Nightcrawler

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Nightcrawler. Jede Nacht hat ihren Preis – Originaltitel: Nightcrawler – Regie: Dan Gilroy – Drehbuch: Dan Gilroy – Kamera: Robert Elswit – Schnitt: John Gilroy – Musik: James Newton Howard – Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Riz Ahmed, Bill Paxton, Ann Cusack, Kevin Rahm, Kathleen York, Eric Lange u.a. – 2014; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Der ebenso clevere und ehrgeizige wie skrupellose Underdog Louis Bloom strebt nach Anerkennung. Erfolgsformeln aus Karriere-Ratgebern nachplappernd, setzt dieser Nightcrawler sich durch, profitiert vom Leid anderer Menschen, erpresst andere und beutet zugleich den eigenen, auf ihn angewiesenen Mitarbeiter skrupellos aus. Den Aufstieg schafft der Paparazzo, weil die voyeuristische Gesellschaft nach Sensationen giert und für die Massenmedien nur die Einschaltquote zählt ...
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Kritik

In "Nightcrawler. Jede Nacht hat ihren Preis" nimmt Dan Gilroy sowohl den amerikanischen Aufsteiger-Traum als auch die kapitalistische Mediengesellschaft aufs Korn. Jake Gyllenhaal spielt den Paparozzo sehr überzeugend.
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Der Kleinkriminelle Louis Bloom (Jake Gyllenhaal) wird in Los Angeles von einem privaten Wachmann (Michael Papajohn) beim Durchschneiden eines Maschen­drahtzaunes ertappt. Bloom wirft die Drahtschere weg und reagiert höflich auf die Aufforderung des Security Guards, sich auszuweisen, überrascht ihn dann jedoch mit einem Angriff und schlägt ihn nieder.

Am nächsten Tag verkauft Bloom einem Altmetallhändler (Marco Rodríguez) gestohlenes Material und bewirbt sich bei dieser Gelegenheit eloquent für einen Job, aber der Unternehmer erklärt ihm kurz, er stelle keine Diebe ein.

Nachts kommt Bloom zufällig bei einem schweren Verkehrsunfall vorbei. Neugierig hält er an und beobachtet, wie zwei Sensationsreporter – Nightcrawler – die tödlich verletzte Frau filmen und dann wieder zu ihrem Fahrzeug rennen. Bloom fragt, ob sie einen Job für ihn hätten, aber das ist nicht der Fall. Die Männer müssen weiter. Das Erlebnis bringt Bloom auf die Idee, sich ebenfalls als Nightcrawler zu versuchen. Bei einem Hehler tauscht er ein gestohlenes Rennrad gegen einen Camcorder ein und ein Funkgerät, mit dem der Polizeifunk abgehört werden kann.

Es gelingt ihm, seine ersten Aufnahmen der Nachrichtenchefin des privaten Fernsehsenders KWLA in Los Angeles zu verkaufen. Obwohl die Bildqualität miserabel ist, erkennt Nina Romina (Rene Russo) das Talent dieses ebenso cleveren und ehrgeizigen wie skrupellosen Nightcrawlers mit guten Manieren.

Aus dem Internet hat Bloom sich viel Wissen angeeignet. Das nutzt er auch, als er einen „Praktikanten“ sucht und dem Bewerber vorgaukelt, er sei der Chef eines aufstrebenden Unternehmens mit dem Namen „Video Production News“. Rick Carey (Riz Ahmed), der in einer Garage nächtigt und seine Anstellung in einem Gartenbaubetrieb wegen Heuschnupfens aufgeben musste, ist froh, dass Bloom ihn gegen ein geringes Salär als „Navigator“ beschäftigt. Seine Aufgabe ist es, mit einer elektronischen Straßenkarte auf dem Smartphone neben Bloom im Auto zu sitzen und ihn auf dem schnellsten Weg zum nächsten Einsatz zu lotsen.

Als Bloom wieder einmal bei einem Verkehrsunfall vorbeikommt, ist Rick nicht dabei. Während ein anderer Autofahrer die Polizei alarmiert, zieht Bloom einen im Dunkeln liegenden Schwerverletzten ins Licht der Autoscheinwerfer, um ihn besser filmen zu können.

Bei seiner neuen Tätigkeit begegnet Bloom mehrmals einem anderen Nightcrawler namens Joe Loder (Bill Paxton). Dem bleibt der Erfolg des Neulings nicht verborgen, und als er sich einen zweiten Van anschaffen will, bietet er ihm an, diesen zu übernehmen. Bloom zieht es jedoch vor, selbstständig zu bleiben.

Bloom umwirbt die Nachrichtenchefin Nina Romina. Sie lässt sich von ihm in ein mexikanisches Restaurant einladen, versucht ihm allerdings beim Essen klarzumachen, dass sie seine Einladung nur aus beruflichem Interesse angenommen habe. Da fängt Bloom an, sie unter Druck zu setzen: Er hat inzwischen herausgefunden, dass ihr Zwei-Jahres-Vertrag in Kürze abläuft und eine Verlängerung von ihren Einschaltquoten abhängt. Sie ist also auf sensationelle Videos angewiesen, wie Bloom sie liefert. Für den Fall einer Zurückweisung droht er, sein Material anderen Sendern zu verkaufen.

Eines Nachts treffen Bloom und Rick vor der Polizei am Ort eines soeben gemeldeten Raubüberfalls ein. Obwohl noch Schüsse zu hören sind, schleicht Bloom sich mit der Kamera näher an die Luxusvilla heran und hört auch nicht zu filmen auf, als zwei Täter herauskommen und mit ihrem Wagen losrasen. Sobald sie fort sind, geht er durch die offene Türe in die Villa, filmt Blutspuren und die drei Ermordeten: das Besitzerehepaar und die Haushälterin. Die Sirene eines sich nähernden Streifenwagens ist erst zu hören, als Bloom und Rick bereits wegfahren.

Bevor Bloom das Video Nina zeigt, schneidet er die Aufnahmen heraus, auf denen die Täter und das Nummernschild des Fluchtwagens zu erkennen sind. Ebenso entfernt er Bilder, auf denen eines der drei Opfer noch zuckt. Nina will mit den spektakulären Aufnahmen sofort auf Sendung, obwohl ihre Kollegen Frank, Jackie und Linda (Kevin Rahm, Kathleen York, Ann Cusack) Bedenken äußern. Bloom verlangt dafür nicht nur 15 000 Dollar, ein Vielfaches des üblichen Honorars, sondern auch, dass die beiden Nachrichtensprecher Ben Waterman und Lisa Mays (Rick Chambers, Holly Hannula) explizit seinen Namen und den seiner angeblichen Agentur „Video Production News“ nennen. Nina bleibt nichts anderes übrig, als seine Forderungen zu erfüllen.

Die Polizei kommt zum Sender und fragt nach Louis Bloom. Ihm wird vorgeworfen, einen Tatort betreten und verunreinigt zu haben. Der Nightcrawler beteuert, er sei lediglich in der Absicht, den Opfern des Raubüberfalls zu helfen, durch die offenstehende Türe ins Haus gegangen. Allerdings seien bereits alle drei tot gewesen. Die flüchtigen Täter habe er im Dunkeln nur schemenhaft sehen können, lügt er.

Nachdem Bloom im Internet die für das Kennzeichen des Fluchtwagens gemeldete Adresse herausgefunden hat, fährt er mit Rick hin. Der Wagen, der bei dem Raubmord verwendet wurde, steht vor dem Gebäude. Aber Bloom ruft nicht die Polizei an, denn eine Festnahme im Haus würde keine drastischen Bilder ermöglichen. Der Nightcrawler will mit dem Anruf auf eine bessere Gelegenheit warten.

Rick ahnt, dass Bloom etwas Gefährliches plant und verlangt mehr Geld. Als er merkt, dass Bloom auf seine Forderungen eingehen muss, weil er auf ihn angewiesen ist, besteht er auf 50 Prozent der Einnahmen.

Schließlich kommt einer der Mörder aus dem Haus und fährt los. Bloom und Rick folgen ihm unbemerkt, beobachten, wie der Fahrer seinen Komplizen abholt und mit ihm zu einem Schnellrestaurant fährt. Nun wählt Bloom die Notrufnummer und gibt durch, wo die beiden von der Polizei gesuchten Dreifachmörder zu finden sind. Dann schickt er Rick mit einer zweiten Videokamera auf die Straße und beginnt auch selbst durch die bodentiefen Glasfenster ins Innere des gut besuchten Schnellrestaurants zu filmen.

Ein Streifenwagen trifft ohne Blaulicht ein, und die beiden Cops betreten unauffällig das Lokal, um die Lage zu beurteilen. Als zwei weitere uniformierte Polizisten durch die Tür kommen, begreifen die Täter, dass ihre Festnahme droht. Ohne Rücksicht auf die anderen Gäste eröffnen sie das Feuer, und einem der beiden Verbrecher gelingt es, sich den Weg zum Auto freizuschießen.

Verfolgt wird er nicht nur von einem Streifenwagen, sondern auch von Bloom und Rick. Als der Flüchtige merkt, dass er nicht schnell genug ist, um die Polizei abzuhängen, ändert er seine Taktik und beginnt, deren Fahrzeug zu rammen. Plötzlich überschlägt sich der Streifenwagen. Die Insassen sind sofort tot. Aber auch der Täter verliert die Kontrolle über sein Auto.

Bloom hält an und blickt aus sicherer Entfernung ins Wrack des Fluchtwagens. Dann ruft er Rick und beauftragt ihn, den angeblich toten Mörder aus der Nähe zu filmen. Wie Bloom ahnte, erschießt der noch lebende Verbrecher Rick, sobald er von der Lampe der Videokamera angeleuchtet wird. Dann kriecht er aus dem Wrack. Aber bevor er Bloom etwas antun kann, trifft ein weiterer Streifenwagen ein, und der Flüchtige wird vor Blooms laufender Kamera erschossen.

Eiskalt nutzt Bloom das Chaos, um weiter zu filmen. Skrupellos nimmt er auch seinen am Boden liegenden sterbenden Mitarbeiter auf.

Nina ist von dem brutalen Video begeistert. Sie hofft, damit eine Einschaltquote zu erzielen, wie sie für eine Verlängerung ihres Vertrags erforderlich ist.

Bloom wird kurze Zeit später polizeilich vernommen. Man beschuldigt ihn, den Ermittlern Beweismaterial wie Aufnahmen der Raubmörder und ihres Fahrzeugs vorenthalten zu haben. Aber der Nightcrawler bleibt gelassen und wiederholt seine Behauptung, er habe die Täter im Dunkeln nur als Schemen wahrgenommen. Erst als die beiden Männer in das hell erleuchtete Schnellrestaurant gegangen seien, habe er ihre Gestalten und Bewegungen wiedererkannt und daraufhin sofort die Polizei verständigt. Etwas anderes kann ihm nicht nachgewiesen werden.

Kurz darauf weist Louis Bloom drei neue „Praktikanten“ in die Arbeit ein.

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Bei seinem Regie-Debüt „Nightcrawler. Jede Nacht hat ihren Preis“ nimmt der Drehbuchautor Dan Gilroy sowohl den amerikanischen Traum („vom Tellerwäscher zum Millionär“) als auch die kapitalistische Mediengesellschaft aufs Korn.

Im Mittelpunkt steht ein ehrgeiziger Underdog, der sich nach oben kämpft. Aber in dieser düsteren Aufsteiger-Geschichte fehlt alles Erstrebenswerte, das traditionell damit assoziiert wird. Dan Gilroy verbindet damit die Frage, wozu jemand bereit ist, um seine Ziele zu erreichen. Gibt es Grenzen? Die Filmfigur Louis Bloom geht buchstäblich über Leichen. Erfolgsformeln von Karriere-Ratgebern aus dem Internet nachplappernd, setzt dieser Nightcrawler sich durch, profitiert vom Leid anderer Menschen, erpresst andere und beutet zugleich den eigenen, auf ihn angewiesenen Mitarbeiter skrupellos aus. Das gehört alles zu seinem „Business-Plan“.

Erfolg hat der Paparazzo bzw. Nightcrawler, weil die voyeuristische Gesellschaft nach Sensationen giert und die Massenmedien diese Gier zu befriedigen versuchen, ohne dabei auf Betroffene Rücksicht zu nehmen. Die Einschaltquote ist alles, was zählt. Moralische Bedenken kennt die Nachrichtenchefin Nina Romina nicht; allenfalls vor juristischen Konsequenzen schreckt sie zurück. Dem neuen Nightcrawler rät sie, sich eine Frau vorzustellen, die schreiend und mit durchschnittener Kehle durch die Straße rennt. An diesem Bild soll er sich orientieren.

Jake Gyllenhaal, der für die Rolle 14 Kilo abnahm, spielt den Nightcrawler weder als sympathische Identifikationsfigur noch als teuflischen Verbrecher. Er ist auch kein Soziopath, denn das würde bedeuten, dass er ein in der Gesellschaft als krankhaft geltendes Sozialverhalten zeigen würde. Nein, er strebt erfolgreich in einer verkommenen Gesellschaft nach Anerkennung. Und das ist durchaus nachvollziehbar.

Rene Russo (* 1954) ist übrigens seit 1992 die Ehefrau des Regisseurs und Drehbuchautors Dan Gilroy (* 1959).

„Nightcrawler. Jede Nacht hat ihren Preis“ wurde im Spätherbst 2013 an 26 Tagen in Los Angeles gedreht und kostete gerade einmal achteinhalb Millionen Dollar.

Für das Drehbuch erhielt Dan Gilroy 2015 eine „Oscar“-Nominierung.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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