Novalis
Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg wurde am 2. Mai 1772 auf dem Familiengut Oberwiederstedt bei Mansfeld geboren. Sein Vater Heinrich Ulrich Erasmus Freiherr von Hardenberg (1738 – 1814) war ein streng gläubiges Mitglied der Herrnhuter Brüdergemeine. Nach dem Frieden von Hubertusburg, der 1763 den Siebenjährigen Krieg beendete, quittierte Hardenberg den Militärdienst bei den hannoverschen Truppen der preußischen Armee und heiratete. Gut ein Jahr nachdem seine erste Frau 1769 an Blattern gestorben war, vermählte sich Hardenberg mit seiner Base Bernhardine von Boltzig (1749 – 1818), die er bei ihrem zweiten Vornamen nannte: Auguste. Sie gebar elf Kinder. Friedrich war ihr zweites Kind; er war ein Jahr jünger als seine Schwester Caroline. Als Hardenberg 1784 zum Direktor der kursächsischen Salinen Dürrenberg, Kösen und Artern ernannt wurde, kaufte er für sich und seine Familie ein Haus in Weißenfels an der Saale, wo sich die Hauptverwaltung der Salinen befand.
Friedrich von Hardenberg wurde zunächst von Hauslehrern unterrichtet. Im Alter von zwölf Jahren lebte er aus erzieherischen Gründen einige Zeit bei Friedrich Wilhelm Freiherr von Hardenberg, dem älteren Bruder seines Vaters, in Lucklum. 1790 schrieb sich Friedrich von Hardenberg an der juristischen Fakultät der Universität Jena ein, doch statt Rechtswissenschaften studierte er Geschichte, hörte Vorlesungen von Johann Gottlieb Fichte (1762 – 1814) und studierte Geschichte bei Friedrich Schiller. Von Jena wechselte Friedrich von Hardenberg nach Leipzig und von dort später nach Wittenberg.
Im Herbst 1794 wurde Friedrich von Hardenberg von dem Kreisamtmann August Coelestin Just in Tennstedt als Aktuarius (Schriftführer) aufgenommen. Bei dieser Tätigkeit sollte er Erfahrungen in der Verwaltung sammeln, bevor er im Januar 1795 in der Salinendirektion in Weißenfels zu arbeiten anfing.
Als Friedrich von Hardenberg mit Coelestin Just auf Schloss Grüningen zu tun hatte, lernte er die zwölfjährige Sophie von Kühn kennen – und verliebte sich auf den ersten Blick in sie.
Das Schloss war von Sophies Großvater Johann von Kühn gebaut worden. Dessen Sohn Wilhelm hatte nach dem Tod von Sophies Mutter eine Frau namens Wilhelmine Schaller geheiratet, die, nachdem sie Witwe geworden war, 1787 mit Johann Rudolf von Rockenthien getraut worden war. Am 13. März 1795, zwei Tage vor Sophies 13. Geburtstag, verlobte sich Friedrich von Hardenberg mit ihr. Doch das Mädchen starb am 19. März 1797, zwei Tage nach seinem 15. Geburtstag. Obwohl Hardenberg durch den Tod seiner Braut verstört war, verlobte er sich im Dezember 1798 mit Julie von Charpentier (1778 – 1811), einer Tochter des Professors Johann Friedrich Wilhelm Toussaint von Charpentier (1738 – 1805), der an der Bergakademie Freiberg lehrte, wo Friedrich von Hardenberg von 1797 bis 1799 Naturwissenschaften studierte.
Unter dem Titel „Blütenstaub“ veröffentlichte Novalis – so nannte sich Friedrich von Hardenberg als Dichter – in der Halbjahresschrift „Athenaeum“ 1798 erste literarische Arbeiten. Novalis wandte sich der romantischen Mystik zu und strebte eine Synthese von Poesie und Wissenschaft an, eine „progressive Universalpoesie“ (Friedrich Schlegel). Ein Dichter habe die Aufgabe, in der Natur die Zeichen des Überirdischen zu entdecken, meinte er. Die blaue Blume („Heinrich von Ofterdingen“) symbolisierte für ihn die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren. Novalis gilt als Inbegriff eines frühromantischen Poeten und bedeutendster Dichter des Jenaer Kreises.
Nach dem Abschluss des Studiums an der Bergakademie Freiberg kehrte Friedrich von Hardenberg zur Salinendirektion in Weißenfels zurück und brachte es dort im Dezember 1799 zum Assessor. Ein Jahr später wurde er außerdem Supernumerar-Amtshauptmann für den Thüringischen Kreis. (Das Amt entsprach dem eines heutigen Landrats.)
1800 erkrankte Novalis an Tuberkulose und erholte sich nicht mehr. Er starb am 25. März 1801 in Weißenfels im Alter von achtundzwanzig Jahren.
Seine Freunde Friedrich von Schlegel (1772 – 1829) und Ludwick Tieck (1773 – 1853) veröffentlichten seine hinterlassenen Werke – darunter die Romanfragmente „Heinrich von Ofterdingen“ und „Die Lehrlinge zu Sais“ – und prägten das Bild vom todgeweihten, als Fremdling durch das irdische Leben schreitenden Dichter.
Literatur über Novalis bzw. Friedrich von Hardenberg
- Winfried Freund: Novalis
- Hermann Kurzke: Novalis
- Novalis. Dokumente seines Lebens und Sterbens
(Hg.: Hermann Hesse und Karl Isenberg) - Gerhard Schulz: Novalis
- Herbert Uerlings: Blüthenstaub. Rezeption und Wirkung des Werkes von Novalis
- Herbert Uerlings: Novalis. Poesie und Poetik
- Herbert Uerlings: Novalis und die Wissenschaften
- Herbert Uerlings: Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis. Werk und Forschung
- Berbeli Wanning: Novalis zur Einführung
© Dieter Wunderlich 2008
Romantik
Die blaue Blume der Romantik
Penelope Fitzgerald: Die blaue Blume