellungen eines anderen Gehilfen verlässt Camille das Atelier, doch Rodin holt seine begabte Schülerin zurück.

Ihren Vater sieht Camille nur am Wochenende, denn er arbeitet bei einer Regierungsbehörde in Wassy-sur-Blaise. Nur um Camille den Besuch einer privaten Kunstschule zu ermöglichen, hatte Louis-Prosper Claudel seine widerstrebende Ehefrau Louise-Athanaïse überredet, mit der älteren Tochter und dem einzigen Sohn Paul nach Paris zu ziehen. Die Ferien verbringt die Familie allerdings gemeinsam auf dem Land. Dorthin lädt Louis-Prosper Claudel 1889 Camilles Lehrer Auguste Rodin ein. Der erscheint mit Camilles Freundin Jessie Lipscomb und Rose Beuret, die der Gastgeber für die Ehefrau des Bildhauers hält. Er weiß nicht, dass es sich bei ihr um ein ehemaliges Modell Rodins handelt, mit der dieser in wilder Ehe zusammenlebt. Außerdem ahnen weder Rose noch die Claudels, dass Camille schon lange nicht mehr nur Rodins Schülerin, sondern auch seine Geliebte ist und mit ihm zusammen eine hundertfünfundzwanzig Jahre alte Villa bewohnt, die Folie-Neufbourg im Parc du Clos-Payen. Eine bizarre Situation!

Kurz darauf finden sowohl Rose Beuret als auch Camille Claudels Eltern die Wahrheit heraus. Louis-Prosper Claudel warnt seine Tochter vor dem Klatsch und sagt: „Ich habe den Eindruck, seit du für Rodin arbeitest, arbeitest du nicht mehr für dich. Vergiss nicht: Deine Zukunft gehört dir!“ Trotz des Skandals kann Camille ihren Bruder überreden, sich von Rodin, der über gute Beziehungen verfügt, helfen zu lassen, in den diplomatischen Dienst Frankreichs aufgenommen zu werden.

Nachdem ein Arzt Camilles Verdacht, schwanger zu sein, bestätigt hat, verlangt sie von Rodin, dass er sie heiratet, doch er zögert mit der Antwort. Während er wegen der Arbeit an einer Skulptur in Calais zu tun hat, wird Camille in der Folie-Neufbourg von ihrer Rivalin tätlich angegriffen und als Hure beschimpft. Weil Rodin sich nicht zwischen ihr und Rose entscheiden kann, trennt Camille sich von ihm, lässt den Embryo abtreiben und flüchtet sich zu Paul. Dabei findet sie heraus, dass ihr Bruder heimlich katholisch geworden ist. Bevor Paul Claudel 1893 französischer Vizekonsul in den USA wird, findet er eine kleine Mietwohnung, in der Camille auch ihr Atelier einrichten kann. Zum Abschied versichert sie ihm: „Ich werde es allein schaffen!“

Zufällig begegnen Auguste Rodin und Camille Claudel sich einmal nachts. Die Künstlerin nimmt ihren früheren Lehrer mit ins Atelier. Dort entdeckt Rodin eine Dreiergruppe, die einen Mann mit seinen Zügen darstellt, der von einer alten Frau fortgezogen wird, während eine wohlgestaltete junge Frau flehentlich die Arme nach ihm ausstreckt. Eine öffentliche Ausstellung dieser Skulptur würde einen Skandal auslösen! Entsetzt verlangt Rodin von Camille, nichts ohne seine ausdrückliche Genehmigung auszustellen. Durch diese Anmaßung weckt er ihren blanken Hass. Sie will endlich als eigenständig anerkannt und nicht länger wie eine Schülerin Rodins behandelt werden. Erst jetzt schleudert sie ihrem ehemaligen Geliebten an den Kopf, dass sie sein Kind abtreiben ließ. Rodin zieht sich still zurück: Er hat genug von dem Liebeskummer und der Tyrannei der Gefühle.

Camille verkauft ihren letzten Besitz und erwirbt mit dem Geld einen Marmorblock, der nicht durch die Tür ihres Ateliers passt. Da stemmt sie kurzerhand den Türrahmen auf.

In paranoider Angst verbarrikadiert sie sich in ihrem Atelier. Ihre ständigen Magenschmerzen führt sie darauf zurück, dass man versucht, sie zu vergiften, und hinter allem Ungemach vermutet sie Auguste Rodin, den sie inzwischen für ihren größten Feind hält. Als sie ihm einmal nachts die Scheiben einwirft und die Mülltonnen vor seiner Haustür ausleert, wird sie vorübergehend von der Polizei festgenommen.

Nachdem Paul Claudel 1895 Konsul in China geworden ist und sich auch als Schriftsteller einen Namen gemacht hat, verlagert sich das Augenmerk Louis-Prosper Claudels von seiner Lieblingstochter auf seinen Sohn. Während Camille ihn enttäuscht hat, kann er jetzt stolz auf Paul sein. Louise-Athanaïse redet überhaupt nicht mehr mit ihrer älteren Tochter, die sie für missraten hält.

Der Kunsthändler Eugène Blot ist von Camille Claudels Können überzeugt und übernimmt den Verkauf ihrer Werke, obwohl sie immer mehr dem Alkohol verfällt und verwahrlost. Um sie zu ermutigen, veranstaltet er eine Ausstellung mit ihren Skulpturen. Anlässlich der Vernissage hält Paul Claudel eine Rede, in der er Auguste Rodin schmäht. Seine Schwester erscheint grell geschminkt, bunt gekleidet und bringt ihn auch durch ihr ungebührliches Verhalten in Verlegenheit. Ohne Abschied zieht er sich zurück.

Camille wirft den Fuß, den sie aus ihrem ersten Marmorblock formte, in die Seine und zertrümmert in ihrem Atelier alle Büsten und Skulpturen mit einem Vorschlaghammer.

Nachdem Louis-Prosper Claudel im März 1913 gestorben ist, veranlassen Paul und Louise-Athanaïse die zwangsweise Einlieferung Camilles in eine Irrenanstalt. „Ich habe es zu etwas gebracht“, sagt Paul in einem Selbstgespräch. „Sie hat es trotz ihrer Begabung zu nichts gebracht.“

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Camille Claudel blieb dreißig Jahre lang eingesperrt – bis zu ihrem Tod am 19. September 1943. Erst in den Achtzigerjahren erinnerte man sich wieder an die außergewöhnliche Bildhauerin. Den Anfang machte die französische Autorin und Theateregisseurin Anne Delbée mit ihrem 1981 uraufgeführten Stück „Une femme“ und ihrer im Jahr darauf unter dem gleichen Titel veröffentlichten Romanbiografie. 1984 brach Paul Claudels Enkelin Reine-Marie Paris ein Familientabu und publizierte eine Biografie ihrer Großtante. Sie unterstützte dann auch den Filmregisseur Bruno Nuytten und dessen damalige Lebensgefährtin, die Schauspielerin Isabelle Adjani, bei der Realisierung eines in vielen Punkten nicht authentischen, aber mitreißenden Filmporträts, das im Winter 1988 in Paris erstmals vorgeführt wurde.

Jahrzehnte nach ihrem Tod wird Camille Claudel heute als bedeutende Künstlerin und einzigartige Persönlichkeit anerkannt. Erschüttert versteht man jetzt, woran sie zerbrochen war: Weder ihre Familie, noch die Gesellschaft, nicht einmal Auguste Rodin hatten sich damals vorstellen können, dass eine Frau zu eigenständiger künstlerischer Arbeit fähig sei.

In seinem Film „Camille Claudel 1915“ zeigt Bruno Dumont, wie Camille Claudel 1915 in einer Irrenanstalt in Montdevergues nahe Avignon drei Tage lang auf den Besuch ihres Bruders Paul Claudel wartet und hofft, er werde sie befreien – drei Tage von den 30 Jahren, die sie in psychiatrischen Anstalten verbrachte.

Camille Claudel 1915 – Originaltitel: Camille Claudel 1915 – Regie: Bruno Dumont – Drehbuch: Bruno Dumont nach Briefen von Paul Claudel und Camille Claudel – Kamera: Guillaume Deffontaines – Schnitt: Basile Belkhiri, Bruno Dumont – Musik: Johann Sebastian Bach – Darsteller: Juliette Binoche, Jean-Luc Vincent, Robert Leroy, Emmanuel Kauffman, Marion Keller, Myriam Allain, Nicole Faurite, Florence Philippe, Claire Peyrade, Sandra Rivera, Eric Jacoulet, Régine Gayte, Armelle Leroy-Rolland u.a. – 2013; 90 Minuten

 

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Camille Claudel (kurze Biografie, Leseprobe)

Owen Sheers - I Saw a Man
Bei "I Saw a Man" handelt es sich um einen spannenden, intelligent aufgebauten Roman von Owen Sheers mit packenden Themen, gut ausgeleuchteten Charakteren und raffinierten Spiegelungen.
I Saw a Man