Hedda

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Hedda

Originaltitel: Hedda – Regie: Andreas Kleinert – Drehbuch: Andreas Kleinert, Anja Kock nach dem Theaterstück "Hedda Gabler" von Henrik Ibsen – Kamera: Johann Feindt – Schnitt: Gisela Zick – Musik: Daniel Dickmeis – Darsteller: Susanne Wolff, Godehard Giese, Wanja Mues, Katharina Marie Schubert, Bruno Cathomas, Jasmin Hahn, Traute Hoess u.a. – 2016; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Nach den Flitterwochen ziehen Hedda und Jorgen in eine Villa auf einem Hügel im Rheinland, obwohl die Gebäude­sanierung noch nicht abgeschlossen ist. Leisten kann der Neurologe Jorgen sich das nur in der Hoffnung auf die Chefarzt-Stelle in der Klinik. Prof. Brack, der vorhat, in den Ruhestand zu gehen, ist zum Abendessen eingeladen. Unerwartet tauchen auch Thea und Eilert auf, die früher mit Jorgen bzw. Hedda liiert waren. Alte Konflikte brechen auf ...
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Kritik

Bei seiner Verfilmung des Dramas "Hedda Gabler" von Henrik Ibsen verlegte Andreas Kleinert die Handlung ins Rheinland und in die heutige Zeit. Die Inszenierung orientiert sich am Theater, ohne bühnenhaft zu wirken.
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Hedda (Susanne Wolff) und Jorgen Tesman (Godehard Giese) kommen aus den Flitterwochen zurück ins Rheinland und beziehen eine von dem Neurologen erworbene abgelegene Villa mit Talblick, deren Obergeschosse wegen der noch laufenden Sanierungsarbeiten noch gar nicht bewohnbar sind. Jorgen versucht stets, Heddas Wünsche und Erwartungen zu erfüllen. Dabei fehlt es ihm allerdings an Empathie. Er liebt sie, und Hedda weiß das zu schätzen, erwidert aber seine Gefühle nicht. Mit der Villa hat sich Jorgen finanziell überhoben, aber sein Chefarzt, Prof. Dr. Brack (Bruno Cathomas), will sich aus dem Berufsleben zurückziehen, und Jorgen rechnet mit einem Aufstieg in die frei werdende, höher dotierte Position.

Jorgens Tante Julle (Traute Hoess), die sich während seiner Abwesenheit um die Arbeiten an der Villa kümmerte, hat für das Paar auch eine Haushälterin gefunden, die sie Pun (Jasmin Hahn) nennt, weil sie den langen osteuropäischen Namen nicht aussprechen kann.

Hedda und Jorgen laden Brack zum Abendessen ein. Während sie am Tisch sitzen, kommt unerwartet Thea (Katharina Marie Schubert), eine frühere Geliebte Jorgens, die einen Amerikaner namens Jeff heiratete. Die gelernte Kranken­pflegerin reiste aus Boston an und teilt mit, dass sie Jeff verlassen habe. Sie ist dem Neurologen Eilert (Wanja Mues) nach Deutschland gefolgt.

Einige Minuten nach Thea taucht auch Eilert unangemeldet auf. Hedda hatte mit ihm vor einiger Zeit eine Liebesaffäre und wurde schwanger, ließ jedoch eine Abtreibung durchführen. Der trockene Alkoholiker, der viel im Ausland war und sich ebenso­wenig wie Hedda anpassen mag, wirkt aus der Perspektive der lebensgierigen Frau noch immer interessanter als der nüchterne Karrierist Jorgen.

Eilert arbeitet an einem Fachbuch über Schmerztherapie, mit dem er sich für die von Jorgen angestrebte Chefarzt-Stelle qualifizieren könnte, auch wenn Thea versichert, dass er mit einer nachgeordneten Position in der Klinik zufrieden wäre.

Alte Konflikte brechen an diesem Abend auf. Brack amüsiert sich darüber. Eilert betrinkt sich. Pun, die nur unzureichend deutsch versteht, beobachtet die fünf Personen und wundert sich über sie.


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Am nächsten Morgen liegt Eilert tot im wasserlosen Pool. Er hat sich mit einem Revolver erschossen, einem Erbstück Heddas. Sein Manuskript liegt verbrannt im Kamin.

Thea drängt Jorgen, ihr dabei zu helfen, das geplante Buch aus Notizen zu rekonstruieren, aber er hält das für nicht machbar.

Brack deutete Hedda bereits am Vorabend an, dass er sie begehrt und von ihr sexuelle Gefälligkeiten erwartet, wenn er Jorgen zu der Chefarztstelle verhilft. Eilerts Suizid erschüttert ihn nicht weiter. An diesem Morgen nimmt er Hedda beiseite und sagt ihr, dass er sich bereits mit ihrem Mann auf eine „Freundschaft zu dritt“ geeinigt habe. Falls Hedda bereit sei, ihren Beitrag zu leisten, könne sie weiter in der Villa wohnen und brauche sich über Geld keine Gedanken zu machen.

Obwohl Hedda zweimal bei der Führerscheinprüfung versagte, holt sie den Wagen aus der Garage und fährt los. Verblüfft beobachten es die anderen vom Fenster aus. Hedda fährt quer über ein Feld auf einen Hochspannungs-Mast zu. Im letzten Augenblick bremst sie. Ein Hund kommt angelaufen. Hedda erschießt sich mit dem Revolver.

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Nach einer Vorlage von Ania Kock schrieb Andreas Kleinert das Drehbuch für die von ihm inszenierte Verfilmung des am 31. Januar 1891 am Residenztheater in München mit Clara Heese in der Titelrolle uraufgeführten Dramas „Hedda Gabler“ von Henrik Ibsen. Ohne die Figurenkonstellation und die Grundzüge des Bühnenstücks zu verändern, verlegte Andreas Kleinert die Handlung von Kristiania (Oslo) ins Rheinland und in die heutige Zeit. Außerdem machte er aus den drei Kulturwissenschaftlern Neurologen, Ärzte, die sich mit Schmerztherapie beschäftigen. Andreas Kleinerts Film trägt den Titel „Hedda“. Henrik Ibsen wollte mit dem Geburtsnamen der Generalstochter Hedda Gabler andeuten, dass sie mehr Tochter als Ehefrau ist.

„Hedda Gabler“ und „Hedda“ halten dem dekadenten Bürgertum einen Spiegel vor. Und da hat sich trotz der Zeitverschiebung von mehr als hundert Jahren nichts entscheidend geändert. Von der Villa auf dem Hügel schauen die Gutbürgerlichen auf die Kleinstadt hinunter. In dieser von Materialismus und Pragmatismus, Konsum und Karriere geprägten Welt hat Liebe keinen Platz. Hedda und Eilert bzw. Ejlert Lövborg wollen sich nicht in dieses System zwängen lassen. Statt sich anzupassen, sterben sie lieber – und die „Normalos“ leben weiter. Die (wie wohl auch die Bauarbeiter) aus Osteuropa stammende, des Deutschen kaum mächtige, von ihren Arbeitgebern respektlos „Pun“ gerufene Haushälterin wundert sich über das Verhalten der drei Ärzte und der beiden Frauen.

Heddas Naturverbundenheit wird immer wieder betont. Einmal geht sie, nur mit einem weißen Nachthemd bekleidet, in den Wald und legt sich in den Schlamm. Gleich zu Beginn tollt sie mit einem Hund herum, und im letzten Bild ist ebenfalls ein Hund zu sehen. Auch zwischendurch tauchen Hunde auf.

Andreas Kleinerts Inszenierung orientiert sich am Theater, ohne bühnenhaft zu wirken. Dabei kann er sich auf das schauspielerische Können seiner Darsteller verlassen. Das gilt vor allem für Susanne Wolff in der Titelrolle. Zum Stil der Inszenierung passen der wuchtige Vorspann und die ungewohnten Zwischentitel: Porträts von jeweils ein, zwei oder drei Schauspielern mit ihren auf die nackte Haut geschriebenen Rollennamen.

„Hedda“ war erstmals am 8. Oktober 2016 zum Abschluss des Filmfestes Hamburg zu sehen und kam am 9. März 2017 ins Fernsehen (Arte).

Vorausgegangen waren zahlreiche Verfilmungen des Theaterstücks „Hedda Gabler“ von Henrik Ibsen, u. a. von Frank Powell (1917), Gero Zambuto und Giovanni Pastrone (1920), Franz Eckstein (1925), John Gage (1948), Paul Hoffmann (1963), Alex Segal (1963), Trevor Nunn (1975), Jan Decorte (1978), Thomas Langhoff (1980), David Cunliffe (1981), Margareta Garpe (1993), Paul Willis (2004), Matthew John (2014), Ivo van Hove (2016).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2017

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