Memento

Memento

Memento

Memento - Originaltitel: Memento - Regie: Christopher Nolan - Drehbuch: Christopher Nolan, nach einer Kurzgeschichte von Jonathan Nolan - Kamera: Wally Pfister - Schnitt: Dody Dorn - Musik: David Julyan - Darsteller: Guy Pearce, Carrie-Anne Moss, Joe Pantoliano u.a. - 2000; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Leonard hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren. Was er sieht und erlebt, deutet er mit Hilfe von Polaroids und Notizen. Wie bei einem Puzzle versucht er, aus Einzelteilen ein Bild zusammenzusetzen. So will er den Mann aufspüren und töten, von dem er glaubt, dass er seine Frau vergewaltigt und ermordet hat.

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Kritik

Christopher Nolan erzählt die Geschichte chronologisch – aber rückwärts. Jede der etwa zwanzig Sequenzen endet mit dem Anfang der Szene, die wir zuvor sahen. Obwohl wir also immer schon wissen, was als nächstes passieren wird, ist "Memento" ein spannender, albtraumartiger Thriller.
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Leonard Shelby (Guy Pearce) erwacht in einem Hotelzimmer und denkt: „Immer dasselbe Spiel. Du wachst auf, du weißt nicht, wo du bist, oder wie lang du hier schon wohnst. Eine Woche? Drei Monate?“ Er leidet unter einer anterograden Amnesie, vergisst also, was länger als eine Viertelstunde zurückliegt. Nur die Bilder von der Vergewaltigung und Ermordung seiner Frau Catherine (Jorja Fox) haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Als er dazukam, wurde er von einem zweiten Mann niedergeschlagen und verlor dadurch sein Kurzzeitgedächtnis. Davon ist er überzeugt. Und damit er nicht vergisst, den Tod seiner Frau zu rächen, hat er sich den Satz „Finde und töte ihn“ auf die Brust tätowieren lassen. Da steht auch, dass der Gesuchte mit Vornamen „John“ heißt und sein Familienname mit „G“ beginnt. Die Tattoos und eine Hand voll Polaroids von Personen und Gegenständen helfen ihm, sich in seiner Umwelt zurechtzufinden. (Als seine Frau noch lebte, standen seltsamerweise die Worte „Ich habe es getan“ auf seiner Brust.)

Leonard Shelby arbeitete für eine Versicherung, und es war seine Aufgabe, Betrügern auf die Spur zu kommen. Zuletzt überprüfte er den Fall eines Mannes namens Sammy Jankis (Stephen Tobolowsky), der sein Kurzzeitgedächtnis verloren hatte. Simulierte er? Verschiedene Untersuchungen ergaben keine klaren Ergebnisse. Auch Sammys Ehefrau (Harriet Sansom Harris) hatte Zweifel und wollte sich Klarheit verschaffen. Die Diabetikerin ließ sich jeden Tag um 15 Uhr eine Insulininjektion von ihm geben. Um ihn auf die Probe zu stellen, drehte sie eines Tages eine Viertelstunde nach der Injektion die Uhr zurück und rief ihn erneut. Bereitwillig gab er ihr noch einmal eine Spritze, offenbar ohne sich an das vorherige Mal zu erinnern. Mrs Jankis wiederholte diesen Test, bis sie ins Koma fiel und an der Überdosis starb. Sammy Jankins kam in ein Heim.

Von einem Hotelzimmer aus telefoniert Leonard mit dem Kriminalbeamten John Eduard Gammell (Joe Pantoliano), der verdeckt ermittelt und deshalb nur mit „Teddy“ angesprochen werden möchte. Sie verabreden sich, um einen Drogendealer zu überführen.

Leonard fährt zu einer leer stehenden Baracke am Stadtrand. Kurz nach ihm kommt ein Mann namens Jimmy im Jaguar und ruft nach Teddy. Leonard schlägt ihn zusammen und erwürgt ihn. „Sammy“ flüstert er Sterbende zuletzt. Nachdem Leonard seine Kleidung gegen den Designeranzug des Toten vertauscht hat, zerrt er die Leiche in den Keller.

Als Teddy eintrifft, ruft Leonard ihn zu Hilfe. Er glaubt, Jimmy sei nicht nur ein Drogendealer gewesen, sondern auch der Mann, der ihn zusammenschlug, als er den Mörder Catherines überraschte. Wieso der Gangster Sammy kannte, kann Leonard sich nicht erklären. Teddy behauptet, Sammy Jankis habe die Versicherung betrogen und sei übrigens unverheiratet gewesen. Leonard müsse da etwas verwechseln: Nicht Sammys Frau, sondern Catherine sei zuckerkrank gewesen. Den Überfall habe sie überlebt, aber danach sei sie an einer Überdosis Insulin gestorben. Außerdem erzählt Teddy, er habe die Ermittlungen über Catherines Vergewaltigung geleitet und Leonard geholfen, sich an dem Verbrecher zu rächen; offenbar könne er sich daran aber nicht mehr erinnern.

Leonard verbrennt das Foto, das er von Jimmys Leiche knipste. Auf die Rückseite des Polaroids von Teddys Gesicht schreibt er: „Glaube seine Lügen nicht.“ Nachdem er sich Teddys Autonummer notiert hat, fährt er mit Jimmys Jaguar los und parkt vor „Emma’s Tattoo“.

Dort lässt er sich die Autonummer tätowieren. Teddy, der ihm folgte, warnt ihn, ein korrupter Polizist sei hinter ihm her und gibt ihm Sachen, die er in der Toilette anziehen soll. Statt die Kleidung zu wechseln, klettert Leonard durch ein Fenster hinaus und fährt mit dem Jaguar zu „Ferdy’s Bar“, von der er einen Bierdeckel gefunden hat. Eine schwarz gekleidete Bardame (Carrie-Anne Moss) spricht ihn durchs geöffnete Seitenfenster als „Jimmy“ an. Dann erst bemerkt sie ihren Irrtum.

In der Kneipe fragt er nach Natalie. Dieser Name steht auf dem Bierdeckel. Es handelt sich um die Bardame. Jimmy hat ihr schon von einem Mann ohne Kurzzeitgedächtnis erzählt. Sie fragt Leonard, ob er Teddy kennt und möchte wissen, wo Jimmy ist. An was er sich als letztes erinnern könne? „An meine Frau“, antwortet Leonard. „Als sie starb.“

Natalie nimmt ihn mit in ihre Wohnung und lädt ihn ein, auf ihrer Couch zu schlafen. Er erzählt ihr, wie er eines Nachts seine Frau neben sich im Bett vermisste, aufstand und nachsah. Im Bad stand er plötzlich vor dem vermummten Mörder und Catherines Leiche. Dann wurde er von hinten niedergeschlagen. Die Polizei glaubt allerdings nicht an einen zweiten Täter.

Jimmy habe sich mit Teddy treffen wollen, sagt Natalie, und sei seither verschwunden. Sie beleidigt Leonard bewusst und lacht ihn aus, weil er in einer Viertelstunde nichts mehr davon wissen werde. Vergeblich sucht Leonard nach einem Stift, um festzuhalten, dass er Natalie nicht vertrauen darf. In seiner Verzweiflung schlägt er sie nieder. Mit blutender Nase und aufgesprungener Lippe verlässt das Haus und setzt sich in ihr Auto.

Nach einer Weile kommt sie zurück, und als Leonard sich über ihr blutiges Gesicht wundert, behauptet sie, Dodd (Callum Keith Rennie) habe sie verprügelt, weil sie ihm weder Geld noch Drogen von Jimmy bringen konnte. Auf Leonards Frage, wo er Dodd suchen solle, meint sie: „Er wird dich finden. Ich habe ihm gesagt, welchen Wagen zu fährst.“ Als Leonard in den Jaguar einsteigt, erschrickt er, denn Teddy hat bereits auf dem Beifahrersitz Platz genommen. Teddy warnt ihn vor Natalie, die am Drogenhandel ihres Freundes beteiligt sei und Leonard mit in die Sache hineinziehen wolle. Er rät ihm, lieber im „Discount Inn“ zu übernachten.

Leonard nimmt sich im „Discount Inn“ ein Zimmer. Telefonisch verabredet er sich mit einer Prostituierten. Sie soll nichts anderes tun, als warten, bis er eingeschlafen ist, dann ins Bad gehen und die Tür so laut schließen, dass er aufwacht. Auf diese Weise versucht er, sich die Mord- und Vergewaltigungszene noch einmal zu vergegenwärtigen und hofft, dass ihm dabei weitere Einzelheiten einfallen. In der Nacht erwacht er und merkt, dass das Bett neben ihm leer ist. Im Bad findet er die Frau. Sie ist gerade dabei, Drogen zu nehmen. Er bittet sie, zu gehen.

Leonard verbrennt ein Buch, in dem seine Frau vor der Ermordung las und andere Dinge, die ihr gehörten.

Während er durch seine Straße rennt, überlegt er, ob er Dodd verfolgt. Dann merkt er, dass es umgekehrt ist. Dodd schießt auf ihn, aber Leonard entkommt, fährt zu Dodds Apartment, bricht dort ein und wartet im Bad auf seinen Gegner.

Als Dodd in seine Wohnung kommt, schlägt Leonard ihn nieder, fesselt ihn, verschließt ihm den Mund mit einem Streifen Klebeband und sperrt ihn in einen Wandschrank.Leonard erwacht in einem Bett, wundert sich über die Pistole in der Nachttischschublade und den Gefesselten im Wandschrank. Plötzlich klopft Teddy an der Wohnungstüre. Leonard zeigt ihm den Gefangenen, der inzwischen wieder zu sich gekommen ist. Er reißt Dodd das Klebeband ab und fragt, wer ihn so zugerichtet habe. „Du!“, lautet die Antwort. Teddy und Leonard lösen ihm die Fesseln und zwingen ihn mit vorgehaltener Waffe, in seinen Wagen zu steigen und sich nicht mehr blicken zu lassen.

Mit dem Polaroid von Dodds blutigem Gesicht fährt Leonard zu Natalie. Als er ihr das Foto zeigt, behauptet sie, Dodd habe mit seiner Angelegenheit nichts zu tun, aber es handele sich um den Mann, der sie zusammenschlug. Jimmy hat sich seit dem geplanten Treffen mit Teddy immer noch nicht gemeldet. Auf seinem Polaroid von Natalie notiert Leonard: „Sie hat auch jemand verloren. Sie wird dir helfen. Aus Mitleid.“

Beim Aufwachen stellt Leonard fest, dass eine Frau neben ihm im Bett liegt. Es ist Natalie. Sie verspricht ihm, über einen Freund herauszufinden, wem die Autonummer gehört, die er eintätowiert hat. Weil Leonard ihr geholfen habe, werde sie ihm auch beistehen. Sie verabreden sich in einer Gaststätte.

In der Gaststätte erkennt er Natalie nicht, aber sie macht sich bemerkbar, und Leonard setzt sich zu ihr an den Tisch. Sie gibt ihm einen Umschlag mit der Kopie eines Führerscheins. Das Passfoto ist von Teddy. Der Führerschein lautet auf den Namen John Eduard Gammell. John G.: der eintätowierte Name von Catherines Mörder!

Teddy holt Leonard im „Discount Inn“ ab und fährt mit ihm zu der leer stehenden Baracke, die wir zu Beginn des Films sahen. Leonard erinnert sich allerdings nicht mehr daran, dass er Jimmy erwürgte. Auf der Rückseite des Polaroids von Teddy liest er: „Glaube seine Lügen nicht. Er ist derjenige. Bring ihn um.“ Leonard erschießt Teddy alias John Eduard Gammell.

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Leonard hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren (anterograde Amnesie). Was er sieht und erlebt, deutet er mit Hilfe von Polaroids und Notizen, die er als Tattoos immer bei sich hat. Wie bei einem Puzzle versucht er, aus Einzelteilen ein Bild zusammenzusetzen. Den Zuschauern geht es in „Memento“ ebenso: Stück für Stück erfahren sie mehr über Leonards Vergangenheit. Dabei verändern sich die Interpretationen. So werden aus Freunden Leonards Feinde. Wem kann er vertrauen, wem nicht? Sind seine Mitmenschen das, wofür er sie hält? Ist Natalie bösartig oder wird sie von anderen Männern gezwungen, Leonards Schwäche auszunutzen? Was ist die Wahrheit? Rächt er den Tod und die Vergewaltigung seiner Frau am Täter, oder hat er sich manipulieren und als Mörder missbrauchen lassen? Hat er vielleicht sogar selbst seine Frau mit einer Überdosis Insulin getötet?

„Memento“ stellt auch die Frage, ob Erinnerungen bei der Orientierung in der Realität wie ein zuverlässiger Kompass wirken oder nicht.

Christopher Nolan stellt in „Memento“ gewohnte Erzählstrukturen auf den Kopf, denn er erzählt die Geschichte chronologisch – aber rückwärts. Er beginnt also mit der Ermordung Teddys. Einige Sekunden lang läuft der Film verkehrt herum, und das Polaroid, das Leonard von seinem Opfer gemacht hat, verschwindet wieder in der Kamera und die Patronenhülse in der Pistole. Dann folgt das Treffen von Leonard und Natalie in der Gaststätte. Zuletzt sehen wir, wie Leonard Jimmy erwürgt. Jede der etwa zwanzig Sequenzen endet mit dem Beginn der Szene, die wir zuvor sahen. Wir wissen also immer schon, was als nächstes passieren wird. Dazwischen zeigt Christopher Nolan in Schwarz-Weiß jeweils eine Szene aus einer zweiten Geschichte über Leonards frühere Tätigkeit bei der Versicherung und den Fall von Sammy Jankis.

Auf Spezialeffekte und andere Eye Catcher verzichtet Christopher Nolan. Stattdessen konzentriert er sich ganz auf das intellektuelle Spiel mit Zeit und Wahrnehmung. „Memento“ ist aber auch ein außergewöhnlich spannender, albtraumartiger Thriller.

Dody Dorn (Schnitt) wurde für einen „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

Gedächtnisverlust, Amnesie

Christopher Nolan: Following
Christopher Nolan: Insomnia. Schlaflos
Christopher Nolan: Batman Begins
Christopher Nolan: Prestige. Die Meister der Magie
Christopher Nolan: Dark Knight
Christopher Nolan: Inception
Christopher Nolan: The Dark Knight Rises
Christopher Nolan: Interstellar

Stewart O'Nan - Das Glück der anderen
Stewart O'Nan schildert das apokalyptische Szenario in einer kargen Sprache ohne jede Sentimentalität. Dabei verwendet er für seine Erzählerfigur in "Das Glück der anderen" die unübliche zweite Person Singular und lässt uns gewissermaßen an den Selbstgesprächen des Protagonisten teilhaben.
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