Emmas Glück

Emmas Glück

Emmas Glück

Originaltitel: Emmas Glück – Regie: Sven Taddicken – Drehbuch: Ruth Toma und Claudia Schreiber, nach dem Roman "Emmas Glück" von Claudia Schreiber – Kamera: Daniela Knapp – Schnitt: Andreas Wodraschke – Musik: Christoph Blaser, Steffen Kahles – Darsteller: Jördis Triebel, Jürgen Vogel, Martin Feifel, Hinnerk Schönemann, Nina Petri u.a. – 2006; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Als Max, ein Gebrauchtwagenverkäufer Mitte 30, vom Arzt erfährt, dass er unheilbar krank ist, will er seine letzten Wochen in Mexiko verbringen und noch etwas vom Leben haben. Er stiehlt 70 000 Euro aus der Firmenkasse und rast mit dem Jaguar eines Kunden davon. Unterwegs gibt er Vollgas und schließt die Augen. Der Wagen überschlägt sich und landet neben einem abgelegenen Bauernhof, auf dem die eigensinnige, überschuldete Jungbäuerin Emma ganz allein lebt ...
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Kritik

"Emmas Glück", die Verfilmung eines Romans von Claudia Schreiber durch Sven Taddicken – eine eigenwillige Mischung aus Heimatfilm, Romanze und Tragikomödie, Posse und Groteske – ist v. a. wegen der facettenreichen, von Jördis Triebel überzeugend dargestellten Titelfigur sehenswert.
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„Machen Sie weiter wie bisher“, rät der Arzt (Maik Solbach) dem introvertierten Gebrauchtwagenverkäufer Max (Jürgen Vogel), nachdem er ihm den Befund einer Tomografie mitgeteilt hat: Pankreas-Karzinom, inoperabel. Verzweifelt über die Aussicht, nur noch wenige Monate zu leben, ruft der Mitdreißiger beim Reisebüro an, um den geplanten Mexiko-Urlaub zu verlängern. Das bereits gebuchte Rückflugticket benötige er nicht mehr, erklärt er. Wie lange es wohl dauern wird, schwimmen zu lernen, überlegt er. Bevor er zum Flughafen fährt, stiehlt er seinem Freund und Chef Hans (Martin Feifel) das bei rechnungslosen Gebrauchtwagengeschäften erwirtschaftete Schwarzgeld, wird ertappt und flieht mit dem Jaguar eines Kunden (Steffen Schroeder).

Unterwegs drückt Max das Gaspedal ganz durch, lässt das Steuer los und schließt die Augen. In einer Kurve rast der Wagen über den Straßenrand hinaus, überschlägt sich, durchbricht einen Zaun und bleibt mit dem Dach nach unten neben einem einsamen Bauernhof liegen.

Den hat die früh verwaiste Jungbäuerin Emma (Jördis Triebel) von ihrem Großvater geerbt. Die Dreißigjährige lebt hier ganz allein. Wenn sie ein Schwein schlachtet, zerrt sie es nicht wie ihr Großvater an einem Strick aus dem Stall, sondern spielt mit ihm auf der Wiese, liebkost es, schneidet ihm dann blitzschnell die Kehle durch und spricht beruhigend auf das Tier ein, bis es verendet ist. „Nur die Angst vor dem Tod ist schlimm, nicht der Tod selbst“, wird sie Max später erklären. Aber die Hühner, Gänse und Schweine bringen nicht genügend ein: In sechs Wochen soll der Hof zwangsversteigert werden, wenn Emma nicht bis dahin ihre 67 000 Euro Schulden tilgt. Die Räumungsklage wurde ihr kürzlich von Henner (Hinnerk Schönemann) überbracht, dem vertrottelten Dorfpolizisten, der ungeschickt um Emma wirbt, obwohl ihn seine Mutter warnt: „Die ist dir über!“ Emma hält sich den Verliebten mit einem Gewehr vom Leib. Ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigt sie, indem sie sich auf ihr Moped setzt, das so unwuchtig rattert, dass sie auf dem Weg ins Dorf zum Orgasmus kommt.

Emma zieht Max aus dem Wrack und trägt den Bewusstlosen ins Haus. Nachdem sie ihn bis auf die Unterwäsche ausgezogen hat, betrachtet sie ihn liebevoll, streichelt zärtlich seine Haut und schaut erwartungsvoll in seine Unterhose. In den Trümmern des Jaguar findet sie eine Plastikdose mit einem dicken Geldbündel. 70 000 Euro! Die versteckt sie. Dann überschüttet sie das Wrack mit Zweitaktgemisch und zündet es an.

Nachdem das Feuer ausgegangen ist, kommt Henner mit einem Abschleppunternehmer, der sofort merkt, dass das Auto nicht von selbst in Brand geriet. Henner fragt nach dem Fahrer, aber Emma behauptet, nichts über ihn zu wissen, und die polizeiliche Suche bleibt erfolglos. Das Wrack wird weggebracht.

Als Max zu sich kommt, erzählt ihm Emma, was geschehen ist, lügt aber, das Auto sei beim Aufprall in Flammen aufgegangen und sie habe nichts herausgenommen.

Die sinnliche und urwüchsige Bäuerin verliebt sich in den stillen, todkranken Stadtmenschen, der sich vor der Polizei versteckt. Allmählich beginnt Max, ihre Gefühle zu erwidern. Um ihr etwas Gutes zu tun, räumt er ihre verwahrloste Küche auf und repariert ahnungslos ihr Moped. Emma reagiert entsetzt darauf und verlangt, dass Max die Unwucht an ihrem Moped wieder herstellt. Mit der aufgeräumten Küche findet sie sich nach einigem Schimpfen ab.

Zufällig findet Max die leere Plastikdose – und begreift, dass Emma das Geld genommen hat. Er stellt sie zur Rede, aber sie verrät ihm nicht, wo sie es versteckt hat. Nachts ringt sie mit sich, holt schließlich das Banknotenbündel, packt es wieder in die Dose und schiebt sie unter die Matratze des Schlafenden, sodass er das Geld beim Aufwachen findet.

In derselben Nacht schleicht Hans auf der Suche nach Max und seinem Geld auf dem Bauernhof herum. Emma bemerkt ihn, pirscht sich von hinten an ihn heran, stößt ihn in einen leeren Schweinekoben und sperrt ihn ein.

Während Emma im Dorf ist, um eine Flasche Wein zu kaufen, weil Max Coq au vin kochen möchte, erscheint Henner mit Emmas Gläubiger auf dem Bauernhof und ertappt Max, der gerade versucht, ein Huhn zu fangen. So erfährt Max, der sich als Besucher Emmas ausgibt, von der drohenden Zwangsversteigerung. Kurzerhand tilgt er die Schulden mit dem gestohlenen Geld.

Als der abgestellte Strom wieder eingeschaltet wird und Emma merkt, was Max getan hat, ist sie glücklich. Die beiden verbringen ihre erste Liebesnacht miteinander.

Kurz danach krümmt Max sich wieder vor Schmerzen. Erschrocken holt Emma Hans aus dem Verlies. Der erweist sich beim Anblick des Schwerkranken als guter Freund: Statt an das gestohlene Geld und den Wagen zu denken, fährt er Max ins Krankenhaus.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Sobald es Max wieder etwas besser geht, heiratet er Emma. Bei der Hochzeitsfeier, zu der sie Hans und Dagmar (Nina Petri), die Sekretärin des Autohauses, eingeladen haben, gesteht Max seinem Freund unter vier Augen, er habe mit dem gestohlenen Geld Emmas Schulden bezahlt. Hans erklärt großmütig, dass entsprechend der Buchführung kein Geld in der Firmenkasse fehle.

Nachdem Hans und Dagmar weggefahren sind, trägt Emma ihren Bräutigam über die Schwelle ins Haus.

Noch einmal lieben sich die beiden.

Dann trägt Emma den Todkranken unter einen Baum und legt ihn ins Gras. Sie kniet sich hinter seinen Kopf, aber sie bringt es nicht fertig, ihn zu töten. Sanft drückt Max ihr das Schlachtermesser wieder in die Hand und bittet sie, ihm eine Geschichte zu erzählen. Noch während sie das tut, schneidet sie ihm die Kehle durch. Dann redet sie beruhigend auf ihn ein, bis er tot ist. Erst dann wirft sie sich schluchzend über ihn.

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Sven Taddicken verfilmte den 2003 veröffentlichten Roman „Emmas Glück“ von Claudia Schreiber (* 1958). Die Fabel handelt von Selbstbestimmung und führt uns vor Augen, dass das Glück nicht in der Ferne, sondern in der Nähe zu finden sein kann. Die Themen Freitod und Sterbehilfe werden allerdings nicht vertieft, sondern poetisch-unkritisch verklärt.

„Emmas Glück“ ist eine eigenwillige Mischung aus Heimatfilm, Romanze und Tragikomödie, Posse und Groteske. Obwohl die schlichte Geschichte traurig ist, wechselt Sven Taddicken zwischen besinnlichen Szenen und Klamauk (für den wieder einmal ein vertrottelter Dorfpolizist herhalten muss). Sehenswert ist „Emmas Glück“ vor allem wegen der facettenreich angelegten Figur der störrischen Bäuerin Emma, einer urwüchsigen Kämpfernatur, die von der Berliner Schauspielerin Jördis Triebel (* 1977) eindrucksvoll und nuanciert dargestellt wird.

Die Dreharbeiten fanden 2005 im Oberbergischen Land statt.

Den Roman „Emmas Glück“ gibt es gebunden (190 Seiten, Reclam, Leipzig 2003, ISBN: 978-3379008051, 12 €), als Taschenbuch (Goldmann, München 2005, ISBN: 978-3442458677, 7.95 €) und als Hörbuch (Hörbuch Hamburg, Hamburg 2005, ISBN: 978-3899032147, 24.90 €).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.