William Golding : Der Herr der Fliegen

Der Herr der Fliegen
Originalausgabe: Lord of the Flies, London 1954 Der Herr der Fliegen Übersetzung: Hermann Stiehl S. Fischer Verlag, Frankfurt/M 1946 Neuübersetzung: Peter Torberg Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M 2019 ISBN 978-3-596-52214-9
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Während eines Krieges strandet eine Gruppe von Schuljungen nach einem Flugzeugabsturz auf einer paradiesischen Pazifikinsel. Ralph, den sie zu ihrem Anführer wählen, organisiert das Zusammenleben. Aber die Führungsrolle wird ihm von Jack streitig gemacht ...
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Kritik

"Der Herr der Fliegen" ist eine Anti-Utopie, eine pessimistische Robinsonade, in der William Golding auf erschütternde Weise zeigt, dass das Böse schon in den Kindern angelegt ist.
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Während eines – möglicherweise mit atomaren Waffen ausgetragenen – Krieges soll eine Gruppe sechs- bis zwölfjähriger englischer Schuljungen in Sicherheit gebracht werden. Aber sie stranden nach einem Flugzeugabsturz auf einer Pazifikinsel. Keine der erwachsenen Begleitpersonen hat überlebt. Zunächst vertrauen die Kinder darauf, dass sie gerettet werden. Die paradiesische Insel ist zwar augenscheinlich unbewohnt, aber die Jungen finden Trinkwasser, essbare Früchte und Wildschweine auf der Insel und beginnen, ihr Zusammenleben und eine Arbeitsteilung zu organisieren.

Der zwölfjährige, muskulöse und gewandte Ralph befreundet sich mit einem gleichaltrigen Asthmatiker, den alle „Piggy“ nennen, weil er korpulent, unsportlich und tollpatschig ist. Als die beiden ein Muschelhorn finden und Ralph darauf bläst, versammeln sich die Jungen und wählen ihn zu ihrem Anführer. Ralph sorgt dafür, dass die Insel weiter erkundet wird und lässt Hütten errichten. Indem sie Piggys Brille wie ein Brennglas benützen, gelingt es den Jungen, ein Signalfeuer auf der höchsten Erhebung der Insel zu entfachen, und Ralph richtet einen Wachdienst ein, dessen Aufgabe es ist, das Feuer am Brennen zu halten.

Allmählich entwickeln sich Aggressionen unter den Jungen, und es bilden sich verschiedene Gruppen, die sich immer stärker voneinander abgrenzen. Der rothaarige Jack Merridew, der frühere Leiter der Chorgruppe, rivalisiert mit Ralph.

Gerade als am Horizont ein Schiff auftaucht, erlischt das Feuer. Statt aufzupassen, erlegte die eingeteilte Wache mit Jack das erste Wildschwein. Ungeachtet des verhängnisvollen Fehlers versucht Jack, mit dem Braten weitere Anhänger zu gewinnen. Während Ralph glaubt, es sei das Wichtigste, ein eventuell passierendes Schiff durch das Signalfeuer aufmerksam zu machen, geht Jack mit seiner Meute lieber auf die Jagd. Die beiden Parteien geraten in einen Kampf auf Leben und Tod. Die Jäger töten Ralphs Anhänger Piggy und Simon. Sie laufen nackt herum und bemalen sich wie wilde Krieger. Respekt haben sie nur vor einem mysteriösen Wesen, dem sie sogar Opfer bringen.

Endlich werden die Jungen von einem britischen Kriegsschiff gefunden und an Bord genommen.

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„Homo homini lupus est“ (Der Mensch ist des Menschen Wolf), behauptete der englische Philosoph Thomas Hobbes (1588 – 1679). „Der Herr der Fliegen“ ist eine Anti-Utopie, eine pessimistische Robinsonade, in der William Golding auf erschütternde Weise zeigt, dass nicht einmal Kinder unschuldig sind: Das Böse ist in jedem von uns als destruktive Kraft angelegt. Diese barbarischen Kinder sind keine Monster, sondern ganz „normale“ Schuljungen, die in einer Ausnahmesituation alle Hemmungen vergessen. Mit seinem erschreckenden Roman „Der Herr der Fliegen“ hält William Golding uns und unserer Gesellschaft den Spiegel vor.

Als „Herr der Fliegen“ wurde Beelzebub verspottet. Das war ursprünglich der Gott Baal Sebul der phönikischen Stadt Ekron. Daraus wurde im Alten Testament ein Dämon und im Neuen Testament der Teufel.

„Der Herr der Fliegen“ gilt als wichtigstes Werk der englischen Schriftstellers William Golding (1911 – 1993). Damit begründete er seinen internationalen Ruf. 1983 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.

Julian Barnes weist in seinem Roman „Flauberts Papagei“ auf einen Fehler hin, der William Golding in „Der Herr der Fliegen“ unterlief. Die Jugendlichen verwenden Piggys Brille, um die Sonnenstrahlen zu bündeln und ein Signalfeuer zu entfachen. Piggy ist jedoch kurzsichtig, trägt also eine konkave Brille mit negativen Dioptrien, und solche Linsen eignen sich nicht als Brennglas.

„Der Herr der Fliegen“ wurde 1963 von Peter Brook und 1990 von Harry Hook verfilmt.

Der Herr der Fliegen (1963) – Originaltitel: Lord of the Flies – Regie: Peter Brook – Drehbuch: Peter Brook, nach dem Roman „Der Herr der Fliegen“ von William Golding – Kamera: Gerald Feil und Tom Hollyman – Schnitt: Peter Brook, Gerald Feil und Jean-Claude Lubtchanesky – Musik: Raymond Leppard – Darsteller: James Aubrey, Tom Chapin, Hugh Edwards, Roger Elwin, Tom Gaman u.a. – 90 Minuten

Der Herr der Fliegen (1990) – Originaltitel: Lord of the Flies – Regie: Harry Hook – Drehbuch: Sara Schiff, nach dem Roman „Der Herr der Fliegen“ von William Golding – Kamera: Martin Fuhrer – Schnitt: Harry Hook – Musik: Philippe Sarde – Darsteller: Balthazar Getty, Chris Furrh, Danuel Pipoly, James Badge Dale, Andrew Taft, Edward Taft, Gary Rule u.a. – 90 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.