Besessenheit

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Besessenheit

Besessenheit / Von Liebe besessen - Originaltitel: Ossessione - Regie: Luchino Visconti - Drehbuch: Luchino Visconti, Mario Alicata, Giuseppe de Santis und Gianni Puccini, nach dem Roman "Wenn der Postmann zweimal klingelt" von James M. Cain - Kamera: Aldo Tonti und Domenico Scala - Schnitt: Mario Serandrei - Musik: Giuseppe Rosati - Darsteller: Clara Calamai, Massimo Girotti, Juan de Landa, Elio Marcuzzo, Dhia Cristiani, Vittorio Duse u.a. - 1942; 135 Minuten

Inhaltsangabe

Ein Vagabund und die frustrierte junge Frau eines älteren, dicklichen Wirts verlieben sich leidenschaftlich ineinander. Von ihren Frustrationen, Begierden und Sehnsüchten getrieben, werden sie zu Mördern. Aber die Tat befreit sie nicht, sondern sie kommen nie mehr davon los ...
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Kritik

Die Verfilmung des Romans "The Postman Always Rings Twice" von James M. Cain war Luchino Viscontis Regiedebüt. Als Erster zeigte er statt eines glamourösen Helden Menschen aus der Unterschicht, die sich kaum den Kategorien "gut" und "böse" zuordnen lassen: "Besessenheit".
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An einer abgelegenen Straße unweit der Adriaküste betreibt Giuseppe Bragana (Juan de Landa) eine Gastwirtschaft und eine Tankstelle. Eines Tages klettert der Vagabund Gino Costa (Massimo Girotti) von der Ladefläche eines LKWs, geht wortlos zu Braganas hübscher junger Frau Giovanna (Clara Calamai) in die Küche, setzt sich an den Tisch und verlangt etwas zu essen. Giovanna protestiert zunächst gegen das unverschämte Benehmen Ginos, setzt ihm dann aber etwas vor. Bragana wirft ihn gleich darauf hinaus. Obwohl der Fremde bezahlt hat, behauptet Giovanna, er habe die Zeche geprellt, damit ihr Mann ihm nachläuft. Gino hat Giovanna sein letztes Geld gegeben; er behauptet, Mechaniker zu sein und ist bereit, nach dem kaputten Lastwagen in der Garage und der defekten Wasserpumpe vor dem Haus zu sehen, um seine angeblichen Schulden abzuarbeiten.

Für die Autoreparatur benötige er ein Ersatzteil, lügt Gino. Bragana nimmt das Fahrrad und macht sich auf den Weg zu einer Werkstatt. Währenddessen schraubt Gino den Deckel der Wasserpumpe ab. Als er Giovanna in der Küche singen hört, geht er ins Haus, schließt die Läden der Gastwirtschaft und geht mit ihr ins Bett. Sie hat nur darauf gewartet und erzählt ihm, wie frustriert sie sei, weil sie aus Not den dicken und sehr viel älteren Mann geheiratet habe, vor dem sie sich längst ekele.

An einem der nächsten Tage macht Bragana einen Angelausflug. Gino überredet Giovanna, ihren Mann zu verlassen und mit ihm wegzugehen. Doch auf halber Strecke kehrt sie um. Er dagegen nimmt den Zug nach Ancona. Bei der Kontrolle stellt sich heraus, dass er keine Fahrkarte hat. Ein anderer Fahrgast – ein Vagabund wie Gino – zahlt für ihn. Er nennt sich Spagnolo (Elio Marcuzzo). Als Gino von seiner unglücklichen Liebe erzählt, rät Spagnolo ihm, das nächste Schiff zu nehmen und möglichst weit fort zu reisen. In Ancona geht Gino denn auch zum Hafen, aber er bringt es nicht fertig, sich noch weiter von Giovanna zu entfernen. Spagnolo besorgt sich einen Job als Jahrmarkthausierer, und Gino läuft mit Werbeschildern herum.

Zufällig kommen die Braganas einige Zeit später nach Ancona und stoßen dort auf Gino. Bragana fordert Gino auf, wieder als Mechaniker bei ihm zu arbeiten. Zu dritt brechen sie auf, und Bragana setzt sich ans Steuer, obwohl er zu viel getrunken hat. Unterwegs wird ihm übel, und er setzt sich an den Straßenrand. Giovanna zischt Gino zu: „Jetzt oder nie!“

Am nächsten Morgen fahren Polizisten mit Gino und Giovanna zu der Stelle, an der Bragana angeblich die Kontrolle über den Wagen verlor und über die Böschung hinunter fuhr. Er ist tot. Gino und Giovanna sagen aus, sie hätten gerade noch rechtzeitig aus dem Fahrzeug springen können.

Giovanna besteht darauf, die Gaststätte und die Tankstelle weiter zu betreiben. Gino wohnt bei ihr, sitzt den ganzen Tag herum und beginnt zu trinken. Die Leute tuscheln über das pietätlose Paar, und der Pfarrer versucht, den beiden ins Gewissen zu reden. Gino hält es kaum noch aus im Haus des Ermordeten. Alles erinnert ihn an die Tat. Doch Giovanna weigert sich, die Gaststätte aufzugeben und will sich nicht auf eine unsichere Zukunft einlassen.

Um den Umsatz zu vergrößern, engagiert Giovanna eine Musikkapelle und veranstaltet ein Fest. Da taucht auch Spagnolo auf. Er beabsichtigt, nach Süditalien zu ziehen und fragt Gino, ob er mitkommen wolle. Der will nichts davon hören und schlägt seinen Freund im Jähzorn zu Boden. Schweigend steht Spagnolo auf und geht fort. Später sehen wir ihn auf einer Polizeistation bei dem Kommissar, der nach dem tödlichen Unfall Braganas ermittelte und offenbar noch immer einen Zivilbeamten auf Gino und Giovanna angesetzt hat.

Die beiden fahren nach Ferrara. Während Giovanna zu einer Versicherungsgesellschaft geht, wartet Gino auf einer Anlagenbank auf sie. Die Prostituierte Anita (Dhia Cristiani) setzt sich neben ihn und lässt sich ein Eis spendieren. Als Giovanna zurückkommt und Gino eröffnet, dass ihr Mann eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abgeschlossen hatte, wird er wütend, denn er verdächtigt sie, es von Anfang an nur auf das Geld abgesehen zu haben. Sie geraten in Streit. Gino geht zu dem Haus, in dem Anita ein Zimmer hat. Giovanna folgt ihm heimlich und beobachtet den Eingang von der gegenüberliegenden Bar aus. Als er mit Anita herunterkommt, stellt sie sich Gino in den Weg. Er will nichts von ihr wissen und kehrt mit Anita in deren Zimmer zurück. Nachdem er mit ihr geschlafen hat, erzählt er ihr, wie er Bragana ermordete.

Inzwischen haben zwei Zeugen ausgesagt, dass Gino und Giovanna bereits die Böschung hinaufkletterten, während der Wagen noch hinunterraste. Als Gino aus dem Fenster schaut, sieht er den Zivilbeamten, der ihn seit einem Monat beschattet. Er bittet Anita, den Mann abzulenken, während er zum Bahnhof läuft. Da stehen Polizisten. Bevor sie Gino entdecken, rennt er hinter einem langsam fahrenden LKW her und springt auf die Ladefläche.

Er kehrt zu Giovanna zurück. Sie offenbart ihm, dass sie schwanger ist.

Am anderen Morgen findet sie ihn am Strand. Er hat nachgedacht und weiß jetzt, dass er sie liebt. Aber sie müssen unverzüglich fort von hier, um nicht von der Polizei aufgegriffen zu werden. Sie fahren los. Tatsächlich folgt ihnen die Polizei mit nur wenigen Minuten Abstand. Plötzlich greift Giovanna ans Steuer. Gino verliert die Kontrolle über das Fahrzeug. Sie rasen die Böschung hinunter ins Wasser. Giovanna ist tot. Gino trägt ihre Leiche zur Straße hinauf und wird von der inzwischen eingetroffenen Polizei festgenommen.

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Die Verfilmung des 1934 veröffentlichten Romans „The Postman Always Rings Twice“ von James M. Cain (1892 – 1977) unter dem Titel „Ossessione“ war Luchino Viscontis Regiedebüt. Als Erster zeigte er statt eines glamourösen Helden Menschen aus der Unterschicht, die – von ihren Frustrationen, Begierden und Sehnsüchten getrieben – einen Mord begehen. Visconti gilt damit als Wegbereiter des Neorealismus.

Unmittelbar nach der Uraufführung am 17. Mai 1943 wurde „Besessenheit“ von der italienischen Zensurbehörde verboten. Das Originalfilmmaterial verschwand auf unerklärliche Weise.

1985 ließ das ZDF den Klassiker neu synchronisieren, mit Angela Schmid (Giovanna), Heiner Lauterbach (Gino), Günter Strack (Bragana), Horst Sachtleben (Spagnolo), Manuela Renard (Anita) u. a.

Obwohl „Besessenheit“ inzwischen mehr als sechzig Jahre alt ist und die Schwarzweiß-Bilder flackern, steht der Film Bob Rafelsons Version („Wenn der Postmann zweimal klingelt“) aus dem Jahr 1980 in keiner Weise nach. Im Gegenteil: Auch wenn die eine oder andere Szene etwas pathetisch wirkt und das Einschneiden von Gesichtern in Großaufnahme unbeholfen aussieht, ist der Klassiker der Hollywood-Adaptation stilistisch überlegen. Meisterhaft ist beispielsweise, wie Luchino Visconti auf die Darstellung der Mordszene verzichtet und sie stattdessen im Kopf des Zuschauers ablaufen lässt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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"Mit Blick aufs Meer" ist kein Roman im eigentlichen Sinn, sondern eine Sammlung von dreizehn Erzählungen bzw. Kurzgeschichten, die Elizabeth Strout aus wechselnden Perspektiven erzählt. Für das Buch bekam sie den Pulitzerpreis.
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