Darwinismus

Die Unveränderlichkeit der Arten war zwar bereits 1809 von Jean-Baptiste de Monet Chevalier de Lamarck (1744 – 1829) angezweifelt worden, aber nach wie vor hielt die vorherrschende Meinung an dem Paradigma der biblischen Schöpfungsgeschichte fest. Deshalb rief Charles Darwin (1809 – 1882) einen Sturm der Entrüstung hervor, als er 1859 – aufgeschreckt durch eine konkurrierende Veröffentlichung seines Landsmanns Alfred Russel Wallace (1823 – 1913; „On the Tendency of Varieties to Depart Indefinitely from the Original Type“, 1858) – seine Theorie über die Entstehung der Arten publizierte: „Über die Entstehung der Arten“ („On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life“).

Arten entwickeln sich laut Charles Darwin nicht nach einem vorgegebenen Plan, sondern zufällige Mutationen sorgen dafür, dass neue Varianten auftreten, und die ihrer Umwelt am besten angepassten Individuen vermehren sich am wahrscheinlichsten (Selektion, Prinzip der natürlichen Auslese). An eine Teleologie im Sinne einer Höherentwicklung glaubte Charles Darwin nicht. Die erste Auflage seines Buches (1200 Exemplare) war am Abend des Erscheinungstages vergriffen. Darwin zögerte, aber Ernst Haeckel baute 1874 auch den Menschen in die Abstammungslehre (Deszendenztheorie) mit ein.

Die Vorstellung, der nach dem Ebenbild Gottes erschaffene Mensch stamme in Wirklichkeit vom Affen ab – so die überspitzte Formulierung der Kritiker des Darwinismus –, beunruhigte vor allem die römisch-katholische Kirche. Erst unter dem Druck weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Evolution und die Kosmologie (Stichwort: Urknall) verkündete die Kirche, die Aussagen in der Bibel seien nicht wortwörtlich, sondern gleichnishaft zu verstehen. In diesem Sinne habe Gott allerdings nicht nur die Erde, sondern das gesamte Universum erschaffen.

Die Bezeichnung Darwinismus geht auf Alfred Russel Wallace zurück. Weil später aufgrund neuer Erkenntnisse über die Vorgänge der Vererbung Ergänzungen erforderlich wurden, führte der Biologe August Weismann (1834 – 1914) den Begriff „Neodarwinismus“ ein. Der aus Kempten stammende amerikanische Biologe Ernst Mayr (1904 – 2005) entwickelte den Neodarwinismus durch die Einbeziehung der modernen Genetik weiter zur „Synthetischen Theorie der Evolution„. Den Versuch, Darwins Theorie über Mutation und Selektion („survival of the fittest“) auf den „Daseinskampf“ in der menschlichen Gesellschaft (Wirtschaftsordnung) anzuwenden, bezeichnet man als Sozialdarwinismus.

Literatur über den Darwinismus

  • Charles Darwin: Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl
    (1859; Übersetzung: Carl W. Neumann, Nikol Verlagsgesellschaft, 2004)
  • Charles Darwin: „Nichts ist beständiger als der Wandel“. Briefe (hg.: Frederick Burkhadt; Übersetzung: Ursula Gräfe; Frankfurt/M 2008)
  • Richard Dawkins: Geschichten vom Ursprung des Lebens. Eine Zeitreise auf Darwins Spuren (Übersetzung: Sebastian Vogel; Berlin 2008)
  • John Dupré: Darwins Vermächtnis. Die Bedeutung der Evolution für die Gegenwart des Menschen (Übersetzung: Eva Gilmer; Frankfurt/M 2009)
  • Eve-Marie Engels (Hg.): Charles Darwin und seine Wirkung (Frankfurt/M 2009)
  • Matthias Glaubrecht: Der lange Atem der Schöpfung. Was Darwin gern gewusst hätte (Hamburg 1995)
  • Matthias Glaubrecht: Am Ende des Archipels. Alfred Russel Wallace (Berlin 2013)
  • Steve Jones: Darwins Garten. Leben und Entdeckungen des Naturforschers Charles Darwin und die moderne Biologie (Übersetzung: Michael Bayer, Anne Emmert, Hans Freundl, München 2009)
  • Philip Kitcher: Mit Darwin leben. Evolution, Intelligent Design und die Zukunft des Glaubens (Übersetzung: Michael Bischoff; Frankfurt/M 2009)
  • Wolfgang Lefèvre: Die Entstehung der biologischen Evolutionstheorie (Frankfurt/M 2009)
  • Jacques Monod: Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie (Übersetzung: Friedrich Griese, München 1971)
  • Hoimar von Ditfurth: Der Geist fiel nicht vom Himmel.
    Die Evolution unseres Bewusstseins (Hamburg 1976)
  • Andreas Krafczyk: Naturphilosophische Erwägungen im Vorfeld einer theoretischen Anthropologie. Kritische Einschätzung der Tragfähigkeit und Konsequenzen neodarwinistischer Erklärungsmuster zur Evolution unter besonderer Berücksichtigung der Thesen Bruno Vollmerts (Würzburg 2002)
  • Volker Mosbrugger (Hg.): Darwin für Kinder und Erwachsene. Die ungeheure Verschiedenartigkeit der Pflanzen und Tiere (Frankfurt/M 2008)
  • David Quammen: Charles Darwin. Der große Froscher und seine Theorie der Evolution (München 2009)
  • Philipp Sarasin: Darwin und Foucault. Genealogie und Geschichte im Zeitalter der Biologie (Frankfurt/M 2009)
  • Thomas P. Weber: Darwinismus (Frankfurt/M 2002)
  • Phillip E. Johnson: Darwin im Kreuzverhör (Bielefeldt 2003)
Volker Klüpfel, Michael Kobr - Rauhnacht
In "Rauhnacht" haben Volker Klüpfel und Michael Kobr mehr auf Klamauk als auf die Aufklärung eines Kriminalfalls gesetzt. Das ist unterhaltsam, aber nicht besonders anspruchsvoll.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.