Birth

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Birth – Originaltitel: Birth – Regie: Jonathan Glazer – Drehbuch: Jean-Claude Carrière, Milo Addica, Jonathan Glazer – Kamera: Harris Savides – Schnitt: Sam Sneade, Claus Wehlisch – Musik: Alexandre Desplat – Darsteller: Nicole Kidman, Cameron Bright, Danny Huston, Lauren Bacall, Anne Heche, Alison Elliott, Arliss Howard, Michael Desautels, Peter Stormare, Ted Levine u.a. – 2004; 100 Minuten

Inhaltsangabe

10 Jahre nachdem ihr Ehemann Sean einem Herzinfarkt erlag, verlobt Anna sich mit Joseph. Ein paar Tage später taucht ein zehnjähriger Junge auf, der behauptet, Sean zu heißen und ihr verstorbener Ehemann zu sein. Zuerst hält Anna das Ganze für einen Streich, aber der Junge lässt sich nicht beirren und weiß Dinge über sie, die niemand außer ihrem Ehemann wusste. Allmählich beginnt Anna zu glauben, dass es sich bei dem 10-Jährigen tatsächlich um eine Reinkarnation Seans handelt ...
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Kritik

Auch wenn es lange Zeit so aussieht, als würde Jonathan Glazer eine Gespenstergeschichte erzählen, gibt es für alles in "Birth" eine rationale Erklärung. Ebenso außergewöhnlich wie die schauspielerische Leistung von Nicole Kidman sind das Drehbuch und die Inszenierung.
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Zehn Jahre nachdem ihr Ehemann Sean (Michael Desautels) beim Joggen im Central Park von New York einem Herzinfarkt erlag, lässt Anna (Nicole Kidman) sich endlich auf das Werben des Geschäftsmanns Joseph (Danny Huston) ein und erklärt sich bereit, seine Frau zu werden.

Clara und Clifford (Anne Heche, Peter Stormare) gehören zu den Freunden, die zur Verlobungsfeier in einem Apartmenthaus an der Upper East Side eingeladen wurden. Unter dem Vorwand, die Schleife für das Geschenk vergessen zu haben, bleibt Clara in der Halle des Apartmenthauses zurück. Den zehnjährigen Jungen (Cameron Bright), der dort sitzt, beachtet sie nicht. Er folgt ihr, als sie in den Park läuft und die mitgebrachte Schachtel vergräbt. Dann kauft sie ein neues Geschenk und kehrt zurück.

Ein paar Tage später feiert Annas Mutter Eleanor (Lauren Bacall) Geburtstag. Sie wohnt mit Anna und ihrer hochschwangeren anderen Tochter Laura (Alison Elliott) sowie deren Ehemann Bob (Arliss Howard) in dem Apartmenthaus, in dem auch die Verlobung stattfand. Der Junge taucht wieder auf und gelangt mit dem Ehepaar Drummond (Sheila Smith, Charles Goff) in das Apartment. Die Anwesenden fragen ihn, was er hier suche, aber er will nur mit Anna reden, und zwar unter vier Augen in der Küche. Dort erklärt er ihr, er sei Sean – ihr Ehemann. Anna ist verwirrt, hält das Ganze für einen Streich, und als der Junge sie auffordert, die Hochzeit mit Joseph abzusagen, wirft sie ihn hinaus.

Jimmy (Milo Addica), der Portier des Apartmenthauses, kennt den Jungen und bestätigt, dass er Sean heißt. Weil er Anna nicht in Ruhe lässt, beschweren Joseph und Anna sich schließlich bei seinen Eltern (Cara Seymour, Ted Levine). Sean weigert sich zwar, zu versprechen, dass er Anna nicht mehr belästigen werde, aber die Erwachsenen nehmen an, dass die Angelegenheit erledigt ist, nachdem sie den Jungen ermahnt haben. Im Weggehen dreht Anna sich noch einmal um und sieht, wie Sean vor seinen Eltern ohnmächtig zu Boden sinkt. Sie folgt jedoch Joseph in den Aufzug, denn sie kommen ohnehin bereits zu spät ins Konzert. Dort vermag Anna sich nicht auf die Wagner-Musik zu konzentrieren, denn der Junge geht ihr nicht aus dem Sinn, und ihre Gedanken kreisen um die Frage, ob er Seans Reinkarnation sein könnte.

Sean taucht immer wieder auf und lässt sich nicht beirren. Er bestellt Anna zu dem Tunnel im Central Park, in dem ihr Mann starb. Aufgebracht verlangt Anna, dass er sie nicht länger belästigt. Sean schlägt ihr vor, einen Test zu machen und ihm Fragen aus ihrem Eheleben stellen, die nur ihr Ehemann beantworten kann. Annas Schwager Bob, der früher als Arzt praktizierte, stellt die Fragen und zeichnet das Gespräch auf. Sean weiß tatsächlich auf alles eine Antwort.

Daraufhin vereinbart Anna mit Seans Mutter, dass er die Nacht über bei ihr und ihren Verwandten bleiben darf. Sie werde ihm seine Wahnvorstellungen nehmen, verspricht sie. Am nächsten Morgen bringt sie Sean in die Schule. Bevor sie ihn wieder abholt, sucht sie ihre Freunde Clara und Clifford auf. Sie berichtet ihnen von Sean und bittet Clifford, den Jungen zu überreden, nicht wiederzukommen. Sie sei dabei, sich erneut in Sean zu verlieben, erklärt sie, und das wolle sie nicht. Zehn Jahre nach seinem Tod möchte sie endlich von ihm loskommen.

Weil Anna den Tag mit Sean verbringt, vergisst sie einen mit Joseph vereinbarten Termin zur Besichtigung einer neuen Wohnung. Joseph ärgert sich immer heftiger über den Jungen. Am Abend nimmt Anna ein Bad. Da kommt Sean herein, zieht sich wortlos aus und steigt zu ihr in die Wanne. Was er da mache, fragt sie ihn. „Ich betrachte meine Frau“, antwortet er. Joseph hört die Stimmen aus dem Bad, unternimmt jedoch nichts. Erst als Sean bei der anschließenden Musikprobe für die Hochzeitsfeier mehrmals gegen seinen Stuhl tritt, verliert Joseph die Beherrschung und fällt vor allen Leuten über den Jungen her. Er will ihn verprügeln, wird aber von einigen anwesenden Männern festgehalten. Sean rennt davon. Anna folgt ihm, und Bob sieht, wie sie den Jungen auf der Straße küsst.

Joseph hält es nicht mehr aus: Er packt seine Sachen und verlässt Anna.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Clifford kommt zu Anna. Nachdem er kurz mit Sean geredet hat, versichert er ihr, das sei einfach ein Junge und keine Reinkarnation ihres Mannes. Doch Anna ist inzwischen so sehr dem Wunschtraum verfallen, wieder mit Sean zusammen zu sein, dass sie nicht auf Clifford hört.

Etwas verspätet trifft auch Clara ein. Sie durchsucht Seans Rucksack und zieht einen Packen Briefe heraus. Es sind Liebesbriefe von Anna an ihren Ehemann. Anna ahnt bis heute nicht, dass Sean eine Affäre mit Clara hatte und ihr als Liebesbeweis die ungeöffneten Briefe überließ. Die inzwischen aufgerissenen Kuverts waren in der Schachtel, die Clara als vergiftetes Verlobungsgeschenk bei sich hatte und dann im Park vergrub, weil sie es doch nicht fertigbrachte, Anna über ihren untreuen Ehemann aufzuklären.

Als Sean begreift, dass der Mann, dessen Stelle er einnehmen wollte, Anna betrog, mag er die Rolle nicht weiterspielen, denn er liebt Anna.

Anna sitzt erneut mit ihm in der Badewanne und redet mit ihm. Sie möchte mit ihm durchbrennen und elf Jahre warten, bis er einundzwanzig ist und sie ohne Einverständnis seiner Eltern heiraten kann. Aber Sean erklärt ihr ernst, er sei nicht ihr verstorbener Ehemann. Da wird sich Anna bewusst, dass sie sich von einem Wunschtraum täuschen ließ, und sie sagt: „Ich dachte, du wärst mein toter Mann. Aber du bist nur ein kleiner Junge in meiner Badewanne.“

Sie versöhnt sich mit Joseph. Die Hochzeit findet am Meer statt. Im weißen Kleid geht Anna ins Wasser. Vermutlich will sie sich ertränken [Suizid]. Joseph kommt rechtzeitig hinzu und geht mit ihr ein Stück am Strand spazieren. Ihre Spuren verlieren sich im Sand.

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Ganz zu Beginn hören wir Sean in einer Vorlesung aus dem Off: „Wenn meine Frau stirbt und am nächsten Tag ein kleiner Vogel aufs Fensterbrett fliegt, mir in die Augen schaut und sagt: ‚Sean, ich bin wieder da. Ich bin es: Anna.‘ Ja, was würde ich dann sagen? Ich nehme an, ich würde es glauben oder möchte es glauben. Dann hätte ich eben einen Vogel. Aber ansonsten: Nein. Ich bin ein Mann der Wissenschaft. Ich glaube nicht an diesen Hokuspokus.“

Auch wenn es lange Zeit so aussieht, als würden Jonathan Glazer (Regie, Drehbuch), Jean-Claude Carrière und Milo Addica (Drehbuch) eine esoterische Gespenstergeschichte erzählen, gibt es für alles in „Birth“ eine rationale Erklärung. Der Schlüssel zur Lösung wird schon sehr früh gezeigt – aber das durchschauen wir erst sehr viel später.

Die Demontage des romantischen Trugbilds gipfelt schließlich in einer Schlusswendung, die alle phantastischen Erklärungsversuche verwirft und das Rätsel um den vermeintlichen Wiedergänger in einer traurigen Auflösung klärt. Und so wird aus einem bisweilen unentschlossen wirkenden Spagat zwischen Melodramatik und Suspense ein ebenso konsequentes wie grausames Fanal: ein Film über zwei verlorene Menschen, die mit aller Hingabe lieben wollen, aber ihrerseits nicht geliebt werden können. (David Kleingers, Der Spiegel, 23.12.2004)

In dem kammerspielartigen Drama „Birth“ geht es um die Befreiung einer Trauernden von der Vergangenheit, um endgültiges Loslassen. Bevor Anna dazu in der Lage ist, projiziert sie ihren Wunsch, den Tod ihres geliebten Ehemanns Sean ungeschehen zu machen, auf ein Kind. Dass es ihr extrem schwerfällt, sich mit dem Verlust Seans abzufinden, ist nicht zuletzt eine Folge der kaputten Beziehungen in der von Eleanor dominierten Familie.

Die von Trauer, Zweifeln, Lebenslügen und Wunschträumen bestimmte Hauptfigur wird von Nicole Kidman differenziert, eindrucksvoll und glaubwürdig dargestellt. Ein prägnantes Beispiel ihres schauspielerischen Könnens gibt sie in der Szene, in der sie nach der Zurechtweisung des zehnjährigen Jungen Sean mit ihrem Verlobten verspätet ins Konzert kommt: Minutenlang sehen wir, wie es in ihrem Gesicht arbeitet.

Diese minimalistische Szene steht auch für die hervorragende Inszenierung. Die von Leid und Trauer getragene Atmosphäre wird durch fahle Farben unterstrichen. Ebenso überzeugend ist das Drehbuch.

Dennoch floppte „Birth“ an den Kinokassen, und die Mehrheit der Kritiker verriss den Film. Haarsträubend ist auch, dass Annas Gefühle für den Zehnjährigen als Pädophilie missverstanden wurden.

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Inhaltsangabe und Filmkritik: © Dieter Wunderlich 2008

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