Accattone
Accattone
Inhaltsangabe
Kritik
Vittorio (Franco Citti) lebt in einer trostlosen Trabantenstadt von Rom als kleiner Zuhälter und nennt sich „Accattone“; das heißt so viel wie „Bettler“ oder „Schmarotzer“. Weil er sich keine eigene Wohnung leisten kann, wohnt er mit der einzigen für ihn anschaffenden Prostituierten Maddalena (Silvana Corsini) bei Nannina (Adele Cambria), der Ehefrau seines Freundes Ticio, der gerade eine Haftstrafe wegen Zuhälterei verbüßt. Maddalena hatte Ticio an die Polizei verraten. Um sich zu rächen, beauftragt er Salvatore (Umberto Bevilacqua) und drei weitere Freunde aus Neapel, Maddalena zu verprügeln. Sie erstattet Anzeige, identifiziert jedoch bei der Gegenüberstellung mit Verdächtigen zwei Unschuldige und wird deshalb wegen Verleumdung zu einer Haftstrafe verurteilt.
Während sie im Gefängnis ist, fehlen Accattone die Einnahmen und er kann sich nicht einmal mehr etwas zu essen kaufen. Verzweifelt wendet er sich an seine Ehefrau Ascenza (Paola Guidi), die sich längst von ihm getrennt hat, mit ihren Kindern bei ihrem Vater (Romolo Orazi) und ihrem Bruder Giovanni (Massimo Cacciafeste) lebt und in der Fabrik arbeitet. Doch Ascenza will nichts von Accattone wissen, Giovanni prügelt sich mit seinem Schwager und der Vater muss von Bekannten zurückgehalten werden, damit er nicht mit dem Messer auf seinen Schwiegersohn losgeht.
Um endlich wieder einmal etwas essen zu können, besorgen Accattone und seine ebenfalls ausgehungerten Freunde ein paar Zutaten und überreden Scucchias (Giovanni Orgitano) Mutter, für sie Spaghetti zu kochen. In der Absicht, ein paar Esser zu verscheuchen, überredet Accattone den Gastgeber, einen Streit mit den Besuchern anzufangen, worauf Accattone den Beleidigten spielt und mit seinen Freunden das Haus verlässt. Eigentlich hat er die Absicht, allein zurückzulaufen und sich die Pasta mit Scucchia und dessen Mutter zu teilen, aber unterwegs sieht er in einiger Entfernung die Fabrikarbeiterin Stella (Franca Pasut) über die Felder gehen. Statt ans Essen zu denken, fordert er Pio (Piero Morgia) auf, ihn mit dem Auto zu ihr hinzufahren. Stellas einziges Kleid ist recht schäbig. Pio kauft ihr ein neues, und um nicht zurückstehen zu müssen, verspricht Accattone ihr ein paar neue Schuhe. Um sein Versprechen einhalten zu können, muss er allerdings erst einmal einem seiner kleinen, im Freien spielenden Söhne das goldene Halskettchen rauben und verkaufen.
Stella erzählt ihrem neuen Freund, dass ihr Vater im Krieg fiel und ihre Mutter daraufhin den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter durch Prostitution verdiente. Das kann sie ihrer Mutter nicht verzeihen.
An einem Abend, den Accattone mit Stella und seinen Freunden in einem Gasthaus verbringt, flüstert ihm der Kellner zu, ein Freier sei an Stella interessiert. Unwirsch meint Accattone, der Fremde könne sie selbst fragen, und als dieser Stella zum Tanzen auffordert und an seinen Tisch holt, unternimmt Accattone nichts dagegen. Da freut sich einer seiner Freunde, der gewettet hat, dass Accattone sich nicht in Stella verliebt hat, sondern sie als Prostituierte für sich arbeiten lassen will.
Am nächsten Tag wirft Accattone Stella vor, ohne weiteres mit einem Fremden mitgegangen zu sein. Sie habe längst durchschaut, was er von ihr wolle, erwidert Stella und lässt sich von ihm zum Straßenstrich bringen. Dort gibt die erfahrene Prostituierte Amore (Adriana Asti) den Ton an. Als einer ihrer regelmäßigen Freier (Adriano Mazzelli) vorbeikommt und Stella erblickt, lässt er Amore stehen und nimmt Stella stattdessen in seinem Auto mit, doch als er zur Sache kommen möchte, bettelt Stella, er solle sie nicht anfassen. Verärgert wirft er sie aus dem Wagen und lässt sie zu Fuß zurücklaufen.
Kurz darauf taucht die Polizei am Straßenstrich auf. Amore, die sich über die Bevorzugung Stellas durch ihren Freier ärgert, versteckt sich nicht schnell genug, wird festgenommen und eingesperrt.
Im Gefängnis erzählt sie Maddalena, Accattone habe eine junge hübsche Blondine, die inzwischen für ihn arbeite. Zornig zeigt Maddalena ihren früheren Freund Accattone daraufhin wegen Zuhälterei an.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Um Accattone zu überführen, beobachtet ihn die Polizei, aber statt Stella noch einmal auf den Strich zu schicken, zeigt er Verständnis für sie und bringt sie bei Nannina unter. Zum ersten Mal im Leben sucht er sich Arbeit, und weil er körperliche Anstrengungen nicht gewohnt ist, kommt er am Abend des ersten Tages, an dem er Kabelrollen verladen hat, erschöpft nach Hause. Aus Mitleid will Stella es noch einmal als Prostituierte versuchen, aber das lässt Accattone nicht zu. Er wendet sich an den Dieb Balilla (Mario Capriani) und beteiligt sich an einem Beutezeug mit ihm und Cartagine (Roberto Scaringella): Sie stehlen ein paar Salami von einem geparkten Lieferwagen. Weil man Accattone observiert, werden sie von einer Polizeistreife gestellt. Balilla und Cartagine lassen sich festnehmen; Accattone flieht auf einem gestohlenen Motorrad – und verunglückt tödlich. „Jetzt bin ich glücklich“, murmelt er im Sterben.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Als Pier Paolo Pasolini (1922 – 1975) seinen ersten Film drehte – „Accattone. Wer nie sein Brot mit Tränen aß“ – stand ihm Bernardo Bertolucci als „Hilfsregisseur“ zur Seite. „Accattone“ ist ein bestürzendes Sozialdrama im Stil des italienischen Neorealismus und spielt im Subproletariat einer trostlosen Trabantenstadt von Rom. Die Filmtragödie wirkt nicht zuletzt deshalb authentisch, weil sie mit Laiendarstellern besetzt ist. Indem Pier Paolo Pasolini sich bewusst für die Untermalung seines Films mit Musik von Johann Sebastian Bach entschied, wollte er seinen Film auch als eine Art Passionsgeschichte verstanden wissen.
Die Filmkritiker waren sich anfangs uneinig, doch inzwischen gilt „Accattone“ längst als Klassiker.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Pier Paolo Pasolini (Kurzbiografie)