Die Polizistin

Die Polizistin

Die Polizistin

Originaltitel: Die Polizistin - Regie: Andreas Dresen - Drehbuch: Laila Stieler, nach dem Tagebuchroman "Meine Nachtgestalten" von Annegret Held - Kamera: Michael Hammon - Schnitt: Monika Schindler - Darsteller: Gabriela Maria Schmeide, Axel Prahl, Jevgenij Sitochi, Paul Grubba, Katrin Saß, Martin Seifert, Horst Krause u.a. - 2000; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Andreas Dresen zeigt den trostlosen Alltag einer Streifenbeamtin in Rostock, der die Kollegen vergeblich raten, sich ein dickeres Fell zuzulegen.
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Kritik

In seiner spröden, fast dokumentarisch wirkenden Milieustudie setzt Andreas Dresen zu Recht ganz auf seine hervorragende Hauptdarstellerin Gabriela Maria Schmeide: "Die Polizistin".
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Annegret Küster (Gabriela Maria Schmeide) war fünf Jahre lang Postbeamtin in Brandenburg. Als ihr Arbeitsplatz wegrationalisiert wurde, bewarb sie sich bei der Polizei. „Ich habe gern mit Menschen zu tun“, sagt sie. Von der Polizeischule in Berlin kommt die 27-Jährige als Streifenpolizistin in ein Revier im Rostocker Stadtteil Lütten-Klein.

Sie und ihr Kollege Mike Jansen (Axel Prahl) werden zu einer Plattenbauwohnung gerufen, wo sich das Ehepaar Kubischek (Katrin Saß, Martin Seifert) lautstark streitet und prügelt. Im Nebenzimmer passt der zehnjährige Benny (Paul Grubba) auf seinen kleinen Bruder auf. Seine Mutter trinkt und schluckt Tabletten. „Gegen die Schmerzen an der Seele“, erklärt Benny der Polizistin.

Während Mike und Albert (Horst Krause) einen Einbrecher verfolgen, soll Anne im Streifenwagen sitzen bleiben. Sie sieht den Verfolgten mit der Beute aus dem Gebäude kommen und stellt ihn. Er heißt Jegor Gorbatschenko (Jevgenij Sitochin), stammt aus Russland, besitzt aber die deutsche Staatsangehörigkeit.

Frau Seemann (Christel Peters) läuft immer wieder aus dem Altersheim davon. Anne und Mike entdecken die verwirrte Greisin zwischen den beiden Fahrbahnen einer Schnellstraße und bringen sie zurück. Sie ermahnen die Leiterin des Heims (Brigitte Peters), besser aufzupassen, aber sie klagt, es sei nicht einfach, 420 Alte zu betreuen.

Zusammen mit Albert wird Anne zu einer Sparkassenfiliale gerufen: Ein Punk (Hank Teufer) schläft im Vorraum. Kunden, die an den Geldautomaten wollten, haben die Polizei alarmiert. Bis Anne die Glastür mit ihrer Eurocard geöffnet hat, verspottet der Punk sie und ihren Kollegen. Dann beobachtet sie entsetzt, wie Albert den Mann brutal aus dem Gebäude zerrt und in die Flucht schlägt. Reden und Gesetze taugten nicht viel, meint der Polizist.

Bei einer heruntergekommenen schmutzigen Hure, die ein Freier ins Polizeirevier zerrt, weil sie ihn bestahl, muss Anne eine Leibesvisitation vornehmen. Sie findet die gestohlene Geldbörse, aber aus Mitleid mit der verzweifelt weinenden Frau steckt Anne ihr das Portemonnaie zurück. Als es dann vor den anderen auf den Boden fällt, stammelt Anne, sie müsse es übersehen haben.

Anne fühlt sich zwischen persönlicher Anteilnahme und beruflichen Pflichten hin- und hergerissen. Es fällt ihr schwer, Dienst und Privatleben zu trennen. Die Kollegen raten ihr, sich ein dickeres Fell zuzulegen. Aber das will ihr nicht gelingen.

Schon einmal ertappte Anne den Jungen, den sie bei der Prügelei seiner Eltern kennen gelernt hatte, zufällig bei einem Ladendiebstahl – und ließ ihn laufen. Diesmal hat der Ladenbesitzer die Polizei gerufen. Mike und Anne nehmen Benny mit aufs Revier und hinterlassen seiner Mutter auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht.

Dann werden sie zu einem Mann (Klaus Manchen) gerufen, der sich die Pulsadern aufschnitt, nachdem er seine Frau erwürgt hatte.

Anne und Mike verabreden einen Kinobesuch nach Dienstschluss. Als Anne jedoch Benny immer noch auf dem Revier vorfindet, fährt sie ihn selbst nach Hause. Während der Fahrt zeigt er ihr, wo sein leiblicher Vater wohnt. Gerd Kubischek ist nur sein Stiefvater.

Frau Kubischek nimmt ihren Sohn in Empfang, lässt sich aber auf kein Gespräch mit der Polizistin ein.

Deshalb fährt Anne zu der Adresse, wo Bennys leiblicher Vater wohnt. Der Russe, den sie schon einmal verhaftete, öffnet die Wohnungstür. Jegor Gorbatschenko will ebensowenig wie seine Exfrau über Benny reden. Anne lässt jedoch nicht locker und geht am nächsten Tag in ihrer Freizeit nochmals zu Jegor und zu Bennys Mutter. Sie erfährt, dass Benny gleich nach der Wende geboren wurde. Jegor arbeitete in einem Lager, und seine Frau als Verkäuferin. Dann eröffnete Jegor eine Diskothek, aber die ging bald bankrott. Darüber zerbrach auch die Ehe. Jetzt hat Jegor kaum genug Geld, um seine Miete zu bezahlen, geschweige denn die Alimente.

Anne lässt sich von Jegor einen gebrauchten Geschirrspüler liefern. Sie fühlt sich zu dem verzweifelten Mann hingezogen, der ebenso einsam ist wie sie und schläft mit ihm.

Am nächsten Tag werden sie und Mike in ein Waldstück gerufen, wo die Leiche des 31-jährigen Sebastian Schmidl gefunden wurde. Er trägt einen Taucheranzug und hatte offenbar versucht, sich beim Masturbieren durch Atemnot einen besonderen Kick zu verschaffen. Dabei war er erstickt. Mike und Anne überbringen den Eltern des Toten die Nachricht.

Aufgrund des Vorfalls fühlt Anne sich so niedergeschlagen, dass sie nach Dienstschluss Mike mit zu sich in die Wohnung nimmt, obwohl er verheiratet ist. Schon während er sich auf ihr abmüht, bereut sie es. Und am nächsten Tag beantragt sie bei ihrem Vorgesetzten, nicht mehr zusammen mit Mike Streife fahren zu müssen.

Zusammen mit Albert wird sie zu einer überfallenen Tankstelle gerufen. Während sie einen der beiden Räuber vergeblich verfolgt und atemlos zurückkehrt, hat Albert den anderen gefasst und mit Handschellen an ein Verkehrsschild gefesselt. Es ist Jegor! Albert läuft noch einmal los, um nach dem zweiten Räuber zu suchen. Jegor erklärt Anne, er habe Geld gebraucht, unter anderem für Benny, dem er zum Geburtstag 250 Mark für eine Klassenfahrt nach Dänemark versprach. Weinend und ohne nachzudenken schließt Anne die Handschellen auf. Jegor entreißt ihr die Pistole und zwingt sie, ihn mit dem Streifenwagen zur Autobahn zu fahren. Vergeblich redet sie auf ihn ein, umzukehren, denn dadurch werde alles nur noch viel schlimmer. Als sie anhält und sich weigert, weiterzufahren, wirft Jegor sie aus dem Fahrzeug.

Wegen des Vorfalls wird ein Disziplinarverfahren gegen Anne eingeleitet.

Auf dem Revier trifft sie Benny. Aus Enttäuschung darüber, dass sein Vater die Verabredung auf dem Spielplatz nicht eingehalten hatte, war er ziellos herumgelaufen. Eine Polizeistreife griff ihn auf. Anne lädt ihn ein, mit ihr ans Meer zu fahren und nimmt ihn mit.

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Der Film „Die Polizistin“ basiert auf dem 1988 veröffentlichten Buch „Meine Nachtgestalten. Tagebuch einer Polizistin“ von Annegret Held (*1962), die nach dem Abitur die Polizeischule in Wiesbaden besucht und drei Jahre lang in Darmstadt als Streifenpolizistin gearbeitet hatte. (Eine Episode aus dem Tagebuch verwendete Andreas Dresen als Vorlage zu seinem Film „Nachtgestalten“.)

Um sich mit dem Alltag der Streifenbeamten vertraut zu machen, begleiteten Andreas Dresen und Laila Stieler mehrere Tage Polizisten in Rostock und Berlin.

In seinem spröden, düsteren, nicht zuletzt durch den Einsatz einer Handkamera und den Verzicht auf Musik und bunte Farben fast dokumentarisch wirkenden Film „Die Polizistin“ veranschaulicht Andreas Dresen den trostlosen Alltag einer Streifenbeamtin: „Alles sollte den rohen Charakter von zufällig wirkenden Alltagsbeobachtungen behalten, fast so, als hätte da niemand gestalterisch eingegriffen.“

Die Sexszene von Anne und Jegor wirkt aufgesetzt.

Glaubwürdig und nuancenreich spielt dagegen die Theaterschauspielerin Gabriela Maria Schmeide in ihrer ersten Filmrolle.

Für „Die Polizistin“ gab es 2001 einen Grimme-Preis.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

Andreas Dresen (kurze Biografie / Filmografie)

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.