Amerikanisches Idyll

Amerikanisches Idyll

Amerikanisches Idyll

Amerikanisches Idyll – Originaltitel: American Pastoral – Regie: Ewan McGregor – Drehbuch: John Romano nach dem Roman "Amerikanisches Idyll" von Philip Roth – Kamera: Martin Ruhe – Schnitt: Melissa Kent – Musik: Alexandre Desplat – Darsteller: Ewan McGregor, Jennifer Connelly, Dakota Fanning, David Strathairn, Peter Riegert, Rupert Evans, Molly Parker, Valorie Curry, Uzo Aduba, Hannah Nordberg, Ocean Nalu James u.a. – 2016; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Seymour Levov gilt als Siegertyp. Der Sohn eines Handschuhfabrikanten in Newark heiratet eine Miss New Jersey, über­nimmt das Familien­unternehmen und führt es erfolgreich weiter – bis sich die Tochter politisch radikalisiert. Merry protestiert gegen den Vietnam-Krieg, beteiligt sich an Demonstrationen in New York und rebelliert gegen die angepassten Eltern. Nach einem Bombenanschlag taucht sie unter ...
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Kritik

"Amerikanisches Idyll" konfrontiert das angepasste Bürgertum mit einer politisch radikalisierten Jugend. Im Vergleich zu Philip Roths Roman wirkt Ewan McGregors Verfilmung holzschnittartig.
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Der jüdische Schriftsteller Nathan Zuckerman (David Strathairn) ist 62 Jahre alt, als er erstmals seit Jahrzehnten an einem Treffen seiner früheren Highschool-Klasse in Newark/New Jersey teilnimmt und dort seinen Jugendfreund Jerry Levov (Rupert Evans) wiedersieht, der Arzt geworden ist. Dessen Bruder Seymour (Ewan McGregor) ist für ihn immer ein Idol gewesen. „Der Schwede“, so der respektvolle Spitzname, war nicht nur groß und blond, sondern auch ein gefeierter Baseball­spieler und gehörte stets zu den Gewinnern. Als er seinem Mitschüler Nathan Zuckerman den Spitznamen „Skip“ gab, war das für diesen wie ein Ritterschlag. Jerry Levov klärt Nathan Zuckerman darüber auf, dass er wegen des Klassentreffens nicht aus Florida angereist wäre. Er sei nur gekommen, weil am folgenden Tag sein Bruder in Newark beerdigt wird. Und Jerry Levov erzählt Nathan Zuckerman von seinem Bruder.

Der jüdische Handschuhfabrikant Lou Levov (Peter Riegert) war zunächst gegen eine Heirat seines Sohnes Seymour mit der katholischen Klempnertochter Dawn (Jennifer Connelly), aber mit ihrem selbstbewussten Auftreten gewann sie ihn für sich, und Seymour wurde der Ehemann der Miss New Jersey 1949.

Während Seymour das Unternehmen seines Vaters in Newark übernahm und erfolgreich weiterführte, betrieb Dawn auf dem Land eine Farm mit Viehzucht. Dort wuchs die Tochter Merry (Ocean Nalu James / Hannah Nordberg / Dakota Fanning) auf. Es war ein ebenso hübsches wie wissbegieriges Mädchen, das nur einen Makel hatte: es stotterte.

Im Fernsehen sah Merry, wie sich ein buddhistischer Mönch am 11. Juni 1963 in Saigon selbst verbrannte. Die schockierenden Aufnahmen veränderten sie: Merry protestierte gegen den Vietnam-Krieg, beteiligte sich an politischen Demonstrationen in New York und rebellierte zugleich gegen die angepassten Eltern.

Bei Rassenunruhen im Sommer 1967 wurde auch die Handschuhmanufaktur in Newark bedroht, obwohl die Belegschaft vorwiegend aus Afroamerikanern bestand.

Dann explodierte eine in einer Tankstelle in New Jersey eingerichtete Poststation, kurz nachdem der Betreiber Russ Hamlin (David Case) am Morgen die amerikanische Fahne gehisst hatte. Der Mann wurde bei dem Bombenanschlag getötet. Er hinterließ eine Frau und einen kleinen Sohn (Samantha Mathis, Max Ivcic). Die politische Aktivistin Merry tauchte nach dem Anschlag unter und geriet unter Verdacht, daran zumindest beteiligt gewesen zu sein. Ihr Vater vermochte sich das nicht vorzustellen und redete sich ein, dass Merry allenfalls von Terroristen zum Mitmachen gezwungen worden sein könnte.

Jahrelang suchte Seymour nach seiner Tochter.

Die 22-jährige Journalistin Rita Cohen (Valorie Curry) ließ sich von ihm Merrys Fotoalbum geben, angeblich in deren Auftrag. Dabei warf Rita ihm vor, billig in Puerto Rico zu produzieren – was überhaupt nicht stimmte – und seine Mitarbeiter auszubeuten. Weil Seymour hoffte, über Rita seine Tochter wiederzufinden, befolgte er die Anweisung, mit 10 000 Dollar Bargeld in ein Hotelzimmer zu kommen. Dort versuchte Rita vergeblich, ihn zu verführen. Merry war ebenfalls im Hotel, aber als Seymour das merkte, flüchtete sie.

Dawn, inzwischen 43 Jahre alt, ertrug die Situation nicht mehr. Sie wollte nicht länger vergeblich nach der Tochter suchen und akzeptierte es stattdessen, dass Merry den Kontakt zu den Eltern abgebrochen hatte. Die Psychotherapeutin Sheila Smith (Molly Parker), die auch schon Merry wegen des Stotterns behandelt hatte, riet Seymour, seiner Frau die gewünschte Schönheitsoperation in der Schweiz zu erlauben. Für Dawn wäre die Gesichtsveränderung eine Zäsur zwischen der Vergangenheit und einem neuen Leben, erklärte sie. Obwohl es für Seymour selbst nicht in Frage kam, die Tochter aufzugeben, befolgte er den Rat, und danach ging es Dawn sichtlich besser.

Nach dem gemeinsamen Besuch einer Vernissage des Künstlers Bill Orcutt (David Whalen) erkannte Seymour Rita auf der Straße. Da schickte er Dawn mit seinen Eltern im Wagen nach Hause, verfolgte Rita und zwang sie, ihn zu Merry zu fahren. In einem üblen Viertel forderte sie ihn zum Aussteigen aus und ließ ihn stehen. Bald darauf kam Merry aus einem der abbruchreifen Gebäude: ein verwahrlostes, stinkendes Wesen. Merry hatte sich den Jainas angeschlossen, einer radikalen indischen Sekte, die nicht nur auf Gewalt verzichtete, sondern auch jeglichem Einfluss auf die Umwelt entsagte. Aus Respekt vor Wasser wuschen sich die Mitglieder nicht, und aus Rücksicht auf die Mikroorganismen in der Luft trugen sie einen Schleier vor dem Mund. Merry begrüßte ihren Vater, und er wunderte sich darüber, dass sie nicht mehr stotterte. Sie nahm ihn mit in ihre schäbige Behausung. Augenscheinlich bestrafe sie sich selbst für etwas, meinte er, aber das sah sie anders. Nach einer Weile drängte sie ihn freundlich, zu gehen.

Während einer Gartenparty konnte Seymour nicht mehr übersehen, dass Dawn eine Affäre mit Bill Orcutt hatte. Er packte ein paar von Merrys Kindersachen zusammen – darunter ihr „Stotterbuch“ – und fuhr zu ihr. Diesmal fragte er sie, ob sie die Bombe in der Poststation gelegt habe. Unumwunden gestand Merry nicht nur diesen Anschlag, sondern auch noch zwei weitere. Vier Menschen seien dabei ums Leben gekommen.

Am Tag nach dem Klassentreffen nimmt Nathan Zuckerman an Seymour Levovs Beerdigung auf einem jüdischen Friedhof in Newark teil. Als die Trauergäste das Grab gerade verlassen, trifft eine Frau ein, in der Nathan Zuckerman Merry erkennt. Sie geht an ihrer Mutter vorbei, ohne sie zu beachten und bleibt schweigend vor dem Grab ihres Vaters stehen.

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Nach einem Drehbuch von John Romano verfilmte Ewan McGregor den 1997 von Philip Roth veröffentlichten Roman „American Pastoral“ / „Amerikanisches Idyll“.

Das Entsetzen über den Vietnam-Krieg veranlasst eine junge Amerikanerin, sich politisch zu engagieren. Sie rebelliert gegen die Eltern, protestiert gegen die Regierung und beteiligt sich an Bombenanschlägen. „Amerikanisches Idyll“ konfrontiert das angepasste Bürgertum mit einer politisch radikalisierten Jugend. Zugleich drehen sich der Film und die literarische Vorlage um das Zerbrechen eines Lebensentwurfs: Die Bombenlegerin schließt sich einer gewaltfreien Sekte an, die jeglichem Einfluss auf die Umwelt entsagt. Die Ehe der Eltern zerbricht, nicht zuletzt, weil der Vater nicht aufhört, die verlorene Tochter zu suchen, während die Mutter das nicht mehr erträgt und die bewusste Trennung der Tochter von der Familie akzeptiert, um ein neues Leben anfangen zu können.

John Romano und Ewan McGregor stellen die psychischen Veränderungen holzschnittartig dar. Da sind Gedanken und Zwischentöne des Romans „Amerikanisches Idyll“ verloren gegangen. Der Film bleibt oberflächlich und auch weit hinter Philip Roths Erzählstruktur zurück, er „bewegt sich konservativ von einer narrativen Boje zur nächsten, eine Episode folgt brav der anderen“ (Spiegel online, 17. November 2016).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

Philip Roth: Amerikanisches Idyll

Hartmann Schedel - Weltchronik
Mit 1804 Illustrationen gilt die Schedelsche Weltchronik neben der Gutenberg-Bibel als der aufwändigste Buchdruck des 15. Jahrhunderts. Anton Koberger in Nürnberg druckte etwa 2000 Exemplare, zwei Drittel in lateinischer, ein Drittel in deutscher Sprache.
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