Erster Weltkrieg: Waffenstillstandsgesuch und Oktoberreformen

Am 30. September 1918 reichte Reichskanzler Georg Freiherr von Hertling seinen Rücktritt ein. Er gab damit dem Druck der Obersten Heeresleitung nach, die im Sommer 1918 auch in den Regierungsgeschäften faktisch die Fäden zog.

Hindenburg und Ludendorff gaben den Krieg im September 1918 verloren. Sie rechneten damit, dass die Alliierten nur mit einer dem Parlament – und nicht dem Kaiser – verantwortlichen Regierung über einen Waffenstillstand und einen Friedensvertrag verhandeln würden. Deshalb überredeten sie Kaiser Wilhelm II., entsprechende Änderungen des Regierungssystems anzuordnen (Demokratie-Erlass, 30. September 1918). Als neuen Reichskanzler ernannte der Kaiser am 3. Oktober den von der Obersten Heeresleitung vorgeschlagenen Prinz von Baden (3. Oktober – 9. November 1918).

Am Vortag (2. Oktober) hatte Major Erich Freiherr von dem Bussche-Ippenburg in Ludendorffs Auftrag die Fraktionsführer des Reichstags schonungslos über die hoffnungslose militärische Lage aufgeklärt. Da die Oberste Heeresleitung noch im Sommer mit einem groß angelegten Propagandafeldzug die Siegeszuversicht der Deutschen zu stärken versucht hatte, löste die abrupte Einsicht in die wirkliche Situation Entsetzen aus.

Max von Baden wollte es dennoch vermeiden, durch ein hastiges Waffenstillstands-Angebot die deutsche Schwäche offenzulegen; er verlangte von den Militärs, noch einen Monat durchzuhalten. Aber Ludendorff und Hindenburg bestanden darauf, dass die neue Reichsregierung in der Nacht zum 4. Oktober den amerikanischen Präsidenten bat, auf der Grundlage der „Vierzehn Punkte“ einen Waffenstillstand zu vermitteln. Während des Tages schloss sich die Wiener Regierung dem deutschen Ersuchen an.

Wilson erklärte in seinen Antwortnoten vom 8., 14. und 23. Oktober, zuerst müsse der U-Boot-Krieg eingestellt werden.

Am 21. Oktober erfüllte das Deutsche Reich diese Vorbedingung. Noch am 4. September hatte ein deutsches U-Boot in der Irischen See das damals größte Schiff der Welt versenkt, die „Leviathan“, einen ursprünglich deutschen Dampfer („Vaterland“), den sich die Amerikaner nach dem Ausbruch des Krieges angeeignet hatten.

Als deutlich wurde, dass ein Waffenstillstand nur um den Preis einer völligen Entmachung des Deutschen Reiches zu haben war, wollte die militärische Führung weiterkämpfen. Aber die politische Führung konnte nicht dafür gewonnen werden, Deutschland heldenhaft aufzuopfern. Am 26. Oktober trat Erich Ludendorff als Erster Generalquartiermeister der Obersten Heeresleitung zurück, und Wilhelm Groener (1867 – 1939) wurde zu seinem Nachfolger ernannt.

Am 28. Oktober verabschiedete der Reichstag ein Paket von Verfassungsreformen (Oktoberreformen): Die deutsche Regierung war von da an dem Parlament verantwortlich: Der Reichstag konnte den Reichskanzler durch ein Misstrauensvotum stürzen. Das war eine grundlegende Änderung – aber in der Öffentlichkeit wurde sie kaum beachtet.

Fortsetzung

© Dieter Wunderlich 2006

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Dass Rainer Werner Fassbinder als Immobilienhai ausgerechnet einen Juden wählte, brachte ihm den (haltlosen) Vorwurf ein, Antisemit zu sein. Aufgrund des öffentlichen Wirbels konnte "Der Müll, die Stadt und der Tod" zu Fassbinders Lebzeiten nicht aufgeführt werden.
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