Howard Hughes


Howard Hughes wurde am 24. Dezember 1905, einem Sonntag, in Houston, Texas, als Sohn eines reichen Harvard-Absolventen und Werkzeugfabrikanten geboren. Zum sechsten Geburtstag erhielt der Junge von seinem Vater eine Werkstatt eingerichtet. Dort verbrachte er nun jede freie Minute – und darunter litten auch seine schulischen Leistungen. Howard besuchte ein halbes Dutzend verschiedener Schulen und Internate, aber einen Highschool-Abschluss schaffte er nicht. Trotzdem erreichte sein Vater nach dem Umzug mit der Familie nach Los Angeles im Jahr 1921, dass sein Sohn am California Institute of Technology Mathematik und Ingenieurswissenschaften belegen konnte.

Als Howard Hughes achtzehn war, starben innerhalb weniger Monate seine beiden Eltern. Die Erbschaft machte ihn zum Multimillionär und Unternehmer. Ihm gehörte nun die Mehrheit an der profitablen Ölbohrgesellschaft „Hughes Tools“. Die Firmenleitung überließ er erfahrenen Männern – aus vernünftigen Überlegungen, aber auch, weil er anderes vorhatte und sich keine finanziellen Sorgen mehr zu machen brauchte:

Der Achtzehnjährige versuchte sich als Filmregisseur und drehte in Hollywood den Fliegerfilm „Hell’s Angels“, mit dem er Jean Harlow (1911 – 1937) zum Weltstar machte. Unzufrieden mit den Zwischenergebnissen, bestand Howard Hughes zur Verzweiflung der Mitwirkenden auf zahlreichen Wiederholungen. Und weil gerade der Tonfilm aufkam, ließ er den eigentlich fertigen Stummfilm am Ende noch für die neue Technik umarbeiten. Insgesamt hatte er fast zweihundertfünfzig Mal mehr Filmmaterial, als die Kinobesucher von „Hell’s Angels“ schließlich mit dreijähriger Verspätung zu sehen bekamen. Mit Kosten in Höhe von 3,8 Millionen Dollar war „Hell’s Angels“ der bis dahin teuerste Film aller Zeiten. Während der Dreharbeiten hatte man Howard Hughes belächelt. Als „Hell’s Angels“ ein großer Erfolg wurde, änderte sich das. Allerdings blieb der linkische Exzentriker, der aus Angst vor einer Ansteckung niemandem die Hand gab, in Hollywood und anderswo stets ein Außenseiter.

Hells Angel’s (1930) – Regie: Howard Hughes – Drehbuch: Harry Behn und Howard Estabrook, nach einer Story von Joseph Moncure March und Marshall Neilan – Kamera: Antonio Gaudio und Harry Perry – Schnitt: Douglass Biggs, Frank Lawrence und Perry Hollingsworth – Musik: Hugo Riesenfeld (und aus der Sinfonie Nr. 6 von Peter Tschaikowskij) – Darsteller: Ben Lyon, James Hall, Jean Harlow, John Darrow, Lucien Prival, Frank Clarke, Roy Wilson, Douglas Gilmore, Jane Winton, Evelyn Hall u. a.

Nach „Hell’s Angels“ drehte bzw. produzierte Howard Hughes zwar noch weitere Filme („The Front Page“, 1931; „Scarface“, 1932), brachte 1943 mit „The Outlaw“ Jane Russell als Sexbombe heraus und machte durch Affären mit den Filmdiven Katharine Hepburn, Faith Domergue, Bette Davis, Olivia de Havilland und Ava Gardner Schlagzeilen, aber sein Hauptaugenmerk galt bald einer weiteren Leidenschaft: dem Fliegen. In den Dreißigerjahren kaufte er die Fluglinie TWA, um die Monopolstellung von PanAm zu brechen. Damit machte er sich den Pan-Am-Gründer Juan Trippe zum Feind, was nicht ungefährlich war, weil dieser über ausgezeichnete Beziehungen zu einflussreichen Politikern verfügte.

Mit einem der Flugzeuge, die er zusammen mit dem Techniker Glenn Odekirk konstruierte, umrundete Howard Hughes 1938 die Erde. Am 7. Juli 1946 stürzte er bei einem Testflug über Beverly Hills ab und überlebte nur mit viel Glück.

Unterstützt von dem Industriellen Henry Kaiser, hatte Howard Hughes den US-Kongress in Washington, D. C., 1942 davon überzeugen können, 18 Millionen Dollar für die Konstruktion eines Flugbootes zu bewilligen, das sich als Truppentransporter eignen sollte. Allerdings musste er dabei ohne kriegswichtige Materialen wie Stahl und Aluminium auskommen. Er entschied sich für Holz. Deshalb ging die „Hercules“ als „Spruce Goose“ (Fichtengans) in die Geschichte ein.

Nach dem Krieg interessierte sich niemand mehr für einen neuen Truppentransporter. Howard Hughes, der zunehmend unter Phobien und Zwangsneurosen litt, sperrte sich ein Jahr lang im Privatkino seiner Villa ein und verwahrloste. Man beschuldigte ihn, Kriegsgewinnler zu sein, Steuergelder verschwendet und Politiker bestochen zu haben. Da raffte sich Howard Hughes noch einmal auf, stellte sich 1947 einem Untersuchungsausschuss des Senats in Washington und rechtfertigte sich.

Obwohl es keinen Bedarf mehr für die „Spruce Goose“ gab, wollte Howard Hughes beweisen, dass die Konstruktion keine verrückte Idee war. Im Oktober 1947 war der Prototyp endlich fertig.

750 Soldaten hätten in der 8-Propeller-Maschine Platz gehabt, und die Reichweite wurde mit 5000 Kilometern angegeben. Die Spitzen der Tragflächen, in denen man aufrecht stehen konnte, waren 97 Meter voneinander entfernt. (Zum Vergleich: Der am 18. Januar 2005 in Toulouse enthüllte Airbus A380 für 500 bis 800 Passagiere hat eine Spannweite von 80 Metern.) Bei einem Test am 2. November 1947 in Long Beach saß Howard Hughes persönlich im Cockpit des gigantischen Holzflugzeugs. Die Zuschauer erwarteten, dass er den Propellerantrieb durch eine Wasserfahrt ausprobieren wollte, aber zu ihrer Verblüffung hob Howard Hughes mit der „Spruce Goose“ ab und flog in 25 Metern Höhe zwei Kilometer weit.

Am 12. Januar 1957 vermählte sich Howard Hughes mit der Schauspielerin Jean Peters (1926 – 2000), aber auch diese, seine zweite Ehe scheiterte. (Von 1925 bis 1929 war er mit Ella Rice verheiratet gewesen.) Das Paar trennte sich bald wieder, und 1971 reichte Jean Peters die Scheidung ein.

Inzwischen hatte sich Howard Hughes völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Wie ein Phantom versteckte er sich in Hotelzimmern; er wurde von ein paar Mormonen betreut, verwahrloste zunehmend und soll morphiumsüchtig geworden sein. Diesen Umstand glaubte der Schriftsteller Clifford Irving sich zunutze machen zu können. In der (falschen) Erwartung, der schrullige Milliardär werde nicht darauf reagieren, verkaufte er dem Verlag McGraw-Hill gefälschte Memoiren von Howard Hughes. (Er schrieb darüber später das Buch „Der Fälscher“, das von Lasse Hallström verfilmt wurde: „Der große Bluff“.)

Die letzten zehn Jahre seines Lebens hauste Howard Hughes in einem von ihm nach einem Streit mit dem Besitzer aufgekauften Hotel in Las Vegas („Desert Inn“), bis er am Abend des 5. April 1976 in einem Flugzeug auf dem Weg von den Bahamas zum „The Methodist Hospital“ in Houston starb.

Den Prototyp der „Spruce Goose“ hatte Howard Hughes in einem verschlossenen Hangar abgestellt. Das kostete ihn Millionen. Nach seinem Tod sollte das Flugboot in Einzelteile zerlegt und von verschiedenen Museen erworben werden, aber der südkalifornische Aero Club bewahrte die „Spruce Goose“ mit finanzieller Unterstützung der Wrather Corporation davor. Ab 1983 konnte man das einmalige Flugzeug in einer eigens gebauten Halle im Hafen von Long Beach besichtigen. Seit 2001 steht die „Spruce Goose“ im Evergreen Aviation Museum von McMinnville, Oregon.

Es gibt mehrere Spielfilme über Howard Hughes:

The Amazing Howard Hughes – Regie: William A. Graham – Drehbuch: John Gay, nach der Biografie „Howard: The Amazing Mr Hughes“ von Noah Dietrich und Bob Thomas – Kamera: Jules Brenner, Michael D. Margulies – Schnitt: Aaron Stell – Musik: Laurence Rosenthal – Darsteller: Tommy Lee Jones, Ed Flanders, James Hampton, Tovah Feldshuh, Lee Purcell, Jim Antonio, Sorrell Booke, Marty Brill, Marla Carlis, Lee de Broux u. a. – 1977; 215 Minuten (DVD: 125 Minuten)

Melvin and Howard – Regie: Jonathan Demme – Drehbuch: Bo Goldman – Kamera: Tak Fujimoto – Schnitt: Craig McKay – Musik: Bruce Langhorne – Darsteller: Jason Robards, Paul Le Mat, Elizabeth Cheshire, Mary Steenburgen, Chip Taylor, Melvin E. Dummar, Michael J. Pollard, Denise Galik u. a. – 1980; 95 Minuten

Unter dem Titel „The Aviator“ verfilmte Martin Scorsese Howard Hughes‘ Leben in der Zeit von 1927 bis 1947. In Interviews sagten der Regisseur Martin Scorsese und der Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio über Howard Hughes:

Ich mochte seinen Charakter. Er war ein Visionär. Ich kannte den alten Mann, diesen verkommenen, zurückgezogen lebenden Verrückten […] Dann sah ich den jungen Mann, attraktiv, ein ewiges Kind und kindisch zugleich, und diese Sexualität … Sein Film „Hell’s Angels“ ist ein Meisterwerk […] Und dieser schöne junge Mann, der von Flugzeugen und vom Filmen träumt, trägt den Keim der Selbstzerstörung in sich. (Martin Scorsese, Süddeutsche Zeitung, 17. Januar 2005)

Man sagte ihm, er könne keine Filme drehen, also produzierte er die teuersten Filme seiner Zeit und schlief mit jeder berühmten Frau Hollywoods. Man sagte ihm, er könne keine Flugzeuge bauen, also entwarf er die schnellsten Flugzeuge seiner Zeit und revolutionierte die Luftfahrt. (Leonardo DiCaprio, SZ-Magazin, 7. Januar 2005)

© Dieter Wunderlich 2005 / 2008

Der Traum vom Fliegen

Martin Scorsese: Aviator

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Marie Schleef inszeniert die aus der Perspektive der Protagonistin erzählte Kurzgeschichte "Die Möglichkeit des Bösen" von Shirley Jackson und betont dabei die Rosensymbolik. Gesprochen wird nur ein einziger Satz: "Die Menschen sind böse und verkommen und müssen im Auge behalten werden." Diesen "Live-Stummfilm" zeigt Marie Schleef wie in Zeitlupe.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.