Der Mann, der Liberty Valance erschoss

Der Mann, der Liberty Valance erschoss

Der Mann, der Liberty Valance erschoss

Der Mann, der Liberty Valance erschoss – Originaltitel: The Man Who Shot Liberty Valance – Regie: John Ford – Drehbuch: James Warner Bellah, Willis Goldbeck, nach der Erzählung "Der Mann der Liberty Valance erschoss" von Dorothy M. Johnson – Kamera: William H. Clothier – Schnitt: Otho Lovering – Musik: Cyril J. Mockridge – Darsteller: James Stewart, John Wayne, Vera Miles, Lee Marvin, Edmond O'Brien, Andy Devine, Woody Strode, Ken Murray, Jeanette Nolan, John Qualen u.a. –1962; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Der amerikanische Jurist Ransom Stoddard reist nach dem Studienabschluss um 1840 nach Westen und strandet nach einem Überfall auf seine Postkutsche in der Kleinstadt Shinbone. Der Idealist versteht nicht, warum die Bürger sich nicht gegen die Übergriffe des Outlaws Liberty Valance wehren. Während der einzelgängerische Pferdezüchter Tom Doniphon seine individuelle Freiheit mit dem Colt verteidigt, will Stoddard für Recht und Ordnung im Land sorgen ...
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Kritik

Ein origineller Plot, eine vielschichtige Handlung, ein gut durchdachtes Drehbuch, eine mitreißende Inszenierung und überzeugende Darsteller sorgen dafür, dass der Spätwestern "Der Mann, der Liberty Valance erschoss" noch immer sehenswert ist.
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In der westamerikanischen Kleinstadt Shinbone steigt ein älteres Ehepaar aus dem Zug: US-Senator Ransom Stoddard (James Stewart) mit seiner Ehefrau Hallie (Vera Miles). Sie kommen aus Washington. Ein alter Mann namens Link Appleyard (Andy Devine) holt sie mit einem Fuhrwerk ab. Als der junge Reporter Charlie Hasbrouck (Joseph Hoover) von den hochrangigen Besuchern hört, verständigt er sofort die Redaktion der Lokalzeitung „Shinbone Star“ und bittet den Senator um ein Interview. Auf die Nachricht hin eilt der Chefredakteur Maxwell Scott (Carleton Young) persönlich herbei. Während Stoddard den Presseleuten erklärt, er und seine Frau seien privat nach Shinbone gekommen, um an der Beerdigung von Tom Doniphon (John Wayne) teilzunehmen, lässt Hallie Stoddard sich von Link Appleyard zu der Ruine eines Hauses fahren und dort eine Kaktusblüte pflücken. Traurig blickt sie auf die verfallenen Mauern. Offenbar lebte hier einmal jemand, der ihr nahestand.

Als Ransom und Hallie Stoddard den aus billigen Brettern gezimmerten Sarg betrachten, beteuert der Bestatter Clute Dumphries (Earle Hodgins), er verdiene keinen Penny daran; es handele sich um ein Begräbnis auf Gemeindekosten. Der Senator und seine Frau treffen am Sarg auf einen bescheidenen Schwarzen, den sie voller Wehmut begrüßen: Pompey (Woody Strode) war seit Jahrzehnten Tom Doniphons treuer Diener.

Der Chefredakteur, der sich noch immer über den Besuch eines Senators aus Washington in der unbedeutenden Kleinstadt wundert, möchte wissen, was so Besonderes an Tom Doniphon war, den hier alle nur als Trunkenbold kannten. „Er war ein Freund“, antwortet Stoddard. Aber damit gibt Scott sich nicht zufrieden. Die Leser seiner Zeitung hätten ein Recht darauf, mehr darüber zu erfahren, meint er. Schließlich folgt ihm der Senator ins Redaktionsbüro und beginnt zu erzählen.

Auf der Suche nach einem interessanten Arbeitsplatz war Stoddard nach dem Jura-Studium in den Vierzigerjahren (des 19. Jahrhunderts) nach Westen aufgebrochen. Seine Postkutsche wurde in der Nähe von Shinbone von Banditen überfallen und ausgeraubt. Weil Stoddard sich schützend vor eine mitreisende Witwe stellte, schlugen ihn die Verbrecher nieder, und als er wehrlos am Boden lag, hätte ihn der Anführer der Banditen mit einer Peitsche totgeschlagen, wenn ihm nicht seine Kumpane in den Arm gefallen wären.

Der Pferdezüchter Tom Doniphon fand den Schwerverletzten und brachte ihn nach Shinbone zur Familie Ericson, die dort ein Restaurant betrieb. Nora und Peter Ericson (Jeanette Nolan, John Qualen) nahmen Stoddard bei sich auf. Eifersüchtig beobachtete Doniphon, dass ihre Tochter Hallie sich besonders um den Fremden kümmerte.

Als Stoddard erwähnte, die Peitsche des Banditen habe einen versilberten Knauf, wussten alle, dass es sich um Liberty Valance (Lee Marvin) handelte. Der terrorisierte mit seinen Kumpanen die ganze Gegend. Respekt hatte Liberty Valance allenfalls vor Tom Doniphon, denn der raubeinige Einzelgänger schoss mindestens genauso schnell wie er. Stoddard verstand nicht, wieso die Bewohner von Shinbone nichts gegen den Gesetzlosen unternahmen und Sheriff Link Appleyard sich für nicht zuständig erklärte, weil Liberty Valance seine Verbrechen außerhalb der Stadt begangen habe.

Die Banditen hatten auch Stoddards Geld gestohlen. Er konnte also für Unterkunft und Verpflegung nichts bezahlen. Stattdessen half er den schwer arbeitenden Ericsons als Tellerwäscher in der Küche.

Als er erfuhr, dass Hallie und Nora weder lesen noch schreiben gelernt hatten, erklärte er sich bereit, es ihnen beizubringen. Immer mehr Menschen kamen zu seinem Unterricht, in dem er seinen Schülerinnen und Schülern auch erklärte, was Demokratie bedeutet und was Bürgerrechte sind. „Education is the basis of law and order“, schrieb er an die Tafel.

Eines Abends tauchte Liberty Valance mit seinen Kumpanen in dem Restaurant auf. Als Stoddard mit einem Steak für Doniphon an ihm vorbeiging, stellte ihm der Bandit ein Bein und Stoddard stürzte. Doniphon sprang auf und verlangte von Liberty Valance, das Fleisch vom Boden aufzuheben. Beide waren bereit, die Waffe zu ziehen. Entsetzt darüber, dass hier alles außerhalb des Gesetzes mit Gewalt geregelt wurde, hob der idealistische Jurist das Steak und den Teller auf. Liberty Valance verließ wütend das Restaurant, warf eine im Restaurant gestohlene Flasche Schnaps in eine Fensterscheibe und ritt davon.

Doniphon erklärte Stoddard, es gebe für ihn nur zwei Möglichkeiten zu überleben: Er müsse entweder lernen, mit dem Colt umzugehen oder die Stadt verlassen. Der Rechtsanwalt wollte weder das eine noch das andere und nahm mutig das unbedacht ausgesprochene Angebot des versoffenen Zeitungsverlegers Dutton Peabody (Edmond O’Brien) an, seine Kanzlei im Redaktionsbüro einzurichten.

Es gefiel Doniphon nicht, wie Hallie den Zugereisten ansah. Eines Tages nahm er ihn mit zu seinem Haus, wo Pompey und ein paar andere Männer gerade angefangen hatten, einen Anbau zu errichten. Sobald der zusätzliche Raum fertig sei, wolle er Hallie heiraten, teilte er Stoddard mit. Der Anwalt hatte auch gar nicht vor, dem Pferdezüchter die Braut wegzunehmen.

Stoddard erklärte den Bürgern von Shinbone, es sei erforderlich, aus dem Territorium einen Staat zu machen, um für Recht und Ordnung zu sorgen. Weil Peabody sich zusammen mit Stoddard als Delegierter für eine bevorstehende Territorialversammlung hatte wählen lassen, überfiel Liberty Valance ihn mit seinen Kumpanen, schlug ihn halb tot und verwüstete das Redaktionsbüro. Stoddard ließ er ausrichten, dass er ihn zum Zweikampf auf der Straße erwarte und ihn holen lassen werde, wenn er nicht komme.

Besorgt drängten Hallie und ihre Mutter ihren Gast, die Stadt zu verlassen. Aber Stoddard, der inzwischen mit einem alten Colt notdürftig schießen gelernt hatte, wollte sich dem Banditen stellen. Daraufhin schickte Hallie Pompey zu Doniphon, in der Hoffnung, dass der einzige Mann, vor dem Liberty Valance Respekt hatte, rechtzeitig kommen würde, um das Schlimmste zu verhindern.

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Stoddard hatte keine Chance gegen Liberty Valance. Der überlegene Outlaw amüsierte sich prächtig. Als Stoddard den Colt, den er in der Hand hielt, heben wollte, schoss Liberty Valance ihm in den Arm und forderte ihn dann lachend auf, es mit der linken Hand noch einmal zu versuchen. Stoddard bückte sich und griff nach der am Boden liegenden Waffe. Beim nächsten Mal werde er er genau zwischen Stoddards Augen zielen, kündigte Liberty Valance an. Doch bevor er abdrücken konnte, krachte ein Schuss, und der Bandit brach tödlich getroffen zusammen.

Die Kumpane des toten Banditen versuchten, die Bewohner von Shinbone gegen Stoddard aufzuwiegeln und ihn zu lynchen, aber Sheriff Link Appleyard, der sich nun nicht mehr vor Liberty Valance fürchten musste, nahm sie fest. Man feierte Stoddard als den „Mann, der Liberty Valance erschoss“.

Doniphon betrank sich, zündete sein Haus an und ließ sich in einen Sessel fallen. Als Pompey die Flammen sah, rannte er in das Gebäude und rettete ihn. Obwohl Doniphon halb bewusstlos war, dachte er an seine Pferde und trug Pompey auf, die Koppel zu öffnen.

Im Territorium-Konvent stritten die Delegierten, wer von ihnen nach Washington geschickt werden sollte. Schließlich wurde Stoddard vorgeschlagen. Der sträubte sich, aber Doniphon verlangte von ihm, dass er die Wahl annahm. Vor der Tür klärte er ihn darüber auf, dass er während des Showdowns mit Pompey in die Stadt gekommen sei und Liberty Valance aus dem Hinterhalt mit einem Gewehr erschossen habe. Stoddard verdankte ihm sein Leben. Außerdem verzichtete Doniphon auf Hallie, denn er wusste, dass sie nicht ihn, sondern Stoddard liebte.

„Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ machte dank der Legende Karriere als Politiker und brachte es zum Senator.

Damit endet Stoddards Bericht. Der Chefredakteur springt auf und zerreißt seine Notizen. Er wird nichts darüber in der Zeitung veröffentlichen und sagt: „If the legend becomes fact, print the legend!“ (In der deutschen Synchronisation lautet der Satz: „Wir wollen unsere Legenden behalten!“)

Während der Rückfahrt im Zug fragt Stoddard seine Frau, ob es ihr recht sei, wenn er das Amt in Washington aufgebe und mit ihr in den Westen zurückkehre. Hallie freut sich darauf.

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Aus der Erzählung „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ von Dorothy Marie Johnson (1905 – 1984) machte John Ford (1894 – 1973) einen grandiosen Spätwestern.

Ein idealistischer Jurist kämpft im Wilden Westen für Recht und Ordnung. Dabei hätte er keine Chance gegen den Anführer der Outlaws, wenn ihm nicht ein einzelgängerischer Pferdezüchter helfen würde, der sich bei der Verteidigung seiner persönlichen Freiheit nicht auf Gesetzbücher, sondern auf seinen Colt verlässt. Dieser Individualist, der für den Rechtsanwalt den Ehrenkodex bricht, obwohl er sein Rivale ist, zahlt am Ende den Preis für die Zivilisierung.

In „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ erzählen John Ford (Regie), James Warner Bellah und Willis Goldbeck (Drehbuch) nicht nur von der demokratischen Staatsbildung im Wilden Westen und der Bedeutung, die der Bildung in diesem Zusammenhang zukam, sondern auch von Aufrichtigkeit, Idealismus und Zielstrebigkeit. Zugleich stellt „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ einen schwermütigen Abgesang auf die Mythen und Legenden über den Wilden Westen dar.

„Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ gilt längst als Klassiker. Ein origineller Plot, eine vielschichtige Handlung, ein gelungener Aufbau mit einer Rahmenhandlung, ein gut durchdachtes Drehbuch, eine mitreißende Inszenierung und überzeugende Darsteller sorgen dafür, dass der Film fast ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung noch immer sehenswert ist.

Die Kostümbildnerin Edith Head wurde für einen „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2009

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