Hurrikan
Ein tropischer Wirbelsturm (Zyklon) über dem Atlantik oder dem Pazifik östlich der Datumsgrenze wird ab Orkanstärke als Hurrikan bezeichnet (nach dem indianischen Windgott Huracan).
Die vom Englischen (hurricane) abgeleitete Schreibweise „Hurrican“ ist falsch. Allerdings ist die englische Aussprache auch im Deutschen gebräuchlich. Der Plural lautet bei der deutschen Aussprache Hurrikane, bei der englischen Hurrikans.
Hurrikane entstehen zumeist zwischen Juni und November vor Afrika auf dem Atlantik, wenn dort die Wasseroberfläche mindestens 27 Grad Celsius warm ist. (In Ausnahmefällen bilden sich Hurrikane auch in der Karibik.) Seit 1953 erhalten sie Namen, zunächst Frauennamen, seit 1979 abwechselnd Männer- und Frauennamen.
Während der Hurrikan sich verhältnismäßig langsam vorwärts bewegt, kann sich die Rotation der Wolken und Luftmassen enorm beschleunigen. Im Auge des Hurrikans bleibt es zwar relativ ruhig, wolkenarm und niederschlagsfrei, aber in den äußeren Regionen eines Hurrikans treten Windgeschwindigkeiten von im Extremfall über 300 Stundenkilometern auf. (Ab 248 km/h hat der Hurrikan auf der Saffir-Simpson-Skala die Stärke 5.) Hurrikane verstärken sich auf ihrem Weg nach Westen und erreichen in der Karibik, vor Florida oder im Golf von Mexiko ihre maximale Zerstörungskraft. Erst wenn der Hurrikan auf kühlere Meeresoberflächen oder Land trifft, verliert er an Energie, denn sein „Motor“ ist die Verdunstungswärme des aufsteigenden warmen Wassers. Nicht selten bringt ein Hurrikan eine meterhohe Flutwelle mit sich; der Orkan vermag Gebäude zu zerstören, und die sintflutartigen Niederschläge können Überschwemmungen auslösen.
Seit 1943 fliegen US-Spezialflugzeuge in Hurrikane hinein, um meteorologische Messungen vorzunehmen. Damit lässt sich die Wanderung und Stärke eines Hurrikans recht präzise voraussagen.
Ende August 2005 musste zum ersten Mal in der Geschichte aufgrund einer Unwetterwarnung eine Großstadt in den USA evakuiert werden, weil der Hurrikan „Katrina“ Kurs auf New Orleans nahm. Die wurde dann auch wie befürchtet durch den Hurrikan „Katrina“ (Stärke 4) verwüstet und nach Deichbrüchen zu achtzig Prozent überschwemmt. Das teilweise bis zu sechs Meter hoch in den Straßen stehende Wasser konnte nicht abfließen, weil New Orleans zum Teil tiefer als der Meeresspiegel und wie in einer Schüssel liegt; die Wassermassen mussten also abgepumpt werden. 1300 Menschen starben. Mit 135 Milliarden Dollar Schaden gilt „Katrina“ als bisher kostspieligster tropischer Wirbelsturm, weit vor Hurrikan „Andrew“ (August 1992, 22 Mrd), Hurrikan „Ivan“ (September 2004, 11 Mrd), Hurrikan „Charley“ (August 2004, 8 Mrd) und Taifun „Mireille“ (September 1991, 8 Mrd). Obwohl die Folgen noch nicht absehbar sind, gilt der Hurrikan „Katrina“ bereits jetzt als verheerendste Naturkatastrophe in der Geschichte der USA seit dem Erdbeben am 18. April 1906 in San Francisco. Linguisten befürchten, dass durch die Umsiedelung einer Million obdachloser Bewohner von New Orleans in andere amerikanische Städte auch einige Dialekte unwiederbringlich verloren gehen.
Der heftigste jemals registrierte Hurrikan war „Wilma“ am 18. Oktober 2005 (280 Stundenkilometer, 882 Hektopascal). In dem Jahr (2005) gab es außerdem so viele tropische Wirbelstürme wie noch nie: sechsundzwanzig.
Eine Gruppe von Meteorologen und Ozeanologen befürchtet, dass die Stärke und Häufigkeit tropischer Wirbelstürme – besonders der Hurrikane – aufgrund der Erwärmung der Meeresoberfläche durch den Treibhauseffekt weiter zunehmen wird, aber es gibt auch andere Meinungen unter den Wissenschaftlern, und die Streitfrage lässt sich nach heutigem Wissensstand nicht klären.
© Dieter Wunderlich 2005/2007