Papstwahl / Konklave
Der Papst wurde ursprünglich durch den Klerus und das Volk der Diözese Rom gewählt. Erst Papst Nikolaus II. beschränkte die Berechtigung zur Papstwahl 1059 auf die Kardinäle. Im Mittelalter wurde auch der Einfluss des Kaisers zurückgeschraubt.
Zum ersten Konklave (cum clave: mit dem Schlüssel) kam es nach dem Tod von Papst Gregor IX. am 22. August 1241, als der römische Senator Matteo Rosso Orsini die Kardinäle, die er festnehmen konnte, in die Ruinen des Septizoniums sperrte, bis sie am 25. Oktober den greisen Mailänder Gottfried von Sabina wählten. Papst Cölestin IV. starb allerdings nach siebzehn Tagen im Amt an den Folgen der Krankheiten, die er sich während des Konklaves zugezogen hatte.
Sollen wir denn vergessen, wie würdelos wir behandelt worden sind? Wie wir an Händen und Füßen zum Wahlkerker geschleppt und schmählich geschlagen worden sind gleich Dieben? […] Wie auf dem Dach über unseren Köpfen von der dort einquartierten Waschmannschaft die Notdurft verrichtet wurde, die durch Ritzen und Spalten auf das Lager eines unserer Brüder als stinkende Jauche tropfte und sich des Nachts bei Regen auf das Bett eines anderen ergoss? (Protestschreiben der Kardinäle, zitiert nach Horst Fuhrmann)
Weil die Kardinäle sich nach dem Tod von Papst Klemens IV. am 29. November 1268 jahrelang nicht auf einen Nachfolger einigen konnten, mauerten die Bürger von Viterbo sie im Episkopalpalast ihrer Stadt ein, stellten Wachen auf und beschränkten die Ernährung der Kirchenfürsten auf Wasser und Brot. Der Volkskapitän Raniero Gatti und der Bürgermeister Alberto di Montebuono veranlassten dann auch noch das Abdecken des Daches. Die Sedisvakanz (sede vacante: leerer Stuhl) – die längste in der Kirchengeschichte – endete erst am 1. September 1271, als Tebaldo Visconti von Lüttich die Wahl akzeptierte und den Papstnamen Gregor X. annahm.
Um extrem lange Sedisvakanzen wie diese in Zukunft zu vermeiden, führte Papst Gregor X. im Juli 1274 auf dem Zweiten Lyoner Konzil eine neue Papstwahl-Ordnung ein, derzufolge die Kardinäle während des Wahlvorgangs in einem bestimmten Raum isoliert werden sollten („Ubi periculum“). „Konklave“ bezeichnet sowohl den abgeriegelten Ort als auch die Versammlung der Kardinäle und den Wahlvorgang. (Die Päpste Hadrian V. und Johannes XXI. hoben diese Papstwahl-Ordnung zwar auf, aber nach einer weiteren zweijährigen Sedisvakanz führte Papst Cölestin V. sie am Ende des 13. Jahrhunderts wieder ein.)
1904 fasste Papst Pius X. die gültigen Regeln der Wahlordnung zusammen und modifizierte zugleich einige davon. Nach Änderungen unter den Päpsten Pius XI., Pius XII. und Johannes XXIII. schloss Papst Paul VI. 1975 die über achtzigjährigen Kardinäle vom Konklave aus. Gültig ist derzeit die von Papst Johannes Paul II. abgesegnete Apostolische Konstitution „Universi Dominici Gregis“ (Hirte der gesamten Herde des Herrn) vom 22. Februar 1996.
War ein Papst gestorben, trat früher der Camerlengo vor Zeugen an das Totenbett, klopfte mit einem Hämmerchen auf die Stirn des Verstorbenen und fragte dreimal in lateinischer Sprache: „Schläfst du?“ Dann konstatierte er: „Wahrhaftig, der Heilige Vater ist tot.“ Beim Tod von Papst Johannes Paul II. gab es diese Zeremonie nicht mehr, denn er hatte sie 1996 abgeschafft. Aber der Camerlengo – das ist nach dem Tod von Johannes Paul II. der achtundsiebzigjährige Spanier Eduardo Martinez Somalo – wird dem Verstorbenen wie in der Vergangenheit den Fischerring vom Finger ziehen und das Arbeitszimmer sowie die Privatgemächer des Papstes versiegeln. Der Ring muss zusammen mit dem päpstlichen Siegel vor den Augen der Kardinäle zerbrochen werden.
Unterstützt von drei Assistenten, übernimmt der Camerlengo für die Zeit der Sedisvakanz die Verwaltung der Kurie und den Vorsitz der Sonderkongregationen. Seine wichtigsten Aufgaben sind die Organisation der Bestattung des toten Papstes und des Konklaves.
Frühestens fünfzehn, spätestens zwanzig Tage nach dem Tod des Papstes wird das Konklave eröffnet. Seit 1592 hat es meistens in der Sixtinischen Kapelle im Vatikan stattgefunden [Michelangelo]. Die zu strengster Geheimhaltung verpflichteten Kardinäle übernachteten beim Konklave im Jahr 1978 auf Klappbetten in den Büros des Apostolischen Palastes und der Vatikanischen Museen. 2005 werden sie erstmals im vatikanischen Gästehaus „Domus Sanctae Marthae“ auf der anderen Seite der Peterskirche untergebracht. Jeder von ihnen kann sich von einem Assistenten begleiten lassen. Während des Konklaves sind die Teilnehmer von der Außenwelt isoliert: Weder Telefon noch Briefe, Fax, Internet, Rundfunk oder Printmedien sind erlaubt. Treffen wahlberechtigte Kardinäle verspätet ein, dürfen sie an den weiteren Wahlgängen teilnehmen. Andererseits können ernstlich erkrankte Kardinäle das Konklave verlassen und ggf. nach ihrer Genesung zurückkehren.
Eigentlich kann jeder römisch-katholische Priester zum Papst gewählt werden, aber Urban VI. war der letzte Papst, der bei seiner Wahl im Jahr 1378 nicht bereits dem Kardinalskollegium angehört hatte.
Gewählt wird geheim und mit doppelt gefalteten Stimmzetteln („per scrutinium“). Die Stimmzettel mit dem Aufdruck „Eligo in Summum Ponteficem“ (zum Papst wähle ich) werden eingesammelt, gemischt, ausgezählt, auf einer Schnur aufgereiht und aus Gründen der Geheimhaltung in einem eigenen Ofen verbrannt. Für eine gültige Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. (Um ein überlanges Konklave zu vermeiden, ordnete Papst Johannes Paul II. 1996 an, dass nach vierunddreißig erfolglosen Wahlgängen die absolute Mehrheit ausreichte oder in einer Stichwahl zwischen den beiden erfolgreichsten Kandidaten entschieden wurde. Diese Regelung schaffte Papst Benedikt XVI. jedoch 2007 wieder ab.)
Früher durften die Kardinäle nicht für sich selbst stimmen. Um die umständliche Überprüfung zu vermeiden, schaffte Papst Pius XII. die Regelung 1945 ab, ordnete aber an, dass für die erfolgreiche Wahl zwei Drittel der Stimmen plus eine Stimme erforderlich seien. Um der Wahl nicht den Charakter von Exerzitien zu rauben, sollen die Kardinäle nicht mehr als zweimal am Vormittag und weitere zweimal am Nachmittag abstimmen und nach drei Tagen einen Tag lang aussetzen.
Erfolglose Wahlgänge werden der Öffentlichkeit angezeigt, indem man aus einem Kamin schwarzen Rauch aufsteigen lässt. Weißer Rauch bedeutet das Gegenteil: „Habemus papam“ (Wir haben einen Papst) heißt es dann. Damit enden das Konklave und die Sedisvakanz.
Ein gewählter Kardinal braucht sich nicht sofort zu entscheiden, ob er die Wahl annimmt oder nicht, sondern er kann sich eine Bedenkzeit nehmen. Akzeptiert er die Wahl, sucht er sich einen Papstnamen aus. Er legt die in drei Größen bereit liegende weiße Papstrobe an, lässt sich vom Camerlengo einen neuen Fischerring über den Finger streifen und von den Kardinälen huldigen. Die Krönung mit der Tiara wurde durch Papst Johannes Paul I. abgeschafft.
Das Ergebnis einer erfolgreichen Papstwahl wird vom Kardinalsprotodiakon von der Benediktionsloggia des Petersdoms aus verkündet. Danach erteilt der neue Papst den Apostolischen Segen („urbi et orbi“).
Am 16. Oktober 1978 war der damals achtundfünfzigjährige polnische Kardinal Karol Wojtyla im achten Wahlgang als Nachfolger des am 28. September nach nur dreiunddreißig Tagen im Amt verstorbenen Papstes Johannes Paul I. (1912 – 1978) gewählt worden. Er hatte den Papstnamen Johannes Paul II. angenommen. Ein Pole auf dem Heiligen Stuhl galt als Sensation: Abgesehen von einer kurzen Unterbrechung – Hadrian VI. (1522/23) – waren alle Päpste seit 1378 Italiener gewesen.
Papst Johannes Paul II. starb am 2. April 2005 nach langer schwerer Krankheit im Alter von vierundachtzig Jahren an einem septischen Schock und am Zusammenbruch seines Herz-Kreislauf-Systems. Der Tote wurde am 8. April beigesetzt. Am 18. und 19. April versammelten sich 115 Kardinäle – darunter die Deutschen Walter Kasper, Karl Lehmann, Joachim Meisner, Joseph Ratzinger, Georg Sterzinsky und Friedrich Wetter – zum Konklave und wählten im vierten Wahlgang den achtundsiebzigjährigen Kardinal Joseph Ratzinger zum neuen Pontifex maximus. Der erste aus Deutschland stammende Papst seit Hadrian VI. (1522/23) entschied sich für den Papstnamen Benedikt XVI.
Papst Benedikt XVI. kündigte am 11. Februar 2013 an, dass er mit Wirkung vom 28. Februar zurücktreten werde. Auch Papst Coelestin V. war 1294 auf eigenen Wunsch aus dem Amt geschieden. Seither hatte es keinen freiwilligen Papstrücktritt mehr gegeben. Wegen seines Alters wird Benedikt XVI. dem Konklave, das im März einen neuen Papst wählen wird, nicht angehören.
Literatur über das Konklave
- Alberto Melloni: Das Konklave (Herder-Verlag, Freiburg 2002)
- Hubert Wolf: Konklave: Die Geheimnisse der Papstwahl (C. H. Beck, München 2017)
Robert Harris schrieb den ebenso aufschlussreichen wie unterhaltsamen Roman „Konklave“.
© Dieter Wunderlich 2005/2013
Robert Harris: Konklave