Christoph Hein : Willenbrock

Willenbrock
Willenbrock Originalausgabe: Suhrkamp Verlag, Frankfurt/M 2000 ISBN 3-518-41155-1, 319 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der nach der Wende arbeitslos gewordene DDR-Ingenieur Bernd Willenbrock eröffnet in Berlin einen Gebrauchtwagenhandel und richtet seiner Frau, die nichts von seinen Seitensprüngen weiß, eine Boutique ein. Nach dem Diebstahl mehrerer Fahrzeuge stellt Willenbrock einen Nachtwächter ein. Doch als er und seine Frau im Landhaus überfallen werden und man die Täter einfach nur abschiebt, ist es endgültig vorbei mit dem Gefühl der Sicherheit ...
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Kritik

In seinem Roman "Willenbrock" erzählt Christoph Hein eine zwar spannende, aber fragwürdige Geschichte ohne formales Raffinement und in einer schnörkellosen, nachlässigen Sprache.
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In der DDR hatte Bernd Willenbrock zwanzig Jahre lang als Ingenieur in der Rechenmaschinenfabrik „Triumphator“ gearbeitet. Als der Betrieb nach der Wende zugemacht wurde, brachte ihn sein geschäftstüchtiger Schwager Fred Herlauf, der als selbstständiger Brunnenbauer in ein Dorf südlich von Bremen gezogen war, auf die Idee, in Berlin einen Gebrauchtwagenhandel zu eröffnen. Seiner Ehefrau Susanne – Freds Schwester – richtete Willenbrock eine Boutique ein.

Solange die Eigentumsverhältnisse des Grundstücks, auf dem Willenbrock seine Wagen stehen hat, noch nicht geklärt sind, beschränkt er sich auf ein Büro in einem Wohnwagen. Aber das Geschäft floriert, und sein polnischer Mechaniker Jurek hat alle Hände voll zu tun. Die Käufer kommen fast ausschließlich aus dem Osten. Der Russe Krylow, Willenbrocks bester Kunde, schaut alle paar Wochen mit ein paar Kumpanen vorbei und sucht jedes Mal gleich mehrere Autos aus.

Ist unter den Kunden eine attraktive junge Frau, versucht Willenbrock sie ins Bett zu bekommen. Beispielsweise überredet er die Entomologie-Studentin Margot Retzlaff, in dem gerade gekauften Auto mit ihm in sein 134 Jahre altes Landhaus in Bugewitz am Stettiner Haff zu fahren. Susanne ahnt nichts von seinen Seitensprüngen.

Durch den Anruf eines früheren Kollegen erfährt Willenbrock, dass er bei „Triumphator“ von Dr. Willi Feuerbach denunziert wurde und deshalb keine Auslandsreisen mehr machen durfte.

In einer Nacht werden sieben Autos von Willenbrock gestohlen. Die Polizei ermittelt routinemäßig und erfolglos, die Versicherungsgesellschaft kündigt ihm den Vertrag, und statt eine neue, teurere Versicherung abzuschließen, stellt Willenbrock den achtundfünfzigjährigen, seit sechs Monaten arbeitslosen Schlosser Fritz Pasewald als Nachtwächter ein.

Ein paar Monate später findet er Pasewald am Morgen gefesselt und geknebelt vor. Pasewalds Hund liegt tot auf dem Gelände. Drei Jugendliche haben den Nachtwächter überfallen, um an Autos zu kommen.

Als Krylow davon erfährt, bietet er Willenbrock an, ihm einen seiner kampferprobten Begleiter abzustellen, aber davon will der Gebrauchtwagenhändler nichts wissen.

Kurz darauf kann er das Grundstück endlich erwerben und mit dem Bau eines Autohauses beginnen.

Bei einem Wochenendaufenthalt mit Susanne im Landhaus wird Willenbrock nachts wach, weil er Geräusche hört. Er sieht nach – und wird von einem Einbrecher mit einer Eisenstange angegriffen. Offenbar hat der Ganove noch mindestens einen Komplizen. Willenbrock erhält zwar einige schmerzhafte Schläge, aber die Einbrecher verlassen das Haus. Weil die Telefonleitung zerstört ist, ruft Willenbrock von den Nachbarn Heiner und Maria aus die Polizei an. Eine Kommissarin Bühler leitet die Ermittlungen. Noch in derselben Nacht greift eine Streife die beiden aus Moskau stammenden Brüder Andrej und Artur Gatschiev auf.

Willenbrock installiert zwar eine Alarmanlage in dem Landhaus, aber Susanne fühlt sich dort nach dem Schock nicht mehr sicher.

Einige Wochen später teilt die Staatsanwaltschaft Willenbrock mit, dass das Verfahren gegen die beiden Verdächtigen eingestellt wurde, weil ihnen der Einbruch nicht hieb- und stichfest nachzuweisen sei. Man habe sie inzwischen über die Grenze nach Polen abgeschoben. Willenbrock kann es nicht fassen und fährt zur Staatsanwaltschaft nach Neubrandenburg, aber statt auf ihn einzugehen, rät man ihm, sich schriftlich zu beschweren. Diese Beschwerde wird dann vom Generalstaatsanwalt als unbegründet zurückgewiesen.

Krylow will ein paar seiner Männer bei den abgeschobenen Russen in Moskau vorbeischicken: „Wenn die beiden Banditen ein Jahr lang ihre Wohnung nicht mehr verlassen können, werden sie sehr brav sein.“ (Seite 223) Willenbrock tut jedoch so, als habe er die Adresse der beiden verlegt. Da drängt ihm Krylow einen Revolver auf, damit er sich bei einem weiteren Überfall wehren kann.

Den nimmt Willenbrock in die Hand, als er zwei Tage vor Silvester nachts in seiner Berliner Wohnung verdächtige Geräusche hört. In der Garage brennt Licht. Ein achtzehn- oder neunzehnjähriger Mann macht sich an einem der beiden Autos zu schaffen. Bevor er Willenbrock angreifen kann, schießt dieser. Der offenbar getroffene Einbrecher schleppt sich zur Straße und verschwindet. Susanne hat den Schuss gehört, aber Willenbrock beruhigt sie und behauptet, es habe sich nur um einen Silvesterknaller gehandelt.

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Bernd Willenbrock verkauft gebrauchte Autos, ohne sich um den kriminellen Hintergrund seines aus Russland stammenden Hauptkunden Krylow zu kümmern. Doch als er und seine Ehefrau Susanne in ihrem Wochenendhaus von russisch sprechenden Einbrechern überfallen werden und die Polizei die mutmaßlichen Täter einfach nur über die polnische Grenze abschiebt, statt weiter gegen sie zu ermitteln, fühlt er sich verunsichert und in seiner Existenz bedroht.

Offenbar wollte Christoph Hein in seinem Roman „Willenbrock“ demonstrieren, wie trügerisch das Gefühl der Ordnung und Sicherheit nach der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ ist. War es auch seine Absicht, die Barbarei mit dem Osten zu assoziieren? Christoph Hein erzählt die zwar spannende, aber fragwürdige Geschichte weitschweifig, ohne formales Raffinement und in einer schnörkellosen, nachlässigen Sprache. Für überzeugender halte ich die Verfilmung durch Andreas Dresen: „Willenbrock“.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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