Coco Chanel

Coco Chanel

Coco Chanel

Coco Chanel. Der Beginn einer Leidenschaft – Originaltitel: Coco avant Chanel – Regie: Anne Fontaine – Drehbuch: Anne Fontaine, Camille Fontaine, nach einer Biografie von Edmonde Charles-Roux – Kamera: Christophe Beaucarne – Musik: Alexandre Desplat – Schnitt: Luc Barnier – Darsteller: Audrey Tautou, Benoît Poelvoorde, Alessandro Nivola, Marie Gillain, Emmanuelle Devos u.a. – 2009; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Die Schwestern Gabrielle und Adrienne Chanel arbeiten in Moulins als Näherinnen und treten abends als frivole Sängerinnen auf. Coco Chanel, wie sie inzwischen genannt wird, macht sich an den prahlerisch-spendablen Offizier Étienne Balsan heran und folgt ihm auf seinen Landsitz bei Paris. Étienne versucht die Gespielin vor den anderen Gästen zu verstecken, aber das lässt Coco sich nicht lang gefallen, und so kommt es, dass sie eines Tages dem reichen Engländer Arthur Capel begegnet ...
mehr erfahren

Kritik

"Coco Chanel. Der Beginn einer Leidenschaft" ist mehr eine Charakterstudie und eine Emanzipationsgeschichte als ein Biopic. Anne Fontaine konzentriert sich ganz auf die Persönlichkeit der späteren Stilikone Coco Chanel.
mehr erfahren

Als Gabrielle Chanel (Lisa Cohen) zwölf Jahre alt ist, liefert der Vater sie und ihre Schwester Adrienne (Inès Bessalem) 1895 in einem Waisenhaus ab und kümmert sich nicht mehr um die beiden Mädchen, deren Mutter kürzlich verstarb.

Fünfzehn Jahre später arbeiten Gabrielle und Adrienne Chanel (ab jetzt: Audrey Tautou, Marie Gillain) als Näherinnen in Moulins. Ihren Verdienst bessern sie auf, indem sie abends in einer Gaststätte frivole Lieder singen und von den vorwiegend männlichen Gästen Geld einsammeln. „Qui qu’a vu Coco dans le Trocadéro?“, heißt es in einem der Lieder, und Gabrielle erhält den Spitznamen Coco.

Durch Adrienne und deren Liebhaber Maurice Baron de Nexon (Yan Duffas) lernt Coco Chanel den prahlerisch-spendablen Offizier Étienne Balsan (Benoît Poelvoorde) kennen. Von der Liebe hält sie zwar nichts, doch weil sie darauf hofft, dass Étienne ihr und Adrienne durch seine Beziehungen zu einem Engagement im Alcazar in Paris verhelfen wird, lässt sie sich auf eine Affäre mit dem reichen Junggesellen ein.

Étienne hat von seinem Freund Maurice erfahren, dass Coco und Adrienne die Töchter eines Hausierers sind und im Waisenhaus aufwuchsen. Aber als er Coco darauf anspricht, erzählt sie ihm, das stimme nicht, ihr Vater sei ein reicher Weinhändler und geschäftlich in den USA unterwegs.

Weil Adrienne die Ehefrau des Barons werden möchte, statt eine Bühnenkarriere anzustreben, reist Coco Chanel allein mit Étienne Balsan nach Paris, um im Alcazar vorzusingen und zu -tanzen. Aber der Direktor des Alcazar (Claude Brécourt) geduldet sich nicht einmal bis zum Ende ihres Vortrags, bevor er ihre Bewerbung ablehnt. Enttäuscht fährt sie nach Moulins zurück.

Inzwischen warf der Wirt Coco und Adrienne Chanel hinaus. Und Étienne Balsan verabschiedet sich kurz darauf, denn er will nun das Leben wieder auf seinem Landsitz Royallieu in den Wäldern von Compiègne bei Paris genießen.

Statt in der Provinz zu bleiben, reist Coco ihm nach, denn sie ist entschlossen, sich mit seiner Hilfe einen besseren Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen. Sie habe ihre mit Maurice de Nexon in der Nähe lebende Schwester besuchen wollen, diese aber nicht angetroffen, lügt sie, und Étienne lässt sie daraufhin in seinem Schloss übernachten. Daraus wird ein jahrelanger Aufenthalt. Anfangs versucht der Schlossherr, seine aus der Gosse stammende Gespielin vor seiner Mätresse Emilienne d’Alençon (Emmanuelle Devos) und den anderen Gästen zu verbergen, aber das lässt Coco sich nicht lange gefallen: Eines Tages zieht sie Sachen ihres Liebhabers an, steigt auf ein Pferd und reitet zu einem Picknick, das Étienne und Emilienne mit einigen Freunden veranstalten. Dass eine Frau wie ein Mann mit gespreizten Beinen reitet, gilt als skandalös, aber heimlich beneiden die anderen Damen Coco, denn mit ihren langen Kleidern können sie nur seitlich auf ihren Pferden sitzen.

Zurück im Schloss, nimmt Emilienne ihren üppig mit Federn geschmückten Hut ab und lässt sich von Coco einen ebenso schlichten wie eleganten Hut schenken, aber Cocos Rat, auch den Zierrat von ihrem Kleid zu entfernen, befolgt sie nicht. Später bringt Emilienne ihre Freundin Sophie (Marie Parouty) mit und bittet Coco, einen Hut für sie zu kreieren.

Zu Étiennes Freunden zählt auch der Engländer Arthur („Boy“) Capel (Alessandro Nivola), der Bergwerke besitzt und die Kohle mit seinen eigenen Frachtschiffen in verschiedene europäische Häfen transportieren lässt. Anders als Étienne ist er belesen und legt Wert auf anspruchsvolle Literatur. Coco Chanel gefällt ihm, und er beginnt, sie zu umwerben. Im Einverständnis mit Étienne fährt er mit ihr für zwei Tage nach Deauville ans Meer. Um sich mit ihr im Kasino zeigen zu können, lässt er ihr ein Abendkleid machen und widerspricht ihr nicht, als sie zum Entsetzen des Schneiders (Bruno Abraham-Kremer) sagt, sie wolle kein Korsett unter dem Kleid tragen. Das ist unerhört, denn junge Damen, die dem Geschmack der Zeit entsprechen wollen, müssen Wespentaillen haben, auch wenn sie hin und wieder wegen der Korsettschnürung bewusstlos umsinken.

Während Coco Chanel mit Arthur Capel in Deauville ist, verspürt der leichtlebige Frauenheld Étienne zu seiner Verwunderung Eifersucht. Um die junge Frau, die nur eine von seinen Geliebten ist, an sich zu binden, schenkt er ihr nach ihrer Rückkehr sein edelstes Pferd. Aber Coco, die inzwischen von einer Ehe mit Arthur Capel träumt, nimmt das Geschenk nicht an und kündigt an, sie werde Royallieu verlassen. Da verrät Étienne ihr, dass Arthur Capel mit einer standesgemäßen Engländerin verlobt sei und macht ihr einen Heiratsantrag. Frustriert über die von Arthur bisher verschwiegene Verlobung erklärt Coco, sie werde niemals heiraten, ihn nicht und auch keinen anderen.

Sie will nach Paris und Hutmacherin werden. Étienne, der nie in seinem Leben gearbeitet hat, hält das für eine Laune, aber Arthur – der die bevorstehende Zweckheirat inzwischen gebeichtet hat – unterstützt Coco in ihrem Vorhaben und leiht ihr auch das erforderliche Startkapital.

Bald darauf führt Coco Chanel in Paris ein großes Hutgeschäft mit mehreren Angestellten. Ihre Schwester Adrienne, deren Hoffnungen auf eine Eheschließung mit Maurice de Nexon zerstoben sind, hilft ihr dabei.

Bei einem seiner Besuche erwähnt Arthur Capel beiläufig, dass die Bank Coco Kredite gewähre, weil er dafür Sicherheiten hinterlegt habe. Coco Chanel will jedoch von niemandem abhängig sein, auch nicht von Arthur Capel, und nimmt sich deshalb vor, das Geld so schnell wie möglich zurückzuzahlen.

Sie ist mit Étienne im Theater, als ihre Schwester auftaucht und ihr die Nachricht überbringt, dass Arthur Capel mit dem Auto tödlich verunglückte. Noch in derselben Nacht lässt Coco Chanel sich von Étienne Balsan zur Unfallstelle fahren, und dort schluchzt sie beim Anblick des Wracks.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Statt von den Geschäftserfolgen der Modeschöpferin Coco Chanel, ihrem weltberühmten Parfum, ihren Beziehungen mit dem russischen Großfürsten Dimitri Pawlowitsch und dem Herzog von Westminster oder ihrem Verhalten während der deutschen Besatzung Frankreichs zu erzählen, beschränkt Anne Fontaine sich in ihrem Biopic „Coco Chanel. Der Beginn einer Leidenschaft“ auf die Zeit von 1895 (Aufnahme ins Waisenhaus) bis 1919 (Tod Arthur Capels). Im Originaltitel „Coco avant Chanel“ kommt das auch deutlich zum Ausdruck.

Anne Fontaine hat „Coco Chanel. Der Beginn einer Leidenschaft“ schnörkellos wie ein Chanel-Kostüm inszeniert. Die Handlung basiert auf dem ersten Teil der Romanbiografie „L‘ irrégulière ou mon itinéraire Chanel“ von Edmonde Charles-Roux („Coco Chanel. Ein Leben“, Übersetzung: Erika Tophoven-Schoeningh, Wunderlich Verlag, Tübingen 1976, 441 Seiten, ISBN 3-8052-0266-0). Aber Anne und Camille Fontaine halten sich weder eng an die Vorlage noch an die historischen Tatsachen. „Coco Chanel. Der Beginn einer Leidenschaft“ ist mehr eine Charakterstudie und eine Emanzipationsgeschichte als eine Biografie. Anne Fontaine konzentriert sich ganz auf die Persönlichkeit der späteren Stilikone. Sie zeigt eine strenge, disziplinierte und zugleich elegante Frau, die entschlossen und tatkräftig ihre ehrgeizigen Ziele verfolgt, sich ohne Rücksicht auf Gepflogenheiten gesellschaftlich nach oben kämpft und Gefühlen wie Liebe misstraut. Audrey Tautou gelingt es, diese starke und stolze Frau auch in ihrer Zerbrechlichkeit überzeugend zu verkörpern.

Chris Greenhalgh (Vorlage) und Jan Kounen (Regie) konzentrieren sich in ihrem fast gleichzeitig gedrehten Film „Coco Chanel & Igor Stravinsky“ auf einen anderen Teil der Biografie: die Beziehung mit Igor Strawinsky.

Christian Duguay drehte den Film „Coco Chanel“:

Coco Chanel – Originaltitel: Coco Chanel – Regie: Christian Duguay – Drehbuch: James Carrington, Carla Giulia Casalini, Jeffrey Hatcher, Enrico Medioli, Lea Tafuri – Kamera: Fabrizio Lucci – Schnitt: Alessandro Lucidi – Musik: Andrea Guerra – Darsteller: Shirley MacLaine, Barbora Bobulova, Brigitte Boucher, Emilie Caillon, Alice Cambournac, Valentina Carnelutti, Cécile Cassel, Carla Cassola, Robert Dawson, Olivier Sitruk, Marine Delterme, Jean-Claude Dreyfus u.a. – 2008; 140 Minuten

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

Coco Chanel (Kurzbiografie)

Anne Fontaine: Nathalie
Coco Chanel & Igor Stravinsky

Héctor Tobar - In den Häusern der Barbaren
Mit einer außergewöhnlichen Fabulierlust und einer Fülle lebendiger Szenen treibt Héctor Tobar in dem facettenreichen Gesellschaftsroman "In den Häusern der Barbaren" die Entwicklung voran. Auf stilistische Gimmicks verzichtet er dabei.
In den Häusern der Barbaren