Die Entführung der "Achille Lauro"


Die „Achille Lauro“, ein am 1. Juli 1946 vom Stapel gelaufenes, 192 Meter langes Schiff der italienischen Lauro-Linie, wurde am 7. Oktober 1985 während einer zwölftägigen Mittelmeerkreuzfahrt zwischen Alexandria und Port Said von vier Palästinensern, die sich bereits an Bord befanden, in ihre Gewalt gebracht.

Weil ein Teil der 680 Kreuzfahrt-Passagiere auf dem Land von Alexandria nach Port Said unterwegs war, um die Sehenswürdigkeiten zu besichten, wusste man zunächst nicht, wieviele Menschen zum Zeitpunkt der Entführung an Bord der „Achille Lauro“ waren.

Bei den Terroristen handelte es sich um Mitglieder der Palästinensischen Befreiungsfront (PLF). Sie wollten fünfzig in Israel inhaftierte Palästinser und den in Frankreich festgenommenen deutschen PLF-Offizier Odfried Hepp (Kampfname: Omar Saad Tariq, * 1958) freipressen. Der Kapitän musste Kurs auf den syrischen Hafen Tartus nehmen. Um zu demonstrieren, wie ernst sie es meinten, töteten die Terroristen am zweiten Tag der Entführung den seit einem Schlaganfall gelähmten jüdischen Touristen Leon Klinghoffer (1916 – 1985) aus New York durch einen Kopfschuss und zwangen dann einen Kellner und einen Friseur dazu, die Leiche samt dem Rollstuhl über Bord zu werfen. Marilyn Klinghoffer, die mit auf dem Schiff war – das Ehepaar hatte mit der Kreuzfahrt den 36. Hochzeitstag feiern wollen –, glaubte zunächst, ihr Mann sei in der Sanitätsstation des Schiffes. Erst am nächsten Tag erfuhr sie von seiner Ermordung ihres Mannes. (Sie erlag vier Monate später einem Krebsleiden.)

Nachdem sowohl Syrien als auch Zypern die „Achille Lauro“ abgewiesen hatten, lief das Schiff am 9. Oktober in Port Said ein. Der PLO-Vorsitzende Jassir Arafat (1929 – 2004) schickte Hani el Hassan von der Fatah und den PLF-Gründer Abu Abbas (eigentlich: Muhammad Zaidan, 1948 – 2004) zu Verhandlungen in die ägyptische Hafenstadt.

Während der ägyptische Präsident Muhammad Husni Mubarak den Entführern der „Achille Lauro“ freies Geleit nach Algier zugesichert haben soll, beschloss die US-Regierung, sie nicht entkommen zu lassen. Vier vom Flugzeugträger USS „Saratoga“ aufgestiegene F-14 Tomcat-Jagdflugzeuge fingen die ägyptische Boeing 737 ab, in der die Terroristen mit Abu Abbas saßen und zwangen die Passagiermaschine zur Landung auf dem Luftwaffenstützpunkt Sigonella westlich der sizilianischen Stadt Catania. Dort umstellten Elitesoldaten der US-amerikanischen Delta Force die gelandete Maschine, während sie selbst von Carabinieri und italienischen Soldaten umringt wurden. Nach stundenlangen Auseinandersetzungen überließen die Amerikaner den Italienern die Festnahme der Terroristen.

Inzwischen hatte Ägypten die „Achille Lauro“ in Port Said festgesetzt. Mit diesem Faustfand in der Hand verlangte die Regierung in Kairo die sofortige Herausgabe der Boeing 737. Der italienische Ministerpräsident Bettino Craxi ließ das ägyptische Flugzeug nach Rom weiterfliegen. Ein Kampfflugzeug der US Navy folgte der Passagiermaschine und täuschte auf dem römischen Flughafen Ciampino eine Notlandung vor.

Die USA verdächtigten Abu Abbas als Drahtzieher der Entführung der „Achille Lauro“. Weil er diplomatische Immunität beanspruchte und Jasir Arafat damit drohte, nicht länger für das Schicksal der Menschen an Bord der „Achille Lauro“ garantieren zu können, ließen die Italiener Abu Abbas nach Belgrad ausreisen, statt ihn festzunehmen.

Die vier Entführer der „Achille Lauro“ und sechs weitere Palästinenser mussten sich in Italien vor Gericht verantworten. Magied al-Molqi, der mutmaßliche

Anführer der Terroristen und Mörder von Leon Klinghoffer, wurde zu dreißig Jahren Haft verurteilt. Das Urteil gegen Ibrahim Abdel Atif lautete 24 Jahre Haft. Ahmed Al-Hassani sollte für 15 Jahre ins Gefängnis, entfloh jedoch 1991. Den vierten Entführer sprach das Gericht frei. Einige der sechs Palästinenser, die als Unterstützer der Aktion angeklagt worden waren, erhielten kurze Haftstrafen, anderen konnte nichts nachgewiesen werden. Abu Abbas wurde in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. (Er starb am 8. März 2004 als Kriegsgefangener der USA im Irak.)

Nach übereinstimmenden Äußerungen von Abu Abbas und einigen der Entführern war das Kommando eigentlich auf der „Achille Lauro“ nach Aschdod unterwegs gewesen, um Terroranschläge in Israel durchzuführen. Als jedoch ein Besatzungsmitglied die Waffen entdeckte, brachten die Palästinenser das Schiff in ihre Gewalt.

Philip Roth geht in seinem Roman „Operation Shylock. Ein Bekenntnis“ auf die Entführung der „Achille Lauro“ und die Ermordung von Leon Klinghoffer ein. John Adams (Musik) und Alice Goodman (Libretto) schrieben über die Entführung der „Achille Lauro“ die 1991 im Théatre Royal de la Monnaie in Brüssel uraufgeführte Oper „The Death of Klinghoffer“. Und es gibt zwei Fernsehfilme über die Entführung der „Achille Lauro“.

Originaltitel: The Hijacking of the Achille Lauro / The Death of Klinghoffer – Regie: Robert E. Collins – Drehbuch: Robert E. Collins – Darsteller: Karl Malden, Lee Grant, E. G. Marshall, Vera Miles, Christina Pickles u.a. – 1989

Die Entführung der Achille Lauro – Originaltitel: Voyage of Terror. The Achille Lauro Affair – Regie: Alberto Negrin – Drehbuch: Sergio Donati, Alberto Negrin – Darsteller: Burt Lancaster, Eva Marie Saint, Renzo Montagnani, Joseph Nasser, Rebecca Schaeffer, Brian Bloom, Dominique Sanda, Bernard Fresson, Yossi Ashdot, Jochen Horst, Maurizio Benazzo u.a. – 1990

Während einer Kreuzfahrt im Indischen Ozean brach am 30. November 1994 im Maschinenraum der „Achille Lauro“ ein Feuer aus. Während Passagiere und Besatzungsmitglieder von anderen Schiffen gerettet wurden, gelang es nicht, den Brand unter Kontrolle zu bekommen, und am 2. Dezember sank das Schiff. Drei Menschen kamen beim Untergang der „Achille Lauro“ ums Leben.

© Dieter Wunderlich 2010

Patrick White - Zur Ruhe kam der Baum des Menschen nie
Patrick White macht aus seiner romantischen Abneigung gegen die Urbanisierung kein Hehl und erzählt in dem Pionierroman bzw. in der Familiensaga episch breit und undramatisch vom schlichten Alltag der Siedler, die um die Jahrhundertwende 1900 ein Stück Busch außerhalb von Sydney kultivieren.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.