Tage und Wolken
Tage und Wolken
Inhaltsangabe
Kritik
Elsa (Margherita Buy) ist Kunsthistorikerin in Genua. Weil ihr Ehemann Michele (Antonio Albanese) als Gesellschafter eines Schiffbauunternehmens gut verdient, kann die Mittvierzigerin es sich leisten, ehrenamtlich mit zwei anderen Frauen (Nicoletta Maragno, Arianna Comes) an der Restaurierung eines Deckenfreskos zu arbeiten und zu promovieren. Für die Zeit danach planen Elsa und Michele einen Urlaub in Kambodscha.
Zum Verdruss Micheles verwendete die zwanzigjährige Tochter Alice (Alba Rohrwacher) das Geld, das er ihr fürs Studium gegeben hatte, um mit ihrem Freund Riki zusammen (Fabio Troiano) ein Restaurant zu eröffnen. Michele erträgt es kaum, Alice dort kellnern zu sehen und wirft ihr mangelnden Ehrgeiz vor.
Am Morgen nach der Promotionsfeier seiner Frau gesteht Michele, dass er seit zwei Monaten arbeitslos ist. Das Unternehmen, das er mit seinem Freund Roberto (Alberto Giusta) zusammen geführt hatte, war in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Deshalb nahmen sie einen dritten Teilhaber dazu, dessen Sanierungspläne Michele nicht akzeptieren wollte. Roberto dagegen fand die Vorschläge gut. So kam es, dass Michele ausgebootet wurde. Seit zwei Monaten bemüht er sich vergeblich um einen neuen Job. Elsa fällt aus allen Wolken. Warum er ihr nichts gesagt habe, fragt sie. Weil er ihr die Aufregung vor dem Rigorosum habe ersparen wollen, beteuert Michele und sieht dabei aus wie ein Schuljunge, der den Eltern schlechte Noten verschwieg.
Erst allmählich begreift Elsa, was die Arbeitslosigkeit ihres Mannes bedeutet. Als sie von den Restaurierungsarbeiten nach Hause kommt, führt ein Immobilienmakler (Fabio Fiori) Interessenten durch die Wohnung. Michele erklärt ihr, dass sie die repräsentative Wohnung in der Stadtmitte verkaufen müssen. Um der Hausangestellten Daisy (Lindamilage Pathmini Fernando) die vertraglich vereinbarte Abfindung bezahlen zu können, muss Michele seine kleine Segelyacht verkaufen. Vor Jahren lieh er seinem Freund Claudio (Roberto Serpi) Geld, damit dieser sich ein Architekturbüro einrichten konnte. Michele ist es zwar peinlich, aber er fragt ihn, ob er das Darlehen zurückzahlen könne. Als Claudio beteuert, das habe er längst getan, steht Michele wütend auf und lässt ihn sitzen. Er erkundigt sich, wieviel er sparen könnte, wenn er seinen Vater (Arnaldo Ninchi), einen früheren Schiffskapitän, im Pflegeheim von einem Einzel- in ein Doppelzimmer verlegen lassen würde. Ihrer Tochter verschweigen Elsa und Michele das Problem ebenso wie den Freunden Fabrizio (Carlo Scola) und Nadia (Carla Signoris). Michele übernimmt sogar die Restaurantrechnung, als sie essen gehen.
Endlich wäre eine Firma bereit, Michele einzustellen. Weil das Gehalt nur halb so hoch wäre wie sein früheres Einkommen, meint auch Elsa, er solle auf ein besseres Angebot warten. Das bleibt jedoch aus. Elsa fängt dagegen zusätzlich zu den ehrenamtlichen Restaurierungsarbeiten als Teilzeitkraft in einem Call-Center an und übernimmt außerdem die Vertretung für eine schwangere Sekretärin in einer Reederei. Wenn sie nach zwölf Stunden Arbeit heimkommt, ist sie todmüde und gereizt. Michele erträgt es kaum, dass seine Frau den Lebensunterhalt verdient. Seine Nerven liegen blank. Immer häufiger kommt es deshalb zum Streit zwischen ihm und Elsa. In seiner Verzweiflung lässt er sich als Kurierfahrer anstellen – und wird dabei von seiner Tochter gesehen. Auf diese Weise erfährt Alice das Geheimnis ihres Vaters. Sie bietet ihm Hilfe an, aber da schlägt Micheles Frustration in Aggression um; es kommt zum Streit, und am Ende ohrfeigt Michele seine Tochter.
Elsa und Michele ziehen in eine Wohnung in einer hellhörigen Mietskaserne am Stadtrand, die Michele zusammen mit seinen früheren, inzwischen ebenfalls arbeitslosen Mitarbeitern Vito (Giuseppe Battiston) und Luciano (Antonio Carlo Francini) renoviert. Der Nachbar Ragionier Terzetti (Teco Celio), der sie dabei beobachtet, lässt sich von ihnen ebenfalls die Wohnung tapezieren. Er empfiehlt das Team auch noch einer weiteren Nachbarin, die ihre Wohnung für die bevorstehende Hochzeitsfeier ihrer Tochter verschönern möchte: Bianca Carminati (Orietta Notari). Doch bevor dort die Arbeit beginnen kann, finden Vito und Luciano neue Jobs. Michele versucht sich allein mit den Tapeten, aber es gelingt ihm nicht, und er flüchtet.
Eines Abends, als Elsa nach Hause fahren will, bleibt auch noch das Auto mit einem Motorschaden liegen.
Michele gibt auf. Er geht zu keinen weiteren Vorstellungsgesprächen mehr, liegt nur noch depressiv auf der Couch und lässt die Wohnung verwahrlosen. Die aufgestaute Spannung entlädt sich in einem heftigen Streit mit Elsa. Daraufhin sucht Michele Zuflucht bei Riki und Alice, die ihn vorübergehend aufnehmen.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
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Elsas Chef in der Reederei nutzt einen erfolgreichen Vertragsabschluss, um seine neue Angestellte zu küssen. Er würde gern eine Affäre mit ihr anfangen, und Elsa gerät in Versuchung.
Misstrauisch und eifersüchtig schleicht Michele seiner Frau nach und folgt ihr von der Reederei zu der Kirche mit dem Deckenfresko, dessen Restaurierung soeben abgeschlossen wurde. Elsa legt sich auf den Boden und betrachtet es. Michele kommt herein und legt sich neben sie.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)In seinem Drama „Tage und Wolken“ geht Silvio Soldini der Frage nach, was das unerwartete Abrutschen in die Arbeitslosigkeit für eine Mittelschicht-Familie bedeutet. Einfühlsam zeigt er, wie der soziale Abstieg nicht nur die Betroffenen belastet und ihre Nerven blank liegen lässt, sondern auch die Beziehungen innerhalb der Familie einer Zerreißprobe aussetzt. Einer starken Frau steht dabei ein überforderter Ehemann gegenüber. „Tage und Wolken“ weist zwar Längen auf, ist aber sehenswert wegen des in der Wirtschaftskrise aktuellen Themas, der eingehenden Darstellung der psychischen Vorgänge und ausgezeichneter schauspielerischer Leistungen vor allem von Margherita Buy, Antonio Albanese und Alba Rohrwacher.
Unter der fast dokumentarischen Realismusoberfläche der Erzählung arbeitet eine Albtraumlogik, die dem Ganzen Stimmigkeit verleiht. (Rainer Gansera, Süddeutsche Zeitung, 9. Oktober 2008)
Welche Auswirkungen Arbeitslosigkeit auf eine Ehe haben kann, zeigt auch Annette Pehnt in ihrem Roman „Mobbing“.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Silvio Soldini: Brot und Tulpen
Silvio Soldini: Agata und der Sturm