Ein einziger Augenblick

Ein einziger Augenblick

Ein einziger Augenblick

Ein einziger Augenblick – Originaltitel: Reservation Road – Regie: Terry George – Drehbuch: Terry George, John Burnham Schwartz, nach einem Roman von John Burnham Schwartz – Kamera: John Lindlay – Schnitt: Naomi Geraghty – Musik: Mark Isham – Darsteller: Joaquin Phoenix, Jennifer Connelly, Mark Ruffalo, Antoni Corone, Mira Sorvino, Gary Kohn, Elle Fanning, Eddie Alderson, Sean Curley u.a. – 2007; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der Rechtsanwalt Dwight Arno verursacht einen tödlichen Verkehrsunfall. In seiner Panik begeht er Fahrerflucht. Aber die Schuld belastet ihn, und er beabsichtigt, sich zu stellen. Ethan Learner, der Vater des getöteten Jungen, setzt alles daran, den Unfallverursacher aufzuspüren. Als er nicht mehr daran glaubt, dass die Polizei den Täter überführt, wendet er sich an eine Anwaltskanzlei. Zufällig wird Dwight für das Mandat eingeteilt ...
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Kritik

Bei "Ein einziger Augenblick", der Verfilmung eines Romans von John Burnham Schwartz durch Terry George, handelt es sich um eine Mischung aus Drama und Thriller. Die Handlung wirkt konstruiert.
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Seit der Scheidung darf der Rechtsanwalt Dwight Arno (Mark Ruffalo) seinen elfjährigen Sohn Lucas (Eddie Alderson) nur noch am Wochenende sehen. Diesmal besucht er mit ihm ein Baseballspiel. Weil es sich hinzieht, wird er es nicht mehr schaffen, den Jungen pünktlich bei seiner Ex-Frau Ruth (Mira Sorvino) und ihrem neuen Ehemann Norris Wheldon (Gary Kohn) abzuliefern, aber er drückt aufs Gaspedal, um Ruth nicht zu sehr zu erzürnen.

Zur gleichen Zeit kehrt die Familie Learner von einem Freiluftkonzert zurück. Josh (Sean Curley), der zehnjährige Sohn des Collegeprofessors Ethan Learner (Joaquin Phoenix) und seiner Ehefrau Grace (Jennifer Connelly) beeindruckte die Zuhörer mit seinem Cello-Spiel. Im Auto fragt die kleine Emma (Elle Fanning), ob sie die Glühwürmchen, die sie in einem Marmeladenglas gefangen hat, behalten dürfe. Ihre Mutter erklärt ihr, dass Glühwürmchen in Gefangenschaft nicht lange überleben und schlägt vor, sie freizulassen. Emma gibt deshalb das Glas ihrem Bruder Josh, und der geht damit während eines kurzen Aufenthalts an einer Raststätte zum Waldrand neben der Straße, um den Deckel zu öffnen.

Dwight wird in diesem Augenblick durch einen Anruf auf seinem Handy abgelenkt. Zu spät sieht er den Jungen am Straßenrand. Mit dem Frontbügel erfasst er ihn. Ein paar Meter weiter hält er kurz an, dann fährt er weiter und redet seinem aufgeregten Sohn ein, er habe ein Stück Holz gestreift. Ethan sieht den Unfall und den davonrasenden dunklen Geländewagen.

Aus den Nachrichten erfährt Dwight, dass der angefahrene Junge tot ist. Seine Schuldgefühle belasten ihn schwer.

Ethan wiederum wird von dem Verlangen umgetrieben, den Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Als er nach einer Woche zu der Auffassung gelangt, dass Sergeant Burke (Antoni Corone), der die Ermittlungen leitet, nicht in der Lage ist, den Fahrerflüchtigen zu fassen, wendet er sich an eine Anwaltskanzlei. Zufällig wird ausgerechnet Dwight Arno mit dem Fall betraut. Er soll Druck auf die Polizei machen und eine Zivilklage vorbereiten.

Weil die Jagd auf den Mann, der seinen Sohn getötet hat, für Ethan zur Obsession wird, während Grace wegen ihrer Tochter die Rückkehr in ein halbwegs normales Leben anstrebt, droht die Ehe zu zerbrechen. Im Internet chattet Ethan mit anderen Vätern und Müttern, deren Kinder bei Verkehrsunfällen mit Fahrerflüchtigen ums Leben kamen. Als er herumfährt und dunkle Geländewagen fotografiert, ruft ein beunruhigter Diplomat die Polizei, und Ethan wird daraufhin von der Besatzung eines Streifenwagens vorübergehend festgenommen.

Nachdem Dwight für seinen Sohn ein Geständnis mit der Videokamera aufgenommen hat, fährt er zum Polizeirevier, um sich zu stellen. In dem hektischen Betrieb hat niemand Zeit für ihn. Sergeant Burke lässt ihn auch nicht zu Wort kommen, sondern nimmt an, der Anwalt wolle sich im Auftrag seines Mandanten Ethan Learner nach dem Stand der Ermittlungen erkundigen. Er ersucht ihn, dem Vater des toten Jungen schonend beizubringen, dass die Chancen, den Fahrerflüchtigen zu überführen, gering sind, weil es kaum Hinweise auf ihn gibt. – Statt sich zu stellen, verlässt Dwight das Polizeirevier.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
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Als Ethan den Anwalt und dessen Sohn zusammen sieht, erinnert er sich plötzlich wieder, dass neben dem Fahrerflüchtigen ein Junge saß, und er glaubt, dass es sich um Dwight Arno und Lucas handelte. Er bringt Emma zur Klavierstunde bei Ruth Wheldon, der Musiklehrerin, die auch Josh unterrichtete. Unter dem Vorwand, zur Toilette zu müssen, schaut er sich in Lucas‘ Kinderzimmer um und nimmt ein Foto mit, auf dem Ethan und Lucas zusammen abgebildet sind. Dann besorgt er sich im Internet eine Pistole.

Weil Dwight sich doch noch stellen will, bittet er seine Exfrau, dass sie ihm Lucas ausnahmsweise für eine ganze Woche überlässt. Er weiß, dass er seinen Sohn danach längere Zeit nicht sehen und voraussichtlich das Besuchsrecht verlieren wird.

Bevor die Woche um ist, überfällt Ethan ihn nachts in seinem Haus und zwingt ihn, sich in den Kofferraum zu legen. Dann fährt er zu einer abgelegenen Stelle außerhalb der Kleinstadt. Nachdem Dwight aus dem Kofferraum geklettert ist, kommt es zu einem Handgemenge zwischen den beiden Männern. Dwight, der regelmäßig trainiert, erweist sich als der Stärkere, und es gelingt ihm, die Waffe in die Hand zu bekommen.

Verzweifelt hält er sich die Mündung der Pistole an die Stirn. Ethan lässt ihn stehen und fährt allein zurück.

Lucas, der aufgewacht ist, hört sich das Geständnis seines Vaters an.

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Dem Film „Reservation Road“ / „Ein einziger Augenblick“ liegt der 1998 von John Burnham Schwartz veröffentlichte gleichnamige Roman zugrunde. In Deutschland lautete der Titel des Buches zunächst „Eine Sekunde nur“ (Übersetzung: Klaus Berr, München 1999, 341 Seiten, ISBN 3-8090-2437-6). Nach der Verfilmung wurde der Buchtitel in „Ein einziger Augenblick“ geändert (München 2008, 341 Seiten, ISBN 978-3-442-46661-0).

Ein einziger Augenblick verändert das Leben von zwei Männern. Während für den Vater des bei einem Verkehrsunfall getöteten Jungen die Jagd auf den flüchtigen Unfallverursacher zur Obsession wird, treibt die Schuld den Täter um. In seiner Panik entfernte er sich vom Unfallort, es war eine blitzschnelle, ohne Nachdenken getroffene Entscheidung. Obwohl er damit rechnen kann, nicht überführt zu werden, will er sich stellen.

In einer Szene wirft einer von Ethan Learners Studenten die Frage auf, ob die Menschen im Westen – anders als zum Beispiel die Araber – aufgrund ihrer Zivilisation nicht mehr in der Lage sind, Zorn und Trauer an sich heranzulassen. Auf diesen Denkanstoß gehen John Burnham Schwartz und Terry George, die zusammen das Drehbuch schrieben, dann aber nicht weiter ein. Auch mit der Frage, ob wir in jeder Sekunde Herr unserer Entscheidungen sind, beschäftigen sie sich nicht.

„Ein einziger Augenblick“ ist eine Mischung aus Drama und Psychothriller. Im Mittelpunkt steht der Konflikt der beiden Männer, die von Joaquin Phoenix und Mark Ruffalos eindrucksvoll gespielt werden. (Alle anderen Figuren bleiben im Hintergrund.) Was sie erleben, zeigen Terry George und John Burnham Schwartz parallel. Dazu wechseln sie immer wieder zwischen den Perspektiven. Anfangs scheint es klar zu sein: Als Vater des toten Jungen ist Ethan Learner bemitleidenswert. Auf den fahrerflüchtigen Dwight Arno richtet sich dagegen unser Abscheu. Aber im Lauf der Zeit verschieben sich die Wertungen: Während Ethan blindwütig an Selbstjustiz denkt, beabsichtigt Dwight, sich zu stellen, will aber noch eine Woche mit seinem Sohn verbringen, bevor er sich für längere Zeit von ihm verabschieden muss.

Das Ende bleibt offen. Das ist gut. Ansonsten ist der Film zu lang und ermüdend. Und die Handlung wirkt konstruiert, nicht zuletzt, weil die Drehbuchautoren gleich zweimal den Zufall bemühen: Ethan engagiert ausgerechnet den Täter als Anwalt, und Dwights Ex-Frau unterrichtet ausgerechnet Ethans Kinder in Musik.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.