Mary Quant und der Minirock


Mary Quant wurde am 11. Februar 1934 in Blackbeath in der südenglischen Grafschaft Kent geboren. Ihre Eltern – der Vater war Lehrer – kamen aus Wales.

Nach dem Studium am »Goldsmith College of Art« – der führenden Design-Schule in London – fing sie bei einer Modistin zu arbeiten an. Im Oktober 1955 eröffnete Mary Quant mit ihrem späteren Ehemann Alexander Plunket Greene (1932 – 1990) zusammen eine kleine Boutique in der King’s Road im Londoner Arbeiterviertel Chelsea, die sie »Bazaar« nannte. Bald darauf begann sie, selbst Kleidungsstücke zu entwerfen, aber sie verzichtete auf teure Stoffe, hielt die Preise ihrer Kreationen niedrig und hatte deshalb viele junge Kundinnen – auch unter den Künstlern, die zu dieser Zeit in das Viertel zogen und den »Chelsea Set« bildeten. »Snobbery has gone out of fashion«, erklärte Mary Quant, »and in our shops you will find duchesses jostling with typists to buy the same dresses.«

Aufgrund des Erfolgs eröffnete sie 1961 ein zweites Geschäft in Knightsbridge, und für den Versandhandel gründete sie zwei Jahre später die »Ginger Group«. Ab 1965 lieferte sie sogar in die USA.

Nachdem die Damenröcke seit Ende der Fünfzigerjahre kürzer geworden waren, führte Mary Quant Anfang der Sechzigerjahre einen so genannten Minirock ein, der mindestens zehn Zentimeter über dem Knie der Trägerin endete.

Der Franzose André Courrèges (* 1923) kreierte 1965 ebenfalls Miniröcke, aber niemand tat mehr für die Verbreitung dieses Kleidungsstücks als Mary Quant, und deshalb gilt sie als die Erfinderin. 1962 stellte die internationale Modezeitschrift »Vogue« erstmals einen Minirock vor. Bald darauf defilierte das wegen seines knabenhaften, extrem schlanken Körpers (78 – 55 – 80) »Twiggy« (Zweiglein) genannte Kultmodel Lesley Hornby in Minikleidern über den Laufsteg. Die zunächst als skandalös empfundene Beinfreiheit traf den Nerv der Zeit: Der freche Minirock entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zum Symbol eines neuen weiblichen Selbstbewusstseins und der »Swinging Sixities«.

Für ihre Verdienste als Modeschöpferin bzw. ihren Beitrag zur britischen Außenhandelsbilanz wurde Mary Quant 1966 von Königin Elisabeth II. im Buckingham Palace mit dem »Order of The British Empire« ausgezeichnet. Selbstverständlich erschien sie zu der feierlichen Zeremonie im Minirock.

Dabei galt der Minirock zu dieser Zeit noch als schockierend. Er sei ein Zeichen des von Sex und Exhibitionismus geprägten Zeitgeistes, hieß es. »Der Minirock ermöglicht jungen Damen schneller zu laufen«, witzelte der New Yorker Bürgermeister John Lindsay, »und weil sie ihn tragen, müssen sie das auch können.« In britischen und amerikanischen Schulen wurden präzise Vorschriften erlassen, und im Zweifelsfall griff die Lehrerin zum Maßband, um festzustellen, ob der Rock einer Schülerin nicht zu kurz war. Anna Wintour (* 1949), die spätere Chefredakteurin von »Vogue«, musste wegen eines Minirocks sogar das »North London Collegiate« verlassen. In Deutschland hatten sich Arbeitsgerichte mit der Frage zu befassen, ob Miniröcke im Büro getragen werden durften oder nicht.

Weil sich Miniröcke schlecht mit Strapsen kombinieren ließen, verhalf Mary Quant mit dem Minirock zugleich der Feinstrumpfhose zum Durchbruch. Es gab sie zwar seit dem Ende der Fünfzigerjahre zu kaufen, aber erst jetzt verdrängte sie Nylons und Strumpfhalter.

Ende der Sechzigerjahre machten Yves Saint Laurent (* 1936) und das Modehaus »Christian Dior« den Minirock gesellschaftsfähig.

Zur gleichen Zeit verbrannten junge Frauen demonstrativ ihre Büstenhalter, trugen nur noch knappe Höschen als Unterwäsche und ließen am Strand die Bikini-Oberteile weg. Mit durchsichtigen Blusen auf der nackten Haut – wie von Yves Saint Laurent propagiert – wagten sich allerdings nur wenige in die Straßen deutscher Städte.

Als Mary Quant den Minirock im Sommer 1969 zum Micro-Mini schrumpfen ließ, der das Höschen kaum noch verbarg, konstatierte Marc Bohan von »Christian Dior«: »Kürzer können Röcke nicht mehr werden; also werden sie bald wieder länger werden.« Damit behielt er recht: In der folgenden Saison machten Midi und Maxi dem Mini Konkurrenz.

Daraufhin stellte Mary Quant im Sommer 1971 Hot Pants vor, Shorts, die so kurz waren, dass sie den unteren Teil der Gesäßbacken nicht mehr bedeckten. (Als Folge bot die Industrie Feinstrumpfhosen ohne verstärkten Slipteil an.) Eine Zeit lang wurden Miniröcke und Hot Pants auch mit Maxi-Mänteln kombiniert.

Weil auch Frauen mit kurzen, dicken Beinen in Miniröcken bzw. Hot Pants herumliefen, sah Mary Quant die von ihr selbst angestoßene Entwicklung zunehmend kritisch. Sie konzentrierte sich schließlich mehr aufs Geschäft, nahm Kosmetikartikel und Bettwäsche ins Angebot auf und eröffnete Jahr für Jahr neue Läden, zweihundert allein in Japan.

Im Jahr 2000, mit sechsundsechzig, zog Mary Quant sich aus der Firmenleitung zurück.

© Dieter Wunderlich 2007

Katharina Hacker - Skip
Skips persönliche Geschichte spielt sich vor dem Hintergrund politischer, vor allem Israel betreffender Ereignisse ab. Menschen werden durch Terroranschläge und Katastrophen plötzlich aus dem Leben gerissen. Katharina Hacker beschränkt sich nicht auf die geheimnisvollen Vorgänge, bei denen Skip Sterbende in einer Zwischenwelt zu trösten versucht, sondern lädt darüber hinaus mysteriöse Gestalten symbolisch auf.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.