Nathalie küsst

Nathalie küsst

Nathalie küsst

Nathalie küsst – Originaltitel: La Délicatesse – Regie: David Foenkinos, Stéphane Foenkinos – Drehbuch: David Foenkinos nach seinem Roman "Nathalie küsst" – Kamera: Rémy Chevrin – Schnitt: Virginie Bruant – Musik: Émilie Simon – Darsteller: Audrey Tautou, François Damiens, Bruno Todeschini, Mélanie Bernier, Joséphine de Meaux, Pio Marmaï, Monique Chaumette, Marc Citti, Audrey Fleurot u.a. – 2011; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Nach drei Jahren Ehe kommt Nathalies Ehemann François durch einen Unfall ums Leben. Um von der Trauer nicht überwältigt zu werden, stürzt Nathalie sich in die Arbeit und steigt beruflich auf. Aber sie geht keine neue Liebesbeziehung ein und weist auch ihren Chef zurück. Eines Tages küsst sie ihren vierschrötigen, aus Schweden stammenden Mitarbeiter Markus ungestüm auf den Mund. Der schüchterne Außenseiter verlässt daraufhin verwirrt das Büro. Der für beide unerwartete Kuss erweckt zwei einsame Menschen zu neuem Leben ...
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Kritik

Mit seinem Bruder Stéphane zusammen verfilmte David Foenkinos seinen Roman "Nathalie küsst". Die märchenhafte und poetische Komödie wurde liebevoll inszeniert und ist mit Audrey Tautou und François Damiens perfekt besetzt.
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Jedes Mal wenn sich der Tag jährt, an dem sie sich kennenlernten, spielen Nathalie und François (Audrey Tautou, Pio Marmaï) das Erlebnis in einem Café in Paris nach. Sie heiraten und sind glücklich. Sogar zwischen den beiden Elternpaaren (Vittoria Scognamiglio, Olivier Cruveiller, Ariane Ascaride, Christophe Malavoy) herrscht große Harmonie. Aber nach drei Jahren verunglückt François beim Joggen und stirbt.

Nach der Beerdigung zieht Nathalie sich zurück und will mit niemandem reden. Sie bringt es zwar nicht fertig, die Nummer des Toten auf ihrem Handy zu löschen, aber sie nimmt spontan einen Müllsack, packt seine Sachen einschließlich des Laptops hinein und trägt das alles gleich hinunter zum Müllcontainer. Bald darauf kehrt sie ins Büro zurück und fordert ihren Chef Charles Delamain (Bruno Todeschini) auf, sie mit Arbeit einzudecken.

Drei weitere Jahre vergehen. Nathalie trauert nach wie vor um François, aber sie ist beruflich erfolgreich und wird Leiterin eines Teams mit sechs Mitarbeitern. Zur Feier der Beförderung lädt Charles Delamain sie zum Essen in ein Restaurant ein und bestellt Champagner. Obwohl er verheiratet ist, versucht er, Nathalie persönlich näherzukommen. Sie erklärt ihm jedoch explizit, dass sie nicht an einer Affäre mit ihm interessiert sei.

Am nächsten Tag kommt ihr aus Schweden stammender, seit 15 Jahren in Frankreich lebender Mitarbeiter Markus Lundell (François Damiens) zu ihr ins Büro und sagt etwas von einer „Hundertvierzehn“. Tief in Gedanken steht Nathalie vom Schreibtisch auf, geht auf ihn zu und küsst ihn leidenschaftlich. Daraufhin verlässt der schüchterne Außenseiter verwirrt das Büro.

Als er am Abend im Fernsehen eine ermutigende Rede des US-Präsidenten Barack Obama hört („Yes, we can!“), nimmt er sich vor, den Kuss zu erwidern. Am anderen Morgen küsst er Nathalie. Nun weiß sie nicht, wie sie die Situation einordnen soll. Als Markus sie auf den Kuss vom Vortag anspricht, erinnert sie sich nicht daran, entschuldigt sich für ihr Verhalten und schlägt vor, nicht mehr darüber zu reden. Enttäuscht zieht Markus sich aufs Dach des Bürogebäudes zurück. Dort findet ihn Nathalie, und um ihn zu beruhigen, nimmt sie seine Einladung zu einem Restaurant-Essen an.

In dem einfachen China-Restaurant bestellt Markus das Gericht Nummer 114: gebratene Nudeln mit Garnelen. Nathalie entdeckt in dem vierschrötigen Schweden einen empfindsamen und humorvollen Menschen. Kurz darauf besuchen sie zusammen eine Theateraufführung. Als sie danach noch ein Stück spazieren gehen, macht Markus Nathalie eine Liebeserklärung. Aber das erschreckt ihn selbst, denn eine Liebesbeziehung zwischen Nathalie und ihm käme ihm wie eine zwischen den USA und Liechtenstein vor. Peinlich berührt, lässt er Nathalie stehen und rennt weg.

Im Büro weigert er sich, sie anzuschauen. Das mache er zum Selbstschutz, erklärt er Nathalie.

Als der Geburtstag ihrer Assistentin Chloé (Mélanie Bernier) in den Büroräumen gefeiert wird und Markus als Geschenk einen prächtigen Blumenstrauß übergibt, macht Nathalie ihm eine Szene. Mit der Bemerkung, er habe auch ein kleines Geschenk für sie, gelingt es Markus, sie zu beruhigen. Sie folgt ihm in sein Büro. Als sie es wieder verlassen, sind die anderen bereits alle weg.

Die Gerüchte über eine Liebesbeziehung von Nathalie und Markus hört auch Charles Delamain. Er lässt Nathalie deshalb zu sich kommen und stellt sie zur Rede. Nathalie ist jedoch nicht bereit, mit ihm über ihr Privatleben zu sprechen und lässt ihn wütend stehen. Daraufhin fordert Charles seine Sekretärin Ingrid (Audrey Fleurot) auf, Markus telefonisch zu ihm zu zitieren. Als er den unattraktiven Mann sieht, kann er zunächst gar nicht glauben, dass es sich um den Liebhaber der zierlichen jungen Frau handeln könnte. Um mehr über ihn herauszufinden, lobt er seine Arbeit und lädt ihn für den Abend zu einem Kneipenbesuch ein.

Dabei betrinkt Charles sich und wird ausfallend, als er immer mehr Charakterzüge an Markus entdeckt, die einer sensiblen Frau gefallen könnten. Als Markus sagt, Nathalie mache aus ihm eine bessere Version seiner selbst, schimpft Charles: „Ein beschissener Poet ist er auch noch!“ Die Eifersucht macht ihn zornig. Nachdem es Markus gelungen ist, den Betrunkenen in ein Taxi zu setzen, geht er, wie mit Nathalie verabredet, zu deren Freundin Sophie (Joséphine de Meaux), bei der an diesem Abend eine Party stattfindet.

Dass Sophie und ihre kultivierten Freunde nichts von ihm halten, entgeht weder Markus noch Nathalie. Und als Nathalie deshalb mit ihm aufbrechen möchte, meint er, sie schäme sich seinetwegen.

Am nächsten Morgen stürmt Nathalie zu Charles ins Büro, ohne anzuklopfen, und ohrfeigt ihn. Hämisch unterrichtet Charles sie darüber, dass er Markus nach Stockholm versetzen werde. Zu seiner Überraschung zieht Nathalie in Betracht, zu kündigen und Markus zu folgen. Das verbiete er ihr, stammelt Charles, und das wäre auch François nicht recht gewesen.

Die Erwähnung des Namens versetzt Nathalie einen Schock. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, kehrt sie in ihr Büro zurück, wo Chloé bereits mit den in dreimonatiger Arbeit zusammengestellten Unterlagen für eine wichtige Besprechung mit Geschäftspartnern steht. Nathalie nimmt Chloé kaum wahr. Sie rafft ihre Sachen zusammen und geht, obwohl die Teilnehmer des Meetings im Konferenzraum auf sie warten.

Nathalie setzt sich ins Auto und fährt los. Schließlich ruft sie Markus an und holt ihn dann vom Bahnhof Montgeroult-Courcelles ab. Sie erklärt ihm, dass dies die Gegend sei, in der sie und François aufwuchsen. Der Friedhof, in dem sich François‘ Grab befindet, ist geschlossen. Im strömenden Regen fahren sie weiter und überraschen Nathalies Großmutter Madeleine (Monique Chaumette) mit einem Besuch. Weil sie durchnässt sind, rät Madeleine ihnen, sich trockene Sachen von sich und Nathalies verstorbenem Großvater auszusuchen. Während die beiden sich umziehen, kocht sie Suppe. Markus gefällt ihr auf den ersten Blick.

Nathalie und Markus übernachten bei ihr und schlafen erstmals miteinander.

Am anderen Morgen läuft Nathalie mit Markus in den Garten und erzählt ihm, dass sie als Kind die Ferien bei ihrer Großmutter verbrachte und hier mit François Verstecken spielte. Markus schlägt vor, ebenfalls Verstecken zu spielen und malt sich aus, wie das früher war. Er möchte sich in Nathalies Herz verstecken.

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Mit seinem Bruder Stéphane Foenkinos zusammen verfilmte David Foenkinos seinen 2009 veröffentlichten Roman „La délicatesse“ („Nathalie küsst“, Übersetzung: Christian Kolb, C. H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62162-8).

Im Märchen „Dornröschen“ küsst ein Prinz eine Prinzessin wach. In „Nathalie küsst“ erweckt ein unerwarteter Kuss gleich zwei Menschen zu neuem Leben: Nathalie überwindet die Trauer um ihren toten Ehemann, und Markus gewinnt Selbstvertrauen. Aber auch das Märchen „Die Schöne und das Biest“ mag David Foenkinos zu der Geschichte inspiriert haben.

In den ersten Minuten von „Nathalie küsst“ geht es um eine glückliche Beziehung bzw. Ehe. Dann wird der Film zum Melodram. Aber im Hauptteil ist „Nathalie küsst“ eine märchenhafte Komödie. Realistisch ist das alles nicht, aber poetisch, sensibel und zauberhaft. Mit Audrey Tautou und François Damiens wurden die beiden Hauptrollen perfekt besetzt. Bei der liebevollen Inszenierung fallen einige originelle, aber behutsam eingesetzte Ideen auf. So beginnt und endet „Nathalie küsst“ beispielsweise mit Kommentaren von François bzw. Markus aus dem Off. Dadurch entsteht ein Rahmen. David und Stéphane Foenkinos verblüffen die Zuschauer mit Zeitsprüngen, beispielsweise, wenn Sophie mit Nathalie auf einer Anlagenbank sitzt und ihr anvertraut, dass sie schwanger ist. Im nächsten Augenblick stehen die beiden auf und gehen mit Sophies kleiner Tochter (Violette Renard) weg. Hervorzuheben ist auch eine sich in Markus‘ Vorstellung abspielende Szene im Garten der Großmutter, in der Nathalie nacheinander als Kind (Louise Ressort), Jugendliche (Louise Gaubert), frisch Verliebte und Trauernde auftritt.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

David Foenkinos: Charlotte

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Der feinsinnige Roman "Ich kann dich hören" von Katharina Mevissen dreht sich um die Wahrnehmung von Mitmenschen; es ist vor allem eine Geschichte über das Zuhören als Voraussetzung für Dialog und Kommunikation, gegenseitiges Verstehen und geistige Auseinandersetzung.
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