"Nelkenrevolution"
Nach der Abschaffung der portugiesischen Monarchie am 4. Oktober 1910 und einem Militärputsch des portugiesischen Generals Oliveira Gomes da Costa am 28. Mai 1926 wurde Portugal autoritär-diktatorisch regiert, vom 5. Juli 1932 bis 26. September 1968 von António de Soliveira Salazar (1889 – 1970) und danach von Marcelo José Caetano (1906 – 1980).
Weil die 1951 zu Überseeprovinzen deklarierten portugiesischen Kolonien Angola und Moçambique gegen die Befreiungsbewegungen nicht gehalten werden konnten, Caetano aber den Krieg fortsetzte, spitzte sich eine Krise zu. Generalstabschef António Sebastião Ribeiro de Spínola wurde im Frühjahr 1974 wegen seiner Kritik an der Kolonialpolitik der Regierung abgesetzt.
In der Nacht vom 24./25. April 1974 strahlte die von Aufständischen eingenommene katholische Radiostation „Renascença“ ein verbotenes Lied des oppositionellen Sängers José Afonso aus und gab damit der „Bewegung der Streitkräfte“ (Movimento das Forças Armadas, MFA) das Zeichen zum Losschlagen. Ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen, nahmen die Putschisten in Lissabon Schlüsselstellungen ein und belagerten den Regierungssitz am Largo do Carmo. Einige Truppenteile liefen zu den Aufständischen über; eingeschlossene Widerstandsnester ergaben sich. Die Menschen auf den Straßen steckten den Soldaten Nelken in die Gewehrläufe („Nelkenrevolution“ – „Revolução dos Cravos“) und bejubelten die Beseitigung der Diktatur.
Spinola übernahm nach dem fast unblutigen Staatsstreich den Vorsitz der Militärjunta und wurde Mitte Mai 1974 zum Staatspräsidenten proklamiert, aber am 30. September trat er zurück.
Die portugiesischen Provinzen Moçambique (Mosambik) und Angola wurden am 25. Juni bzw. 11. November 1975 unabhängig.
© Dieter Wunderlich 2004
António Lobo Antunes: Portugals strahlende Größe