François Truffaut

François Truffaut wurde am 6. Februar 1932 in Paris als unehelicher Sohn von Janine de Montferrand geboren. (Als Vater glaubte man später, den jüdischen Zahnarzt Roland Levy identifiziert zu haben.) 1933 heiratete Janine de Montferrand den Architekten Roland Truffaut, der das Kind adoptierte, aber dafür sorgte, dass François vorwiegend bei seiner Großmutter aufwuchs. Erst als diese 1942 starb, holten Janine und Roland Truffaut den zehnjährigen Jungen zu sich. Einige Zeit verbrachte er im Erziehungsheim, und bis zu seinem Schulabbruch im Alter von 14 Jahren wurde François Truffaut von mehreren Lehranstalten relegiert.

Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, meldete sich zum Militär, wurde aber schließlich unehrenhaft entlassen. 1951 begann François Truffaut, für das Kinomagazin „Les cahiers du cinéma“ zu schreiben. Seine 1954 unter dem Titel „Une certaine tendance du cinéma français“ veröffentlichte Kritik am Filmschaffen in Frankreich löste eine heftige Kontroverse aus. François Truffaut vertrat die Überzeugung, dass der Regisseur der künstlerische Urheber des Films sei und setzte sich für Autorenfilmer ein.

Als Roberto Rossellinis Regieassistent kam er 1956 zum Film. 1959 führte François Truffaut erstmals selbst Regie in einem abendfüllenden Kinofilm: „Sie küssten und sie schlugen ihn“. Neben Claude Chabrol, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette und Éric Rohmer entwickelte sich François Truffaut zu einem der Begründer der Nouvelle Vague.

Einige Male stand der Regisseur und Drehbuchautor auch als Schauspieler vor der Kamera.

Für die Regie in „Sie küssten und sie schlugen ihn“ zeichnete man François Truffaut bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes 1959 aus, und das Drehbuch von ihm und Marcel Moussy wurde für einen „Oscar“ nominiert. Weitere „Oscar“-Nominierungen gab es für „Die letzte Metro“ und „Geraubte Küsse“ und „Die amerikanische Nacht“. Mit einem „Auslands-Oscar“ ausgezeichnet wurde François Truffaut für „Die amerikanische Nacht“.

In seinen Filmen, aber auch in seinem persönlichen Leben setzte sich François Truffaut immer wieder für Kinder ein. Beispielsweise engagierte er sich in „Secours Populaire Français“ und wurde 1967 Präsident des Stiftungsverbands der SOS-Kinderdörfer. Als er im selben Jahr zehn Stunden Radioprogramm bei France-Culture gestalten durfte, entschied er sich für das Thema Kindesmisshandlung.

1957 bis 1965 war François Truffaut mit Madeleine Morgenstern verheiratet. Das Paar bekam zwei Töchter: Laura (* 1959) und Eva (* 1961). Liebesbeziehungen soll François Truffaut auch mit den Schauspielerinnen Françoise Dorléac und Claude Jade gehabt haben. Von 1968 bis zu seinem Tod lebte er mit Fanny Ardant zusammen.

Am 21. Oktober 1984 starb François Truffaut im Amerikanischen Krankenhaus in Neuilly-sur-Seine an einem Hirntumor.

François Truffaut: Filmografie (Auswahl)

  • Une visite (1955; Ein Besuch)
  • Les mistons (1957; Die Unverschämten)
  • Une histoire d’eau (1958; Eine Geschichte des Wassers)
  • Les quatre cents coups (1959; Sie küssten und sie schlugen ihn)
  • Tirez sur le pianiste (1960; Schießen Sie auf den Pianisten)
  • Jules et Jim (1962; Jules und Jim)
  • L’amour à vingt ans (1962; Liebe mit zwanzig; Segment „Antoine und Colette“)
  • La peau douce (1964; Die süße Haut)
  • Fahrenheit 451 (1966; Fahrenheit 451)
  • La mariée était en noir (1967; Die Braut trug schwarz)
  • Baisers volés (1968; Geraubte Küsse)
  • La sirène du Mississippi (1969; Das Geheimnis der falschen Braut)
  • L’enfant sauvage (1970; Der Wolfsjunge / Das wilde Kind)
  • Domicile conjugal (1970; Tisch und Bett)
  • Les deux anglaises et le continent (1971; Zwei Mädchen aus Wales und die Liebe zum Kontinent)
  • Une belle fille comme moi (1972; Ein schönes Mädchen wie ich)
  • La nuit américaine (1973; Die amerikanische Nacht)
  • L’histoire d’Adèle H. (1975; Die Geschichte der Adèle H.)
  • L’argent de poche (1976; Taschengeld)
  • L’homme qui aimait les femmes (1977; Der Mann, der die Frauen liebte)
  • La chambre verte (1978; Das grüne Zimmer)
  • L’amour en fuite (1979; Liebe auf der Flucht)
  • Le dernier métro (1980; Die letzte Metro)
  • La femme d’à côté (1981; Die Frau nebenan)
  • Vivement dimanche! (1983; Auf Liebe und Tod)

Dokumentarfilme über François Truffaut:

  • François Truffaut. Vom Kino besessen (Buch und Regie: Alexandre Moix, 2014)
  • Abgedreht! Truffaut. Fernseh-Reportagen (Autoren: Philippe Collin, Xavier Mauduit, Frédéric Bonnaud, 2014)
  • François Truffaut. Eine Autobiografie (Buch und Regie: Anne Andreu, 2004)
  • François Truffaut im Gespräch (Moderator: Peter Bermbach, 1984)

© Dieter Wunderlich 2015

Reinhard Kaiser-Mühlecker - Wilderer
Die karge, realistische Darstellung täuscht über die Komplexität und Ambivalenz des Geschehens hinweg. Man könnte von einem wuchtigen Entwicklungsroman sprechen, denn der Erzähler bleibt dicht bei der schwierigen Hauptfigur, folgt den Fehlschlägen, dem Aufschwung und dem Zusammenbruch. Erst auf den letzten Seiten des Romans "Wilderer" lässt uns Reinhard Kaiser-Mühlecker das ganze Ausmaß der Tragödie erkennen.
Wilderer