Carlo Levi : Christus kam nur bis Eboli

Christus kam nur bis Eboli
Originalausgabe: Cristo si e fermato a Eboli Giulio Einaudi, Turin 1945 Christus kam nur bis Eboli Übersetzung: Helly Hohenemser-Steglich Europa Verlag, Zürich 1947 dtv, München 2003 ISBN: 978-3-423-13039-4, 285 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die Faschisten verbannen den Arzt, Schriftsteller, Maler und Politiker Carlo Levi 1935 nach Lukanien. In dem gottverlassenen Bergdorf Gagliano trifft der intellektuelle Großstädter auf eine arme, archaische und abergläubische Landbevölkerung. Zwischen ihm und den Bauern entwickelt sich jedoch gegenseitiges Interesse. Auch als ihm verboten wird, als Arzt zu praktizieren, hört er nicht auf, den Kranken zu helfen ...
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Kritik

"Christus kam nur bis Eboli" gilt als Roman, aber es handelt sich eher um einen Bericht über das, was Carlo Levi während seiner Verbannung 1935/36 in einem süditalienischen Bergdorf erlebte. Das Buch gilt als Klassiker des italienischen Neorealismus.
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Beim Erzähler handelt es sich um einen Arzt aus Turin, der seinen Beruf seit Jahren nicht mehr ausgeübt hat. Die Faschisten verbannen ihn 1935 nach Lukanien (Basilicata), wo er zuerst einige Wochen in Grassano bei Matera verbringen muss und dann in das Bergdorf Gagliano gebracht wird.

Weil es dort kein Gasthaus gibt, weist man ihm ein Zimmer im Haus einer Witwe zu, die behauptet, ihr Mann sei von einer Hexe zuerst mit einem Liebeselixier verzaubert und dann vergiftet worden. Auch der Neuankömmling wird sogleich von Dr. Josef Milillo, einem der beiden ortsansässigen Ärzte, davor gewarnt, Getränke von einer Frau anzunehmen. Dabei handele es sich häufig um Zaubertränke, die Menstrualblut enthalten, raunt der siebzigjährige Arzt dem Kollegen aus Turin zu. Der zweite Arzt, Dr. Concetto Gibilisco, ist etwas jünger als Dr. Milillo, versteht jedoch von Medizin eher noch weniger, wie der Erzähler im ersten Gespräch mit ihm feststellt. Dr. Gibilisco hasst die Bewohner von Gagliano, weil sie sich von ihm genauso wenig behandeln lassen wie von Dr. Milillo. Dabei waren schon sein Großvater und sein Vater Ärzte, und seinem vor einem Jahr verstorbenen Bruder gehörte die Apotheke. Die hätte eigentlich geschlossen werden müssen, aber Dr. Gibilisco erreichte durch Freunde in der Präfektur in Matera, dass seine Nichten sie weiterführen dürfen, obwohl sie keine entsprechende Ausbildung haben.

Kurz nach seiner Ankunft wird der Konfinierte zu einem Patienten gerufen. Er sträubt sich, aber die Leute lassen nicht locker, bis er sich den Malariakranken anschaut. Der konfinierte Arzt kann ihn zwar nicht retten, aber die Bauern kommen weiter vertrauensvoll zu ihm, und schließlich lässt er sich von seiner in Turin als Ärztin praktizierenden Schwester Luisa, die ihn ein paar Tage in Gagliano besucht, medizinische Instrumente und Bücher mitbringen.

Drei Wochen nach seiner Ankunft in Gagliano reisen Verwandte eines anderen Verbannten nach einem längeren Aufenthalt ab, und der Erzähler kann in das von ihnen gemietete Haus ziehen. Es gehört den Erben des früheren Priesters von Gagliano, Don Rocco Macioppi, und dessen Nichte Maria Maddalena. Es ist das einzige Gebäude in Gagliano mit einer Klosettschüssel. Fließendes Wasser gibt es allerdings auch hier nicht.

Donna Caterina Magalone Cuscianna, die willensstarke Schwester des Bürgermeisters und Lehrers Luigi Magalone, besorgt dem neuen Bewohner eine Haushälterin: Julia Venere ist einundvierzig Jahre alt und hat siebzehn Schwangerschaften von fünfzehn verschiedenen Männern hinter sich.

Donna Caterinas Ehemann meldete sich also einziger Bewohner von Gagliano freiwillig zur Armee, angeblich weil er als faschistischer Sekretär ein gutes Beispiel geben wollte. Tatsächlich hatte ihn seine Frau wegen seiner Affäre mit einer der beiden Töchter des Apothekers vom Ehebett aufs Sofa verbannt, und dieser Situation entkam er nach sechs Monaten durch den Kriegsdienst in Abessinien.

Die Leute in Gagliano ärgern sich darüber, dass die italienische Regierung in Abessinien Krieg führt:

„Wenn die in Rom Geld genug für einen Krieg haben, warum bringen sie nicht erst die Brücke über den Agri in Ordnung, die vor vier Jahren eingestürzt ist […]?“ (Seite 133)

Der Priester Don Giuseppe Trajella wurde wegen pädophiler Übergriffe nach Gagliano strafversetzt. Er lebt hier mit seiner neunzigjährigen dementen Mutter, fühlt sich verfolgt und hasst die Welt im Allgemeinen und die Bewohner von Gagliano im Besonderen, weil sie nicht zur Messe kommen, die er in der Kapelle lesen muss, weil die Kirche Madonna degli Angeli vor drei Jahren bei einem Erdrutsch zerstört wurde.

Don Trajella wohnte mit seiner Mutter in einem großen Raum, einer Art Höhle […] Als ich zu ihm kam, war er mit seiner Mutter gerade beim Essen: sie besaßen zu zweit nur einen einzigen Teller und ein einziges Glas. Der Teller war voll schlecht gekochter Bohnen, welche die ganze Mahlzeit ausmachten: an einem ungedeckten Tisch fischten sich Mutter und Sohn mit alten Zinkgabeln abwechselnd einen Bissen heraus. Im Hintergrund der Höhle standen, getrennt durch einen grünen, zerrissenen Vorhang, zwei noch nicht in Ordnung gebrachte Betten, das von Don Giuseppe und das der Alten. Auf der Erde an der Wand lag ein großer, unordentlicher Bücherhaufen, auf dem sich Hühner niedergelassen hatten. Andre Hühner rannten und flatterten durch das Zimmer, das seit undenklicher Zeit nicht mehr gefegt worden war; der Hühnerstallgestank verschlug einem den Atem. Der Erzpriester […] bot mir sofort ein Glas Wein an, das ich annehmen musste, um ihn nicht zu beleidigen, in seinem einzigen Glas, das offenbar ihm und der Alten Jahre hindurch gedient hatte, ohne je gewaschen zu werden […] (Seite 92f)

Die Häuser der Bauern sind alle gleich; sie bestehen aus einem einzigen Raum, der als Küche, Schlafzimmer und fast immer auch als Stall für die kleinen Haustiere dient […] Auf der einen Seite ist der Kamin, auf dem mit ein bisschen Reisig, das man jeden Tag von den Feldern mit heimbringt, gekocht wird: Wände und Decke sind rauchgeschwärzt. Das Licht kommt durch die Tür herein. Das Zimmer ist fast ganz ausgefüllt von einem riesigen Bett, das viel größer ist als ein gewöhnliches Ehebett: in ihm muss die ganze Familie, Vater, Mutter und alle Kinder, schlafen. Die Kleinsten haben, solange sie gestillt werden, das heißt, bis sie drei oder vier Jahre alt sind, kleine Wiegen oder Weidenkörbchen, die an Stricken von der Decke hängen und so etwas oberhalb des Bettes schweben. Die Mutter braucht nicht aus dem Bett zu steigen, um sie zu säugen, sondern streckt nur den Arm aus und nimmt sie an die Brust […]
Unter dem Bett liegen die Tiere […] Auf der einen Seite hing das schwarze, mürrische Gesicht der Madonna von Viggiano mit den großen, unmenschlichen Augen, auf der andern Seite gegenüber, hinter glänzenden Brillengläsern, die schlauen Äuglein und das große Gehege der zu herzlichem Lachen geöffneten Zähne des Präsidenten Roosevelt in einem Buntdruck. Ich habe niemals, in keinem Haus, andere Bilder gesehen: weder den König noch den Duce und noch weniger Garibaldi […] aber Roosevelt und die Madonna von Viggiano fehlten nie. (Seite 121f)

Die Regierung führt eine hohe Steuern auf Ziegen ein, weil die Tiere die Knospen und Triebe von Bäumen fressen. In Gagliano gibt es keine Bäume, und die Bauern müssen ihre Ziegen schlachten, weil sie die Steuer nicht bezahlen können. Das bedeutet, dass sie keine Milch und keinen Käse mehr produzieren können, denn Wiesen, auf denen Schafe oder Kühe weiden könnten, gibt es auch nicht.

Eines Abends kündigt der greise Totengräber, der zugleich Ausrufer ist, den Ferkelverschneider an. Die Frauen sollen sich am nächsten Morgen mit ihren Ferkeln auf dem Timbone Bella Fontana einfinden.

Ich ging früh aus dem Haus und machte mich auf den Weg.
Der Timbone Bella Fontana war ein breiter, fast ebener Platz […] Als ich hinkam, sah ich in dem noch grauen Licht schon eine große Menge Menschen. Fast alle jungen und alten Frauen waren dort, und viele hielten ihre Sau wie einen Hund an der Leine […] Mitten auf dem Timbone stand ein fast zwei Meter großer, kräftiger Mann mit glühendrotem Gesicht, roten Haaren, blauen Augen und dichtem, herabhängendem Schnurrbart […] Das war der „Sanaporcelle“; sanare (eigentlich heilen) bedeutet hier die Ferkel kastrieren, diejenigen nämlich, die nicht zur Zucht verwendet werden, damit sie fetter werden und zarteres Fleisch bekommen. Das ist bei den männlichen Schweinen nicht schwierig, und die Bauern machen es selbst, solange die Tiere noch jung sind. Bei den Säuen muss man aber die Eierstöcke herausschneiden, und das erfordert einen richtigen chirurgischen Eingriff […] Es ist eine seltene Kunst, die vom Vater auf den Sohn vererbt wird. Der, den ich sah, war ein berühmter Ferkelverschneider, Sohn und Enkel eines solchen; er wanderte zweimal im Jahr von Ort zu Ort, um sein Werk zu vollbringen […]
Eine junge Frau kam mit ihrem Tier heran, und zwei Bauern, die als Gehilfen tätig waren, ergriffen sofort das rosa Schweinchen, das um sich schlug und vor Entsetzen schrie. Sie hielten es an den Beinchen fest, banden diese an Pflöcke, die in der Erde steckten, und legten es so hin, dass es mit dem Bauch nach oben lag. Die Sau heulte, die junge Frau bekreuzigte sich und rief unter dem teilnehmenden Gemurmel aller andern Frauen die Madonna von Viggiano an; und die Operation begann. Der Ferkelverschneider machte schnell wie der Wind mit einem gebogenen Messer einen Schnitt in die Seite des Tieres, einen sichern, tiefen Schnitt bis in die Höhlung des Unterleibs. Das Blut spritzte heraus und vermischte sich mit dem Schlamm und dem Schnee, aber der rote Mann verlor keine Zeit, er führte die Hand bis zum Handgelenk in die Wunde, ergriff den Eierstock und zog ihn heraus. Der Eierstock der Sau ist durch ein Band mit dem Darm verbunden. Nachdem er den linken Eierstock gefunden hatte, handelte es sich darum, auch den rechten herauszuziehen, ohne noch eine Wunde zu machen. Der Ferkelverschneider schnitt den ersten Eierstock nicht ab, sondern steckte ihn mit seiner dicken Nadel an die Haut des Schweinebauches. Nachdem er so sicher war, dass er ihm nicht wieder entgleiten konnte, fing er an, mit beiden Händen den Darm herauszuziehen und ihn wie eine Garnsträhne auseinanderzubreiten. Viele Meter von Eingeweiden kamen aus der Wunde, rosa, lila, graue mit blauen Adern und Flocken gelben Fettes […] Bis endlich, am Darm angewachsen, der zweite, rechte Eierstock erschien. Den riss der Mann, ohne sein Messer zu gebrauchen, ebenso wie den andern, den er an der Haut befestigt hatte, ab und warf beide, ohne sich umzuwenden, seinen Hunden hin […] Der Mann hielt keinen Moment inne. Nachdem er die Drüsen abgerissen hatte, stopfte er die Eingeweide Stück für Stück, mit den Fingern nachdrückend, in den Bauch zurück […] Als alles wieder an seinem Platz war, zog der Mann aus seinem Mund unter dem dichten Schnurrbart die eingefädelte Nadel hervor und vernähte die Wunde mit einem Stich und einem Chirurgenknoten. Die von ihren Fesseln befreite Sau blieb einen Augenblick wie unentschlossen liegen, dann richtete sie sich auf, schüttelte sich und rannte schreiend und von den Frauen verfolgt über den Platz, während ihre junge Besitzerin nach überstandener Angst in den Taschen unter dem Rock nach den zwei Liren suchte, die dem Ferkelverschneider gebührten. (Seite 187ff)

Wenn es unerträglich heiß ist, geht der Erzähler zum Friedhof, klettert in ein vorsorglich ausgehobenes Grab und legt sich in der Tiefe auf den Boden, den kein Sonnenstrahl erreicht. An angenehmeren Tagen malt er im Freien, und dann begleitet ihn stets eine Horde von Kindern, die darum wetteifern, ihm die Utensilien tragen zu dürfen.

Nach einigen Monaten schreibt er auf, welche Maßnahmen prophylaktisch gegen die grassierende Malaria unternommen werden sollten, und der Bürgermeister bringt das zwanzigseitige Papier dem Präfekten in Matera. Ein paar Tage später trifft ein Telegramm aus Matera ein: Dem Konfinierten wird unter Androhung einer Gefängnisstrafe verboten, den Arztberuf auszuüben. Die Bauern in Gagliano wollen sich damit nicht abfinden und drohen zu rebellieren, aber der Verbannte erklärt ihnen, dass sie damit allenfalls seine Verlegung in einen anderen Ort erreichen würden. Also kommen die Patienten oder deren Angehörige heimlich nach Einbruch der Dunkelheit zu ihm, um sich Ratschläge zu holen.

Einer Wäscherin, deren Sohn an Milzbrand erkrankt ist, rät er, so schnell wie möglich nach Sant’Arcangelo zu gehen und dort in der Apotheke ein bestimmtes Heilmittel zu besorgen. Da sie gerade entlohnt wurde, hat sie 30 Lire. Davon soll sie drei Ampullen kaufen. In der Dunkelheit wagt es die Frau – die wie alle Bewohner von Gagliano abergläubisch ist – wegen der Geister nicht, den Ort zu verlassen, aber im Morgengrauen läuft sie los. Hin und zurück sind es zwanzig Kilometer.

Sie brachte nur zwei Ampullen. Ich wunderte mich, und sie erzählte mir, dass der Apotheker sie gefragt hatte, wieviel Geld sie bei sich trage. – „Dreißig Lire.“ – „Dann kannst du zwei Ampullen nehmen. Du kannst doch lesen? Sie kosten fünfzehn Lire das Stück. Es steht drauf.“ – Es stand darauf 8.75 Lire […] Glücklicherweise genügten die beiden Ampullen. (Seite 238f)

Weil Luigi Magalone bei der Christmette den Eindruck hatte, dass Don Giuseppe Trajella betrunken war, beschwert er sich über ihn. Im Frühjahr 1936 wird der Priester nach Gaglianello versetzt und von Don Pietro Liguari aus Miglionico abgelöst. Der besorgt ein Harmonium, um die Bewohner von Gagliano in die Kirche zu locken und überredet den Arzt aus Turin, von dem er weiß, dass er Klavierunterricht hatte, darauf zu spielen.

Kurz bevor der Abessinienkrieg zu Ende geht, schreibt Julias ältester Sohn, den sein Vater mit nach Buenos Aires genommen hatte und der jetzt als Zwanzigjähriger in Abessinien kämpft. Er komme bald nach Gagliano, teilt er mit, und Julia solle eine Braut für ihn aussuchen.

Bei Kriegsende werden die Konfinierten freigelassen. Die Bauern drängen den Erzähler, in Gagliano zu bleiben und raten ihm, Donna Concetta, die älteste Tochter des Rechtsanwalts S. zu heiraten. Er hält sich noch zehn Tage in dem Bergdorf auf, um Kranke zu pflegen und Gemälde zu vollenden, aber dann reist er zurück nach Turin.

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Carlo Levi wurde am 29. November 1902 in Turin geboren. Von 1917 bis 1924 studierte er dort Medizin, aber statt den Arztberuf auszuüben, betätigte er sich als Künstler und engagierte er sich politisch, schloss sich 1929 der Gruppe „Rivoluzione liberale“ an und gehörte 1931 zu den Mitautoren des Programms der antifaschistischen Gruppe „Giustizia e Liberta“. 1934 wurde Carlo Levi in Rom inhaftiert und im Jahr darauf zu drei Jahren Verbannung in Lukanien (Basilicata) verurteilt. Zuerst kam er nach Grassano bei Matera, dann in das Bergdorf Aliano. (Im Roman heißt es Gagliano.) Im Mai 1936 wurde er begnadigt. Von 1939 bis 1941 lebte Carlo Levi in Paris. Zurück in Italien, schloss er sich dem antifaschistischen „Partito d’Azione“ an. Deshalb musste er 1943 noch einmal monatelang ins Gefängnis. Die KPI stellte ihn 1963 als Kandidaten für den Senat auf, obwohl er der Partei nicht angehörte, und er wurde gewählt. Am 4. Januar 1974 starb Carlo Levi in Rom. Seinem Wunsch gemäß wurde er in Aliano bestattet.

Im September 1945 hatte Carlo Levi das Buch „Cristo si è fermato a Eboli“ („Christus kam nur bis Eboli“) veröffentlicht. Er bezeichnete es als Roman, aber es handelt sich eher um einen literarischen Bericht über seine Beobachtungen und Erfahrungen als Konfinierter in Aliano. Dementsprechend gibt es keinen Plot, keine Handlung, sondern das Buch setzt sich aus einer Reihe von Szenen und Episoden zusammen, in denen Carlo Levi auf ebenso sachliche wie eindrucksvolle Weise das archaische Leben in einem süditalienischen Bergdorf schildert. „Christus kam nur bis Eboli“ gilt als Klassiker des italienischen Neorealismus.

Nur in einer Passage doziert Carlo Levi über seine politischen Ansichten. Da heißt es:

Wir müssen fähig werden, uns einen neuen Staat auszudenken und zu schaffen, der weder der faschistische noch der liberale noch der kommunistische sein darf; denn all das sind nur verschiedene und im Grunde doch gleiche Formen derselben Staatsreligion. Wir müssen wieder zu den Wurzeln der Staatsidee selbst zurückgehen, zu dem Begriff des Individuums, der ihr zugrunde liegt […] Der Staat darf nur die Gemeinschaft unzähliger Autonomien, eine organische Föderation sein. Für die Bauern kann die Staatszelle, die einzige, durch die sie an dem vielfältigen Kollektivdasein teilnehmen können, nur die ländliche autonome Gemeinde sein. (Seite 248f)

Den Titel erklärt Carlo Levi auf den ersten Seiten seines Buches:

„Wir sind keine Christen“, sagen sie [die Bauern von Gagliano], „Christus ist nur bis Eboli gekommen.“ Christ bedeutet in ihrer Ausdrucksweise Mensch; und der sprichwörtliche Satz, den ich hundertmal habe wiederholen hören, ist in ihrem Munde wohl nichts anderes als der Ausdruck eines trostlosen Minderwertigkeitskomplexes. „Wir sind keine Christen, keine Menschen, wir gelten nicht als Menschen, sondern als Tiere, als Lasttiere und noch geringer als Tiere und Koboldwesen, die doch ihr freies, teuflisches oder engelhaftes Dasein leben; denn wir müssen uns der Welt der Christen jenseits unseres Horizontes unterwerfen, ihre Last und ihren Widerspruch ertragen.“ (Seite 5)

Francesco Rosi verfilmte den Roman „Christus kam nur bis Eboli“ von Carlo Levi.

Christus kam nur bis Eboli – Originaltitel: Cristo si è fermato a Eboli – Regie: Francesco Rosi – Drehbuch: Raffaela la Capria, Francesco Rosi, Tonino Guerra, nach dem Roman „Christus kam nur bis Eboli“ von Carlo Levi – Kamera: Pasqualino de Santis – Schnitt: Ruggero Mastroianni – Musik: Piero Piccioni – Darsteller: Gian Maria Volonté, Paolo Bonacelli, Lea Massari, Irene Papas, Alain Cuny, François Simon u.a. – 1978; 150 Minuten

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007
Textauszüge: © Europa Verlag

Don Winslow - China Girl
Vor atemberaubenden chinesischen Landschaften entwickelt Don Winslow eine zunehmend reißerische Handlung mit einigen unerwarteten Wendungen. "China Girl" fehlt es noch an der Brillanz von Don Winslows späteren Romanen.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.