Was nützt die Liebe in Gedanken
Was nützt die Liebe in Gedanken
Inhaltsangabe
Kritik
Der Berliner Oberprimaner Günther Scheller (August Diehl) lädt seinen Freund und Mitschüler Paul Krantz (Daniel Brühl) am Freitag, den 27. Juni 1927, ins Sommerhaus seiner verreisten Eltern ein. Die beiden jungen Männer, die kurz vor dem Abitur stehen, sind sehr verschieden: Günther wuchs in wohlhabenden Verhältnissen auf, ist homosexuell und impulsiv. Während der Zugfahrt spielt er mit einem geladenen Revolver. Der introvertierte, träumerische und sexuell noch unerfahrene Arbeitersohn Paul schreibt schwärmerische Gedichte – nicht zuletzt für Günthers drei Jahre jüngere Schwester Hilde (Anna Maria Mühe), die mehr an der körperlichen Liebe interessiert ist. Die freizügige junge Frau, die mit ihrem Bruder eine beinahe inzestuöse Beziehung hat, verbringt den Abend mit den beiden jungen Männern und weckt Paul mitten in der Nacht, um ihn zu verführen. Als ihr das nicht gelingt, schreibt sie in sein Notizbuch: „Was nützt die Liebe in Gedanken?“
Für Samstagabend hat Günther ein Dutzend Jugendlicher zu einer Gartenparty eingeladen. Darunter ist der bisexuelle Koch Hans (Thure Lindhardt) aus Berlin, mit dem der ein Jahr jüngere Günther ein Verhältnis hat. Es macht Günther wütend, dass Hans auch mit Hilde knutscht. Auch Paul beobachtet eifersüchtig, wie Hans und Hilde miteinander herummachen. Während Günther sich zunehmend in eine aggressive Stimmung steigert, zieht Paul sich in seine Introvertiertheit zurück. Pauls Enttäuschung über Hilde nutzt deren Freundin Elli (Jana Pallaske), um ihn auf sich aufmerksam zu machen. Sie ist in Paul verliebt und überredet ihn, mit ihr in eine nahe Waldhütte zu gehen, wo sie sich ihm hingibt.
Währenddessen liegt Günther mit seiner Schwester und seinem Geliebten am Seeufer. Sie knutschen miteinander, und Günther hofft auf Sex zu dritt, aber nach kurzer Zeit ist er bloß noch Zuschauer. Da steht er auf und geht.
Aufgrund ihrer Frustration gründen Paul und Günther einen „Selbstmörderklub“ und schreiben in einem theatralischen Manifest: „Wir verpflichten uns, unser Leben in dem Augenblick zu beenden, in dem wir keine Liebe mehr empfinden. Und wir werden all diejenigen mit in den Tod nehmen, die uns unserer Liebe beraubt haben.“
Ein Gewitter treibt die Partygäste ins Haus. Hilde prophezeit Paul aufgrund eines Horoskops, er werde lange Zeit allein bleiben.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Elli verabschiedet sich am Sonntag. Später kehren auch Günther, Hilde, Paul und Hans nach Berlin zurück, bleiben jedoch noch im Haus der Familie Scheller in Steglitz zusammen. Hilde soll sich mit Paul in einem anderen Zimmer vergnügen, damit Günther mit Hans allein sein kann, aber sie zieht es vor, sich allein schlafen zu legen. Daraufhin versucht Günther, Paul loszuwerden, doch bevor ihm das gelingt, schleicht Hans sich zu Hilde und legt sich zu ihr ins Bett. Als eine Schallplatte ausgelaufen ist, hören Paul und Günther das Paar beim Sex. Damit ist der Zeitpunkt gekommen, den Pakt einzuhalten: Günther will Hans erschießen; dann soll Paul ihn, Hilde und sich selbst töten.
Am nächsten Morgen will Paul gehen. „Es ist doch alles nicht wert“, meint er leise. Günther klopft nun an die Schlafzimmertüre und fragt Hilde nach Hans. Sie behauptet, er sei längst fort. Elli kommt vorbei. Während die beiden Mädchen sich unterhalten, sucht Günther in der Wohnung nach Hans. Paul beobachtet es, und sieht, wie sich ein Vorhang bewegt. Günther schießt mit dem Revolver in den Stoff. Hans kippt stöhnend nach vorn, und Günther tötet ihn mit weiteren Schüssen. Statt Paul den Revolver zu geben, der ihn mit weit aufgerissenen Augen anstarrt, setzt Günther sich die Waffe an den Kopf und drückt ab. Er ist sofort tot.
Paul wird unter Mordverdacht festgenommen und muss sich vor Gericht verantworten. Der Richter (Roman Kaminski) verurteilt ihn wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu drei Wochen Gefängnis, die mit der Untersuchungshaft bereits abgegolten sind.
1931 veröffentlicht Paul Krantz unter dem Pseudonym „Erich Noth“ den Roman „Die Mietskaserne“ über die „Steglitzer Schülertragödie“. Die Nationalsozialisten verbrannten es am 10. Mai 1933. Paul Krantz war bereits am 5. März 1933 emigriert.
Hilde Scheller beschimpfte man wegen ihrer Freizügigkeit. Aufgrund der gegen sie veranstalteten Hexenjagd verließ sie Berlin und wurde in einer anderen Stadt Bibliothekarin.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)In dem Film „Was nützt die Liebe in Gedanken“ griffen Anette Hess, Alexander Pfeuffer (Drehbuch) und Achim von Borries (Regie) einen authentischen Fall aus dem Jahr 1927 auf: die „Steglitzer Schülertragödie“.
Darüber hatte bereits Carl Boese 1929 einen Film gedreht („Geschminkte Jugend“, Drehbuch: Martin Land, Kamera: Karl Hasselmann, Darsteller: Toni van Eyck, Wolfgang Zilzer, Olga Limburg u.a.). Ein Remake von Max Nosseck wurde 1959 von der Produktionsgesellschaft zurückgezogen.
„Was nützt die Liebe in Gedanken“ beginnt mit einer Rahmenhandlung: Der inhaftierte Oberprimaner Paul Krantz wird vernommen. Er erzählt, was geschah, und am Ende schließt sich der Rahmen mit der Urteilsverkündung des Richters. Ohne auf die Vorgeschichte der Hauptfiguren Günther Scheller und Paul Krantz einzugehen, zeichnet Achim von Borries ein minutiöses Bild über ihre psychologische Entwicklung in der Zeit vom 27. bis 30. Juni 1927. Dabei lässt er sich viel Zeit. Das kommt der dichten Atmosphäre zugute: „Was nützt die Liebe in Gedanken“ ist ein „Sturm-und-Drang“-Film, in dem es um Liebe und Tod, verwirrte und überschwängliche Emotionen von sensiblen Gymnasiasten geht. Sehenswert ist „Was nützt die Liebe in Gedanken“ nicht zuletzt wegen der schauspielerischen Leistung von August Diehl, der die Arroganz und Verletzlichkeit, Dekadenz und Feinfühligkeit, Hoffnung und Verzweiflung der Filmfigur eindrucksvoll zum Ausdruck bringt.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007 / 2009
Achim von Borries: England!