Katherine Mary Knight


Katherine Mary Knight wurde am 24. Oktober 1955 eine halbe Stunde nach ihrer Zwillingsschwester Joy im Krankenhaus von Tenterfield im Südwesten Australiens geboren. Ihre Mutter Barbara hatte bereits vier Söhne aus ihrer früheren Ehe mit Jack Roughan und einen weiteren Sohn mit Katherines Vater Ken Knight. Als Joy und Katherine sechs Jahre alt waren, bekamen sie noch einen Bruder.

Ken Knight arbeitete als Schlachter und zog mit seiner Familie in Neusüdwales und Queensland herum, bis er 1969 in einem Schlachthaus von Aberdeen, zweihundert Kilometer nördlich von Sydney, einen dauerhaften Arbeitsplatz fand.

Mit sechzehn halfen Joy und Katherine ihrem Vater und ihrem älteren Bruder Charlie beim Entbeinen der geschlachteten Tiere. Die blutige Arbeit gefiel Katherine, und die scharfen Messer hatten es ihr angetan. Deshalb ließ sie sich fest im Schlachthaus anstellen.

Im Privatleben war Katherine Mary Knight auch nicht zimperlich. Der LKW-Fahrer David Kellet, mit dem sie von 1974 bis 1984 verheiratet war und zwei Kinder hatte, sagte später aus, sie sei »unpredictably violent« gewesen, habe ihm in der Hochzeitsnacht aus Frustration über den ausbleibenden Orgasmus die Kehle zugedrückt, und eines Morgens sei er aufgewacht, als sie sich mit einem Messer in der Hand auf seine Brust gesetzt habe, um ihm zu veranschaulichen, wie einfach sie ihn hätte umbringen können.

Im Juni 1988 kam Katherine Knight mit einer Tochter nieder. Zu dieser Zeit lebte sie mit einem Mann namens David Saunders zusammen, der sie bei Streitigkeiten geschlagen haben soll. Nach so einer Prügelei lief Katherine Knight mit einem Messer ins Freie und schnitt dem acht Wochen alten Hund ihres Lebensgefährten vor dessen Augen die Kehle durch. Ein anderes Mal rammte sie Saunders eine Schere in den Bauch, und in einem weiteren Wutanfall zerschnitt sie alle seine Kleidungsstücke bis auf die, die er am Leib trug.

John Chillingworth, mit dem Katherine Knight von 1990 bis 1993 zusammenlebte und der wohl der Vater ihres im März 1991 geborenen Sohnes war, behauptete später, sie habe ihm nicht nur die Brille heruntergerissen und zerbrochen, sondern außerdem das künstliche Gebiss mutwillig zertrümmert.

Heftige Streitigkeiten gab es auch in ihrer nächsten Beziehung mit dem knapp ein Jahr jüngeren, seit 1988 geschiedenen John Price. Ihn verletzte Katherine Knight einmal mit einem Messer an der Brust. Ein fortwährender Anlass für Auseinandersetzungen war die Frage, ob seine beiden oder ihre vier Kinder das ihm gehörende Haus in Aberdeen bekommen sollten. Mehrmals drohte Katherine Knight auch vor Zeugen, ihren Lebensgefährten zu töten oder zu kastrieren (»If you leave me, I will cut your balls out!«).

Später gelangte ein Richter zu der Überzeugung, dass Katherine Knight in ihren verschiedenen Beziehungen, von denen keine stabil oder gar harmonisch war, zu Aggressionen und Bosheiten, Gewalttätigkeiten, Racheakten und Grausamkeiten neigte, sich jedoch stets als unschuldiges Opfer darstellte.

Anfang 2000 spitzte sich die Situation zu. Am 27. Februar suchte John Price Zuflucht bei dem befreundeten Nachbarn Anthony Keegan und rief die Polizei, weil ihn seine Lebensgefährtin angeblich mit einem Schlachtermesser

bedroht hatte. Katherine Knight stritt dies ab und zeigte ihrerseits den Polizisten, mehreren Verwandten und einem Arzt Hämatome an ihrem Kinn und an ihrer rechten Brust, von denen sie behauptete, Price habe sie ihr zugefügt. Dieser erzählte am nächsten Tag seinem Arbeitgeber, er habe nach dem Aufwachen befürchtet, Katherine könne in ihrer hinter dem Rücken verborgenen Hand ein Messer halten. Deshalb sei er aus dem Bett gesprungen und aus dem Schlafzimmer gerannt. Am 29. Februar zeigte Price seine gewalttätige Lebensgefährtin an und erklärte, sie habe gedroht, ihm den Penis abzuschneiden.

An diesem Abend lud Katherine Knight ihre Tochter Natasha und andere Angehörige in ein Restaurant ein, und obwohl es keinen Anlass zum Feiern gab, meinte sie: »I want it to be special.« Ihre beiden jüngeren Kinder, die noch bei ihr und John Price im Haus lebten, sollten in dieser Nacht bei ihrer älteren Schwester schlafen.

Als Katherine Knight von dem Essen nach Hause kam, scheint sie sich mit John Price versöhnt zu haben. Jedenfalls ging die Vierundvierzigjährige mit ihm ins Bett, und sie liebten sich. Nachdem Price eingeschlafen war, fiel Katherine Knight jedoch mit einem langen Messer über ihn her.

Price floh blutüberströmt aus dem Bett, knipste das Licht in der Diele an und wollte ins Freie. Den Blutspuren zufolge scheint es ihm gelungen zu sein, die Haustür zu öffnen, aber da brach er, von weiteren Stichen in den Rücken getroffen, zusammen und wurde von der Angreiferin in die Diele zurückgezerrt. Mindestens siebenunddreißig Mal stach Katherine Knight zu und traf unter anderem beide Lungen, die Leber, den Magen, die Bauchspeicheldrüse, die linke Niere, den Dickdarm und die Aorta. John Price blutete so heftig, dass die Lache in der Halle mehrere Stunden später, als die Polizei kam, noch nicht geronnen war.

Katherine Knight muss kurz das Haus verlassen haben, nachdem Price bereits tot war, denn sie hob in dieser Nacht um 2.30 Uhr und um 2.35 Uhr an einem Bankautomaten in Muswellbrook jeweils 500 Dollar von seinem Konto ab.

Nachdem der Tote einige Zeit in der Diele gelegen hatte, zog ihn Katherine Knight ins Wohnzimmer, ohne auf das dadurch verschmierte Blut zu achten. Dort häutete sie ihn, und zwar so geschickt und sachkundig, dass sie die gesamte Haut vom Kopf bis zu den Füßen in einem einzigen Stück an einen Haken im Türbalken hängen konnte. Nur auf der linken Brusthälfte ließ sie ein Stück Haut mit der Narbe von ihrer früheren Messerattacke zurück. Danach trennte Katherine Knight ihrem toten Lebensgefährten mit einem scharfen Messer den Kopf ab und schnitt außerdem die Gesäßbacken aus der Leiche. Nachdem sie die abgetrennten Körperteile in die Küche gelegt hatte, putzte sie Gemüse – inzwischen graute bereits der Morgen – und stellte einen großen Kochtopf mit dem abgehäuteten Kopf und einem Teil des Gemüses auf den Herd. Schließlich richtete sie zwei im Backrohr gebratene Fleischstücke mit Gemüse an und legte zu den beiden Tellern Zettel für den Sohn und die Tochter des Ermordeten. Ein übrig gebliebenes Stück Fleisch warf sie auf den Rasen.

Als die von einem Nachbarn gerufenen Polizisten am 1. März 2000 gegen 8 Uhr das Haus betraten, bot sich ihnen ein Bild des Grauens, aber es handelte sich nicht um ein Splattermovie, sondern um die Wirklichkeit. Einige der Ermittler mussten nach der Spurensicherung psychologisch betreut werden, weil sie ohne Hilfe nicht über den Schock hinwegkamen. Der einzigartige Fall sorgte für entsprechende Schlagzeilen nicht nur in der australischen, sondern auch in der internationalen Presse.

Katherine Knight wurde festgenommen. Eine Blutprobe ergab, dass sie weder unter Drogen stand noch Alkohol getrunken hatte. In einem Verhör am 4. März behauptete sie, sich an nichts erinnern zu können, was mit dem Tod ihres Lebensgefährten zusammenhing: »I really don’t know nothing.« Nach elf Monaten, am 2. Februar 2001, klagte die Staatsanwaltschaft Katherine Mary Knight wegen Mordes an. Der Prozess sollte am 23. Juli beginnen, musste jedoch wegen der Erkrankung des Verteidigers verschoben werden.

Am 15. Oktober, neun Tage vor Katherine Knights 46. Geburtstag, trat das Geschworenengericht in Newcastle in Neusüdwales zusammen, um über die Mordanklage zu entscheiden. Wegen der außergewöhnlich grausamen Tatumstände erlaubte man den Personen, die für die Jury ausgewählt worden waren, das Geschworenenamt auszuschlagen, falls sie psychische Schäden für sich befürchteten.

Katherine Knight beteuerte nach wie vor, sich an die Tat nicht erinnern zu können. Die Sachverständigen diagnostizierten zwar Ansätze einer Persönlichkeitsstörung (»borderline personality disorder«), versicherten jedoch, Katherine Knight sei nicht geisteskrank und deshalb voll schuldfähig. Das Gericht befand sie denn auch am 18. Oktober für schuldig, ihren Lebensgefährten vorsätzlich ermordet zu haben und verurteilte sie am 8. November als erste Frau in Australien zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne die Möglichkeit einer Entlassung. »The level of culpability of the prisoner is […] extreme. The murder was premeditated«, heißt es in der Urteilsbegründung. »The last minutes of his [John Price’s] life must have been a time of abject terror for him, as they were a time of utter enjoyment for her.« – Jonathan Price, der Sohn des Ermordeten, bedauerte es gegenüber Reportern, dass in Australien nicht die Todesstrafe verhängt werden konnte.

Fünf Jahre später sorgte Katherine Knight nochmals für Schlagzeilen: Sie legte im Juni 2006 Berufung gegen die lebenslange Freiheitsstrafe ein. Der für Neusüdwales zuständige Court of Criminal Appeal wies den Antrag allerdings im September zurück. Richter McClellan begründete das damit, dass sich Katherine Mary Knight eines schrecklichen Verbrechens »almost beyond contemplation in a civilised society« schuldig gemacht habe.

© Dieter Wunderlich 2008

Stefanie Bachstein - Du hättest leben können
"Du hättest leben können" ist kein abstrakter, sondern ein szenisch umgesetzter Bericht, in dem eine um ihr Kind trauernde Mutter differenziert und ohne Larmoyanz das Gefühlschaos darstellt, in dem sie sich zurechtfinden muss. Gleichzeitig untersucht sie die strukturellen Mängel im Umgang mit ärztlichen Kunstfehlern und fordert Verbesserungen.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.