Jan Costin Wagner : Tage des letzten Schnees

Tage des letzten Schnees
Tage des letzten Schnees Originalausgabe: Verlag Galiani, Berlin 2014 ISBN: 978-3-86971-017-4, 315 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Ein verheirateter finnischer Investment­banker verliebt sich in eine osteuropäische Prostituierte und kauft für sie eine Zweitwohnung in Helsinki. Außerdem gibt er ihr viel Geld für ihre angeblich kranke Mutter. Als er herausfindet, dass sie ihn belogen hat und heimlich in einem Bordell arbeitet, rastet er aus. Auf einer Bank im Park nahe der Wohnung werden kurz darauf die Leichen einer Frau und eines Mannes ohne Papiere gefunden. Und fast zur gleichen Zeit stirbt ein Kind, als der Wagen des Vaters von der Straße abgedrängt wird ...
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Kritik

Mehr als Verbrechen oder Ermitt­lun­gen interessiert Jan Costin Wagner das Verhalten von Menschen in Extrem­situationen. Er verknüpft in dem Roman "Tage des letzten Schnees" fünf parallel erzählte Geschichten so geschickt, dass ein Rädchen ins andere greift.
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Markus Sedin

Die angeschlagene belgische Investment-Bank De Vries stimmt nach letzten Verhandlungen in Ostende einer Fusion mit der erfolgreichen finnischen Norda-Bank zu. Aus Helsinki sind Bankdirektor Bergenheim, Markus Sedin, der 42-jährige Head of Investmentbanking, und Jarkko Falk, der 28 Jahre alte Leiter der Asienabteilung, nach Ostende gereist.

Markus Sedin hat das Management des OptiRent-Fonds von seiner Ehefrau Taina übernommen, die vor einem Jahr von Bergenheim entlassen worden war. Ihr Alkoholproblem hat sich seither verschlimmert. Taina und Markus haben einen sechs Jahre alten Sohn namens Ville und leben in Helsinki.

Nach dem Vertragsabschluss lernt Markus Sedin in einer Nachtbar in Ostende eine der Animierdamen kennen: Réka ist 19 Jahre alt und stammt aus Krisztina, einem Dorf an der ungarisch-rumänischen Grenze. Markus nimmt sie mit in sein Hotelzimmer – und verliebt sich in sie.

Zwei Wochen später täuscht er seiner Frau eine weitere Geschäftsreise vor und besucht Réka in Krisztina. In der Hütte, in der sie aufwuchs, stellt sie ihm ihre Mutter und ihre arbeitslosen Brüder vor. Ihre vier Schwestern leben in der Schweiz, in Deutschland und in Belgien. Unmittelbar nach seiner Rückkehr kauft Markus eine Wohnung für seine Geliebte und schickt ihr ein Flugticket. Réka nimmt das Angebot an und bezieht die schöne neue Wohnung im Stadtteil Vuosaari. Kurz darauf behauptet sie, ihre Mutter sei schwer erkrankt, könne sich jedoch keine ärztliche Behandlung leisten. Markus schickt Geld nach Krisztina, bezahlt für die angeblich erforderliche Operation und auch für einen kurz danach laut Réka erforderlichen zweiten Eingriff.

Um endlich wieder einmal einen Abend mit seiner Frau zu Hause verbringen zu können, bleibt Markus in Einvernehmen mit seinem Chef einem Essen mit japanischen Geschäftspartnern fern. Bergenheim ruft dann allerdings an und erzählt, sie seien auf Wunsch der Gäste zu einem Sauna-Klub in Salo gefahren und da habe er das Mädchen wiedergesehen, mit dem Markus vor ein paar Wochen in Ostende den Abend verbracht hatte. Die lebe jetzt offenbar in Finnland. Im Bett sei sie gut gewesen, sagt er und weist Markus darauf hin, dass man sie jederzeit „buchen“ könne. Markus erklärt seiner Frau daraufhin, Bergenheim habe angerufen und ihn gebeten, sich doch noch an dem Treffen mit den Japanern zu beteiligen. Er telefoniert mit Réka. Sie behauptet, zu Hause zu sein. Aber Markus fährt zu dem Bordell in Salo bei Turku und lässt sich dort die Prostituierten vorstellen. Réka ist eine von ihnen. Sie nennt sich hier Dragana. Das Geld, das er ihr gab, habe für den Unterhalt der Familie nicht gereicht, behauptet sie. Markus rastet aus:

„Das reicht nicht, wenn ich dir eine Dreizimmerwohnng kaufe für einhundertfünfzigtausend Euro. Ach so. Die siebentausend Euro für deine kranke Mutter. Reicht nicht. Die fünftausend fürs Dach eurer Dreckshütte. Reicht nicht. Die wöchentlichen Zahlungen. Reicht nicht.“

Offenbar suchte Réka sich ein Bordell in 100 Kilometer Entfernung von Helsinki, um das Risiko einer zufälligen Begegnung mit Markus in dem Etablissement zu minimieren. Ein Freund fahre sie, gesteht sie. Völlig außer sich macht Markus sich auf den Rückweg nach Helsinki.

Die Dunkelheit schien immer dichter zu werden, aber im Wagen war es warm. Er fand eine lange, schmale Straße, die immer geradeaus zu führen schien, das gefiel ihm. Er hatte das Gefühl, sehr langsam zu fahren, obwohl der Tachometer 220 km/h anzeigte, und den Wagen, der neben ihm von der Straße abkam, sah er kaum.
Er hörte etwas, das wie ein Schlag klang, eine Art Aufprall, und wunderte sich darüber, dass er noch immer fuhr, dass der Wagen weiterhin über diese Straße glitt, demnach hatte er kein Schaf überfahren, noch nicht. Er beschleunigte weiter. In einiger Entfernung, unter dem Mond, stand ein riesiges Raumschiff.
Irgendwann endete die Straße. Endete einfach am Beginn eines Waldes. Er stieg aus und stand gegen den Wagen gelehnt. […] Das Raumschiff […] war kein Raumschiff, sondern eine Sporthalle, eine Eishalle.

Nachdem Markus eine Weile herumgewandert ist, setzt er seinen Weg nach Helsinki fort, aber statt nach Hause, fährt er zu der Wohnung, die er für seine Geliebte gekauft hat.

Lasse Ekholm

Lasse Ekholm, der Leiter eines Architekturbüros in Turku, holt seine elfjährige Tochter Anna vom Eishockey-Training ab. Eigentlich möchte sie noch zu ihrer Freundin Laura, aber Lasse verwehrt ihr den Wunsch und fordert sie auf, sich ins Auto zu setzen. Unterwegs wird er plötzlich von einem grellen, wie ein Blitz aufflammenden Licht von hinten geblendet, und im nächsten Augenblick prallt der Wagen gegen einen Baum. Lasse kommt mit gebrochenen Rippen und anderen Verletzungen davon, aber Anna, die nicht angeschnallt war, überlebt den Unfall nicht. Als ihre Mutter Kirsti die Nachricht erhält, will sie es erst einmal nicht wahrhaben, dass ihre Tochter tot ist.

Von dem Unfallverursacher fehlt jede Spur. Zwei Zeuginnen sagen aus, dass er mit hoher Geschwindigkeit unterwegs war und Lasse Ekholms Wagen von der Straße abdrängte. Weil sich die Fahrzeuge nicht berührten, wird es schwer sein, den Flüchtigen zu ermitteln.

Kimmo Joentaa von der Polizei in Turku leitet die Ermittlungen. Er kennt Lasse Ekholm, denn seine vor einiger Zeit an Krebs gestorbene Ehefrau Sanna hatte in dessen Architekturbüro gearbeitet. Kimmo kann sich vorstellen, was die Eltern des tödlich verunglückten Mädchens durchmachen. Er selbst ist auch noch längst nicht über den Verlust seiner Frau hinweggekommen, obwohl er sich inzwischen neu verliebt hat – zu seinem Kummer in eine Prostituierte, die er nur unter dem Namen „Larissa“ kennt und die ihm ihren richtigen Namen nicht nennen will. Sie lässt sich auch auf keine geregelte Beziehung ein, sondern Kimmo muss warten, bis Larissa wieder bei ihm auftaucht, und das geschieht nur sporadisch.

Weil Kirsti nicht dazu fähig ist, sich um die Beerdigung ihrer Tochter zu kümmern, verlässt Lasse gegen den Rat der Ärzte vorübergehend das Krankenhaus in Turku, um mit dem Bestattungsunternehmen und einer Geistlichen das Nötige zu besprechen. Dass Kirsti auch nicht an der Beisetzung teilnimmt, stößt bei ihren Eltern Eevert und Hanne auf Unverständnis.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Markus Sedin

Réka sitzt auf dem Sofa, als Markus Sedin in die Wohnung kommt. Sie ist ebenso tot wie der Mann, der vor ihr auf dem Fußboden liegt.

Er ging in die Küche und öffnete den Kühlschrank. Ein Rest des Weins war noch da, den er mit Réka getrunken hatte, am Abend zuvor. Er nahm die Flasche und ein Glas, ging durch das Wohnzimmer, an den Leichen vorbei, und öffnete die Tür zum Balkon.

Ohne lange nachzudenken, holt Markus die Plane aus dem Kofferraum, die er gekauft hat, um den Pool abzudecken. Er bringt zuerst Rékas Leiche und dann die des Fremden im Aufzug hinunter und schleift sie zu einer 30 Meter entfernten Bank im Park. Dort setzt er Réka hin und legt den Mann vor sie auf den Boden. Es schneit, und die Schleifspuren werden bald nicht mehr zu erkennen sein. Möglicherweise hat ihn jemand beobachtet, aber das ist ihm gleichgültig. Immerhin säubert er die Wohnung, bevor er sie verlässt, und kurz darauf ersetzt er die Überzüge der Sitzgruppe durch neu gekaufte.

Marko Westerberg, der Leiter des Dezernats für Gewaltverbrechen in Helsinki, findet rasch heraus, dass der Fundort der beiden Toten im Park nicht dem Tatort entspricht. Sie wurden post mortem hingeschafft. Keiner von ihnen hat ein Handy oder einen Ausweis bei sich. Immerhin findet die Polizei eine Karte der „Villa Bella“ in Salo mit dem Foto einer Nackten, deren Aussehen darauf schließen lässt, dass es sich um die jetzt tote Frau handelt. Marko Westerberg befragt Michael Lindblad, den Besitzer der Villa Bella. Der versichert, dass die Prostituierten alle auf eigene Rechnungen arbeiten und die Räume nur mieten. Die abgebildete Frau benutzte den Namen Dragana, und ihr ebenfalls osteuropäischer Zuhälter nannte sich Radu.

Marko Westerberg und einer seiner Mitarbeiter schauen sich einige der Wohnungen in Helsinki-Vuosaari an, darunter auch eine, deren Besitzer Markus Sedin heißt. Sie steht zum Verkauf, und die Einrichtung sieht unbenutzt aus. Den Kommissaren fällt weder hier noch in anderen Wohnungen etwas Verdächtiges auf.

Faserspuren an den Leichen lassen darauf schließen, dass sie mit einer Plane, wie sie für Schwimmbadabdeckungen benutzt wird, in den Park geschleift wurden.

Marko Westerberg und Kimmo Joentaa essen gerade in der Polizeikantine in Helsinki, als eine Frau auftaucht, die sich als Leana Nagy vorstellt und ihren Begleiter als ihren ältesten Sohn Darian. Sie ist die Mutter von Réka Nagy, und weil sie von ihrer Tochter seit einiger Zeit nichts mehr gehört hat, befürchtet sie, dass Réka etwas zugestoßen ist. Die Polizei zieht den Dolmetscher Tommy Kramsu hinzu. Leana Nagys Angaben zufolge war Réka mit einem Landsmann namens Victor Dinu zusammen. Aber sie hatte auch einen Finnen zum Freund, der sie im April in Krisztina besuchte. Von ihm kennt Leana Nagy allerdings nur den Vornamen: Markus. Sie meint, er sei in gehobener Stellung bei einer finnischen Bank beschäftigt und habe ihre Tochter im Frühjahr in Belgien kennengelernt.

Ein Mitarbeiter Westerbergs erinnert sich, dass die Norda-Bank im Frühjahr in Ostende die Fusion mit der Investment-Bank De Vries bekannt gab. Im Internet findet er unter den Führungskräften der Bank einen Markus Sedin – dem eine der Wohnungen in Vuosaari gehörte, 30 Meter Luftlinie vom Fundort der beiden Leichen entfernt.

Markus Sedin wird festgenommen. Kriminaltechnische Untersuchungen beweisen, dass Réka Nagy und Victor Dinu in seiner Zweitwohnung in Vuosaari erschossen wurden. Die an den Leichen sichergestellten Fasern passen zu der Abdeckung seines Pools. Und er hat mehrmals Geld nach Krisztina geschickt. Die Tatwaffe bleibt unauffindbar, und der Mordverdächtigte schweigt, als er mit den Ermittlungsergebnissen konfrontiert wird.

Lasse Ekholm

Im Sommer begleitet Kirsti Ekholm ihren Mann endlich wieder einmal zu einer Einladung bei Freunden. Sie gibt sich locker, aber Lasse weiß, welche Anstrengung sie das kostet. Bei der Rückfahrt im Auto bricht sie zusammen und weint. Lasse erträgt das nicht länger. Plötzlich lenkt er den Wagen nach links und kracht in ein entgegenkommendes Fahrzeug.

Kirsti überlebt die Karambolage nahezu unverletzt, Lasse kommt im Krankenhaus wieder zu sich. Der junge Fahrer des anderen Autos und seine ein paar Jahre ältere Beifahrerin sind tot. Im Kofferraum des Wracks stößt die Polizei auf Schusswaffen und 300 Patronen. Paavo Sundström, der Leiter des Morddezernats in Turku, findet durch Chats und Postings im Internet heraus, dass der jetzt Tote ein Massaker beim Jugendfestival in der „Muminwelt“ plante.

Unto und Mari Beck

Die 26-jährige Prostituierte Mari Beck macht sich Sorgen, weil ihr sieben Jahre jüngerer Bruder Unto unter dem Pseudonym „friend-of-fire-1000“ im Internet Gewaltfantasien nachhängt und Anders Behring Breivik ebenso wie die Amokläufer an der Columbine Highschool als Idole verehrt. Ebenfalls unter einem Avatar-Namen chattet sie mit ihm, um mehr über seine Absichten zu erfahren. Einmal wird es ihm zu viel, und er beschimpft sie:

Und DU musst nicht denken, du kleine SCHLAMPE mit den Katzenaugen, du Psychotante mit der Nickelbrille, musst dir keine GEDANKEN machen um mich, weil du die Erste sein wirst, der ich eine GRANATE ins Maul stopfe, und wenn es so weit ist, wirst du dir WÜNSCHEN, dass du rechtzeitig verstanden hättest, worum es hier geht, nämlich darum, dass man mich RESPEKTIERT und dass ich tun und lassen kann, was ICH WILL.

Bei einer anderen Gelegenheit behauptet er, als Kind beobachtet zu haben, wie der Vater die ältere Schwester vergewaltigte. Gleich darauf tut er das als missglückten Witz ab, aber Mari weiß, dass er die Wahrheit gesagt hat.

Unto plant, auf dem diesjährigen Kinderfest im Themenpark „Muminwelt“ auf der Insel Kailo ein Massaker anzurichten.

Als seine Schwester Mari ihm anvertraut, dass sie schwanger ist, fällt ihm die „Symmetrie“ auf: Sie wird ein Kind bekommen, er wird Kinder töten.

Er beginnt, nach Anleitungen im Internet Rohrbomben zu basteln. Die versteckt er dann im Wald auf der Insel. Außerdem besorgt er sich ein schwarzes Kostüm, Waffen und Munition.

Gerade als er mit dem Auto los will, steht überraschend seine Schwester vor der Tür. Ihr Kind kam ein paar Wochen zu früh auf die Welt und liegt nun in einem Inkubator. Er weiß nicht, dass sie das Krankenhaus eigens verlassen hat, weil sie befürchtet, dass er Schlimmes vorhat. Notgedrungen erklärt Unto sich bereit, einen Umweg zu fahren und Mari in die Stadt zu bringen. Bevor er geht, hinterlässt er noch einen letzten Eintrag für die Nachwelt im Internet.

Jarkko Falk

Jarkko Falk, der 28-jährige Leiter der Asienabteilung der Norda-Bank in Helsinki verliebt sich auf den ersten Blick in die junge Animierdame, die sein Chef Markus Sedin nach den Fusionsverhandlungen mit De Vries mit aufs Hotelzimmer nimmt. Als er eine Woche später erneut mit Bergenheim nach Ostende kommt, spricht er sie an und schläft mit ihr. Zwei Wochen danach hat er noch einmal in Belgien zu tun, aber Réka ist nicht da, und am Telefon behauptet sie, zu ihrer kranken Mutter nach Hause gefahren zu sein. Jarkko schickt ihr Geld für die medizinische Behandlung.

Als Bergenheim japanische Geschäftspartner nach einer Besprechung in Helsinki in ein Bordell in Salo einlädt, sieht Jarkko Réka wieder. Offenbar log sie ihn an: Sie hält sich nicht in Ungarn auf, sondern geht ihrem Gewerbe in Finnland nach. Bevor sie ihn entdeckt, verlässt Jarkko die Villa Bella und wartet in einem Taxi, bis sie mit einem Fremden herauskommt und wegfährt. Er folgt den beiden nach Vuosaari. Dort hört Jarkko das Mädchen mit dem Unbekannten auf einem Balkon. Nachdem er mit dem Aufzug nach oben gefahren ist, klingelt er an der Tür. Als Réka öffnet und ihn stehen sieht, erstirbt ihr Lachen. Sie wundert sich darüber, wie er herausfand, wo sie wohnt. Es kommt zum Streit. Ohne nachzudenken, greift Jarkko nach der auf dem Tisch liegenden Pistole. Noch nie hat er geschossen. Aber es ist ganz einfach. Réka ist sofort tot. Jarkko registriert, dass der Mann, dessen Waffe er in der Hand hält, das Gesicht verzerrt und unter Atembeschwerden zu leiden scheint. Dann tötet er auch ihn.

Einige Wochen später fliegt Jarkko nach Brüssel und fährt von dort mit dem Zug nach Ostende. Die Tatwaffe hat er bei sich. Damit erschießt er sich in einem Café an der Strandpromenade.

Kimmo Joentaa und Marko Westerberg kommen Jarkko Falk auf die Spur, als sie von einer entsprechenden Firma Auskunft über Bargeldtransfers an Leana Nagy verlangen. Wenn sich bei der kriminaltechnischen Untersuchung herausstellt, dass es sich bei der Waffe, die er für seinen Suizid benutzte, um die Pistole handelt, mit der auch Réka Nagy und Victor Dinu in Helsinki erschossen wurden, braucht Markus Sedin nicht länger mit einer Mordanklage zu rechnen. Die anderen Straftaten wiegen nicht ganz so schwer.

Kimmo Joentaa

Zwei Polizisten klingeln bei Kimmo Joentaa und fragen, ob Mari Beck hier wohne. Er sagt nein und erklärt, er habe den Namen noch nie gehört. Eine Frau dieses Namens gab jedoch im Krankenhaus in Turku diese Adresse als die ihre an. Inzwischen kam sie bei einem Verkehrsunfall zusammen mit ihrem jüngeren Bruder ums Leben. Auf diese Weise erfährt Kimmo Joentaa, dass „Larissa“ in Wirklichkeit Mari Beck hieß und eine von ihm gezeugte Tochter geboren hat, der sie den Namen Sanna gab.

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In „Tage des letzten Schnees“ begegnen wir dem von Jan Costin Wagner erfundenen finnischen Kommissar Kimmo Joentaa zum fünften Mal. Vorausgegangen waren die Romane „Eismond“ (2003), „Das Schweigen“ (2007), „Im Winter der Löwen“ (2009), „Das Licht in einem dunklen Haus“ (2011).

Jan Costin Wagner tangiert in „Tage des letzten Schnees“ Themen wie Zwangsprostitution; auch das Einkommensgefälle zwischen West- und Osteuropa spielt eine Rolle. Aber Gesellschaftskritik ist nicht das Hauptanliegen des Romans.

Sechs Menschen kommen in „Tage des letzten Schnees“ gewaltsam ums Leben. Mehr als Verbrechen oder polizeiliche Ermittlungen interessiert Jan Costin Wagner jedoch, wie Menschen – die sich übrigens alle auf verschiedene Weise einsam fühlen – in Extremsituationen reagieren. Und bei der Darstellung dieses Verhaltens beweist er ein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen, das „Tage des letzten Schnees“ aus der Menge der Kriminalromane weit heraushebt.

In „Tage des letzten Schnees“ erzählt Jan Costin Wagner fünf Geschichten, die er unaufgeregt und parallel entwickelt. Beim Wechsel zwischen den Handlungs­strängen springt er auch zeitlich ein wenig vor und zurück. Die meisten Kapitel sind mit Zeitangaben überschrieben, aber für zwei der Geschichten hat Jan Costin Wagner andere Überschriften gewählt: „In einer anderen Zeit, an einem anderen Ort“ lautet die eine, „In einer Geschichte, die nicht erzählt wird“ die andere. Die Handlungselemente sind so geschickt verzahnt, dass am Ende nicht nur alles lückenlos zusammenpasst, sondern auch ein nahtlos verknüpftes Beziehungsnetz entstanden ist. Dieses intelligente Spiel des Autors (von dem die Inhaltsangabe nur einen groben Überblick liefern kann) Schritt für Schritt zu durchschauen, macht einen Großteil des besonderen Lesevergnügens aus.

Den brillanten Roman „Tage des letzten Schnees“ von Jan Costin Wagner gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Matthias Brandt (Regie: Harald Krewer, Berlin 2014, 400 Minuten, ISBN 978-3-8398-1269-3).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014
Textauszüge: © Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln

Jan Costin Wagner: Das Schweigen (Verfilmung)
Jan Costin Wagner: Das Licht in einem dunklen Haus
Jan Costin Wagner: Sonnenspiegelung

Hape Kerkeling - Ich bin dann mal weg
"Ich bin dann mal weg" ist eine Mischung aus Tagebuch und Reisebericht. Hape Kerkeling schreibt humorvoll und unterhaltsam, selbstironisch, mitunter nachdenklich, erwähnt auch Zweifel, psychische und physische Schwierigkeiten. Die gewonnenen Einsichten sind allerdings nicht besonders tiefschürfend.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.