Roter Drache
Roter Drache
Inhaltsangabe
Kritik
Baltimore, Maryland, 1980. Der kultivierte Psychiater Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) lädt nach einem Konzertbesuch zu einer Soirée, bei der er seinen arglosen Gästen eine aus der Leber eines Flötisten (Tim Wheater) zubereitete Pastete vorsetzt, dessen unzureichende Musikalität ihn geärgert hatte.
Der FBI-Profiler Will Graham (Edward Norton) ließ sich bei der Fahndung nach einem kannibalistischen Serienmörder mehrmals von dem intelligenten Psychiater beraten – ohne zu ahnen, dass die Bestie vor ihm stand. Als er ihn durchschaut, sticht Hannibal Lecter auf ihn ein und verletzt ihn schwer, aber der Polizist kann den Serienmörder noch niederschießen. Und aufgrund seiner Aussagen wird Hannibal Lecter zu lebenslanger Haft verurteilt.
Nachdem Graham sich von seinen körperlichen Verletzungen erholt hat, muss er sich noch längere Zeit einer psychiatrischen Behandlung unterziehen, um nicht verrückt zu werden. Außerdem quittiert er seinen Dienst beim FBI und zieht mit seiner Familie nach Florida.
Während Hannibal Lecter unter strengen Sicherheitsauflagen in einer Einzelzelle im Chesapeake State Hospital für geistesgestörte Straftäter eingesperrt ist, bringt ein anderer Serienmörder in zwei aufeinander folgenden Vollmondnächten in Atlanta, Georgia, und Birmingham, Alabama, die Familien Jacobi und Leeds auf grausame Weise in ihren Häusern um. Aufgrund der Bisswunden, die er den beiden getöteten Frauen zufügte, kommt der Spitzname „Zahnfee“ für ihn auf. Jack Crawford (Harvey Keitel), der die Ermittlungen leitet, befürchtet, dass der Killer bei Vollmond erneut zuschlägt. Um ihn bis dahin aufzuspüren und die nächste Mordtat zu verhindern, wendet Crawford sich an Will Graham. Zögernd sagt der traumatisierte Profiler zu.
Graham besucht zunächst Hannibal Lecter im Sicherheitstrakt des Chesapeake State Hospital. Lecter hat in der Zeitung von den Bluttaten gelesen und ahnt sofort, dass der Besucher seine Meinung dazu hören möchte. Die Begegnung wühlt bei Graham die Erinnerungen an die vergangenen Erlebnisse auf und setzt ihm schwer zu.
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Bei dem Mörder der Familien Jacobi und Leeds handelt es sich um den Fotolaboranten Francis Dolarhyde (Ralph Fiennes), einen Schizophrenen, der sich von William Blakes Gemälde „Roter Drache“ inspiriert fühlt. Da Hannibal Lecter sein Idol ist, nimmt er konspirativ Kontakt mit ihm auf – und erhält von dem Häftling über eine codierte Kontaktanzeige Grahams Adresse in Florida mit der Aufforderung: „Töte sie alle!“ Als die Spezialistischen des FBI das herausfinden, bringt Graham seine Frau Molly (Mary-Louise Parker) und seinen kleinen Sohn George zu Crawfords Bruder.
Hannibal Lecter macht sich einen sadonischen Spaß daraus, seinen innerlich zerrissenen Fan und den labilen, besessenen Profiler gegeneinander zu hetzen und zu beobachten, ob Graham durch die intensive Empathie mit dem Serienmörder endgültig dem Wahnsinn verfällt.
Um den unbekannten Serienmörder zu provozieren, behaupten Crawford und Graham gegenüber dem Sensationsreporter Freddy Lounds (Philip Seymour Hoffman), bei ihm handele es sich um einen hässlichen, von Hannibal Lecter verabscheuten Geisteskranken. Nach der Veröffentlichung des Artikels bringt Dolarhyde den Autor in seine Gewalt, demütigt ihn, zwingt ihn zu einer Bandaufnahme, mit der er seine Darstellung widerruft und lässt am Ende Lounds‘ brennend in einen Rollstuhl gefesselte Leiche eine abschüssige Straße zum Zeitungsgebäude hinunterrollen.
Dolarhyde, der unter einer Lippenspalte leidet und es hasst, sein Gesicht im Spiegel zu sehen, verliebt sich in seine blinde Kollegin Reba McClane (Emily Watson). Der Psychopath fühlt sich hin- und hergerissen zwischen den beiden Seiten seiner Person: Einerseits möchte er der sanften, liebevollen Frau nicht wehtun, andererseits verlangt das Böse in ihm, sie zu ermorden. Als sie wieder einmal bei ihm ist, kippt er mehrere Kanister Benzin in seinem Haus aus und will Reba erschießen. Doch er bringt es nicht fertig. Nachdem Reba einen Schuss gehört hat und annimmt, ihr geistesgestörter Freund habe sich selbst getötet, gelingt es ihr trotz ihrer Blindheit, aus dem brennenden Haus zu entkommen.
Bei der gerichtsmedizinischen Untersuchung der in dem niedergebrannten Haus gefundenen Leiche stellt sich heraus, dass es nicht die von Dolarhyde ist, sondern die des Kollegen Ralph Mandy (Frank Whaley), der Reba den Hof machte.
Graham, der noch annimmt, dass Dolarhyde verbrannt ist, wundert sich in seinem Haus in Florida, wo sein Sohn George ist. Als er nachsieht, stellt er fest, dass alle Spiegel zertrümmert sind, wie es in den Häusern der ermordeten Familien Jacobi und Leeds der Fall war. Plötzlich steht er vor Dolarhyde, der seinen Sohn mit einer Waffe bedroht. Graham provoziert den Psychopathen so lange, bis dieser das Kind wegstößt und sich wütend auf ihn stürzt. Es kommt zu einem Schusswechsel, bei dem sowohl Graham als auch Dolarhyde getroffen werden. Bevor der Serienmörder sich noch einmal aufrichten kann, hebt Molly die Pistole ihres Mannes auf und erschießt ihn.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Mit dem Thriller „Roter Drache“ („Red Dragon“, 1981) eröffnete Thomas Harris (*1940) seine schaurige Trilogie über Dr. Hannibal Lecter, die er mit „Das Schweigen der Lämmer“ („The Silence of the Lambs“, 1988) fortsetzte und mit „Hannibal“ („Hannibal“, 1999) abschloss. „Roter Drache“ spielt etwa fünf Jahre vor „Das Schweigen der Lämmer“, „Hannibal“ sieben Jahre danach. Alle drei Romane wurden verfilmt: „Roter Drache“ 1986 von Michael Mann und 2002 von Brett Ratner, „Das Schweigen der Lämmer“ 1991 von Jonathan Demme („Das Schweigen der Lämmer“) und „Hannibal“ 2001 von Ridley Scott.
2006 reichte Thomas Harris die Vorgeschichte der Trilogie nach: „Hannibal Rising“ und schrieb parallel dazu das Drehbuch für die Verfilmung durch Peter Webber [mehr dazu].
In „Roter Drache“ geht es vor allem um die erschreckenden psychischen Parallelen zwischen den beiden bestialischen Serienmördern auf der einen und dem raubtierhaften Sonderermittler Will Graham auf der anderen Seite. Wir erleben, wie der besessene Profiler durch die Fähigkeit, sich in die Gedankenwelt der psychopathischen Gewaltverbrecher einzufühlen, beinahe selbst zugrundegeht. Ted Tally (Drehbuch) und Brett Ratner (Regie) haben allerdings den Akzent auf die ambivalente Beziehung des mitleidlosen Serienmörders Francis Dolarhyde zu der liebenswürdigen Blinden Reba McClane verlagert. Während Dr. Hannibal Lecter im Buch (und in Michael Manns Verfilmung) nur kurz vorkommt, wurde seine Rolle in der neuen Adaptation deutlich aufgewertet. Anders als Michael Mann hielten Ted Tally und Brett Ratner sich auch beim Ende an die literarische Vorlage.
Stimmen die beiden Filmversionen inhaltlich noch weitgehend überein, unterscheiden sie sich stilistisch sehr, denn Brett Ratner orientierte sich dabei unverkennbar an „Das Schweigen der Lämmer“ von Jonathan Demme, was umso überraschender ist, als Dante Spinotti sowohl in „Blutmond“ von Michael Mann als auch in „Roter Drache“ von Brett Ratner für die Kamera verantwortlich war.
Unter den Schauspielern sind Emily Watson und Ralph Fiennes hervorzuheben. Das Psychoduell zwischen Hannibal Lecter und dem FBI-Sonderermittler sorgt auch in „Roter Drache“ für subtile Spannung, aber zwischen Edward Norton und Anthony Hopkins knistert es weniger heftig als zwischen Jodie Foster und Anthony Hopkins in „Das Schweigen der Lämmer“, wobei man fairerweise zugeben muss, dass es weniger an den Schauspielern, als an den Rollen liegt.
Außer der Filmmusik von Danny Elfman sind in „Roter Drache“ zu hören:
- Felix Mendelssohn-Bartholdy: Scherzo aus „Ein Mitsommernachtstraum“, op.61
- Barney Bigard: „Ready Eddy“
- Barney Bigard und Billy Strayhorn: „Lament for Javanette“
- Jack alias Richard Newlon: „Oriental Blues“
- Billy Strayhorn: „Passion Flower“
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005/2007
Thomas Harris: Roter Drache
Thomas Harris: Das Schweigen der Lämmer
Thomas Harris: Hannibal
Michael Mann: Blutmond / Roter Drache
Jonathan Demme: Das Schweigen der Lämmer
Ridley Scott: Hannibal
Brett Ratner: After the Sunset