Mobbing

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Mobbing

Originaltitel: Mobbing – Regie: Nicole Weegmann – Drehbuch: Eva Zahn, Volker A. Zahn, nach dem Roman "Mobbing" von Annette Pehnt – Kamera: Alexander Fischerkoesen – Schnitt: Andrea Mertens – Musik: Birger Clausen – Darsteller: Susanne Wolff, Tobias Moretti, Andreas Lust, Bettina Mittendorfer, Krista Stadler, Margret Völker u.a. – 2013; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Tatkräftig bereiten die Kulturreferenten Jo Rühler und Markus Roth ein Stadtfest vor, aber die neue Dezernatsleiterin entzieht ihnen die Zuständigkeit dafür und demütigt sie systematisch. Markus kündigt daraufhin. Jo, der eine Familie zu versorgen hat, versucht sich zu arrangieren, aber seine Frustration überträgt sich aufs Privatleben. Immer häufiger streitet er mit seiner Frau Anja, die ebenfalls unter der Situation leidet. Die Ehe droht zu scheitern ...
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Kritik

Bei "Mobbing", der Verfimung eines Romans von Annette Pehnt durch Nicole Weegmann, handelt es sich um ein leises, bedächtig erzähltes Psychodrama. Im Fokus steht nicht das Mobbing, sondern dessen Auswirkungen.
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Joachim („Jo“) Rühler (Tobias Moretti) ist seit 18 Jahren im Kulturreferat der Stadt Freising tätig. Seine Frau Anja (Susanne Wolff) arbeitete vor der Geburt des inzwischen fünfjährigen Sohnes Felix (Luka Milan Vucijak) in einem Verlag. Felix hat auch ein kleines Schwesterchen namens Mona. Die Familie wohnt zur Miete in einem Haus mit Garten und plant, die Immobilie demnächst zu kaufen.

Tatkräftig bereiten Jo und sein mit ihm eng befreundeter Kollege Markus Roth (Andreas Lust) 1996 die 1000-Jahr-Feier der Verleihung des Markt-, Münz- und Zollrechts an Freising vor.

Als sie eine neue Chefin bekommen, ändert sich alles. Dr. Elke Schulz streicht den Auftritt des Kinderchors beim Stadtfest. Der Gesang sei provinziell und blamabel, meint sie, „unterste Schublade“. Ein paar Tage später erteilt sie Jo eine Abmahnung, weil er ohne eine ordentliche Ausschreibung mit einem Budenbesitzer einen Vertrag schloss. Sie regelt die Aufgabenverteilung in ihrem Dezernat neu und entzieht dabei Jo und Markus die Zuständigkeit für das Stadtfest. Darum will sie sich von nun an mit Unterstützung Martina Müllers (Margret Völker) selbst kümmern.

Die beiden Männer nehmen sich vor, dagegen anzugehen, aber erst einmal betrinken sie sich.

Zur Feier von Felix‘ 6. Geburtstag kommen Jos allein lebende Mutter Helga (Krista Stadler) und Anjas Eltern Elfi und Hubert Ritter (Doris Buchrucker, Hans Stadlbauer). Jo wird übel. Der Arzt Bernd Winkler (Christian Heller), der mit seiner Ehefrau Christa (Sophie Engert) zu den Freunden der Rühlers gehört, untersucht Jo, findet aber keine organische Ursache. Anja übernimmt es am nächsten Morgen, Jo krank zu melden. Die Sekretärin des Kulturdezernats weist sie darauf hin, dass eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt werden müsse. Das Misstrauen demütigt Jo noch weiter.

Markus, der allein lebt und keine Familie zu versorgen hat, gibt auf: Nachdem er von einem Unternehmen in Düsseldorf einen befristeten Vertrag bekommen hat, kündigt er in der Stadtverwaltung Freising. Jo ist enttäuscht darüber, dass ihn sein Freund im Stich lässt.

Bald darauf kommt Jo am frühen Nachmittag nach Hause: Dr. Elke Schulz hat ihm fristlos gekündigt. Jo engagiert einen Rechtsanwalt und klagt dagegen. Dann packt er seine Kettensäge und fällt einen Baum im Garten, obwohl er dazu die Erlaubnis des Grundstücksbesitzers benötigt hätte und er sich als Arbeitsloser den Kauf der Immobilie nicht mehr leisten kann. Tagelang liegen die Äste und Trümmer herum.

Während Jo Bewerbungen verschickt, wendet Anja sich an ihre Freundin Katrin Vogt (Bettina Mittendorfer), die noch in dem Verlag arbeitet, bei dem sie früher ebenfalls tätig war. Katrin verschafft ihr einen Übersetzungsauftrag und weist sie darauf hin, dass eine fristlose Kündigung nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten eines Arbeitnehmers möglich ist.

Darüber hat Anja noch gar nicht nachgedacht. Zu Hause lässt sie sich von Jo das Kündigungsschreiben zeigen und fragt ihn misstrauisch nach dem Grund. Er berichtet, Martina Müller habe der Dezernatsleiterin gemeldet, dass er eine Kassette mit dem Erlös eines Benefizkonzerts in seinem Schreibtisch aufbewahrte. Das wurde ihm als Unterschlagung ausgelegt.

Bevor Anja mit der Übersetzung fertig ist, wird ihr der Auftrag wieder entzogen.

Als sie herausfindet, dass Markus nach Freising zurückgekehrt ist, trifft sie sich heimlich mit ihm. So erfährt sie, dass Jo sich auch bei dem Düsseldorfer Unternehmen bewarb, für das Markus vorübergehend arbeitete. Dass Jo nicht genommen wurde, lastete er seinem Freund an. Bevor Anja ins Taxi steigt, küssen sie und Markus sich leidenschaftlich.

Zu Hause provoziert sie Jo, indem sie ihm nicht nur von dem Treffen mit Markus erzählt, sondern ihm auch den Kuss gesteht. Er habe sich gut angefühlt, fügt sie hinzu, und sie bedaure es, nicht mit Markus geschlafen zu haben. Als Jo darauf nicht reagiert, ohrfeigt sie ihn und schimpft: „Du kriegst nichts auf die Reihe, gar nichts, nicht den Job, nicht die Familie, gar nichts!“ Da wirft er sie aufs Bett und vergewaltigt sie.

Das Gericht gibt dem Kläger Recht. Die Stadtverwaltung Freising muss Jo weiterbeschäftigen.

Er habe jetzt ein eigenes Büro, prahlt Jo ein paar Tage später und schlägt vor, endlich den Kauf des Hauses anzugehen. Anja will davon jedoch nichts mehr wissen.

Eines Tages kommt sie auf die Idee, Jo am Arbeitsplatz zu besuchen. Mit Felix an der Hand und Mona im Kinderwagen geht sie zum Pförtner der Stadtverwaltung und fragt nach ihrem Mann. Der Name Jo Rühler sagt dem Pförtner nichts, und es dauert eine Weile, bis er ihn im Mitarbeiterverzeichnis findet. Jo sitzt allein in einem Bürocontainer im Hof des Verwaltungsgebäudes. Dort übersetzt er französische Texte ins Deutsche. Anja wundert sich, denn sie weiß, dass ihr Mann die französische Sprache nur unzulänglich beherrscht. Das mache nichts, erklärt er, Frau Dr. Elke Schulz werfe seine Übersetzungen ohnehin alle in den Papierkorb. Anja ist entsetzt, aber Jo weist darauf hin, dass er auf diese Weise die Familie ernähre. Verstört verlässt Anja den Container: Sie erkennt ihren Mann nicht wieder.

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Nicole Weegmann (Regie), Eva Zahn und Volker A. Zahn (Drehbuch) adaptierten den Roman „Mobbing“ von Annette Pehnt fürs Fernsehen.

Annette Pehnt schildert die Vorgänge aus der Sicht der Ehefrau des Mobbing-Opfers. Dementsprechend zeigt auch Nicole Weegmann keine Mobbing-Szenen. Die Dezernatsleiterin Dr. Elke Schulz sehen wir kein einziges Mal, und von ihren demütigenden Anweisungen hören wir nur indirekt. Wie im Roman steht nicht das Mobbing selbst im Fokus, sondern dessen Folgen für die Familie des Opfers. „Mobbing“ ist ein leises, bedächtig erzähltes Psychodrama, das der Frage nachgeht, welche Rückwirkungen Arbeitsverhältnisse auf das Privatleben haben können.

Die bedrückende Stimmung, die durch ein vergiftetes Betriebsklima im Arbeitsbereich erlebt wird, überträgt sich auf die Privatsphäre. Die Gereiztheit des Mobbing-Opfers Jo Rühler führt zu häuslichem Streit, und bei seiner Ehefrau Anja entstehen Existenzängste, nicht nur wegen der angespannten finanziellen Lage, sondern auch weil sie sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlt. Jo gewinnt zwar den Kündigungsschutzprozess und muss weiterbeschäftigt werden, aber die Arbeitsbedingungen sind entwürdigend, und Anja kann es nicht fassen, dass er sich das gefallen lässt, nur um die Familie ernähren zu können. Die Ehe droht zu scheitern.

Sehenswert ist „Mobbing“ auch wegen Susanne Wolf, die ihre Rolle nuanciert und facettenreich, eindrucksvoll und überzeugend spielt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

Annette Pehnt: Mobbing

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