Das Phantom

Das Phantom

Das Phantom

Originantitel: Das Phantom - Regie: Dennis Gansel - Drehbuch: Dennis Gansel und Maggie Peren, nach dem Buch "Das RAF-Phantom" von Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker - Kamera: Axel Sand - Schnitt: Jochen Retter - Musik: Rainer Kühn - Darsteller: Jürgen Vogel, Nadeshda Brennicke, Mathias Herrmann, Hilmi Sözer, Christoph Hagen Dittmann, Dietrich Hollinderbäumer, Lukas Miko, Herman Treusch, Andreas Mannkopf, Heinrich Gieskes, Horst Sachtleben, Carola Regnier u.a. - 2000; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Als Bundesfinanzminister Dieter Hausmann am 4. Oktober 1990 von seinem Chauffeur ins Büro gefahren wird, beschleunigt plötzlich das Fahrzeug des Begleitschutzes vor ihm, und die Beamten hinter ihm bleiben zurück. Im nächsten Augenblick detoniert eine Sprengladung. Hausmann und sein Fahrer werden durch die Explosion getötet. Ein Kommando der sogenannten dritten RAF-Generation mit dem Namen "Paul Holler" bekennt sich zu dem Attentat. Als mutmaßlichen Täter sucht die Polizei Andreas Ganz ...
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Kritik

Hat es die sog. "Dritte Generation" der RAF gar nicht gegeben? Sind die ihr zur Last gelegten Anschläge von interessierten Kreisen aus Politik und Wirtschaft angestiftet worden? Vor dem Hintergrund solcher Spekulationen inszenierte Dennis Gansel den vielleicht spannendsten Politthriller, der je in Deutschland gedreht wurde.
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Als Bundesfinanzminister Dieter Hausmann am 4. Oktober 1990 von seinem Chauffeur ins Büro gefahren wird, beschleunigt plötzlich das Fahrzeug des Begleitschutzes vor ihm, und die Beamten hinter ihm bleiben zurück. Im nächsten Augenblick detoniert eine Sprengladung. Hausmann und sein Fahrer werden durch die Explosion getötet. Ein Kommando der sogenannten dritten RAF-Generation mit dem Namen „Paul Holler“ bekennt sich zu dem Attentat. Als mutmaßlichen Täter sucht die Polizei Andreas Ganz.

Zehn Jahre später werden die beiden jungen Drogenfahnder Leo Kramer (Jürgen Vogel) und Pit Roth (Hilmi Sözer) mit einer routinemäßigen Observation im Kölner Hafen beauftragt. Die beiden Freunde und Kollegen warten stundenlang im Auto und langweilen sich. Dann beobachten sie zwei Männer, die in einen Mercedes steigen und reden. Mit einem Richtmikrofon versuchen sie, das Gespräch zu belauschen, aber die Störgeräusche sind zu laut. Das Treffen sieht auch nicht besonders aufregend aus. Deshalb steigt Leo aus, um von einem Schnellimbiss zwei Becher Kaffee zu holen. Während er fort ist, pirscht sich Pit mit dem Mikrofon an die beiden observierten Männer heran. Ein Müllfahrzeug taucht auf. Plötzlich wird der Mercedes durch Schüsse zersiebt. „Halt, Polizei!“, ruft Pit.

Als Leo zurückkehrt, begegnet ihm das Müllfahrzeug. Dann sieht er Pit am Boden liegen. Der Verletzte stirbt in Leos Armen.

Das Band in der von Pit Roth benützten Abhöranlage fehlt. Der väterliche Vorgesetzte Siegfried Reuter (Andreas Mannkopf) macht sich Vorwürfe, weil er die Aktion offenbar falsch eingeschätzt hat, und er nimmt seinen Mitarbeiter in Schutz, als der ermittelnde Kriminalbeamte Mathias Faber (Mathias Herrmann) andeutet, Leo habe möglicherweise das Fahrzeug verlassen und gegen die Dienstvorschriften verstoßen, weil er mit den Drogendealern zusammenarbeitete und wusste, was passieren würde.

In der geheimen, von der Polizei zum Schutz gefährdeter Zeugen gemieteten Wohnung, in der Leo die Nacht verbringt, taucht ein Pizzabote auf, dessen Gesicht Leo im Kölner Hafen gesehen hat. Im letzten Augenblick kann er sich vor dem Eindringling, der seine Dienstwaffe an sich genommen hat, in Sicherheit bringen. Von einer Telefonzelle aus verabredet sich Leo mit seinem Vorgesetzten in einer Tiefgarage. Während er in einer dunklen Ecke wartet, fährt ein Taxi langsam durch die Parkreihen. Er sieht, wie Reuter kommt – und von dem Taxifahrer erschossen wird. Der sucht nun Leo. Erst als dieser einen Feueralarm und die Sprinkleranlage auslöst, flieht der Mörder.

Leo ahnt, dass Siegfried Reuter mit der Dienstpistole erschossen wurde, die der angebliche Pizzabote ihm weggenommen hatte, und er deshalb jetzt nicht nur verdächtigt wird, von dem geplanten Doppelmord im Hafen gewusst, sondern auch noch einen Polizeibeamten getötet zu haben. Wer aber wusste, dass er die Nacht in der Polizeiwohnung verbracht und sich mit seinem Chef in der Tiefgarage verabredet hatte? Er beginnt selbst zu ermitteln, um seine Unschuld zu beweisen. Dabei muss er ständig damit rechnen, von dem Killer oder den Zielfahndern der Polizei entdeckt zu werden.

Bevor er im Kölner Hafen das Polizeifahrzeug verließ, hatte er über Funk herausgefunden, dass der observierte Mercedes einer „Anne Schneider“ gehört. Er schließt einen weißen VW-Golf kurz und fährt zu der Adresse. Als er seinen Polizeiausweis zeigt, verrät ihm eine Wohnungsnachbarin, dass die junge Frau nicht da sei. Das habe sie auch schon den anderen Polizisten gesagt, die sich nach ihr erkundigt hatten. Einen inzwischen für Anne Schneider eingetroffenen Brief gibt sie ihm mit. In der Haustür steht Leo plötzlich Mathias Faber gegenüber, aber es gelingt ihm, zu fliehen.

Er sucht die als Absender des Briefes angegebene Adresse und dringt dort ein. Es handelt sich um die Anwaltskanzlei von Thomas Benz. Die Zimmerwände sind mit Zeitungsausschnitten über die RAF gepflastert. Während er sich umsieht, hinterlässt eine Frau auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht, wo sie zu finden sei. Leo trifft sie auf einer Rheinfähre. Es handelt sich um Anne Schneider (Nadeshda Brennicke). Sie mied ihre Wohnung, seit sie auf der Straße erfahren hatte, dass im Haus zwei Männer auf sie warteten. Anne Schneider arbeitete als Anwaltsgehilfin für Benz – einen der beiden Erschossenen im Hafen (Herman Treusch). Der andere war Andreas Ganz (Lukas Miko), den Benz zu Beginn der 80er Jahre in einem Hausbesetzerprozess verteidigt hatte.

Während Leo die Eltern von Andreas Ganz aufsucht (Horst Sachtleben, Carola Regnier), um mehr zu erfahren, wartet Anne vor dem Haus im Wagen. Jemand mit einem Stadtplan in der Hand klopft an ihre Scheibe.

Entsetzt stellt Leo nach dem Besuch bei Hans und Sabine Ganz fest, dass man Anne entführt hat. Da kommt ihm ein Verdacht, und tatsächlich findet er unter dem Auto einen Peilsender. Den befestigt er auf einem Rastplatz an einem anderen geparkten Fahrzeug und beobachtet, was geschieht. So wird er auf einen dunklen Pkw aufmerksam, der von dem auf ihn angesetzten Killer gefahren wird. In einem mörderischen Handgemenge überwältigt er ihn und befreit danach Anne aus dem Kofferraum.

Die Polizei weiß inzwischen, dass es sich bei dem Mord im Hafen nicht um eine Auseinandersetzung zwischen Drogendealern handelte. Fabers Mitarbeiter Volkmann (Christoph Hagen Dittmann) findet heraus, dass die Kanzlei Berger-Dussous in Brüssel möglicherweise in die Vorgänge verwickelt ist. Die Kanzlei wurde 1971 gegründet, spezialisierte sich anfangs auf Wirtschaftsrecht und verteidigte seit den 80er Jahren auch sehr erfolgreich Mitarbeiter internationaler Geheimdienstorganisationen, die sich wegen Strafsachen vor einem Gericht verantworten mussten.

Anne reist zu ihrer Mutter nach Frankreich. Leo, der inzwischen ebenfalls auf die Adresse der Anwaltskanzlei Berger-Dussous gestoßen ist, fährt nach Brüssel. Er verfolgt Dr. Paul Dussous (Heinrich Gieskes) in dessen Privatvilla, dringt in das Gebäude ein und überwältigt den in der Badewanne liegenden Anwalt. Er drückt ihm den Kopf solange unter Wasser, bis er ihm sagt, wo das Band aus Pits Abhöranlage zu finden ist.

Leo holt das Band aus einem Bankschließfach und hört sich die Aufnahme in der Toilette einer Raststätte an: Andreas Ganz berichtet Thomas Benz, dass die Polizei vor elf Jahren seine Unterschrift auf dem Mietvertrag für eine konspirative Wohnung der RAF fand. Daraufhin wurde er verhaftet, während der Untersuchungshaft von Polizei, Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz immer wieder verhört und schließlich so unter Druck gesetzt, dass er sich zu einem Einsatz als V-Mann bereit erklärte. Er drang in den inneren Kreis der RAF vor und hielt einen Geheimdienstmitarbeiter namens Berger (!) über seine Beobachtungen auf dem Laufenden. Der beauftragte Ganz im Frühjahr 1989, die Kommandoebene zu einem Attentat auf Dieter Hausmann zu überreden. Einen Haufen isolierter Idealisten im Untergrund konnte man leicht beeinflussen. Bei den Vorbereitungen des Sprengstoffanschlags stellte Andreas Ganz fest, dass die Sicherheitsvorkehrungen für den Bundesfinanzminister überraschend nachlässig gehandhabt wurden. Hausmann wollte etwas verändern und stand deshalb einigen Leuten im Weg. Außerdem würde der „feige Anschlag“ auf den populären Politiker ein starkes Medienecho hervorrufen und die Öffentlichkeit alarmieren. In so einer Atmosphäre ließen sich dann leichter die für den Ausbau eines Überwachungsstaates erforderlichen Grundgesetzänderungen durchsetzen. Nach dem Attentat war Berger plötzlich verschwunden, und aus der Zeitung erfuhr Andreas Ganz, dass er als Hauptverdächtiger gesucht wurde. Man hatte ihm also die Rolle des Bauernopfers zugedacht! Um nicht gefasst zu werden, setzte er sich ins Ausland ab.

Leo telefoniert mit Anne, teilt ihr mit, dass er das Band habe und verspricht, am nächsten Tag zu ihr nach Frankreich zu kommen.

Als er mit seinem weißen Golf einen Feldweg entlangfährt, ahnt er nicht, dass an dessen Ende Faber und Volkmann auf ihn warten, die inzwischen wissen, dass er unschuldig ist, ihn jedoch als Zeugen suchen. Noch bevor sie ihn sehen können, hält ein Streifenwagen der belgischen Gendarmerie Leo auf. Zwei Beamte zwingen ihn mit vorgehaltener Waffe zum Verlassen des Fahrzeugs. Plötzlich schießt einer von ihnen mehrmals in die Luft und schreit, um der Funkzentrale vorzutäuschen, Leo habe zur Pistole gegriffen und versuche nun zu fliehen. Leo hat keine Chance. Ein Schuss streckt ihn nieder. Doch als die beiden Polizisten in seinem Auto vergeblich nach dem Band suchen, stirbt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Einige Tage später erscheint Hans Ganz bei Mathias Faber im Büro und übergibt ihm das Band, das er per Post erhalten hat.

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Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker veröffentlichten 1992 ein Buch mit dem Titel „Das RAF-Phantom“ und berichteten im Fernsehen über „Die Zerstörung der RAF-Legende“. Die brisanten Ergebnisse ihrer Recherchen stellte Wolfgang Landgraeber zwei Jahre später auch im Rahmen eines Seminars an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film vor. Das brachte offenbar Dennis Gansel auf die Idee, darüber einen Film zu drehen.

Da geht es um die Überlegung, Anschläge der Dritten Generation der RAF könnten von interessierten Kreisen aus Politik und Wirtschaft angestiftet worden sein. Die Autoren denken dabei an den 1952 gegründeten Verein „Die Atlantik-Brücke“, zu dessen Mitgliedern auch Jürgen Ponto, Karl Heinz Beckurts und Alfred Herrhausen gehört hatten, die 1977, 1986 bzw. 1989 ermordet wurden. – Auch wenn man die Verschwörungstheorie nicht übernimmt, bleibt das eine interessante Spekulation.

Vor diesem brisanten Hintergrund inszenierte Dennis Gansel den vielleicht spannendsten Politthriller, der je in Deutschland gedreht wurde.

Bei einer Umfrage wählten 16 310 von 40 000 Fernsehzuschauern „Das Phantom“ als besten der Ende November 2000 von 3-Sat ausgestrahlten Spielfilme. („Mein Leben gehört mir“ und „Die Polizistin“ folgten mit 4985 bzw. 3856 Stimmen.)

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

RAF (Rote Armee Fraktion)

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"Faustino" ist eine witzige Parodie von Goethes "Faust". Statt eines Theaterstücks hat Jorge Edwards allerdings einen unterhaltsamen, skurrilen Roman geschrieben, eine Art surrealistischen Agententhriller.
Faustino