Kosovo


Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Kosovo Teil des am 1. Dezember 1918 gegründeten Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das König Alexander I. am 3. Oktober 1929 nach einem Staatsstreich in „Königreich Jugoslawien“ umbenannte. Im Zweiten Weltkrieg eroberte der Partisanenführer Josip Broz Tito (1892 – 1980) den Balkan von den deutschen und italienischen Besatzern zurück. Er regierte die sozialistische Föderativ-Republik Jugoslawien bis zu seinem Tod am 4. Mai 1980.

Danach verschärften sich die Nationalitätenkonflikte in dem Vielvölkerstaat
[mehr dazu], und besonders in der Autonomen Provinz Kosovo kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Serben und Albanern. Nach der Einschränkung der regionalen Selbstverwaltungen in den Provinzen durch eine Verfassungsänderung im Frühjahr 1989 verhängte die Regierung in Belgrad den Ausnahmezustand im Kosovo. Ausgerechnet in dieses Jahr fiel der 600. Jahrestag der Schlacht auf dem Amselfeld (kosovo polje), der vernichtenden Niederlage des serbischen Fürsten Lazar gegen das Heer des osmanischen Sultans Murad I. am 28. Juni 1389, ein Ereignis, das für die Serben auch noch im 20. Jahrhundert ein Trauma bedeutete.

1991 brach Jugoslawien vollends auseinander: Zuerst Slowenien und Kroatien, dann auch Makedonien proklamierten ihre Unabhängigkeit, und es kam nicht nur in verschiedenen Teilen des Landes zu Bürgerkriegen, sondern auch zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Streitkräften. Überall, wo die verschiedenen Bevölkerungsgruppen des früheren Jugoslawien zusammenlebten – besonders in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo –, kam es zu gewaltsamen ethnischen „Säuberungen“.

Im Kosovo lieferten sich albanische Freischärler (UÇK) heftige Kämpfe mit serbischen Streit- und Polizeikräften. Die Serben vertrieben 1998 über 250 000 Albaner aus dem Kosovo. UN, NATO und EU wurden vom serbischen Staatspräsidenten Slobodan Miloševic mit Versprechungen hingehalten.

Erst ein auf den 27. Oktober 1998 befristetes Ultimatum der NATO veranlasste ihn zum Einlenken, und er akzeptierte eine zweitausend Mann starke Beobachtergruppe der OSZE im Kosovo, die allerdings machtlos zusehen musste, wie es vor ihren Augen zu neuen Massakern kam. Auf internationalen Druck hin begannen am 6. Februar 1999 im Schloss Rambouillet bei Paris Verhandlungen zwischen Serben und Albanern über das Kosovo. Ein von der Internationalen Kontaktgruppe vorgelegter Friedensplan, demzufolge das Kosovo zwar unter serbischer Hoheit verbleiben aber eine umfassende Autonomie erhalten sollte, wurde von Slobodan Miloševic abgelehnt. Nach dem Scheitern der Friedensgespräche in Rambouillet griffen einige NATO-Staaten – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland – ab 24. März 1999 mit Bombardierungen in den Kosovo-Krieg ein. Slobodan Miloševic hatte die Entschlossenheit der NATO unterschätzt und wohl nicht damit gerechnet. Auf der anderen Seite irrten sich die Entscheidungsträger der NATO, wenn sie annahmen, Miloševic werde vor der Drohung oder spätestens nach den ersten Luftangriffen zurückweichen. Im Gegenteil: Das militärische Eingreifen der NATO und vor allem die so genannten „Kollateralschäden“ – also die irrtümliche Tötung von Zivilisten – bewirkten eine Solidarisierung der serbischen Bevölkerung mit ihrem Staatspräsidenten, und die Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo ging auch während des Luftkriegs weiter.

Auf der Grundlage eines von den Außenministern der G-8-Staaten am 6. Mai 1999 in Bonn vereinbarten Friedensplanes verständigte man sich Anfang Juni 1999 darauf, zeitgleich die NATO-Luftangriffe einzustellen und die serbischen Truppen aus dem Kosovo zurückzuziehen, und am 8. Juni einigten sich die G-8-Staaten in Köln auf den Text einer entsprechenden Resolution über den Einsatz einer Friedenstruppe (Kosovo Force, abgekürzt: KFOR), die zwei Tage später vom UN-Sicherheitsrat gebilligt wurde. Bis auf weiteres wurde das Kosovo einer Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen unterstellt (UNMIK). Im März 2007 empfahl der UN-Vermittler Martti Ahtissaari die Unabhängigkeit des Staates Kosovo, aber bis heute konnten die beteiligten Staaten sich nicht über die politische Zukunft des Kosovo einigen. Während Serbien die endgültige Abspaltung des Kosovo verhindern wollte und dabei von Russland unterstützt wurde, standen die USA an der Seite der Albaner im Kosovo – sie stellen 90 Prozent der Bevölkerung –, die einen von Serbien unabhängigen Staat anstrebten.

Im Herbst 2007 unternahmen die EU, Russland und der USA einen letzten Versuch, eine Einigung zwischen den Serben und den Kosovo-Albanern herbeizuführen. Wie von vornherein befürchtet worden war, scheiterten die Bemühungen. Am 17. Februar 2008 beschloss das Parlament in Pristina die Abspaltung des Kosovo von Serbien und proklamierte die Unabhängigkeit.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag, der im Herbst 2008 von der UN-Vollversammlung beauftragt worden war, ein Rechtsgutachten abzugeben, urteilte am 22. Juli 2010, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht gegen das Völkerrecht verstoßen habe. Urteile des Internatinalen Gerichtshofes sind allerdings nicht bindend.

Am 10. September 2012 schloss die internationale Verwaltungsbehörde in Pristina und der Kosovo erhielt volle Souveränität. Allerdings nehmen die EU-Rechtsstaatmission Eulex und die UN-Verwatung weiterhin Einfluss auf politische Entscheidungen im Kosovo.

© Dieter Wunderlich 2007-2012

Das Auseinanderbrechen Jugoslawiens

Christoph Peters - Stadt Land Fluss
Der Roman "Stadt Land Fluss" von Christoph Peters kreist um die Themen Krankheit, Tod und Vergänglichkeit. Er enthält einige gelungene Milieuschilderungen, wirkt aber nicht wie aus einem Guss, sondern eher wie Patchwork.
Stadt Land Fluss