One Hour Photo

One Hour Photo

One Hour Photo

Originaltitel: One Hour Photo - Regie: Mark Romanek - Drehbuch: Mark Romanek - Kamera: Jeff Cronenweth - Schnitt: Jeffrey Ford - Musik: Reinhold Heil und Johnny Klimek - Darsteller: Robin Williams, Connie Nielsen, Michael Vartan, Gary Cole, Dylan Smith, Eriq La Salle, Erin Daniels, Robert Clotworthy, Noah Forrest, Peter Mackenzie u.a. - 2002; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Seymor ("Sy") Parrish arbeitet in der Fotoabteilung eines amerikanischen Supermarkts. Obwohl er dabei mit zahlreichen Menschen zu tun hat, ist er einsam. Allerdings nimmt er durch die Entwicklung der Fotos am Leben seiner Kunden teil. Nina Yorkin und ihre augenscheinlich glückliche Familie haben es ihm besonders angetan. Als Sy herausfindet, dass Will seine Frau betrügt und er fast gleichzeitig seinen Job verliert, glaubt er, handeln zu müssen ...
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Kritik

Bei "One Hour Photo" handelt es sich um einen stillen, schaurigen und spannenden Psychothriller. Bildaufbau, Licht, Farbregie und Ton sind fein aufeinander abgestimmt. Subtil und differenziert stellt Robin Williams den Psychopathen Sy dar.
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Seymor („Sy“) Parrish (Robin Williams) arbeitet seit elf Jahren in der Fotoabteilung einer Filiale der amerikanischen Supermarktkette „SavMart“. Obwohl er dabei mit zahlreichen Menschen zu tun hat und durch das Betrachten der Fotos viel aus dem Leben seiner Kunden erfährt, ist er völlig vereinsamt. Nina Yorkin (Connie Nielsen) und ihr neunjähriger Sohn Jake (Dylan Smith) haben es ihm besonders angetan. Sie geben häufig Filme zum Entwickeln ab. In den ersten Jahren kennt Sy den Ehemann und Vater Will Yorkin (Michael Vartan) nur von den Bildern, aber als er ihn dann einmal vor einem der Regale mit Computer-Zubehör stehen sieht, erkennt er ihn sofort und gratuliert ihm zu der wunderbaren Familie und dem Traumhaus. Sy hält die Yorkins für eine ideale Familie und sehnt sich vergeblich nach einem eigenen Familienleben. (Erst später erfahren wir, dass er als Kind missbraucht und dadurch traumatisiert wurde.) Heimlich zieht Sy von jedem Foto der Familie Yorkin eine Kopie für sich selbst und tapeziert damit in seiner tristen Wohnung eine Wand. Als er einmal einige der Abzüge auf dem Nachhauseweg in einem Diner anschaut und ihn die Bedienung fragt, ob es Familienfotos seien, zeigt er ihr ein Bild von Jake und behauptet, es handele sich um seinen Neffen. Unaufhörlich denkt er an die Yorkins und fühlt sich in seinen Träumen wie ein Mitglied der Familie, eben als „Onkel Sy“.

Beim Betrachten seiner Bildwand fällt ihm auf einem Gruppenfoto eine junge Frau neben Will auf, die ihm kürzlich einen Film zum Entwickeln brachte: Maya Burson (Erin Daniels). Im Fotolabor sucht er sich die Tüte mit den entsprechenden Abzügen heraus: Sie zeigen Will und Maya bei einem Strandaufenthalt, und es besteht kein Zweifel, dass die beiden ein Liebespaar sind, Will also seine Frau betrügt.

Am nächsten Morgen wird Sy zu seinem Chef Bill Owens (Gary Cole) gerufen. Weil ihm aufgefallen ist, dass im Labor deutlich mehr Bilder hergestellt als abgerechnet wurden, wirft er Sy hinaus.

Bevor Sy den Supermarkt verlässt, schmuggelt er eines von Mayas Fotos in eine Tüte der Yorkins. Dann wartet er auf dem Parkplatz, bis Nina und Jake ihre neuen Fotos abholen und fährt ihnen dann hinterher. Unterwegs beobachtet er, wie Nina plötzlich an den Straßenrand fährt und hält. Offenbar ist Jake beim Ansehen der Fotos auf das verfängliche Bild gestoßen, das seinen Vater mit Maya zeigt. Nach einer Weile überwindet Nina ihren ersten Schock und fährt weiter. Sy beobachtet das Haus der Yorkins und ist entrüstet, als er sie beim Abendessen sitzen sieht, als sei nichts geschehen. Wenn Nina nichts unternimmt, muss er etwas tun!

Zuerst fotografiert er Bill Owens Frau und Tochter und bringt den Film absichtlich in der „SavMart“-Filiale zum Entwickeln, in der er beschäftigt war. Wie von ihm erwartet, zeigt sein Nachfolger Yoshi Araki (Paul Hansen Kim) die Abzüge sofort dem Chef. Bill erschrickt, weil er die Aufnahmen als Drohung Sys versteht und einen Racheakt wegen der Kündigung befürchtet. Er schickt seine Frau mit der Tochter zu ihrer Mutter und alarmiert die Polizei.

Detective Paul Outerbridge (Clark Gregg) lässt daraufhin bei Sy eine Hausdurchsuchung durchführen und stößt dabei auf die Wand mit hunderten von Fotos der Familie Yorkin. Sofort sucht er Nina Yorkin auf und fragt sie nach ihrem Mann: Der sei im Büro, meint sie, aber als sie in der Firma anruft, erfährt sie, dass er außer Haus ist.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

In Wirklichkeit vergnügt Will sich mit Maya in einem Hotelzimmer. Sy, der ihm seit Tagen nachspionierte, ist ihm auf den Fersen, findet durch einen Trick die Zimmernummer heraus, klopft an der Tür und gibt sich als Zimmerservice aus. So gelingt es ihm, hineinzukommen. Maya schlüpfte in einen Bademantel, bevor sie öffnete. Will springt nackt aus dem Bett und hält sich ein Handtuch vor. Sy bedroht die beiden mit einem aus dem Supermarkt gestohlenen Jagdmesser und zwingt sie, nackt Sexszenen nachzustellen, während er dabei fotografiert, wohl um die Aufnahmen Nina zuzuspielen.

Inzwischen hat Nina über einen Kollegen ihres Mannes herausgefunden, wo Will sich aufhält. Outerbridge rast mit einem Polizeikommando zu dem Hotel. Sy wird in der Parkgarage gestellt und verhaftet.

Schuldbewusst kehrt Will nach Hause zu seiner Familie zurück.

Beim Entwickeln des Films, den Sy im Hotel verknipst hat, stellt sich heraus, dass er statt des nackten Paares Details der Zimmereinrichtung fotografierte.

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Bei „One Hour Photo“ handelt es sich um einen stillen, schaurigen und spannenden Psychothriller. Mark Romanek porträtiert einen vereinsamten Fotolaboranten, dem die Kunden mit oberflächlicher Freundlichkeit begegnen und der sich seinerseits in seiner Sehnsucht nach einem eigenen Familienleben über die von ihm entwickelten Bilder in eine glückliche Welt hineinträumt. „One Hour Photo“ ist das Psychogramm einer kläglich gescheiterten Existenz. Im Kontrast dazu steht eine vermeintlich glückliche Familie. Mark Romanek entlarvt diesen amerikanischen Traum jedoch als Trugbild. Außerdem wird die kapitalistische Gesellschaft durch einen rücksichtslosen Chef personifiziert. Schockierend ist, dass es sich bei dem psychopathischen Übeltäter Sy nicht um einen aggressiven Schurken, sondern um einen stillen, höflichen Angestellten handelt, der in keiner Weise auffällt und bei seiner Arbeit alles perfekt zu machen versucht. So einem Menschen können wir überall begegnen – ohne zu ahnen, welche Gefahr von ihm ausgeht.

In einer Szene, die an „Shining“ erinnert, steht Sy zwischen den leeren Regalen des Supermarkts. Die Kamera fährt auf sein Gesicht zu, und als er die Augen öffnet, spritzt Blut heraus. Im nächsten Augenblick schreckt Sy aus dem Albtraum hoch. Er fürchtet, wahnsinnig zu werden.

Bildaufbau, Licht, Farbregie und Ton sind in „One Hour Photo“ fein aufeinander abgestimmt. Ausgezeichnet ist auch Robin Williams in der Rolle des Psychopathen Sy, die er subtil und differenziert spielt.

Einige Namen hat Mark Romanek offenbar mit Bedacht gewählt: Si klingt wie „sigh“ (Seufzer). Den Name Parrish assoziieren wir wohl nicht zufällig mit „to parry“ ([Schläge] parieren). Yorkin klingt wie „your kin“ (deine Verwandtschaft; of good kin: aus guter Familie). Namen berühmter Fotografen – Nobuyoshi Araki, Paul Outerbridge, Aaron Siskind, Ellen von Unwerth – tauchen im Film auf: Yoshi Araki ist Sys Kollege und Nachfolger in der Fotoabteilung, bei Paul Outerbridge handelt es sich um einen Detective; Mr Siskind (David Moreland) und Mrs von Unwerth (Marion Calvert) gehören zur Kundschaft des Supermarkts.

Mark Romanek (*1959) hat sich einen Namen als Musikvideo-Regisseur gemacht. „One Hour Photo“ ist nach „Static“ (1985) sein zweiter Kinofilm.

In „One Hour Photo“ zu hörende Songs:

  • William Aura, Craig Dobbin, Alain Eskinasi: „Coming Home“
  • Larry Clinton: „My Reverie“
  • Ry Cooder, Ronu Majumdar: „African Queen“
  • Jay Graydon, Mark Mueller, Robert S. Nevil: „Someone“
  • Franz Grüber: „Silent Night“
  • Tim Heintz: „Dear Jacqui“, „Amazonia“, „Conejo Blanco“, „Quality Time“, „Let’s Be Friends“, „Groovin‘ With You“, „Crystal Cove“, „Cartoon Madness“
  • Tim Heintz, George W. Shaw: „Quiet Time“
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.