Frank Lloyd Wright
Frank Lloyd Wright (eigentlich: Frank Lincoln Wright) wurde am 8. Juni 1867 in Richland Center, Wisconsin, als Sohn des Lehrerehepaars William Carey und Anna Lloyd Wright geboren (William Carey Wright: 1825 – 1904; Anna Lloyd Wright, geborene Jones, 1838 oder 1839 – 1923). Die Familie zog drei Jahre später nach Weymouth, Massachusetts, kehrte aber später nach Wisconsin zurück. 1881 trennten sich William Carey und Anna Lloyd Wright; die Scheidung wurde 1885 rechtskräftig. Frank Lincoln Wright, der bei Anna und seinen beiden Schwestern blieb, vertauschte seinen zweiten Vornamen gegen den seiner Mutter und nannte sich fortan Frank Lloyd Wright.
1886/87 studierte Frank Lloyd Wright an der University of Wisconsin-Madison, aber nach zwei Semestern verließ er die Hochschule ohne einen Abschluss und zog nach Chicago. (Den Doktortitel der Universität von Wisconsin erhielt er 1955 ehrenhalber.) Einige Monate arbeitete er im Architekturbüro von Joseph Lyman Silsbee in Chicago, dann wechselte er zu Dankmar Adler & Louis Sullivan.
Im Alter von zweiundzwanzig Jahren heiratete Frank Lloyd Wright im Juni 1889 Catherine Lee („Kitty“) Tobin (1871 – 1959), die Tochter eines reichen Geschäftsmannes, und baute in Oak Park, einem Vorort von Chicago, ein Haus nach seinen Vorstellungen. 1893 gründete er dort sein eigenes Unternehmen.
Frank Lloyd Wright fiel bereits um die Jahrhundertwende auf, als er in den Vororten von Chicago mit außergewöhnlichem Einfallsreichtum flache Präriehäuser baute, niedrige Gebäude, die sich möglichst harmonisch in die
natürliche Umgebung einfügten (Prairie House Style). Dabei nutzte er zunehmend die Möglichkeiten der Stahlbetonkonstruktion, um verschachtelte kubische Formen mit betonten horizontalen Linien zu schaffen. Die Räume der funktional und zugleich ausdrucksstark gestalteten Häuser ließ er organisch und ohne rigide Wandaufteilungen ineinander übergehen. Damit gelang es Frank Lloyd Wright, die Entwicklung der amerikanischen Architektur von der europäischen abzukoppeln und eine eigenständige Baukunst zu schaffen.
1903 entwarf Frank Lloyd Wright ein Haus für Edwin Cheney, einen Nachbarn in Oak Park. Dabei kam er dessen Ehefrau Mamah Borthwick Cheney näher. Kitty ging zunächst davon aus, dass auch diese Affäre ihres Mannes vorbeigehen würde, aber ihre Hoffnung erfüllte sich nicht. Aus den Gerüchten wurde ein Skandal, als Frank Lloyd Wright und Mamah Borthwick Cheney 1910 zusammen nach Europa reisten. Während Edwin Cheney schließlich zur Scheidung bereit war, verweigerte Kitty hartnäckig ihr Einverständnis.
Daraufhin überredete Frank Lloyd Wright seine Mutter, ein Stück Land in Spring Green, Wisconsin, zu kaufen. Dort errichtete der Architekt ein Wohnhaus mit Atelier, das er nach einer Figur der walisischen Mythologie Taliesin nannte. Kurz nach Weihnachten richtete sich Frank Lloyd Wright dort mit Anna Lloyd Wright und Mamah Borthwick Cheney ein. Die betrogenen Ehepartner blieben mit den Kindern in Oak Park zurück, Edwin Cheney mit John und Martha, Kitty mit Lloyd, John, Catherine, David, Frances und Llewellyn.
Während Frank Lloyd Wright geschäftlich in Chicago zu tun hatte und die Kinder John und Martha bei ihrer Mutter Mamah Borthwick Cheney zu Besuch in Taliesin waren, vernagelte der neue, von Barbados stammende Diener Julian Carleton am 15. August 1914 die Fenster. Mamah Borthwick Cheney, ihre Kinder und sechs Mitarbeiter des Architekten aßen gerade zu Mittag, da verbarrikadierte Julian Carleton die Türen, legte Feuer und schlug mit einem Beil auf die Menschen ein, die verzweifelt durch die Fensterscheiben ins Freie sprangen. Nur zwei Männer überlebten das Massaker in Taliesin. Der Mörder wurde gefasst, aber er hatte bereits Säure getrunken, sprach nie wieder ein Wort, verweigerte die Nahrungsaufnahme und starb nach sieben Wochen.
Bei seiner ersten Asien-Reise hatte Frank Lloyd Wright 1905 seine Liebe für Japan entdeckt. Allein in den Jahren 1917 bis 1922 reiste er fünfmal nach Japan und verbrachte dort insgesamt vierunddreißig Monate.
Im November 1923, ein Jahr nachdem Kitty endlich einer Scheidung zugestimmt hatte, heiratete Frank Lloyd Wright Maude („Miriam“) Noel (1869 – 1930), die seit neun Jahren seine Lebensgefährtin war und drei Kinder von ihrem ersten Mann hatte: Thomas, Norma, Corinne. Nicht zuletzt aufgrund von Miriams Heroin-Sucht scheiterte die Ehe mit der exaltierten Künstlerin nach weniger als einem Jahr. Kurz darauf begann Frank Lloyd Wright in Chicago ein Verhältnis mit der Balletttänzerin Olga („Olgivanna“) Lazovich Milanoff Hinzenburg (1898 –1985), die aus Montenegro stammte und mit einem Russen verheiratet war. 1925 zog sie mit ihrer Tochter Svetlana zu ihm nach Taliesin. Dort gebar sie am 2. Dezember 1925 ihre zweite Tochter: Iovanna. Aufgrund einer Anzeige von Svetlanas Vater Vlademar Hinzenburg mussten Frank Lloyd Wright und Olgivanna 1926 vorübergehend ins Gefängnis, aber die Klage wegen Ehebruchs wurde nach kurzer Zeit zurückgezogen. Im August 1928, ein Jahr nach seiner Scheidung von Miriam, heiratete Frank Lloyd Wright Olgivanna.
In den von Frank Lloyd Wright neu aufgebauten Wohnbereich („Taliesin II“) hatte am 22. April 1925 ein Blitz eingeschlagen und einen Brand ausgelöst. Noch einmal restaurierte Frank Lloyd Wright die zerstörten Räume („Taliesin III“). Im Lauf der Jahre erwarb Frank Lloyd Wright insgesamt fast zweieinhalb Quadratkilometer Land um Taliesin herum. Der Architekt wohnte und arbeitete dort nicht nur, sondern er verstand Taliesin auch als Versuchsobjekt, an dem er immer wieder herumprobierte, und er lud junge Architekten ein, die von ihm lernen wollten.
1937 folgte das Taliesin West, ein Winterquartier in Scottsdale, Arizona. Die Gegend, in der die Familie seiner Mutter 1887 eine unitarische Schule eröffnet hatte, war Frank Lloyd Wright seit seiner Kindheit vertraut.
Ein berühmtes Beispiel für den Prairie House Style ist das Fallingwater House, das Frank Lloyd Wright 1935 bis 1939 für den Unternehmer Edgar J. Kaufmann (1885 – 1955) unmittelbar über einem Wasserfall in den Allegheny Mountains (Bear Run Nature Reserve) bei Ohiopyle, Pennsylvania, errichtete. Ein Bild davon kam 1938 auf die Titelseite des Nachrichtenmagazins „Time“. Kaufmann war zunächst von der Idee eines Landsitzes mit Blick auf den Wasserfall ausgegangen, aber Frank Lloyd Wright hatte ihn davon überzeugt, dass es wichtiger sei, das Bauwerk „organisch“ in die Landschaft zu integrieren.
1943 entwarf Frank Lloyd Wright das Solomon R. Guggenheim Museum in New York. Es wurde 1952 bis 1958 errichtet. Auch in diesem Spätwerk verband Frank Lloyd Wright funktionale und expressive Absichten. Den mit einer Glaskuppel überdachten Innenraum umschließt eine zylindrische Wand, an der eine Treppe wie eine Spirale nach oben führt. So wird das Durchwandern der Kunstausstellung zum Aufstieg.
Frank Lloyd Wright starb am 9. April 1959 in Phoenix, Arizona.
Tom Coraghessan Boyle schrieb über Frank Lloyd Wright, Kitty, Mamah Borthwick Cheney, Miriam und Olgivanna den Roman „Die Frauen“.
© Dieter Wunderlich 2009
T. Coraghessan Boyle: Die Frauen