Pina Bausch


Philippina („Pina“) Bausch wurde am 27. Juli 1940 in Solingen geboren. Ihre Eltern August und Anita Bausch führten dort eine Gaststätte. Nachdem Pina bereits als Kind Ballettunterricht erhalten hatte, studierte sie von 1955 bis 1958 bei dem Choreografen Kurt Jooss (1901 – 1979) an der Folkwangschule für Musik, Tanz und Sprechen in Essen (heute: Folkwang Universität der Künste) Bühnentanz und Tanzpädagogik. Mit einem Stipendium des DAAD konnte Pina Bausch ihr Studium 1959 an der Juilliard School in New York fortsetzen. Danach sammelte sie Erfahrungen als Mitglied der Paul Sanasardo-Donya Feuer Dance Company in New York. 1961 wurde sie als Mitglied des „New American Ballet“ von der Metropolitan Opera in New York engagiert.

Im Jahr darauf holte Kurt Jooss sie als Solistin des Folkwang-Balletts nach Deutschland zurück. Sie trat regelmäßig bei den Schwetzinger Festspielen auf, 1968 auch bei den Salzburger Festspielen. Nachdem Pina Bausch bereits erste Choreografien selbst erarbeitet hatte, übernahm sie 1969 von Kurt Jooss die künstlerische Leitung der Tanzabteilung an der Folkwang Hochschule in Essen.

Als Gastlehrerin unterrichtete sie ab 1972 in Modern Dance. 1973 wechselte sie auf Einladung des Schauspielintendanten Arno Wüstenhöfer als Ballettdirektorin und Chefchoreografin zum neu gegründeten Tanztheater Wuppertal, das schließlich in Tanztheater Pina Bausch umbenannt wurde.

Anfangs ließ Pina Bausch sich vom Modern Dance inspirieren. Aber mit einem Brecht-Weill-Abend unter dem Titel „Die sieben Todsünden“ brach sie 1976 mit den bisher bekannten Tanzformen und probierte völlig neue aus. Pina Bausch verband den Bühnentanz mit Gesang und Artistik, Pantomime und Schauspiel zu einer neuen Kunstgattung. Dabei achtete sie nicht auf eine herkömmliche Handlungsentwicklung, sondern montierte aus einzelnen Szenen eine revueartige Collage. „Es ging und geht mir immer nur darum: Wie kann ich ausdrücken, was ich fühle?“, erklärte sie. Und: „Mich interessiert nicht so sehr, wie sich Menschen bewegen, als was sie bewegt.“ Dementsprechend hielt sie sich mit Anweisungen zurück und stellte den Tänzerinnen und Tänzern stattdessen bei der Erarbeitung eines neuen Stückes Fragen. Weil Pina Bausch ihre Werke nie für vollendet hielt, besuchte sie jede Aufführung und besprach sie danach mit dem Ensemble, um Verbesserungsmöglichkeiten zu finden. Obwohl es Pina Bausch nicht um Provokation ging, fühlten sich Traditionalisten durch die Neuerungen herausgefordert und buhten sie im Theater aus. Andererseits wuchs die Schar ihrer Bewunderer.

1981 wurde Pina Bausch erstmals zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Von 1983 bis 1989 leitete sie parallel zu ihren anderen Aktivitäten wieder die Tanzabteilung an der Folkwang Hochschule in Essen.

Aus Anlass des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des Wuppertaler Tanztheaters organisierte Pina Bausch im Oktober 1998 mit über vierhundert Tänzerinnen und Tänzern aus einunddreißig Ländern eine mehrtägige Retrospektive ihrer erfolgreichsten Stücke. Zum dreißigjährigen Jubiläum führte sie auch Stücke von Akram Khan, Sidi Larbi Cherkaoui, De Keersmaeker, Anne Teresa und Sasha Waltz auf.

Jedes Jahr gastierte das Tanztheater Pina Bausch mit dem international zusammengesetzten Ensemble zwei bis drei Monate lang im Ausland.

Rolf Borzik (1944 – 1980), der an der Folkwang Universität der Künste Grafik und Design studiert hatte und ab 1973 die Kostüme und Bühnenbilder für das Wuppertaler Tanztheater entwarf, war bis zu seinem Tod auch Pina Bauschs Lebensgefährte. 1981 gebar sie einen Sohn (Rolf-Salomon Borzik). Dessen Vater ist vermutlich der chilenische Dichter und Literaturprofessor Ronald Kay, mit dem Pina Bausch bis zu ihrem Tod zusammenlebte.

Mit Pina Bausch starb am 30. Juni 2009 in Wuppertal eine der bedeutendsten Choreografinnen der Gegenwart.

Schon am Ende der siebziger Jahre stand der Name Pina Bausch für ein Theater der befreiten Körper und des befreiten Geistes, für ein Tanztheater der Humanität, das auf der Suche war nach Liebe, Zärtlichkeit und Vertrauen zwischen den Partnern – und nach einer tänzerischen Sprache, die in der Lage sein würde, jene Kommunikation zwischen den Menschen zu ermöglichen, zu denen die bekannten Sprachen nicht mehr fähig waren. (Jochen Schmidt: Pina Bausch ist tot. Der einzige deutsche Weltstar in den darstellenden Künsten, tanznetz.de, 1. Juli 2009)

2009 wurde die Pina Bausch Stiftung in Wuppertal gegründet, im Jahr darauf die Pina-Bausch-Gesellschaft in Solingen.

Wim Wenders drehte unter dem Titel „Pina“ eine Hommage an Pina Bausch und ihr Tanztheater.

Literatur über Pina Bausch (Auswahl)

  • Leonetta Bentivoglio: Pina Bausch oder Die Kunst, über Nelken zu tanzen
    (Suhrkamp, 2007)
  • Guy Delahaye: Pina Bausch (Wachter, 2007)
  • Jo Ann Endicott: Ich bin eine anständige Frau! (Suhrkamp, 1999)
  • Jo Ann Endicott: Warten auf Pina. Aufzeichnungen einer Tänzerin (Henschel, 2009)
  • Ciane Fernandes: Pina Bausch and the Wuppertal Dance Theater. The Aesthetics of Repetition and Transformation (Lang, 2002)
  • Raimund Hoghe: Pina Bausch. Tanztheatergeschichten
    (Fotos von Ulli Weiss, Suhrkamp, 1986)
  • Ursula Kaufmann: Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal
    (Müller und Busmann, 2002)
  • Ursula Kaufmann: Pina Bausch. Tanztheater Wuppertal. Fotokunst-Kalender 2012 (DuMont, 2011)
  • Leonore Mau: Ensemble. Pina Bausch, das Tanztheater Wuppertal. Portraits (Diá, 1988)
  • Meike Nordmeyer und Oliver Weckbrodt (Hg.): Pina Bausch. Ein Fest
    (Fotografien von Jochen Viehoff, Müller und Busmann, 2000)
  • Jochen Schmidt: Pina Bausch.“Tanzen gegen die Angst“ (Ullstein, 2002)
  • Rika Schulze-Reuber: Das Tanztheater Pina Bausch. Spiegel der Gesellschaft
    (Fotografien von Jochen Viehoff, R. G. Fischer, 2005)
  • Norbert Servos: Pina Bausch. Tanztheater (Kieser, 2003)
  • Walter Vogel: Pina (Quadriga, 2001)

© Dieter Wunderlich 2011

Wim Wenders: Pina

Anton Tschechow - Die Dame mit dem Hündchen
Gesellschaftliche Konventionen werden in "Die Dame mit dem Hündchen" als verlogene Fassaden angeprangert. Sie machen die Menschen unglücklich. Wahre Gefühle gibt es nur, wo kein Zwang besteht.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.