Spanische Armada
Nachdem Engländer, die im Hafen von San Juan de Ulúa im Golf von Mexiko Schiffe reparierten, 1568 von einer spanischen Flotte überfallen worden waren, vermied Königin Elisabeth I. zwar einen Krieg gegen Spanien, befürwortete es jedoch stillschweigend, wenn englische Seeräuber spanische Handelsschiffe aufbrachten und plünderten.
1577 bis 1580 umsegelte der englische Freibeuter Francis Drake (1540 – 1596) die Welt und wurde dafür von der Königin am 4. April 1581 zum Ritter geschlagen. Das verstand König Philipp II. (1527 – 1598) von Spanien als Affront.
Als sich Philipps Vater, Kaiser Karl V. (1500 – 1558), 1556 ins Kloster San Jerónimo de Yuste zurückgezogen hatte, war die Herrschaft aufgeteilt worden. Karls Bruder Ferdinand (1503 – 1564) hatte die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation übernommen. Ferdinands Neffe Philipp II.
war König von Spanien geworden und hatte die Niederlande, die Freigrafschaft Burgund, das Königreich beider Sizilien, das Königreich Sardinien, das Herzogtum Mailand und die Kolonien der Neuen Welt geerbt. Der Witwer der 1558 an Krebs verstorbenen englischen Königin Maria I. Tudor („Bloody Mary“, 1516 – 1558), der ihre Halbschwester Elisabeth Anfang 1559 auf den Thron gefolgt war, suchte nach einem Vorwand, um als Vorkämpfer der Katholiken gegen England und seine anglikanische Schwägerin Krieg führen zu können. (Seinen Heiratsantrag hatte Elisabeth I. abgelehnt.)
Der englische Polizeiminister Francis Walsingham (1532 – 1590) verdächtigte die im Schloss Bolton in Yorkshire festgesetzte entmachtete schottische Königin Maria Stuart, mit den Spaniern zu konspirieren, und Philipp II. unterstellte er, Elisabeth stürzen und Maria Stuart auf den englischen Thron heben zu wollen. Im Sommer 1586 deckte Walsingham einen geplanten Mordanschlag gegen Elisabeth I. auf, zu dem Agents provocateurs den Katholiken Anthony Babington, einen Anhänger Maria Stuarts, gedrängt hatten (Babington-Verschwörung). Ab Anfang 1587 bespitzelte ein Geheimagent Walsinghams den spanischen Großadmiral Alvaro de Bazán, Marqués Santa Cruz (1526 – 1588). Auf Walsinghams Drängen hin unterzeichnete die zaudernde englische Königin das Todesurteil gegen Maria Stuart, das am 8. Februar 1587 vollstreckt wurde.
Die Enthauptung Maria Stuarts lieferte Philipp II. die Rechtfertigung für die längst angestrebte Invasion Englands, zumal Papst Sixtus V. die anglikanische Königin ein zweites Mal bannte und die englische Krone Philipp II. zusprach.
Francis Drake gelang es zwar im April 1587, durch einen Überraschungsangriff auf achtzig spanische Kriegsschiffe im Hafen von Cádiz das Auslaufen der spanischen Armada zu verzögern, und am 9. Februar 1588 starb Alvaro de Bazán, aber Ende Mai 1588 stachen 130 spanische Galeonen und andere Kriegs- bzw. Versorgungsschiffe unter dem Kommando von Alonso Pérez de Guzmán el Bueno y Zúñiga, des Herzogs von Medina Sidonia (1550 – 1615), von Lissabon aus in See. An Bord der mit mehr als 2600 ausgerüsteten spanischen „Armada Invencible“ („Grande y Felicísima Armada“) befanden sich 27 000 Soldaten. Ihr Ziel war es, eine von Alexander Farnese, dem Herzog von Parma (1545 – 1592), geführte Invasionsarmee aus den spanischen Niederlanden zur englischen Küste zu bringen.
Am 21. Juli (nach dem in England noch gültigen julianischen Kalender) bzw. 31. Juli 1588 (nach dem in Spanien bereits eingeführten gregorianischen Kalender) kam es im Kanal zur Seeschlacht. Die aus 140 Schiffen mit über 15 000 Mann Besatzung bestehende englische Kriegsflotte stand unter dem Kommando des Admirals Charles Howard, Earl of Nottingham (1536 –1624). Ihm standen erfahrene Seeleute wie Sir Francis Drake, Martin Frobisher (um 1535 – 1594), Richard Grenville (1542 – 1591) und John Hawkins (1543 – 1595) zur Seite. Sie vermieden einen Nah- bzw. Enterkampf, weil sie wussten, dass sie den Angreifern dabei hoffnungslos unterlegen gewesen wären.
Während der Herzog von Parma im Hafen von Den Haag mit dreißigtausend Männern auf seinen Einsatz wartete, setzten die Engländer acht eigene Schiffe in Brand und ließen sie vom Wind gegen die im Hafen von Calais ankernde spanische Armada treiben. Unter den Besatzungen brach Panik aus. Im Morgengrauen des 29. Juli bzw. 8. August kam es zur Seeschlacht von Gravelines, die zwar ohne klaren Sieg endete, aber die Invasion vereitelte.
Um einer weiteren Seeschlacht auszuweichen, umsegelte die spanische Armada auf dem Rückweg England und Schottland. Die Engländer brachen die Verfolgung zwar am Firth of Forth ab, aber in heftigen Stürmen gingen zahlreiche weitere Schiffe der Armada verloren. Die Spanier verloren im Juli und August 1588 vierundsechzig Schiffe und 12 000 bis 15 000 Soldaten.
Ein englischer Angriff gegen die spanische Armada scheiterte 1589 ebenso wie der Versuch, die Spanier aus Portugal zu vertreiben.
Endgültig vernichtet wurde die spanische Armada am 25. April 1607 durch einen Überraschungsangriff unter dem Kommando des Niederländers Jacob van Heemskerk (1567 – 1607) in der Bucht von Gibraltar.
© Dieter Wunderlich 2010
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