John Williams : Stoner

Stoner
Originalausgabe: Stoner, 1965 Stoner Übersetzung: Bernhard Robben Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2013 ISBN: 978-3-423-28015-0, 349 Seite
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die Geschichte, die John Williams in seinem Roman "Stoner" erzählt, beginnt mit der Geburt des Protagonisten 1891 und endet mit dessen Krebstod 65 Jahre später. Stoner wächst auf einer Farm in Missouri auf, studiert dann in Columbia, 60 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt, und verbringt sein ganzes Leben in dieser Stadt. Seine Karriere bleibt bescheiden, die Ehe ist ein Desaster, seine Tochter vernachlässigt ihr Kind und trinkt. Was wird von seinem Leben bleiben?
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Kritik

"Stoner" ist ein ernster Entwicklungs- und College-Roman. John Williams erzählt chronologisch, stringent, leise und ohne Schnörkel. Wie sein Protagonist hält er sich zurück, er verzichtet auf sprachliche Extravaganzen und formale Experimente.
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William Stoner wird 1891 auf einer kleinen Farm in der Nähe des Dorfes Booneville in Missouri geboren. Sein Vater ist zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre alt, seine Mutter gerade einmal 20. Er bleibt das einzige Kind und sobald er dazu in der Lage ist, muss er bei der Bewirtschaftung der Farm mithelfen. Aber nach dem Highschool-Abschluss im Jahr 1910 fordert ihn der Vater auf, an der University of Missouri in Columbia Landwirtschaft zu studieren. William zögert, die Eltern mit der vielen Arbeit allein zu lassen, aber der Vater versichert ihm, sie würden es auch ohne ihn schaffen.

Der 19-Jährige fährt also in die 60 Kilometer entfernte Stadt. Dort wird er von Jim Foote, einem Vetter seiner Mutter, und dessen Ehefrau Serena in einem Vorratsraum einquartiert. Als Gegenleistung muss er auf ihrer Farm arbeiten – und dabei nutzen sie ihn gehörig aus.

Unter dem Einfluss von Archer Sloane, eines Literaturdozenten Anfang 50, wechselt William Stoner die Fachrichtung. Als Sloane ihn kurz vor dem Abschluss fragt, ob er auf die Farm seiner Eltern zurückkehren werde, sagt Stoner spontan nein und ist selbst verblüfft über die soeben getroffene Entscheidung, an der Universität zu bleiben. Seinen Eltern wagt er es allerdings nicht mitzuteilen. Sie fahren Anfang Juni 1914 eigens mit einem Fuhrwerk nach Columbia und übernachten bei den Footes, um an der Abschlussfeier teilzunehmen und ihn dann mitzunehmen. Erst jetzt sagt William:

„Ich komme nicht mit euch zurück auf die Farm.“
Niemand regte sich. Sein Vater sagte: „Wenn du hier noch ein paar Dinge zu erledigen hast, können wir morgen vorfahren und du kommst in ein paar Tagen nach.“
Stoner rieb sich das Gesicht mit offener Hand. „So … habe ich das nicht gemeint. Ich versuche euch zu sagen, dass ich überhaupt nicht auf die Farm zurückkomme.“
Sein Vater umfasste seine Knie etwas fester und richtete sich auf. „Steckst du in Schwierigkeiten?“
Stoner lächelte. „Nein, nichts dergleichen. Ich werde noch ein weiteres Jahr zur Universität gehen, vielleicht auch noch zwei, drei Jahre.“

Nachdem Stoner im Frühjahr 1915 sein Magisterstudium beendet hat, setzen ihn Jim und Serena Foote vor die Tür. Er mietet ein kleines Zimmer in der Nähe der Universität.

Anders als David Masters und Gordon Finch, zwei mit ihm befreundete Kommilitonen, meldet Stoner sich nach dem Kriegseintritt der USA am 6. April 1917 nicht zum Militär. Während er im Frühjahr 1918 seine Dissertation abschließt und im Juni promoviert, fällt David Masters in Frankreich. Stoner erhält im Sommer 1918 eine Vollzeitdozentur an der Universität.

Bei einer Abendgesellschaft fällt ihm eine gut aussehende 20-Jährige auf, und er lässt sich mit ihr bekanntmachen. Sie heißt Edith Elaine Bostwick und hat einen zweijährigen Studiengang an einer privaten Lehranstalt für Mädchen in St. Louis abgeschlossen. Ihr Vater Horace Bostwick ist Präsident einer kleinen Bank in St. Louis. Edith wohnt noch bei ihren Eltern, besucht jedoch gerade Emma Darley, eine verwitwete Schwester ihrer Mutter, in Columbia. Kurz bevor sie nach St. Louis zurückkehrt, macht Stoner ihr einen Heiratsantrag. Sie bittet um Bedenkzeit und schreibt ihm zehn Tage später recht förmlich, er möge nach St. Louis kommen und sich ihren Eltern vorstellen.

Anfang Februar 1919 findet die Hochzeit statt. Die Flitterwoche verbringt das Paar in einer von Ediths Eltern bezahlten Hotelsuite in St. Louis. Beide sind unberührt in die Ehe gegangen. Die Hochzeitsnacht verbringt Stoner auf einem Sofa. Nach dem ersten Geschlechtsverkehr übergibt Edith sich im Bad.

Ungeschickt zog er den Korken aus dem Champagner; der laute Knall ließ Edith zusammenzucken, weißer Schaum sprudelte aus dem Flaschenhals und lief ihm über die Hand.

Zwei Tage früher als geplant kehren sie nach Columbia zurück, wo Stoner eine Wohnung für sie beide gemietet hat.

Nach einem Monat wusste er, dass seine Ehe scheitern würde, nach einem Jahr hoffte er nicht mehr darauf, dass es je besser werden würde.

Anfang 1922 beschließt Stoner, seine Dissertation für eine Veröffentlichung zu überarbeiten. Kurz darauf überrascht ihn Edith mit dem Wunsch nach einem Kind. Gierig und leidenschaftlich verlangt sie Sex von ihm, bis sie im Sommer merkt, dass sie schwanger ist. Da fühlt sie sich sogleich unpässlich und lässt sich von ihrem Mann nicht mehr berühren; sie liegt nun viel, und Stoner erledigt die Hausarbeit. Mitte März 1923 wird Grace geboren. Weil Edith noch monatelang bettlägerig bleibt, kümmert Stoner sich auch um das Kleinkind.

Archer Sloane stirbt im Sommer 1924. Als Nachfolger wird der Harvard-Absolvent Hollis N. Lomax berufen.

Von einem Besuch bei ihren Eltern in St. Louis kommt Edith mit einem Scheck zurück. Es handele sich um ein Darlehen ihres Vaters für den Kauf eines Hauses, erklärt sie ihrem Mann. Stoner weiß, dass sie die Raten kaum bezahlen können, aber Edith besteht darauf, von der Wohnung in ein Haus umzuziehen.

Stoners Vater stirbt im Frühjahr 1927. Die Mutter will die Farm nicht verlassen und bewirtschaftet sie mit Hilfe eines Landarbeiters weiter. Aber sie stirbt bald nach ihrem Mann.

Bei dem Börsencrash im Oktober 1929 bricht auch Merant’s Trust in St. Louis zusammen, die Bank, deren Präsident Ediths Vater ist. Horace Bostwick erschießt sich. Edith bleibt nach der Beerdigung fast zwei Monate lang bei ihrer Mutter und lässt ihre kleine Tochter bei ihrem Mann in Columbia. Als sie zurück ist und ihr auffällt, dass Grace gern bei William im Arbeitszimmer sitzt, holt sie das Kind unter dem Vorwand weg, es störe den Vater bei der Arbeit.

Wenn er zu Hause ist, verbringt er die meiste Zeit im Arbeitszimmer. Dort schläft er auch. Während seiner Abwesenheit räumt Edith das Arbeitszimmer aus, und als er sich am Abend darüber wundert, erklärt sie ihm, sie wolle malen und benötige diesen Raum wegen des Lichts. Stoner muss mit dem Wintergarten vorliebnehmen, der sich im Winter kaum genügend heizen lässt und im Sommer unerträglich heiß wird. Dort lagert Edith dann auch noch Gerümpel.

Charles Walker, ein Assistent und Doktorand Hollis N. Lomax‘, drängt Stoner im Herbst 1931, ihn in ein eigentlich bereits überbelegtes Seminar aufzunehmen. Der Dozent lässt sich überreden. Walker kommt gleich beim ersten Mal zu spät und stört dann mit penetranten Zwischenfragen. Am Ende des Semesters bittet er Stoner mehrmals um Aufschub für den Vortrag, den jeder Teilnehmer zu halten hat. Als er ihn dann endlich hält, vermutet Stoner, dass Walker aus dem Stegreif redet und verlangt deshalb die schriftliche Ausarbeitung. Mit dem Argument, die anderen Studenten hätten auch keine Manuskripte vorzeigen müssen, weigert Walker sich. Stoner lässt ihn deshalb durchfallen.

Daraufhin wird er zu Gordon Finch gerufen, der es inzwischen zum stellvertretenden Dekan für Kunst und Wissenschaft gebracht hat. Der teilt seinem Freund mit, dass Walker bzw. Lomax sich über ihn beschwert haben.

Bei der mündlichen Prüfung sitzt Walker vor Finch, Stoner, Lomax, dem Dekan Henry Rutherford und einem Dozenten namens Jim Holland. Lomax stellt die ersten Fragen, und Stoner wundert sich über die guten Antworten Walkers. Als Holland fragt, greift Lomax ständig ein und formuliert die Fragen um. Da begreift Stoner, dass Lomax darauf achtet, dass sein Schützling nur über einstudierte Themen zu reden braucht. Das Spiel macht er jedoch nicht mit: Stoner lässt nicht zu, dass Lomax seine Fragen verändert, besteht auf klaren Antworten und weist nach, dass es Walker sogar an Grundwissen fehlt. Am Ende besteht er deshalb darauf, dass der Kandidat die Prüfung nicht bestanden habe. Lomax ist anderer Meinung, und es kommt zu einem heftigen Streit. Keiner der Kontrahenten gibt nach.

Kurz darauf übernimmt Hollis N. Lomax die Leitung des Fachbereichs Englisch und wird dadurch zu Stoners Vorgesetzten. Er teilt Stoner nur noch für Grundkurse ein, und die Termine lässt er so ungünstig wie möglich legen. Stoner findet sich damit ab.

Im Herbst 1932 wird er von Katherine Driscoll gebeten, deren noch unfertige Dissertation zu lesen und sie zu beraten. Stoner ist von der Arbeit begeistert – und beginnt eine Affäre mit Katherine, die schon längst in ihn verliebt ist. Die beiden verbringen viel Zeit zusammen. Sie gehen miteinander ins Bett, arbeiten aber auch konzentriert und stellen fest, dass Geist und Sinnlichkeit keine Gegensätze sind.

Nach einer Weile wird Stoner klar, dass Edith von Anfang an von der Affäre gewusst hat. Als er ihr eine Aussprache vorschlägt, meint sie, da gebe es nichts zu besprechen. Es dauert auch nicht lange, bis an der Universität Gerüchte über die Beziehung von William Stoner und Katherine Driscoll verbreitet werden. Finch warnt seinen Freund. In der Absicht, Stoner zu treffen, verlangt Lomax eine Relegation der Doktorandin Katherine Driscoll wegen Fehlverhaltens. Die Liebenden müssen sich trennen. Katherine geht von sich aus und verschwindet aus Columbia, ohne eine Adresse zu hinterlassen.

Nachdem Grace angefangen hat, an der University of Missouri zu studieren, wird sie von einem Kommilitonen schwanger, den sie kaum kennt und der ihr nichts bedeutet: Ed Frye. Bei seinem Vater handelt es sich um einen Börsenmakler in St. Louis. Edith drängt auf eine rasche Eheschließung. Grace fügt sich und heiratet den jungen Mann am 12. Dezember 1941.

Zwei Monate später meldet Frye sich zur Armee. Im Juni 1942 bringt Grace in St. Louis einen Sohn zur Welt. Bald darauf fällt dessen Vater auf einer Pazifik-Insel. Die junge Witwe bleibt bei den Schwiegereltern in St. Louis. Sie beginnt zu trinken. Wenn sie hin und wieder ihre Eltern in Columbia besucht, lässt sie das Kind bei den Schwiegereltern, und auch sonst wird der kleine Junge eher von den Großeltern als von der Mutter erzogen.

Stoner entdeckt im Frühjahr 1949 Katherine Driscolls veröffentlichte Dissertation. Es rührt ihn, dass sie ihr Buch „W. S.“ gewidmet hat.

Als Stoner 1956 das Pensionsalter erreicht, hofft Lomax, ihn endlich loszuwerden, aber der Assistenzprofessor beharrt auf seinem Recht, bis zum 67. Lebensjahr an der Universität zu bleiben.

Im Frühjahr zwingen ihn Schmerzen, einen Arzt aufzusuchen. Der Mediziner diagnostiziert einen großen Tumor am Darm und rät Stoner zu einer sofortigen Operation. Stoner lässt sich einen Termin für in zwei Wochen geben, denn er will noch einiges regeln.

Als Erstes sucht er Gordon Finch auf und erklärt ihm, er wolle nun doch zum Ende des Semesters emeritieren. Dann instruiert er alle seine Studenten über ihr weiteres Vorgehen. Aber nicht einmal seiner Frau sagt er, dass er sich einer Operation unterziehen muss.

Edith findet es irgendwie heraus und stellt ihn verärgert zur Rede.

In seinem Körper haben sich bereits Metastasen ausgebreitet. William Stoner stirbt bald nach dem Eingriff.

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Die Geschichte, die John Williams in seinem Roman „Stoner“ erzählt, beginnt mit der Geburt des Protagonisten 1891 und endet mit dessen Krebstod 65 Jahre später. Stoner wächst auf einer Farm in Missouri auf, studiert dann in Columbia, 60 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt, und verbringt sein ganzes Leben in dieser Stadt. Seine Karriere bleibt bescheiden, die Ehe ist ein Desaster, seine Tochter vernachlässigt ihr Kind und trinkt. Ein Durchschnittsleben. Was wird davon bleiben?

„Stoner“ ist ein ernster Entwicklungs- und College-Roman. John Williams erzählt chronologisch, stringent, leise und ohne Schnörkel. Wie sein Protagonist hält er sich zurück, er verzichtet auf sprachliche Extravaganzen und formale Experimente.

Der aus Texas stammende Literaturprofessor John Edward Williams (1922 – 1994) veröffentlichte 1948 seinen ersten Roman – „Nothing But the Night“ – und im Jahr darauf einen Gedichtband: „The Broken Landscape“. 1965 folgte „Stoner“. Es war sein dritter Roman.

Keines seiner Werke wurde zunächst ins Deutsche übersetzt. Erst 2013 veröffentlicht der Deutsche Taschenbuch Verlag eine von Bernhard Robben vorgenommene deutschsprachige Übertragung des Romans „Stoner“, und zwar nicht als Taschenbuch, sondern in Leinen gebunden, mit karminrotem Vorsatz und Lesebändchen.

Den Roman „Stoner“ von John Williams gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Burghart Klaußner (Berlin 2013, 480 Minuten, ISBN 978-3-86231-280-1).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013
Textauszüge: © Deutscher Taschenbuch Verlag

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