Dem Himmel so fern

Dem Himmel so fern

Dem Himmel so fern

Dem Himmel so fern – Originaltitel: Far From Heaven – Regie: Todd Haynes – Drehbuch: Todd Haynes – Kamera: Edward Lachman – Schnitt: James Lyons – Musik: Elmer Bernstein – Darsteller: Julianne Moore, Dennis Quaid, Dennis Haysbert, Patricia Clarkson, Viola Davis, James Rebhorn, Bette Henritze, Michael Gaston, Ryan Ward, Lindsay Andretta, Jordan Puryear, Kyle Timothy Smith, Celia Weston, Barbara Garrick, Olivia Birkelund, Stevie Ray Dallimore, Mylika Davis, Jason Franklin, Gregory Marlow u.a. – 2002; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Familie Whitaker gilt 1957 in Hartford, Connecticut, als Vorzeigefamilie. Frank leitet ein erfolgreiches Unternehmen, und Cathy kümmert sich zu Hause um die beiden kleinen Kinder. Als sie ihren Ehemann bei der Umarmung eines anderen Mannes ertappt, fällt sie aus allen Wolken. Verständnis findet die Verzweifelte nur bei ihrem Gärtner, aber das ist ein Afroamerikaner, und als die Leute sie im Gespräch mit ihm beobachten, wird sie gemieden ...
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Kritik

"Dem Himmel so fern" ist eine bis ins Detail stimmige Hommage des Regisseurs Todd Haynes an die amerikanischen Gesellschafts-Melodramen der Fünfzigerjahre, vor allem an Douglas Sirk und dessen Film "Was der Himmel erlaubt".
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Cathy und Frank Whitaker (Julianne Moore, Dennis Quaid) leben mit ihren kleinen Kindern David (Ryan Ward) und Janice (Lindsay Andretta) und dem afroamerikanischen Dienstmädchen Sybil (Viola Davis) in einem schmucken Haus in der Kleinstadt Hartford, Connecticut. Weil Frank die „Magnatech TV Sales Company“ leitet, werden er und seine nicht berufstätige Frau auch respektvoll „Mr und Mrs Magnatech“ genannt. 1957 erhält Cathy Besuch von der Journalistin Mrs Leacock (Bette Henritze) und einem Pressefotografen (Jason Franklin), denn eine Gesellschaftszeitschrift möchte die Vorzeigefamilie in einer Homestory vorstellen.

Während des Interviews entdeckt Cathy im Garten einen ihr unbekannten Afroamerikaner. Es stellt sich heraus, dass es sich um den Sohn ihres kürzlich verstorbenen Gärtners handelt: Raymond Deagan (Dennis Haysbert).

Frank steht unter großem Stress und trinkt heimlich, um sich ein wenig zu entspannen. Als er wieder einmal abends anruft, um mitzuteilen, dass er noch geschäftlich zu tun habe, bringt ihm Cathy sein Abendessen in die Firma – und überrascht ihn in seinem Büro bei der Umarmung eines anderen Mannes. Entsetzt kehrt Cathy nach Hause zurück: Von der homosexuellen Neigung Franks hatte sie nichts geahnt.

Um seine Ehe zu retten, ist Frank bereit, sich von seiner „Krankheit“ heilen zu lassen und sucht den Psychiater Dr. Bowman (James Rebhorn) auf.

Nicht einmal ihrer besten Freundin, der Galeristin Eleanor Fine (Patricia Clarkson), verrät Cathy etwas von ihren Eheproblemen; stattdessen hält sie die Fassade der perfekten Familie aufrecht.

Bei einer Vernissage in Eleanors Galerie trifft Cathy zufällig Raymond wieder. Er hat seine zwölfjährige Tochter Sarah (Jordan Puryear) bei sich, die er seit dem Tod seiner Frau allein erzieht. Voller Abscheu beobachten die anderen Besucherinnen und Besucher der Kunstausstellung, dass Cathy und Raymond ein Gespräch führen. Eine Weiße und ein Schwarzer: Das gilt als ungehörig! Eine frühere Schulfreundin meint spitz, Cathy habe sich schon immer für gesellschaftliche Randgruppen interessiert, beispielsweise für „gut aussehende Judenbengel“.

Nachdem Frank sich bei einer Party betrunken hat, kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten.

Am nächsten Morgen wundert Eleanor sich über die Stirnverletzung ihrer Freundin und vermutet einen Ehekrach, aber Cathy behauptet, es sei alles in Ordnung, sie habe sich nur irgendwo gestoßen. Sobald Eleanor fort ist, läuft sie weinend in den Garten – und trifft dort auf Raymond. Der aufmerksame, sensible und gebildete Afroamerikaner zeigt Verständnis für Cathy, und weil er gerade mit seinem Pick-up zur Baumschule fahren muss, schlägt er vor, sie solle ihn begleiten. Dabei werde sie auf andere Gedanken kommen. Cathy ist begeistert von den Pflanzen, die sie in der Baumschule sieht und fordert Raymond zu einem Spaziergang auf. Als sie ihn fragt, wie er sich als „Einziger“ unter den weißen Gästen der Vernissage gefühlt habe, lädt er sie zum Essen in einem ausschließlich von Afroamerikanern besuchten und betriebenen Restaurant ein. Dort ist die Missbilligung des Zusammenseins eines Afroamerikaners mit einer Weißen deutlich zu spüren.

Mona Lauder (Celia Weston), die Cathy zufällig aus Raymonds Pick-up steigen sah, hat nichts Eiligeres zu tun, als die Neuigkeit überall in Hartford herumzuerzählen.

Cathy wird nun wie eine Aussätzige behandelt. Sogar Frank hat von dem Gerücht gehört und kommt wütend nach Hause: Der Geschäftsmann befürchtet, dass das Gerede dem guten Ruf schaden könnte, den er sich in achtjähriger Arbeit aufgebaut hat. Cathy beteuert, nur ein paar Worte mit Raymond gewechselt zu haben und verspricht, den Gärtner zu entlassen.

Um es Raymond nicht am Telefon sagen zu müssen, verabredet sie sich mit ihm und versucht, es ihm zu erklären.

Silvester feiern Cathy und Frank ohne die Kinder in Miami. Im Hotel lässt Frank sich erneut von einem Homosexuellen verführen.

Als die Whitakers wieder nach Hause kommen, erfahren sie, dass in der Zwischenzeit ein afroamerikanisches Mädchen von drei Schuljungen mit Steinen beworfen und ernsthaft verletzt wurde. Billy Hutchinson (Kyle Timothy Smith), der Anführer der Täter, erklärte, sie hätten dem Mädchen wegen des unsittlichen Verhaltens ihres Vaters eine Lektion erteilen wollen.

Kurze Zeit später gesteht Frank seiner Frau weinend, er habe es nicht geschafft, seine Homosexualität zu überwinden. Inzwischen liebe er einen Mann und wolle mit ihm zusammen leben. Er bittet Cathy um die Scheidung.

Verzweifelt sucht Cathy nun Trost bei Eleanor und erzählt ihr alles – aber als Cathy erkennen lässt, dass sie Raymond mehr als sympathisch findet, kann ihre Freundin es kaum glauben und ärgert sich darüber, dass sie Cathy gegenüber den Klatschbasen verteidigte.

Erst nach Wochen erfährt Cathy, dass es sich bei dem verletzten Mädchen um Sarah Deagan handelte. Unverzüglich fährt sie zu Raymond, um sich nach dem Zustand seiner Tochter zu erkundigen. Sie hat sich erholt, aber seit einiger Zeit werden Raymonds Fensterscheiben immer wieder von anderen Afroamerikanern eingeworfen. Und für seinen Gärtnerei-Betrieb bekommt er keine Aufträge mehr. Aus Rücksicht auf Sarah will er mit ihr zu einem Bruder in Baltimore ziehen und dort neu anfangen.

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„Dem Himmel so fern“ ist eine Hommage des Regisseurs Todd Haynes („Velvet Goldmine“) an die amerikanischen Gesellschafts-Melodramen der Fünfzigerjahre, vor allem an Douglas Sirk und dessen Film „Was der Himmel erlaubt“.

Was der Himmel erlaubt – Originaltitel: All That Heaven Allows – Regie: Douglas Sirk – Drehbuch: Peg Fenwick – Kamera: Russell Metty – Darsteller: Jane Wyman, Rock Hudson, Agnes Moorehead u. a. – 1955

Die reiche Witwe Cary (Jane Wyman), die in einer gefühlskalten, vom Geld regierten Welt lebt, verliebt sich in den fünfzehn Jahre jüngeren, naturverbundenen Gärtner Ron (Rock Hudson) und hofft auf einen Neuanfang. Aber Carys erwachsene Kinder, ihre Freunde und Bekannten sind entsetzt über die Mesalliance und beginnen, Cary zu meiden. Sie gibt dem Druck nach und trennt sich von Ron, doch als er bei einem Unfall verletzt wird, eilt sie zu ihm …

Von „Was der Himmel erlaubt“ ließ sich Rainer Werner Fassbinder vermutlich zu seinem Film „Angst essen Seele auf“ inspirieren.

In der Rolle von Cathy Whitaker trägt Julianne Moore spitze Büstenhalter und von Petticoats aufgebauschte Röcke, sie sieht aus wie Lana Turner und spricht wie Doris Day. Bei der Erziehung ihrer Kinder setzt sie ihre Autorität ein und verlangt Gehorsam. Bis ins Detail haben die Filmemacher die Welt und den Geist der Fünfzigerjahre eingefangen. Das gilt auch für den Stil des Films „Dem Himmel so fern“: Musik, Theatralik, Wechsel zwischen getragenen und flotten Szenen, sanfte Schnitte, Kamerafahrten durch herbstliche Baumkronen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die ambitionierte Farbregie: Es gibt kaum eine Szene, bei deren Ausleuchtung nicht verschiedene intensive Farben eingesetzt wurden.

Obwohl Todd Haynes seinen Film über die Fünfzigerjahre aus der Perspektive der Fünfzigerjahre gedreht hat, überschreitet er Grenzen, die damals niemand zu durchbrechen gewagt hätte: Er hält der prüden, rassistischen und heuchlerischen Gesellschaft den Spiegel vor und beschäftigt sich mit Themen wie Homosexualität, die Douglas Sirk allenfalls andeuten konnte.

Während die gesellschaftlich ausgegrenzten Männer – Frank Whitaker, Raymond Deagan – ein neues Leben anfangen können, bleibt die Frau – Cathy Whitaker – als tragisches Opfer zurück. Optimistisch stimmt nur, dass die nächste Generation – Sarah Deagon – vielleicht mehr Freiheit haben wird.

Julianne Moore erhielt für ihre vorzügliche Darstellung in „Dem Himmel so fern“ eine „Oscar“-Nominierung.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

Todd Haynes: Carol

Patricia Highsmith - Carol
Subtil, sensibel und unsentimental veranschaulicht Patricia Highsmith das Gefühlschaos, in das eine 19-Jährige gestürzt wird, als sie sich ihrer lesbischen Neigungen bewusst wird. Außerdem geht es in "Carol" / "Salz und sein Preis" um den Preis, den eine reifere Frau für ihre Selbstverwirklichung bezahlen muss.
Carol