Ein Freund von mir

Ein Freund von mir

Ein Freund von mir

Originaltitel: Ein Freund von mir – Regie: Sebastian Schipper – Drehbuch: Sebastian Schipper – Kamera: Oliver Bokelberg – Schnitt: Jeffrey Marc Harkavy – Musik: International Pony, Gravenhurst, Talk Talk – Darsteller: Daniel Brühl, Jürgen Vogel, Sabine Timoteo, Peter Kurth, Michael Wittenborn, Oktay Inanc Özdemir, Steffen Groth, Jan Ole Gerster, Alexander Speck u.a. – 2005; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Karl, ein introvertierter Versicherungsmathematiker Ende 20, ist erfolgreich, aber sein Chef glaubt, ihn aus der Reserve locken zu müssen und beauftragt ihn deshalb, einen Aushilfsjob bei einem Autoverleih anzunehmen und das Versicherungsrisiko abzuschätzen. Dabei trifft Karl auf Hans, einen 10 Jahre älteren extravertierten, immer fröhlichen Lebenskünstler, der nichts ernst nimmt und sich weder für Geld noch Karriere interessiert ...
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Kritik

In "Ein Freund von mir" zeigt uns Sebastian Schipper auf unterhaltsame Weise und mit unverbrauchten Einfällen, dass zum Glück mehr als Leistung und Erfolg, Geld und Karriere gehört: Spaß und Freude, Liebe und Freundschaft.
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Karl (Daniel Brühl), ein Mathematiker Ende zwanzig, arbeitet für eine Versicherung. Von seinem Gehalt kann er sich eine großzügig geschnittene Wohnung in der Stadt leisten, aber die erfolgreiche Karriere begeistert ihn nicht. Eigentlich kennt er überhaupt keine stürmischen Gefühle: Karl ist schüchtern und introvertiert, will in Ruhe gelassen werden und mag keine unberechenbaren Vorgänge.

Naumann (Michael Wittenborn), sein Vorgesetzter, hält viel von ihm. Nachdem Karl mit dem „Bogenschützen“ einen renommierten Preis der Branche gewonnen hat, versucht Naumann ihn aus der Reserve zu locken: Er beauftragt ihn, sich inkognito für einen Aushilfsjob bei einem Autoverleih am Flughafen zu bewerben, um das Versicherungsrisiko des Unternehmens abzuschätzen. Der Versicherungsmathematiker wird also Autos waschen und überführen müssen. Wider Erwarten nimmt Karl auch diese Provokation widerspruchslos hin.

Als Karl beim Einstellungsgespräch ein Kreuz im Büro des technischen Leiters Fernandez (Peter Kurth) hängen sieht, behauptet er, Theologiestudent zu sein. Das beeindruckt Fernandez, und Karl bekommt den Job.

Unter den Kollegen beim Autoverleih ist Hans (Jürgen Vogel), ein zehn Jahre älterer extravertierter, immer fröhlicher Lebenskünstler, der nichts ernst nimmt und sich weder für Geld noch Karriere interessiert. Hans hat es offenbar darauf abgesehen, Emotionen bei dem in sich gekehrten Perfektionisten zu wecken. Karl verheimlicht nicht, dass er sich von dem unaufhörlichem Gequassel seines Kollegen genervt fühlt, aber Hans ist nichts peinlich, und durch die abweisende Haltung Karls lässt er sich nicht irritieren.

Eines Abends entdeckt er Karl in der Warteschlange an einem Taxistand und hält mit seinem schrottreifen Auto, bei dem sich das Schiebedach nicht mehr schließen lässt. Widerstrebend steigt Karl ein. Bevor Hans ihn nach Hause bringt, fährt er noch bei seiner Freundin vorbei, der Flugbegleiterin Stelle (Sabine Timoteo). In ihr erkennt Karl ein Mädchen wieder, das ihm in einer U-Bahn-Station aufgefallen war, das er jedoch nicht anzusprechen gewagt hatte. Während Hans duscht, nickt Karl auf der Couch ein. Als er aufwacht, sitzt ihm ein aggressiver Unbekannter gegenüber: Frank (Steffen Groth), ein früherer Freund Stelles, der trotz der Beendigung der Beziehung offenbar noch immer eifersüchtig ist. Karl lenkt Frank ab, damit er nicht merkt, wie sich hinter ihm Hans splitternackt und feixend aus dem Schlafzimmer schleicht.

In der nächsten Nacht, als die beiden Aushilfsfahrer zwei Porsches zu überführen haben, lässt Karl sich von Hans überreden, nackt über die Autobahn zu rasen. Um 9 Uhr morgens halten sie hintereinander vor dem Flughafen. Hans steigt nackt aus, tritt an Karls Wagen, nimmt unvermittelt das auf dem Beifahrersitz liegende Kleidungbündel und läuft damit fort. Er holt Stelle ab, kommt mit ihr zu Karl und fragt ihn schelmisch, wieso er nackt im Auto sitze. Dann gibt er ihm seine Sachen zum Anziehen. Sie gehen zu dritt in ein Café, wo Stelle ein paar Strophen aus dem von Gustav Mahler vertonten Rückert-Gedicht „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ singt.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Am Abend nimmt Karl verbotenerweise einen Leihwagen und fährt mit Hans zu Stelle. Als sich herausstellt, dass Karl ein paar Semester in Spanien studierte und es sich bei Stelle um die Tochter eines in Barcelona lebenden Peruaners handelt, fordert Hans die beiden begeistert auf, sich auf Spanisch zu streiten. Anschließend sollen sie sich etwas Schönes sagen. Während Hans dem Klang der Sprache lauscht, macht Karl Stelle eine Liebeserklärung, und sie küssen sich. Hans fühlt sich dadurch nicht provoziert, aber Karl ist die Szene so peinlich, dass er brüsk aufsteht und geht. Weil er sich verliebt hat, fühlt er sich verunsichert.

Um Hans zu zeigen, dass dieser sich die Freundschaft mit ihm nur einbildet und alles auf einer Lüge aufgebaut ist, zeigt Karl ihm nachts sein Büro bei der Versicherungsgesellschaft. Er erklärt ihm, dass er viel Geld verdient, einen Beruf hat und den Aushilfsjob beim Autoverleih nur zum Schein angenommen hat. Diese Überraschung kann selbst Hans nicht einfach wegstecken: Enttäuscht verlässt er das Büro.

Am nächsten Tag wirft Karl dem technischen Leiter des Autoverleihs seinen Schlüssel hin, erklärt ihm, dass er gelogen habe und kündigt auf der Stelle.

Einige Zeit später sucht er Hans im Parkhaus des Flughafens. Der Fahrer Theo (Oktay Özdemir) verrät ihm, dass Hans von dem Autoverleih hinausgeworfen wurde und jetzt einen Aushilfsjob am Flughafen hat. Karl findet Hans im Abfertigungsgebäude: Er räumt leer herumstehende Kofferkullis auf. Als er seinen Freund sieht, redet er mit ihm, als sei nichts vorgefallen. Karl geht mit ihm hinaus und zeigt ihm einen geparkten Lamborghini, den er für den Autonarren gemietet hat, um sein Verhalten ihm gegenüber wiedergutzumachen. Verärgert weist Hans das Angebot zurück: Er lässt sich nicht kaufen.

Kurz darauf nimmt er seinen Freund in seinem Schrottauto mit.

Stelle ist für zwei Monate zu ihrem Vater geflogen. Karl fragt Hans, ob er mit ihm nach Barcelona kommen wolle: „Ich möchte Stelle wiedersehen, und du bist mein Freund.“

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In der Komödie „Ein Freund von mir“ zeigt uns Sebastian Schipper auf unterhaltsame Weise, dass zum Glück mehr als Leistung und Erfolg, Geld und Karriere gehört: Spaß und Freude, Liebe und Freundschaft. Karl (Daniel Brühl) sucht nach Halt und findet ihn ausgerechnet in einer Welt, in der nur die Mobilität beständig ist: Im Flughafen und auf Autobahnen.

Die Geschichte ist alles andere als großartig oder spektaklär, aber Hans (Jürgen Vogel) überrascht Karl immer wieder mit einem neuen abgefahrenen Streich und sorgt dafür, dass es auch den Zuschauern niemals langweilig wird.

Ich finde es immer spannend, wenn zwischen Leuten etwas passiert. Am meisten passiert, wenn etwas beginnt oder aufhört. „Absolute Giganten“ ist ein Film über etwas, das aufhört. Und „Ein Freund von mir“ ist ein Film über etwas, das anfängt. (Sebastian Schipper)

Sebastian Schipper hat die Charaktere in „Ein Freund von mir“ zwar nicht besonders vielschichtig angelegt, aber dafür ist die Inszenierung um so überzeugender: Lockerheit und unverbrauchte Einfälle vermitteln Hans‘ Lebensgefühl. Obwohl Oliver Bokelberg bei der Kameraführung auf Effekthaschereien verzichtet hat, sind die Aufnahmen vom Feinsten. Das gilt auch für die Darsteller, allen voran Jürgen Vogel, Daniel Brühl und Sabine Timoteo.

Am 30. Juli 2009 soll der dritte Film von Sebastian Schipper ins Kino kommen: „Mitte Ende August“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

Sebastian Schipper (kurze Biografie / Filmografie)

Sebastian Schipper: Absolute Giganten
Sebastian Schipper: Mitte Ende August
Sebastian Schipper: Victoria

Dana Vowinckel - Gewässer im Ziplock
"Gewässer im Ziplock" ist nur beiläufig ein Adoleszenz-Roman. Dana Vowinckel geht es um mehr, um Identität und Zugehörigkeit am Beispiel jüdischer Menschen. Die Zusammenhänge in ihrem Debütroman hat sie gründlich durchdacht und sorgfältig komponiert.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.